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Iran sieht in Russland natürlichen Alliierten

Laridschani zu Gesprächen in Moskau

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr hat der Chef des Obersten Sicherheitsrates Irans, Ali Laridschani, in Moskau verhandelt.

Moskaus Vorschlag zur Errichtung eines gemeinsamen Betriebes zur Urananreicherung auf russischem Gebiet sei nach wie vor aktuell, sagte Ali Laridschani gestern bei seinem Besuch in Moskau. Gleichzeitig drohte er mit Konsequenzen für die weitere Zusammenarbeit Teherans mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, sollte der UN-Sicherheitsrat an der gegenwärtigen Form seines Resolutionsentwurfs zum iranischen Kernforschungsprogramm festhalten. Moskaus Korrekturvorschläge, so Laridschani, müssten unbedingt berücksichtigt werden.

Iran besteht auf uneingeschränkter Nutzung der Atomenergie zu friedlichen Zwecken, einschließlich eigener Urananreicherung. Da befürchtet wird, Teheran bastele an eigenen Kernwaffen, sieht ein von den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland unterstützter Resolutionsentwurf einen Lieferstopp für Kerntechnologien vor, die auch zu militärischen Zwecken genutzt werden können. Russland hält die geplanten Sanktionen für »unangemessen« und fordert zeitliche Begrenzungen. Auch dürfe Iran nicht isoliert werden.

Bei Gesprächen mit seinem russischen Amtskollegen Igor Iwanow und Außenminister Sergej Lawrow betonte der iranische Politiker, seien »Freunde und natürliche Verbündete« und würden daher eng bei der Lösung regionaler Probleme zusammenarbeiten.

Gemeint war damit auch Russlands Konflikt mit Georgien, das ab Januar 2007 für 1000 Kubikmeter russischen Gases 230 US-Dollar zahlen soll Bisher waren es 110. Hoffnungen, die Preissteigerungen durch Gasimporte aus Iran vermeiden zu können, haben sich zerschlagen: Iran stimmte gestern dem Vorschlag Russlands zu, wonach der Monopolist Gasprom die Sperrminorität an der neuen Pipeline erwirbt, die Iran gegenwärtig nach Armenien baut und nach Georgien weiterführen will. Armeniens Präsident Robert Kotscharjan hatte das Geschäft bereits bei seinem Russland-Besuch zu Beginn dieser Woche genehmigt. Auch, um Preiserhöhungen für eigene Importe aus Russland abzufangen. Zwecks Schulderlass musste Armenien Ende der 90er bereits seine Kraftwerke an Russland abtreten. Mit der Gasprom-Beteiligung kontrolliert Moskau die gesamte Energiewirtschaft der Republik.

* Aus: Neues Deutschland, 11. November 2006

Irans Atom-Programm: Ali Laridschani setzt Verhandlungen in Moskau fort

MOSKAU, 11. November. Die Sekretäre der Nationalen Sicherheitsräte von Russland und Iran, Igor Iwanow und Ali Laridschani, setzen ihre am Freitag (10. Nov.) begonnen Gespräche über den Konflikt um das iranische Atomprogramm fort. Am Freitag hat Laridschani erklärt, in der iranischen Verteidigungsdoktrin gebe es keinen Platz für Atomwaffen.

Es wird erwartet, dass Präsident Putin am Samstag (11. Nov.) Laridschani empfängt.

Am Freitag dauerten die Verhandlungen zwischen Iwanow und Laridschani etwa fünfeinhalb Stunden. Danach erklärte Iwanow, dass die Gespräche am Samstag fortgesetzt werden sollen.

Am Freitag traf sich Laridschani darüber hinaus mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow. Die Verhandlungen mit dem Außenminister und dem Sicherheitssekretär der Russischen Föderation schätzte er anschließend als "sehr konstruktiv" ein.

"Beide Seiten gehen davon aus, dass die Lösung des iranischen Atomproblems ausschließlich über den Verhandlungsweg und mittels politischer Methoden erfolgen kann", sagte er.

Laridschani betonte, dass Iran und Russland "zwei sehr wichtige Staaten in der Region sind. Ihre Zusammenarbeit hat große Bedeutung für die Region."

In der iranischen Verteidigungsdoktrin gebe es keinen Platz für Atomwaffen und Teheran sei bereit, die Inspektoren der Internationalen Atombehörde zu empfangen, erklärte Laridschani. "Wir wollen unsere Rechte im Rahmen des Vertrages über Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen wahrnehmen. In dieser Hinsicht werden wir keinen Schritt zurückweichen, aber wir sind bereit, Verhandlungen zu führen", erläuterte er.

Er betonte, dass das Atomproblem Irans nur über den Verhandlungsweg gelöst werden könne. Die Verhandlungen könnten verschiedene Formate haben, sagte Laridschani.

"Wir haben damals Verhandlungen mit Javier Solana (Hoher Vertreter der EU in der Außen- und Sicherheitspolitik). Der Prozess kann wiederholt werden oder er kann in jedem anderen Format fortgeführt werden", sagte er.

Der Sekretär des iranischen nationalen Sicherheitsrates vertrat die Auffassung, dass eine Resolution des UN-Sicherheitsrates der Regelierung nicht helfe. "Die Fassung einer Resolution (durch den UN-Sicherheitsrat) zum Atomproblem Irans ermöglicht nicht die Lösung der Frage und hilft auch der politischen Regulierung nicht", glaubt er.

"Wenn es unterschiedliche Auffassungen zwischen beiden Seiten gibt, so sind wir bereit, sie alle auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Aber diejenigen, die eine Resolution unterstützen, wollen die Probleme der Region vertiefen", stellte der Sekretär des Obersten Rates der Nationalen Sicherheit Irans fest.

Am Freitagmorgen bei seiner Ankunft in Moskau hatte Laridschani bereits erklärt, dass Teheran den Vorschlag Russlands zur Schaffung eines Gemeinschaftsunternehmens, das die Urananreicherung übernimmt, nicht ablehne und ihn nach wie vor für aktuell halte.

"Der Vorschlag Russlands zur Schaffung eines Gemeinschaftsunternehmens, das auf russischem Territorium die Anreicherung von Uran übernimmt, war stets und bleibt auch auf dem Verhandlungstisch", sagte Laridschani.

Russland hatte Ende vorigen Jahres vorgeschlagen, ein Gemeinschaftsunternehmen zur Urananreicherung mit dem Iran zu gründen. Der Vorschlag sieht vor, dass das Uran in Russland angereichert und dann an den Iran geliefert wird.

Moskau und Teheran führten zu diesem Thema drei Verhandlungsrunden. Die erste Runde fand am 20. Februar im Kreml statt, die zweite am 25. Februar im Iran, die dritte am 1. März in Moskau.

Der Iran besteht jedoch darauf, das recht auf den vollen atomaren Kreislauf zu haben, die Uran-Anreicherung eingeschlossen. Dies stößt in der Internationalen Gemeinschaft auf Besorgnis, da sie fürchtet, der Iran nutze sein Atomprogramm zu militärischen Zielen. Die Mitglieder der "Sechsergruppe" fordern vom Iran die völlige Einstellung aller Tätigkeiten zur Anreicherung von Uran.

Bei ihrem Treffen am 1. Juli in Wien verabschiedeten die Außenminister Russlands, der USA, Chinas, Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs ein Paket von Vorschlägen, dass darauf ausgerichtet war, eine Zustimmung Teherans zur Einstellung der Urananreicherung zu erreichen: Die Vorschläge umfassen drei Gebiete: das Atomprogamm Irans, die Kooperation in Wirtschaft und Handel und Sicherheitsgarantien. Im Tausch für die Erneuerung des Moratoriums auf die Anreicherung von Uran enthält das Paket eine Reihe von "Fördermaßnahmen", darunter die Lieferung von Leichtwasserreaktoren an den Iran und Hilfe bei der Entwicklung des Flug- und Automobiltransports.

In Übereinstimmung mit der Resolution des UN-Sicherheitsrates hätte Teheran bis zum 31. August dieses Jahres alle Arbeiten zur Urananreicherung einstellen sollen - als Vorbedingung für die Verhandlungen über das Vorschlagspaket. Allerdings sprach der Iran in einer Antwort darauf, die am 22. August übergeben wurde, lediglich von der Möglichkeit einer Einstellung der Arbeiten nach dem Ende der Verhandlungen und nicht als deren Vorbedingung.

Im UN-Sicherheitsrat wird derzeit die Frage nach Einführung von Sanktionen gegen Teheran erörtert. Die Sanktionen sollen die Lieferung von sensiblen Technologien an den Iran, die für die Schaffung von Atomwaffen genutzt werden können, verbieten. Russland besteht darauf, dass diese Maßnahmen den Handlungen des Irans angemessen und zeitlich begrenzt sein sollen. Außerdem müsse der Verhandlungsprozess fortgesetzt werden.

Anfang Oktober hatte der iranische Präsident erklärt, dass sein Land das Atomprogamm weiter entwickeln werde. Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad betonte, dass der Iran die Sanktionen der Internationalen Gemeinschaft nicht fürchte. "Wir leben schon 27 Jahre mit den Sanktionen, aber ungeachtet dessen haben wir viele Erfolge erreicht. Unsere Jugend hat sich Atomtechnologien angeeignet und kann das Blühen und den Erfolg des Irans erreichen", sagte er.

Quelle: RIA Novosti, 11. November 2006




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