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Wahlkampfhilfe für US-Republikaner

Israel attackiert Obama und wünscht einen härteren Kriegskurs gegen Iran

Von Knut Mellenthin *

Israel hat US-amerikanische Kritik an seinen Kriegsplänen gegen Iran scharf zurückgewiesen. Jeder öffentliche Hinweis auf Meinungsverschiedenheiten zwischen Washington und Tel Aviv und auf Einwände gegen Militäraktionen diene nur den Iranern, indem es den Druck auf diese verringere.

Wie die israelische Tageszeitung Haaretz am Dienstag (21. Feb.) berichtete, haben Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak sich in dieser Weise gegenüber Tom Dilon, dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, geäußert, der vor wenigen Tagen Gespräche in Israel führte. Das Blatt beruft sich dabei auf einen nicht namentlich genannten Regierungsbeamten. Offenbar handelt es sich bei dieser „Indiskretion“ um einen bewussten Versuch Tel Avivs, seine Unzufriedenheit mit den Äußerungen US-amerikanischer und anderer westlicher Politiker und Militärs an die Öffentlichkeit zu tragen.

Besonders verärgert seien Netanjahu und Barak über General Martin Dempsey, den Chef der israelischen Streitkräfte, berichtete Haaretz. Dieser hatte am Sonntag in einem Interview mit dem Sender CNN erklärt, die US-Regierung sei „nicht überzeugt“, dass die iranische Führung sich dafür entschieden habe, Atomwaffen zu bauen. Außerdem begännen die Sanktionen bereits, Wirkung zu zeigen. Deswegen sei es „zum jetzigen Zeitpunkt nicht klug“, Iran militärisch anzugreifen. Er glaube, Israel verstehe die amerikanischen Bedenken, „dass ein Schlag in diesem Moment destabilisierend wirken würde und dass sie damit ihre langfristigen Ziele nicht erreichen würden.“ Er könne allerdings nicht sagen, ob er es geschafft habe, die israelische Seite zu überzeugen.

Israels Attacke gegen Obamas Iran-Politik, verbunden mit dem Vorwurf, diese helfe den Iranern, spielt den Gegnern des Präsidenten in die Hände. Der derzeit aussichtsreichste Bewerber der Republikaner um das Amt, Rick Santorum, hat sich wiederholt ähnlich geäußert. So sagte er am vorigen Freitag in einem Gespräch mit dem Sender CBS: „Immer, wenn etwas vorgeschlagen wurde, um Iran in seine Schranken zu weisen und ihnen die Fähigkeit zur Entwicklung von Atomwaffen zu nehmen, war er – Obama – entweder dagegen oder hat nur widerwillig mitgezogen.“ Der Präsident mache die USA zu einem „Papiertiger“. Er, Santorum, werde dem Iran ein klares Ultimatum stellen, seine Atomanlagen zu demontieren, und würde diese durch Luftangriffe zerstören lassen, wenn die Iraner der Forderung nicht Folge leisten.

Die Pro-Israel-Lobby der USA hat in der vorigen Woche im Senat eine Resolution auf den Weg gebracht, die Obama zu einem harten Kriegskurs nötigen soll. Der Antrag, der unter anderem von dem langjährigen Kriegstreiber und ehemaligen Demokraten Joe Lieberman eingebracht wurde, trägt die Unterschriften von 32 der 100 Mitglieder des Senats. Inzwischen sind vermutlich weitere hinzugekommen. Die rechtlich nicht bindende Resolution fordert den Präsidenten auf, „die iranische Regierung daran zu hindern, die Fähigkeit zur Herstellung von Atomwaffen zu erreichen“. Diese „Fähigkeit“ ist rein hypothetisch und nicht eindeutig definierbar. Nach Ansicht vieler Experten besitzt Iran sie bereits, ebenso wie 40 oder 50 andere Staaten, darunter Deutschland und Japan. Lieberman erklärte zu seinem Antrag, er wolle diplomatische Optionen zwar nicht völlig ausschließen, aber falls Obama sich zum Angriff auf die iranischen Atomanlagen entschließen sollte, werde er im Kongress starke Unterstützung durch beide Parteien haben.

Indessen setzte eine hochrangige Delegation der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), die am Montag in Teheran eingetroffen war, gestern ihre Gespräche mit iranischen Vertretern fort. Über deren Verlauf wurde zunächst nichts bekannt. Von den Ergebnissen des Treffens wird es abhängen, wie der nächste Vierteljahresbericht des Generaldirektors der Behörde, Jukija Amano, ausfallen wird, den dieser bis zum 5. März vorlegen muss.

* Dieser Beitrag erschien unter dem Titel "Kriegsgeschrei" in der jungen Welt vom 22. Februar 2012


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