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Alles wieder offen

Terminabsprache für Verhandlungen um das iranische Atomprogramm geplatzt. Teheran erinnert an Bedingungen für neue Gespräche mit den "5 plus 1"

Von Knut Mellenthin *

Die Wiederaufnahme der Gespräche zwischen dem Iran und den »5 plus 1« – China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Rußland und USA – scheint in eine ungewisse Ferne gerückt. Dabei sah es noch vor einer Woche so aus, als sei ein Termin bereits klar. Die Außenpolitik-Chefin der EU, Catherine Ashton, hatte am vergangenen Samstag (16. Okt.) ein Treffen vom 15. bis zum 18. November in Wien vorgeschlagen. Und Irans Außenminister Manuschehr Mottaki hatte schon zuvor signalisiert, daß Ende Oktober oder Anfang November ein guter Zeitraum sei. Kurz nach dem Ashton-Vorschlag hatte er zudem angekündigt, man werde nun über einen konkreten Zeitpunkt verhandeln.

Anscheinend war diese Reaktion des Außenministers aber nicht abgesprochen. Am Sonntag erinnerte Präsident Mahmud Ahmadinedschad an die »Bedingungen« für eine Wiederaufnahme der Gespräche, die er und andere iranische Politiker schon vor mehreren Monaten formuliert hatten: Die »5 plus 1« sollen erstens definitiv erklären, ob ihr Ziel Freundschaft und Zusammenarbeit oder Feindseligkeit gegen Iran sind. Zweitens wollen die Iraner wissen, ob die Gruppe bereit ist, sich bei den Gesprächen an Vernunft und Regeln zu halten oder ob sie einfach nur weitere Sanktionen durchsetzen will. Drittens mahnte Ahmadinedschad die Forderung an die »5 plus 1« an, ihren Standpunkt zu Israels Atomwaffen offen darzulegen.

Der iranische Chefunterhändler Said Jalili hatte diese Bedingungen und weitere Fragen nach dem Inhalt künftiger Diskussionen schon am 6. Juli in einem an Ashton gerichteten Brief gestellt. Die EU-Außenpolitikerin ist von den »5 plus 1« beauftragt, sich um eine Wiederanbahnung der Gespräche, die seit dem 1. Oktober 2009 unterbrochen sind, zu kümmern. Nach iranischen Aussagen blieb Jalilis Brief unbeantwortet. Wie dessen Stellvertreter Abolfazl Zohrevand am Dienstag betonte, will Iran einen neuen Termin nur vereinbaren, wenn Zweck und Richtung des Treffens geklärt sind.

Der von den »5 plus 1« regelmäßig verwendete Begriff »Verhandlungen« für die bisherigen Gespräche ist irreführend. Tatsächlich haben die sechs Staaten gemeinsam eine Reihe von für sie absolut unverhandelbaren Forderungen auf den Tisch gelegt und in vier Resolutionen des UN-Sicherheitsrats festgeschrieben. Im Zentrum steht dabei das rechtswidrige Ansinnen, Iran müsse auf wesentliche Teile seines zivilen Atomprogramms verzichten. Außerdem soll sich Iran Kontrollen unterwerfen, die weit über seine Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag hinausreichen. Daß Teheran im Gegenzug für Zugeständnisse wenigstens mit einer Aufhebung der Sanktionen rechnen könnte, ist unwahrscheinlich. Denn dazu wäre im Sicherheitsrat die Zustimmung der Veto-Macht USA erforderlich. Und die stellt an Iran zusätzliche Forderungen, die nicht das geringste mit dem Atomprogramm zu tun haben, sondern unter anderem die Unterstützung von Hisbollah und Hamas betreffen.

* Aus: junge Welt, 22. Oktober 2010


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