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Israels Verwaltungshaft am Pranger

Amnesty International kritisiert willkürliche Justizpraxis *

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat von Israel die Abschaffung der Verwaltungshaft gegen Palästinenser gefordert, die in Hunderten Fällen zu langen Haftzeiten ohne ein Gerichtsverfahren führt.

Alle Verwaltungshäftlinge in Israel müssten freigelassen oder in fairen Gerichtsverfahren »wegen international nachvollziehbarer krimineller Handlungen« angeklagt und verurteilt werden, erklärte Amnesty am Mittwoch in Jerusalem. Ende April hätten insgesamt 308 Palästinenser in Israel in Verwaltungshaft gesessen.

Die Praxis der Verwaltungshaft wurde in den vergangenen Monaten verstärkt beachtet, weil mehr als 1500 der rund 4700 palästinensischen Insassen israelischer Gefängnisse aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen Hungerstreik getreten waren. Er wurde am 14. Mai von den meisten Häftlingen beendet, nachdem Israel zusagte, die Haftbedingungen zu verbessern und die Verwaltungshaft bei keinem der Betroffenen erneut zu verlängern – es sei denn, es liegen neue Beweise vor.

Der palästinensische Minister für Häftlinge, Issa Karakaa, beklagte jedoch, diese Zusage sei in 30 Fällen gebrochen worden.

Einer der Initiatoren des Hungerstreiks der palästinensischen Häftlinge wurde unterdessen am Dienstagabend aus der Haft entlassen. Der 34-jährige Thaer Halahla saß zwei Jahre lang ohne Anklage in Israel ein. Ihm wurde Mitgliedschaft in der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad vorgeworfen. Er hatte an 76 Tagen die Nahrungsaufnahme verweigert.

Trotz der Einigung mit den israelischen Strafvollzugsbehörden setzen zwei palästinensische Inhaftierte ihren Hungerstreik fort. Einer von ihnen ist der Fußballspieler Mahmud Sarsak. Der 25- Jährige aus dem Gaza-Streifen war im Juli 2009 am Kontrollpunkt Eres festgenommen worden, als er zu einem internationalen Spiel seiner Mannschaft auf dem Weg ins Westjordanland war. Er sitzt seither ohne Anklage in Haft.

Israelische Kampfflugzeuge haben in der Nacht zum Mittwoch erneut Ziele im Gaza-Streifen angegriffen. Nach Angaben palästinensischer Sanitäter wurden dabei drei Menschen verletzt. Eine Polizeistation der im Gaza-Streifen regierenden Palästinenserorganisation Hamas sei getroffen worden. Die israelische Armee teilte hingegen mit, es seien zwei Waffenfabriken im Norden und Süden des Palästinensergebiets beschossen worden. Es handele sich um eine Reaktion auf den Raketenbeschuss israelischer Grenzgebiete.

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat den Gaza-Streifen als »weltweit größtes Gefängnis« bezeichnet. Dort seien Menschen unter freiem Himmel »eingesperrt«, sagte er mit Blick auf die israelische Blockade des Küstenstreifens. Erdogan äußerte sich auf einem Wirtschaftsforum, an dem Geschäftsleute und Vertreter aus Ländern im Nahen Osten, in Nordafrika und Eurasien teilnahmen. Er rief zu Investitionen in verarmte Regionen der Welt auf und nannte dabei die Palästinensergebiete.

Ultrarechte israelische Abgeordnete sind mit einem Vorstoß zur Legalisierung nicht genehmigter jüdischer Siedlungen im Westjordanland gescheitert. 69 der 120 Mitglieder der Knesset stimmten am Mittwoch gegen und nur 22 für einen Gesetzesentwurf des Abgeordneten Sevulun Orlev von der nationalreligiösen Partei Habait Hajehudi.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 7. Juni 2012

AMNESTY: ISRAEL MUSS ENDLICH ADMINISTRATIVHAFT FÜR PALÄSTINENSER ABSCHAFFEN

06. Juni 2012 - Inhaftierung ohne Anklage, ohne Prozess, das Besuchsrecht massiv eingeschränkt: Administrativhaft ist laut eines heute veröffentlichten Berichts von Amnesty International immer noch gängige Praxis in Israel. Ende April saßen 308 Palästinenser in israelischen Gefängnissen in Administrativhaft - unter ihnen 24 Mitglieder des palästinensischen Legislativrates, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten. Sie sind, ebenso wie viele andere palästinensische Gefangene in Israel, der Gefahr der Folter sowie grausamer und entwürdigender Behandlung während ihrer Gefangenschaft ausgesetzt - auch als Strafmaßnahme für Hungerstreiks oder andere Formen des Protests.

"Seit Jahrzehnten schon fordert Amnesty International Israel auf, der Praxis der Administrativhaft ein Ende zu machen, die Gefangenen zu entlassen oder sie in fairen Gerichtsverfahren anzuklagen und zu verurteilen. Israel hat natürlich die Pflicht, die Menschen im eigenen Land und in den besetzten Gebieten vor Angriffen auf ihr Leben zu schützen - muss dies aber unter Einhaltung der Menschenrechte tun. Das aktuelle Vorgehen verstößt gegen internationales Recht, zu dessen Einhaltung Israel sich verpflichtet hat", sagt Petra Schöning, Nahostexpertin bei Amnesty International.

Bei Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle. Den aktuellen Bericht "Starved of justice: Palestinians detained without trial by Israel" finden Sie hier www.amnesty.org [externer Link]

In dem Report "Starved of justice: Palestinians detained without trial by Israel" listet amnesty internationale eine Reihe von Empfehlungen auf, die wir im Folgenden im Original dokumentieren (S. 9f):

KEY RECOMMENDATIONS

In the final chapter of this report, Amnesty International makes several recommendations to the Israeli authorities and the international community. In particular, the organization is calling on the Israeli authorities to:
  • release immediately and unconditionally all prisoners of conscience held solely for the non-violent exercise of their rights to freedom of expression, association and assembly; 
  • release all administrative detainees unless they are promptly charged with internationally recognizable criminal offences and tried in accordance with international fair trial standards; 
  • end the practice of administrative detention; 
  • end the practice of forcible deportation or transfer of Palestinians from the OPT or from the West Bank to Gaza, including in the context of deals to release individuals held under administrative detention orders; 
  • protect all those in Israeli custody from all forms of torture and other ill-treatment, including denial of appropriate medical care, at all times; investigate all allegations or torture or other ill-treatment promptly and impartially, and bring to justice anyone found responsible for abuses; 
  • ensure that no prisoner or detainee is punished in any way for non-violent protests such as hunger strikes, and that all prisoners and detainees are given access to their lawyers and families, as well as to independent doctors when necessary; 
  • ensure that Palestinian prisoners and detainees are held in prisons and detention centres inside the OPT, and that conditions in all such facilities fully meet international standards.
Quelle: www.amnesty.org [pdf-Datei, externer Link]




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