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Plan zum Schein

Ehemalige Mossad-Mitarbeiter legen unakzeptable Vorschläge für einen Frieden mit den Palästinensern vor

Von Karin Leukefeld *

Während israelische Spitzenpolitiker am Donnerstag in Berlin mit der Bundesregierung zusammentrafen, gingen die Angriffe Tel Avivs gegen die Palästinenser weiter. In der Nacht zu Donnerstag bombardierten israelische Kampfjets den südlichen Gazastreifen, in Awarta in der Westbank wurden 100 Frauen festgenommen. Auf der Suche nach den Verantwortlichen für den Mord an einer Siedlerfamilie in Itamar und in Akrava, einem Dorf im Jordantal, zerstörten sechs Bulldozer zwei Wohnhäuser und zwei Straßen.

Bei den Berliner Gesprächen, an denen neben dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu auch Außenminister Avigdor Lieberman teilnimmt, soll ein gemeinsames Treffen mit dem Nahost-Quartett in der kommenden Woche vorbereitet werden. Thema dürfte auch die Annullierung des kritischen Goldstone-Berichts sein, in dem mögliche Kriegsverbrechen von Israel und Hamas während der Gaza-Offensive 2008/09 festgestellt worden waren. Vermutlich soll in Berlin auch die Möglichkeit einer neuen Initiative erörtert werden, um Israel und Palästinenser wieder ins Gespräch zu bringen. Besorgt ist Israel zudem über die erfolgreiche Kampagne der Palästinenser, im Herbst 2011 einseitig einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 auszurufen. Die Bundesregierung lehnt dieses Vorgehen ebenso ab wie die US-Administration.

Gespräche zwischen Israel und Palästinensern sind derzeit unwahrscheinlich, zumal Israel weiter neue Siedlungen baut. Die palästinensische Seite ist durch die Veröffentlichung geheimer Verhandlungsprotokolle geschwächt. Nach jüngsten Umfragen lehnen zwei Drittel der Palästinenser Gespräche ab, 60 Prozent sprechen sich gegen eine US-Vermittlung aus. In Israel scheint sich derweil die Erkenntnis durchzusetzen, daß die Regierung einen eigenen Friedensplan vorlegen soll. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Dahaf, das gegenüber der Nachrichtenagentur dpa angab, 86 Prozent seien dieser Meinung. Angeblich arbeitet Regierungschef Netanjahu schon daran.

Ehemalige hochrangige Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad und des Militärs greifen Netanjahu dabei unter die Arme und haben einen Vorschlag vorgelegt, der einen für Israel gangbaren Weg zu einem Friedensabkommen aufzeigen soll. (english.aljazeera.net)

Danach soll Israel sich auf die Grenzen von 1967 zurückziehen und dabei sieben Prozent des israelischen Territoriums für besetztes Land in der Westbank eintauschen. So könnten die großen Siedlungsblöcke Ma’ale Adumim und Ariel annektiert werden. Israel soll die Kontrolle über die jüdischen Viertel in Jerusalem und über die Westmauer behalten, während die Palästinenser die arabischen Viertel der Stadt kontrollieren sollen. Für die palästinensischen Flüchtlinge wird das Rückkehrrecht ausgeschlossen, es sei denn, sie gehen in den zukünftigen palästinensischen Staat. Nur einige wenige dürften »symbolisch« nach Israel kommen können, heißt es in dem Vorschlag. Sie sollen finanziell entschädigt werden. Von den syrischen Golan-Höhen soll Israel sich über einen Zeitraum von fünf Jahren zurückziehen, bis auf »kleinere Veränderungen und Landtausch«, heißt es undeutlich. Gemeinsam soll ein »regionaler Sicherheitsmechanismus« geschaffen werden, um gegen gefährliche »Staaten, Terrororganisationen, Piraten und Guerillaorganisationen« vorzugehen.

In dem Papier werden Vorschläge gemacht, die die Palästinenser schon beim Camp-David-Abkommen (2000) zurückgewiesen hatten und auch heute wohl kaum akzeptieren werden. Von palästinensischer Seite lag bis Redaktionsschluß kein Kommentar vor.

* Aus: junge Welt, 8. April 2011


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