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Vorsichtiger Optimismus

Gespräche über iranisches Atomprogramm ohne konkrete Ergebnisse

Von Knut Mellenthin *

Keine praktischen Ergebnisse, aber »vorsichtig optimistische« Töne aus Teheran: Iran und die Sechsergruppe – USA, Rußland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland – wollen ihre Gespräche über das iranische Atomprogramm fortsetzen. Die beiden insgesamt nicht einmal sechs Stunden dauernden Begegnungen am Dienstag und Mittwoch in der früheren Hauptstadt Kasachstans, Almaty, endeten ohne Bekanntgabe des Diskussionsstands. Wie schon in der Vergangenheit wurde über Vorschläge beider Seiten gesprochen, die der internationalen Öffentlichkeit nur durch Gerüchte mehr oder weniger genau bekannt sind. Iranische Medien meldeten, daß die Gespräche auf »technischer Ebene« am 17. und 18 März im türkischen Istanbul fortgesetzt werden sollen. Anschließend wollen sich die Verhandlungsführer der sieben Staaten am 6. April in Almaty wiedertreffen. Eine Bestätigung anderer Teilnehmer für diese iranischen Angaben lag zunächst nicht vor.

Auffallend war die positive Bewertung der jüngsten Gespräche durch den iranischen Chefunterhändler Said Dschalili. In einer Pressekonferenz nach Schluß des Treffens sagte er, die Sechsergruppe habe »einige Vorschläge präsentiert«, die im Vergleich zur Vergangenheit »realistischer« gewesen seien. Die Gegenseite habe sich bemüht, »näher an die iranischen Gesichtspunkte heranzukommen«. Iran betrachte das als »einen positiven Schritt«, »trotz der Tatsache, daß wir noch einen weiten Weg vor uns haben«.

Auf konkrete Einzelheiten wollte Dschalili jedoch nicht eingehen. Iranische Medien zitierten ihn lediglich mit der unglaubwürdigen Behauptung, die Sechsergruppe habe beim Treffen in Almaty nicht die Schließung der Anreicherungsanlage von Fordo verlangt. Nach allem, was darüber bekannt ist, stellt gerade das eine zentrale Forderung der USA und ihrer Verbündeten dar. Daneben verlangt die Sechsergruppe auch, daß Iran die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent einstellen und das schon produzierte Material dieses Anreicherungsgrads abliefern müsse. Nach den bisherigen Vorstellungen der Sechsergruppe sollten das einseitige »vertrauensbildende« Zugeständnisse sein, für die Iran keine adäquaten Gegenleistungen angeboten wurden.

Aus nicht offiziell bestätigten Andeutungen anonymer Regierungsbeamter vor dem Treffen in Almaty ging hervor, daß die Sechsergruppe dort einen nachgebesserten Vorschlag präsentieren wollte. Angeblich enthielt er eine Aussetzung des Verbots des Goldhandels mit Iran und die Lockerung einiger weiterer Sanktionen. Wie weit das überhaupt stimmt und worum es dabei geht, ist nicht bekannt. Iran setzt Gold zur Abwicklung von Handelsgeschäften ein, nachdem iranische Banken aufgrund westlicher Strafmaßnahmen kaum noch Transaktionen abwickeln können. Das von der US-Regierung angeordnete Verbot, Gold an Iran zu verkaufen, trifft vor allem die Türkei. Das Verbot war gerade erst am 6. Februar in Kraft getreten.

Daß es auf Grundlage dieses Angebots zu einer Einigung kommen könnte, ist jedoch äußerst unwahrscheinlich. Aus iranischer Sicht ist Fordo der wertvollste Bestandteil der eigenen Verhandlungsmasse. Denn anders als die Anlage in Natanz, wo schon seit 2007 Uran angereichert wird, liegt das erst 2011 in Betrieb genommene Fordo nahezu unangreifbar tief unterhalb eines Bergmassivs. Für Iran macht es keinen Sinn, diesen Trumpf vorzeitig gegen einen viel zu geringen Tauschwert wegzugeben. Generell strebt die iranische Führung keine Einzelgeschäfte, sondern eine den Streit definitiv abschließende Gesamtlösung an. Diese müßte zwangsläufig die Anerkennung des Rechts auf Urananreicherung und zumindest einen detaillierten Zeitplan für die Aufhebung aller Sanktionen enthalten.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 28. Februar 2013


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