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Israel heizt den Konflikt an

Dutzende Festnahmen von Palästinensern durch die Besatzer. Vertreibungen und Hauszerstörungen gehen weiter

Von Karin Leukefeld *

Im Rahmen eines zwischen Israel und der palästinensischen Hamas vereinbarten Gefangenenaustausches hat Israel am Wochenende weitere 550 palästinensische Gefangene freigelassen. 41 der Freigelassenen kehrten in den Gazastreifen zurück, 507 in die Westbank und zwei nach Jordanien. Unter den Gefangenen waren sechs Frauen. Alle wurden in Gaza und in der Westbank von Politikern und Tausenden Angehörigen begrüßt.

Insgesamt hat Israel für den gefangenen Soldaten Gilad Shalit 1050 Gefangene freigelassen. Rund 9000 Palästinenser sind weiter in Haft, darunter der populäre Politiker Marwan Barghouti und der Vorsitzende der Volksfront zur Befreiung Palästinas, Ahmad Saadat. Tausende Gefangene hatten im Oktober mit einem Hungerstreik gegen die schlechten Haft- und Besuchsbedingungen in den israelischen Gefängnissen protestiert.

Das Palästinensische Informationsbüro berichtet derweil von neuen Festnahmen durch israelische Behörden. Allein in der vergangenen Woche wurden von der israelischen Besatzungsarmee in der Westbank 50 Personen verhaftet, darunter elf Minderjährige im Alter zwischen elf und 18 Jahren. Nordwestlich der Küste von Gaza wurden außerdem zwei Fischer von israelischen Kriegsschiffen aufgebracht und festgenommen, ihr Boot wurde beschlagnahmt. Israel verweigert den Palästinensern im Gazastreifen das Fischen in ihren nationalen Gewässern, die im Oslo-Abkommen auf 20 Seemeilen festgelegt worden waren.

Neuerdings gesteht Israel den palästinensischern Fischern nur noch ein Gebiet bis zu drei Seemeilen zu und hat den Zugang darüber hinaus mit Flößen gesperrt. Die letzten Verhaftungen fanden sogar innerhalb dieser Dreiseemeilenzone statt.

In einem am Wochenende veröffentlichten Bericht des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) heißt es, daß im vergangenen Jahr 2011 mindestens 1000 Palästinenser durch die Zerstörung ihrer Häuser vertrieben worden sind. In der letzten Woche waren zehn Häuser von Palästinensern im besetzten Ostjerusalem und in der Westbank zerstört worden, die Zahl der vernichteten Häuser in Ostjerusalem im Dezember stieg damit auf 22. Die Vertreibung der Palästinenser geht einher mit dem ungezügelten Bau und Ausbau israelischer Siedlungen. Am Montag teilte das Bau- und Planungsministeriums auf seiner Webseite den Bau von 1000 neuen Wohneinheiten mit. Veröffentlicht wurden Ausschreibungen für den Bau von 500 neuen Wohnungseinheiten in Ostjerusalem (Har Homa) sowie für 500 neue Wohnungseinheiten in zwei Siedlungen (Beitar Ilit/Bethlehem und Givat Ze’ev) in der besetzten Westbank. Diese 1000 Wohneinheiten sind Teil von rund 6000 geplanten Neubauten. Ministeriumssprecher Ariel Rosenberg erklärte gegenüber AFP, die Neubauten seien eine weitere Reaktion auf den Antrag der Palästinenser, vollwertiger Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen zu werden. Abu Rudeina, Sprecher des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, sprach von einer »neuen kolonialen Entscheidung« der israelischen Regierung. Israel vernichte »jeden Versuch, Frieden in der Region zu schaffen«.

* Aus: junge Welt, 20. Dezember 2011


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