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Druck vom IWF

Delegation der Finanzorganisation fordert in Irland wegen sinkenden Wirtschaftswachstums weitere Einsparungen

Von Christian Bunke, Manchester *

Die Republik Irland hat derzeit Besuch vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Delegation weilt seit dem 12. April in Dublin, um sich anzuschauen, wie der angeordnete Sozialabbau funktioniert. Als Gastgeschenk hat sie schlechte Nachrichten im Gepäck. Die irische Wirtschaft werde 2011 weniger wachsen als erwartet, nur noch um 0,5 Prozent.

Schlechte Nachrichten gibt es auch aus dem Bankensektor. Die AIB Bank gab für 2010 Verluste von 10,4 Milliarden Euro bekannt. Dies ist ein Negativrekord. Die Bank will nun 2000 Beschäftigte entlassen. Das ist einer von jeweils sieben Arbeitsplätzen bei der Bank. Darunter fallen auch Sicherheitsleute, Hausmeister und Kantinenbeschäftigte. Neben den Entlassungen befürchtet man, daß sich AIB das fehlende Geld bei ihren Kleinschuldnern, zum Beispiel Familien mit Hypotheken, zurückholen könnte. Zehntausende fürchten nun um ihre Häuser. Aufgrund des öffentlichen Drucks sah sich AIB gezwungen, »in Härtefällen« auf das Eintreiben ausstehender Hypotheken zu verzichten. Dies gab der Vorsitzende der AIB-Exekutive David Hodgkinson am Mittwoch bekannt.

Der irische Regierungschef Enda Kenny gab sich trotz allem optimistisch, schließlich habe man den IWF auf seiner Seite, dessen Delegation sei in Irland, um dem Land zu helfen. Doch die Botschaften aus den Reihen der IWF-Delegation klingen alles andere als freundlich. Das geringere Wirtschaftswachstum werde Irland noch zusätzlich belasten, das Haushaltsdefizit werde steigen. Nun müßten zusätzliche Einsparungen von einer Milliarde Euro gefunden werden. Der IWF fordert als Gegenleistung für das 85 Milliarden Euro schwere Rettungspaket, daß Irland das Defizit bis 2015 auf drei Prozent senkt.

Die irische Regierung zeigt sich bemüht, diesen Forderungen nachzukommen. Zeitgleich zum IWF-Besuch tagten die Regierungsminister und verkündeten ein »public spending review«, also eine Überprüfung öffentlicher Ausgaben. Für die Durchführung desselben wurde eigens ein neuer Ministerposten eingerichtet. Minister für öffentliche Ausgaben ist Brendan Howlin. Dieser forderte am 12. April, alle Ministerressorts müßten genauestens überprüft werden. Er wünsche keine Verteidigung bestehender Ausgaben, sondern Vorschläge, wie eingespart werden könne. Irland könne es sich nicht leisten, jedes Jahr 18 Milliarden Euro zu leihen.

Auch der Ton gegenüber den irischen Gewerkschaften wird härter. Diesen wirft die Regierung mehr oder weniger offen vor, bereits beschlossene Sparmaßnahmen zu sabotieren. In Regierungskreisen wird behauptet, die bisherigen Abkommen mit den Gewerkschaften würden keine Einsparungen erbringen, es müsse deshalb schnell innerhalb der nächsten zwei Monate ein neues Abkommen beschlossen werden.

Aufgrund des seit 2010 gültigen »Croke-Park«-Abkommens haben bereits 14000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst ihren Job verloren. Bis Ende 2011 wird diese Zahl auf 19000 ansteigen. Das sind 75 Prozent der Zielvorgabe bis 2015. Unter anderem durch Lohnkürzungen seien bereits 1,8 Milliarden Euro eingespart worden Dies geht aus Zahlen hervor, die von Shay Coady, dem Generalsekretär der Gewerkschaft IMPACT, herausgegeben wurden.

Dennoch will die Regierung die neuen IWF-Vorgaben anscheinend nutzen, um weitere Verschlechterungen durchzusetzen. Im Mai soll ein »Jobhaushalt« ins irische Unterhaus eingebracht werden. Dann werden Details über die geplanten Verschlechterungen bekannt werden. Die Untersuchung der öffentlichen Ausgaben soll im September abgeschlossen sein. Im Dezember steht eine weitere Haushaltsberatung im Unterhaus an, in diese sollen die Erkenntnisse der Ausgabenuntersuchung einfließen.

* Aus: junge Welt, 14. April 2011


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