Iran ist in Südasien nicht isoliert
Ahmadinedschad auf Kurztour in Pakistan, Sri Lanka und Indien
Von Hilmar König, Delhi *
Von Washington und seinen Verbündeten argwöhnisch beobachtet, stattete Irans Präsident
Mahmud Ahmedinedschad in dieser Woche drei Staaten Südasiens kurze, aber inhaltsreiche
Besuche ab.
Unverkennbar wollte Ahmedinedschad durch seine Blitzbesuche in Pakistan, Sri Lanka und Indien
zu Wochenbeginn demonstrieren, dass Iran trotz aller Sanktionen nicht isoliert ist, sondern in
Südasien durchaus Partner hat. Eben das passt nicht ins Konzept der USA, Teheran wegen seines
Nuklearprogramms zu bestrafen.
Irans Präsident sammelte auf der Zwei-Tage-Tour etliche Pluspunkte. In Pakistan konferierte er mit
Präsident Pervez Musharraf und Premier Jusuf Raza Gillani. Letzterer nutzte die Gelegenheit, auf
Pakistans »vielseitige Strategie gegen Terrorismus und Extremismus« zu verweisen, die
»politischen Dialog, sozialökonomische Entwicklung und Sicherheitsmaßnahmen einschließt«. Und
sein Außenminister Shah Mahmud Qureshi erklärte: »Wir unterstützen Irans Nutzung von
Atomenergie für friedliche Zwecke unter Beachtung der Richtlinien der Internationalen Atomenergie-
Agentur.« Kein Wunder, dass Ahmedinedschad unter Hinweis auf Gemeinsamkeiten in Religion,
Geschichte und Kultur das zweiseitige Verhältnis blumig mit »einer Seele in zwei Körpern« verglich.
Im Wirtschaftsbereich stand das Großprojekt der Erdgasleitung Iran-Pakistan-Indien zu Debatte. Alle
technischen, finanziellen und Sicherheitsprobleme, hieß es, seien geklärt. Das Abkommen zur 2615
Kilometer langen, etwa 7,5 Milliarden Dollar teuren »Pipeline für Frieden und Fortschritt« könne in
Kürze unterzeichnet werden. Neben dem ökonomischen Nutzen gilt das Projekt – unter Einbindung
Indiens – als vertrauenbildende Maßnahme und als Beitrag zu regionaler Sicherheit.
Den Aufenthalt in Sri Lanka beschrieb das Regierungssprachrohr »Daily News« als »epochale
Visite«. Solche Begeisterung resultierte aus iranischen Krediten in Höhe von über 1,1 Milliarden
Dollar für das Wasserkraft- und Bewässerungprojekt Uma Oya und für die Modernisierung der
einzigen Ölraffinerie Sri Lankas. 70 Prozent der Ölimporte kommen bereits aus Iran. Palita Kohona,
Sekretär in Colombos Außenministerium, sprach vom »größten gegenwärtigen Paket der
Entwicklungshilfe für Sri Lanka«.
In Delhi ging es der iranischen Seite vor allem um die Erdgasleitung, der Indien wegen seines
enormen Energiebedarfs gegen den Widerstand der USA zugestimmt hat. Doch die Inder brauchen
noch mindestens anderthalb Monate, ehe Bedenken, Unklarheiten und Probleme ausgeräumt sind.
Unabhängig davon arbeiten beide Staaten in Afghanistan gemeinsam am Bau eines Transitwegs
zum iranischen Hafen Chabahar. Und sie vereinbarten kurz vor Ahmedinedschads Besuch indische
Unterstützung für den Bau einer 600 Kilometer langen Eisenbahnstrecke in Iran mit Anschluss ans
russische Streckennetz.
Für Teheran und Delhi war dieser Besuch aber auch eine Demonstration unabhängiger
Außenpolitik. Washington hatte den Indern »geraten«, mit dem Gast wegen des Atomprogramms
Tacheles zu reden, was Delhi als ziemlich dreiste Einmischung empfand. Indien brauche keine
derartigen Hinweise, konterte das Außenministerium. Zwei uralte Zivilisationen wüssten, wie sie
miteinander umzugehen hätten, und sie glaubten, »dass Engagement und Dialog allein zum Frieden
führen.« Außenminister Pranab Mukherjee sagte, es sollte der IAEA überlassen bleiben, zu
beurteilen, ob Irans Nuklearprogramm friedlich ist oder nicht. Und Shivshankar Menon, Indiens
Staatssekretär für Auswärtiges, kommentierte: »Wir vertreten den Standpunkt, je mehr Engagement
es gibt, desto mehr wird Iran zu einem Faktor der Stabilität in der Region.« Irans Präsident
verurteilte vor den Medien die Versuche, seinem Land das Recht zur friedlichen Nutzung von
Kernenergie abzusprechen. Der Westen solle seine Aggression und Einschüchterungstaktik
aufgeben, forderte er.
* Aus: Neues Deutschland, 3. Mai 2008
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