Israel brüskiert Palästinenser erneut
700 Wohnungen in Ost-Jerusalem geplant *
Das israelische Wohnungsbauministerium bestätigte am Montag, es seien
Ausschreibungen für den Bau von 198 Wohnungen in Pigat Seev, 377 in Neve
Jaakov und 117 in Har Homa veröffentlicht worden. Der palästinensische
Chefunterhändler Saeb Erekat kritisierte die Entscheidung scharf.
»Mit jeder einzelnen Aktion, die es vor Ort unternimmt, sagt Israel Nein
zu ernsthaften Verhandlungen, Nein zu einem gerechten und dauerhaften
Frieden und Nein zu einer Zwei-Staaten-Lösung«, sagte Erekat am Montag.
»Jede Entscheidung Israels, mehr illegale Siedlungen zu bauen, macht
seinen sogenannten 'Siedlungsstopp' zu einer Farce.« Der israelische
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Ost-Jerusalem von einem
befristeten Baustopp in den Palästinensergebieten ausgeschlossen. Das
zehnmonatige Moratorium bezieht sich nur auf das Westjordanland. Der
israelische Regierungssprecher David Baker sagte am Montag: »Wir
unterscheiden zwischen dem Westjordanland und Jerusalem. Jerusalem ist
unsere Hauptstadt und wird es auch bleiben.« Die Palästinenser fordern
als Bedingung für neue Friedensgespräche einen vollständigen
Siedlungsstopp Israels, einschließlich Ost-Jerusalems.
Der israelische Online-Dienst »ynet« berichtete unter Berufung auf
Regierungskreise in Jerusalem, Israel habe die USA vor der
Veröffentlichung über die neuen Baupläne in Ost-Jerusalem informiert.
* Aus: Neues Deutschland, 29. Dezember 2009
Kein Ja aus Washington
Von Roland Etzel **
Das hatte sich Netanjahu gewiss anders vorgestellt. Zwar konnte er nicht
erwarten, dass Obama die israelischen Baupläne für den arabischen Teil
Jerusalems lobt, aber ein geflissentliches Ignorieren wie unter Bush
jun. und tendenziell auch Clinton hatte sich der israelische Premier
sicher erhofft. Das Weiße Haus tat ihm den Gefallen dieses Mal nicht.
Die Kritik fiel sogar deutlicher aus als zuletzt bei vergleichbarem Anlass.
Das ist keine erhebliche, aber doch bemerkbare Kurskorrektur in der
Nahostpolitik des Westens. Bereits Schwedens Premier Reinfeldt hatte
kürzlich in seiner Eigenschaft als EU-Ratspräsident in ungewohnter
Schärfe darauf hingewiesen, dass die EU die staatliche Einverleibung des
1967 eroberten Ostjerusalem durch Israel nach wie vor als
völkerrechtswidrig ansieht. Auf diesem Feld wähnten sich die Gegner
einer Verhandlungslösung mit den Palästinensern in Israel schon einmal
weiter. George W. Bush hatte vor zwei Jahren der
UN-Sicherheitsratsresolution zu Jerusalem nach einem Rückzug Israels aus
dem Ostteil den vermeintlichen Todesstoß versetzt, indem er blauäugig
erklärte, jedes Land, auch Israel, müsse das Recht haben, in seiner
Hauptstadt »ohne fremde Einmischung« über Bauvorhaben entscheiden zu können.
Zumindest verbal haben sich die USA nun wieder auf den Boden der
UN-Resolution 478 begeben. Damit wurde Netanjahu zwar noch keinen Meter
von seinen Expansionsvorstellungen abgedrängt, er hat noch keine einzige
illegale Siedlung aufgeben müssen. Aber, so hörte er es gestern auch in
Kairo: Ein Frieden, der mehr ist als ein Schweigen der Waffen, wird für
Israel so nicht zu gewinnen sein.
** Aus: Neues Deutschland, 30. Dezember 2009 (Kommentar)
Dokumentiert:
Resolution 478
20. August 1980
The Security Council,
Recalling its resolution 476 (1980),
Reaffirming again that the acquisition of territory by force is
inadmissible,
Deeply concerned over the enactment of a "basic law" in the Israeli
Knesset proclaiming a change in the character and status of the Holy
City of Jerusalem, with its implications for peace and security,
Noting that Israel has not complied with resolution 476 (1980),
Reaffirming its determination to examine practical ways and means, in
accordance with the relevant provisions of the Charter of the United
Nations, to secure the full implementation of its resolution 476 (1980),
in the event of non-compliance by Israel,
1. Censures in the strongest terms the enactment by Israel of the "basic
law" on Jerusalem and the refusal to comply with relevant Security
Council resolutions;
2. Affirms that the enactment of the "basic law" by Israel constitutes a
violation of international law and does not affect the continued
application of the Geneva Convention relative to the Protection of
Civilian Persons in Time of War, of 12 August 1949, in the Palestinian
and other Arab territories occupied since June 1967, including Jerusalem;
3. Determines that all legislative and administrative measures and
actions taken by Israel, the occupying Power, which have altered or
purport to alter the character and status of the Holy City of Jerusalem,
and in particular the recent "basic law" on Jerusalem, are null and void
and must be rescinded forthwith;
4. Affirms also that this action constitutes a serious obstruction to
achieving a comprehensive, just and lasting peace in the Middle East;
5. Decides not to recognize the "basic law" and such other actions by
Israel that, as a result of this law, seek to alter the character and
status of Jerusalem and calls upon:
(a) All Member States to accept this decision;
(b) Those States that have established diplomatic missions at Jerusalem
to withdraw such missions from the Holy City;
6. Requests the Secretary-General to report to the Security Council on
the implementation of the present resolution before 15 November 1980;
7. Decides to remain seized of this serious situation.
Adopted at the 2245th meeting by 14 votes to none, with 1 abstention
(United States of America).
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