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Für "sofortige Freilassung Nabil Al-Raees sowie das Ende der systematischen Schikane gegen Mitglieder des Freedom Theatre Jenin"

Dokumentiert: Ein Aufruf der "Assoziation Freundinnen und Freunde des Jeniner Freedm Theatre in Deutschland" (FFJFT)


Der Vorgang fand wenig Resonanz in den hiesigen Medien. Er ist aber symptomatisch für die willkürliche Behandlung palästinensischer Einrichtungen im Westjordanland durch israelische Sicherheitskräfte. Dieses Mal traf es - nicht zum ersten Mal - das renommierte Freedom Theatre in Jenin und seinen Leiter Nabil Al-Raee. Wir dokumentieren im Folgenden einen Appell der Freundinnen und Freunde des Theaters.

PROTEST

Die Assoziation Freundinnen und Freunde des Jeniner Freedm Theatre in Deutschland (FFJFT) protestiert scharf gegen Gewaltübergriffe der israelischen Armee auf Angehörige des palästinensischen Kindertheaters.

Wir fordern die sofortige Freilassung des künstlerischen Leiters des Freedom Theatre Nabil Al-Raee!

Am 6. Juni 2012 erreichte uns die Nachricht von einem abermaligen nächtlichen Überfall israelischer Militärs auf Mitarbeiter des Theater. Um ca. 03:15 stürmten israelische Soldaten das Haus von Nabil Al-Raee und verschleppten ihn. Nabils Frau, Michaela Miranda: "Die Hunde bellten draußen, so ging ich hinaus und sah Soldaten über die Gartentür auf das Grundstück springen. Sie fragten nach meinem Mann und weigerten sich, mir zu sagen, was sie von ihm wollten. Dann nahmen sie Nabil, brachten ihn auf einen Militär-Jeep und fuhren davon.“

Jonatan Stanczak, der Geschäftsführer des The Freedom Theatre: "Ich wohne im Stock über Nabil Al-Raee. Als ich hörte, was unten vor sich ging, begab ich mich runter, um mit den Soldaten zu sprechen, da ich Hebräisch beherrsche. Das Haus war von maskierten israelischen Soldaten umstellt. Drei von ihnen richteten sofort ihre Waffen auf mich und stießen mich zurück ins Haus. Alle Bemühungen, sofort Verbindung mit dem bezirklichen Koordinationsbüro der Armee aufzunehmen, waren erfolglos.“

Mehr als die Hälfte der Beschäftigten des Freedom Theatre mussten sich in letzter Zeit Verhören der israelischen Armee aussetzen. Darunter auch Nabil Al-Raee. Alle gingen termingerecht hin und beantworteten, trotz vielfacher Belästigungen und sogar Bedrohungen, sämtliche Fragen nach bestem Wissen und Gewissen. "Ich verstehe nicht, warum sie das alles tun“, fährt Stanczek fort, „sie wissen, dass ein einfacher Anruf bei Nabil genügt hätte, damit er sich all ihren Fragen und Anliegen stellt. Da es nun in letzter Zeit immer wieder so passiert, muss ich das Vorgehen der israelischen Armee als gezielte Schikane der Mitarbeiter des Freedom Theatre und ihrer Familien deuten.“

Inzwischen ist bekannt, dass Nabil Al-Raee von der Armee widerrechtlich inhaftiert ist. Seine Anwältin, Smadar Ben-Natan, gibt an, dass er z. Zt. im Jalameh Militärgefängnis nördlich von Jenin in Israel festgehalten wird. Die Verhöre in Jalameh umfassen, wie die aller anderen israelischen Militärgefängnisse üblicherweise inhumane Behandlungsmethoden, wie Schlafentzug, psychologischen Druck und Anbinden in schmerzvollen Stellungen.

Dies ist der vierte größere Übergriff der israelischen Armee auf The Freedom Theatre und seine Beschäftigten sowie ihre Familien. Vorgeblich stehen diese Aktionen im Zusammenhang mit den immer noch erfolglosen Bemühungen der palästinensischen und israelischen Behörden den Mord an Juliano Mer-Khamis am 4. April 2011 aufzuklären. Dabei hat das Freedom Theatre seine uneingeschränkte Bereitschaft zur Kooperation bei den Ermittlungen zu diesem Verbrechen an seinem Nestor nicht nur wiederholt erklärt, sondern, indem es jede diesbezügliche Anforderung erfüllte, auch bewiesen.

Die jüngste Verschleppung von Nabil Al-Raee legt die Vermutung nahe, dass die regelmäßigen Schikanen nichts mit den Ermittlungen zum Mord an Juliano zu tun haben, sondern Bestandteil einer gezielten Kampagne gegen das Freedom Theatre selbst sind.

Erfahrungsgemäß stehen vergleichbare Anschläge der israelischen Armee auf zivile Einrichtungen des politischen und kulturellen Lebens in den besetzten Gebieten im Zusammenhang den Erfolgen und der internationalen Anerkennung ihrer Arbeit. Die hohe Wertschätzung, die sowohl dem Kindertheater als auch der ihm angeschlossenen Schauspielschule über Jenin hinaus in Palästina und international zuteil wird, könnte das Problem sein. Nicht zuletzt auch in Deutschland erfreuen sich Gastauftritte des Freedom Theatre sowie von Studierenden und Absolventen seiner Schauspielschule großer Beliebtheit und hoher Anerkennung der künstlerischen Leistung. In der kommenden Woche werden fünf Absolventen im Ballhaus-Naunyn-Straße in Berlin vor ausverkauftem Haus spielen. Vor allem THE FREEDOM BUS, der begleitet von einer internationalen Delegation, im Herbst zehn Tage durch die palästinensischen Gebiete reisen wird, verspricht ein künstlerischer und politischer Erfolg zu werden. Das alles missfällt wohl der israelischen Armee.

Das Bundesdeutsche Außenministerium wusste in der Vergangenheit das für Kinder und Jugendliche im größten palästinensischen Flüchtlingslager so kostbare Theater mit finanzierten Projekten zu unterstützen.
  • Die Assoziation Freundinnen und Freunde des Jeniner The Freedom Theater in Deutschland appelliert an die Zuständigen im Außenministerium, alles zu tun, um die Zukunft des Theaters im Interesse der Kinder und Jugendlichen nicht - wie schon 2002 geschehen - wieder zerstören zu lassen.
  • Überdies ruft die Assoziation alle Untersützer_innen des Freedom Theatre und insbesondere alle Kulturschaffenden auf, per email, Telefon und Post den Botschafter Israels in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsmann aufzufordern, bei seiner Regierung auf eine sofortige Freilassung Nabil Al-Raees (ID-number 906349162) sowie das Ende der systematischen Schikane gegen Mitglieder des Freedom Theatre hinzuwirken.
  • Zusätzlich sind alle im Umfeld der Assoziation gebeten, sich an das bezirkliche Koordinationsbüro der israelischen Armee zu wenden und dort dieselben Forderungen geltend zu machen.
Für weitere Informationen und Interviews:
  • Jonatan Stanczak, the managing director of The Freedom Theatre can be reached on jonatan@thefreedomtheatre.org and +972(0)599017654
  • Micaela Miranda can be reached on micaela@thefreedomtheatre.org and +972(0)597016230.
Berlin, 8. Juni 2012


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