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Riesiges Ölfeld in Iran entdeckt

Teheran sieht sich bei Energiereserven wieder vor dem Nachbarn Irak

Von Benjamin Fredrich *

In der Rangfolge der Erdölstaaten ist die alte Ordnung wieder hergestellt. Nachdem Irak vor zwei Wochen unter Hinweis auf neue Untersuchungen seine Ölreserven von 115 auf 143 Milliarden Fass (à 159 Liter) aktualisiert hat, sagte Irans sagte Ölminister Massoud Mirkazemi nun, statt 138 schlummerten tatsächlich mehr als 150 Milliarden Fass an Ölreserven im Boden des Landes.

Nach Mitteilung der Teheraner Regierung ist vorige Woche im Süden des Landes ein Ölfeld entdeckt worden. Der Fund erhöht die Gesamtreserven des Landes auf 150,31 Milliarden Barrel. Das entspricht einer neunprozentigen Steigerung. Stimmen die Angaben, besitzt Iran das drittgrößte Erdölvorkommen der Welt. Lediglich in Saudi-Arabien und Venezuela liegt mehr von dem wertvollen Rohstoff.

Am 4. Oktober hatte Irak bekanntgegeben, über 143 Milliarden Barrel Erdölreserven zu verfügen und damit mehr Öl zu besitzen als sein Nachbarstaat Iran. Nun legt die iranische Regierung nach und verweist darauf, dass weitere unerschlossene Gas- und Ölfelder vermutet werden. Die Erkundung der iranischen Erdkruste sei noch nicht abgeschlossen. Bis zum Ende des iranischen Jahres (31. März 2011) würden weitere Entdeckungen für wahrscheinlich gehalten. Auch die Gasreserven sollen sich erhöht haben. Nach Russland, liegen in Iran die zweitgrößten Vorkommen der Welt.

Sofortige Auswirkungen werden die Ölfunde jedoch nicht haben. Die Inbetriebnahme einer neuen Ölförderanlage ist bisher nicht vorgesehen. Irans Rohölvorkommen sind zwar sehr umfangreich, allerdings ist der Staat nur ungenügend in der Lage, daraus Treibstoff herzustellen. Etwa 40 Prozent des Benzins mussten bisher importiert werden. Durch die in den letzten Wochen verhängten Sanktionen, ist der Handel mit dem veredelten Öl nahezu eingebrochen. Nach Teherans Angaben kann die Produktion die Selbstversorgung decken. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Benzin in der Vergangenheit auf Vorrat gekauft wurde und jetzt, während der Sanktionierung, verbraucht wird. Experten gehen davon aus, dass der Staat am Persischen Golf frühestens 2012 in der Lage sein wird, den Eigenbedarf selbst zu decken.

Ein gewisses Maß an Skepsis ist gegenüber den neuen Hochrechnungen angebracht. Sowohl Irak als auch Iran verhalten sich als Rivalen innerhalb der Organisation Erdöl exportierender Länder. Obwohl die erwähnten Neuentdeckungen praktisch zunächst keinen nennenswerten Vorteil bedeuten, schmücken sich beide Staaten gern mit ihren geopolitischen Stärken, um ihre derzeit aus unterschiedlichen Gründen ramponierte Außenwirkung zu verbessern.

Die besonders von den USA im UNO-Sicherheitsrat durchgesetzten ökonomischen Strafmaßnahmen, an denen sich nun auch Russland beteiligt, sollen Teheran zwingen, sich im Atomstreit den Forderungen des Westens zu beugen. Im Moment aber hält sich die iranische Wirtschaft stabiler als erwartet. Ein Grund dafür ist der seit Anfang September steigende Rohölpreis.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Oktober 2010


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