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Blau-weiße Liebesgrüße

Facebook-Kampagne und Protest in Tel Aviv: Jenseits der aktuellen Kriegshetze gegen Teheran versichern sich Israelis und Iraner ihrer gegenseitigen Sympathie

Von Karin Leukefeld *

»Iraner, wir lieben Euch. Wir werden Euer Land nie bombardieren«. Mit dieser Botschaft hat sich vor wenigen Tagen Ronny Edry aus Tel Aviv per Facebook an die Öffentlichkeit gewandt. Mit seiner Tochter auf dem Arm blickt der Grafikdesigner Edry den Betrachter des Aufrufs an, die Kleine trägt ein Kleid in den Farben der israelischen Nationalfahne weiß und blau und hält ein israelisches Papierfähnchen in der Hand. Unter die ungewöhnliche Botschaft aus Israel hatte Edry »An das iranische Volk« geschrieben: »An die Väter, Mütter, Kinder, Brüder und Schwestern ... Bevor es zum Krieg kommt, müssen wir uns voreinander fürchten, müssen wir einander hassen. Ich habe keine Angst vor Euch, ich hasse Euch nicht. Ich kenne Euch noch nicht einmal.« Er habe nur einmal im Leben einen Iraner getroffen, das sei in einem Museum in Paris gewesen, sagt Ronny Edry in einem Youtube-Video, in dem er über seine Initiative spricht und um weitere Unterstützung wirbt. »Wenn immer ein Politiker im Fernsehen über Krieg gegen Iran spricht, seien Sie sicher, daß er nicht für das israelische Volk spricht.« Innerhalb kürzester Zeit habe er Briefe und Fotos anderer Israelis erhalten, die seine Meinung teilten. Schließlich seien aus anderen Ländern und aus dem Iran selbst Dankesbotschaften bei ihm eingegangen: »Wir lieben Euch auch, Eure Worte erreichen uns trotz der Zensur«, war in einem Brief aus dem Iran zu lesen. Auf einem Bild ist unter der Überschrift »An meine israelischen Freunde« der schwarze Schatten einer Person zu sehen. Darunter die Worte: »Ich hasse Euch nicht, ich will keinen Krieg. Liebe und Frieden«, wobei das »und« durch ein Herz dargestellt ist.

Offenbar angeregt von der Liebeserklärung an die Iraner, marschierten Hunderte Israelis am Samstag abend durch Tel Aviv und protestierten gegen einen möglichen Angriff ihres Landes. Sie führten ähnliche Plakate und Slogans mit sich, wie sie auf der Facebook-Seite verbreitet worden waren.

Mit einer Diskussion über einen möglichen Krieg gegen den Iran begann am Sonntag auch eine dreitägige Konferenz der Lobbyorganisation »J Street« in Washington. Der Schriftsteller Amoz Oz bezeichnete einen israelischen Angriff als Fehler. Das iranische Regime sei »eines der schlimmsten«, so Oz. Das gelte aber nicht für das iranische Volk. Die 2008 gegründete Gruppe steht explizit in Opposition zur einflußreichen US-Lobbyorganisation AIPAC (American Israel Public Affairs Committee), kritisiert die kriegerische Politik Israels, den ungebremsten Siedlungsbau und setzt sich für die rasche Anerkennung eines palästinensischen Staates ein.

Auch in Großbritannien gab es am Wochenende Proteste gegen einen möglichen Krieg am Persischen Golf. Aktivisten der »Stop the War«-Koali­tion gingen unter dem Motto »Kein Angriff gegen den Iran« in vielen Städten auf die Straßen. Die gleichen Politiker, die Großbritannien unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen 2003 in den Irak-Krieg getrieben hätten, forderten jetzt einen Angriff auf den Iran, hieß es. Der britische Abgeordnete und Kriegsgegner Jeremy Corbyn sagte dem russischen Nachrichtensender Russia Today (RT), der Iran habe das Recht, Atomenergie zur zivilen Nutzung zu entwickeln. Das Land habe zudem den Vertrag zur Nichtverbreitung unterzeichnet. »Sehr, sehr gefährlich« sei es hingegen, Israel zu erlauben, den Iran zu bedrohen und dort Atomwissenschaftler zu ermorden. Ein Angriff auf Iran werde »katastrophale Folgen« haben, jeder werde das hinterher »bedauern«. Nicht nur der Ölpreis werde in die Höhe schießen, ein Krieg werde die globale Wirtschaft betreffen. Corbyn bezeichnete die israelische politische Führung als »Quelle für Spannungen in der Region«. Für eine Deeskalation müsse die Region »entnuklearisiert« werden, angefangen mit den 200 Atomsprengköpfen Israels.

* Aus: junge Welt, 26. März 2012


Deutsche Kriegshilfe

U-Boot-Lieferungen und Beistandsgarantie **

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich in einem Brief persönlich bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für die Zusage eines weiteren deutschen U-Boots der »Dolphin«-Klasse bedankt. Das berichtet das Springer-Blatt Bild unter Berufung auf das Schreiben von Netanjahu. Aus dem Brief gehe auch hervor, daß die U-Boote aus deutscher Produktion, von denen Israel derzeit drei besitzt, an einem möglichen Angriff auf Iran beteiligt sein könnten. Die U-Boote würden Israel »helfen, unser immenses Bedürfnis auf Verteidigung in diesen turbulenten Zeiten zu gewährleisten«, heißt es laut Bild in dem Brief Netanjahus an Merkel. Die Formulierung »turbulente Zeiten« sei eine bewußte Anspielung Netanjahus auf den Konflikt mit dem Iran. Die U-Boote der »Dolphin«-Klasse können konventionell und nuklear bestückte Marschflugkörper abfeuern und nach Auskunft israelischer Marineoffiziere jedes Ziel im Iran treffen. Die Bundesregierung subventioniert den U-Boot-Verkauf in dreistelliger Millionenhöhe aus Steuermitteln.

Außenminister Guido Westerwelle hat sich derweil gegen eine militärische Eskalation des Iran-Konflikts gewandt. »Ich warne vor öffentlichen Diskussionen über militärische Interventionen«, sagte Westerwelle dem Magazin Focus laut Vorabbericht vom Samstag. Die Sanktionspolitik werde nur erfolgreich sein, wenn sich möglichst viele Staaten daran beteiligten. Deswegen sei die Debatte über militärische Szenarien kontraproduktiv.

Sollte Israel den Iran attackieren und dieser reagieren, steht Deutschland allerdings fest an der Seite des Aggressors. Für den Fall eines iranischen Schlages gegen Israel bekräftigte Westerwelle die von Bundeskanzlerin Merkel ausgesprochene Beistandsgarantie: »Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels sind Staatsräson für Deutschland. Das gilt seit Jahrzehnten, das steht für sich und bedarf keiner Erläuterung.« (dapd/jW)

** Aus: junge Welt, 26. März 2012

Netanyahu dankt Merkel für U-Boot-Abkommen

Ministerpräsident Binyamin Netanyahu hat Bundeskanzlerin Angela Merkel für das Abkommen zur Lieferung eines weiteren U-Bootes an Israel gedankt.
In einem Brief an Merkel schreibt Netanyahu:


"Es ist mein Wunsch, Ihnen persönlich und im Namen der israelischen Regierung für Ihre Bereitschaft zu danken, ein weiteres U-Boot an Israel zu liefern. Dieser Schritt wird uns helfen, in diesen stürmischen Zeiten den großen Sicherheitsbedarf Israels zu decken und langfristig zur Sicherheit des Staates Israel beitragen."

Das Abkommen über die Lieferung des U-Bootes war am Mittwoch beim Besuch von Verteidigungsminister Ehud Barak in Berlin geschlossen worden.

An der Zeremonie in der Residenz des Botschafters nahmen neben Verteidigungsminister Barak auch der Generalsekretär des Verteidigungsministeriums Generalmajor (d.R.) Udi Shani sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Verteidigung Rüdiger Wolf teil.

Generalmajor Ram Rothberg, der Oberste Befehlshaber der Marine, zeigte sich erfreut über den Kauf: "Aus strategischer Sicht freue ich mich über den Abschluss des Vertrags über das sechste U-Boot für die Streitkräfte, 54 Jahre, nachdem wir das erste U-Boot erworben haben."

Verteidigungsminister Barak erklärte: "Das sechste U-Boot verstärkt die Kräfte und Möglichkeiten der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte und des Staates Israel gegenüber den wachsenden Herausforderungen. Das Abkommen ist Ausdruck der Qualität der Beziehungen zu Deutschland und der Verpflichtung der deutschen Regierung zur Sicherheit des Staates Israel."

In einem Interview mit dem ZDF äußerste sich Ehud Barak auch zur Frage eines möglichen israelischen Militärschlages gegen den Iran.

"Der Iran wird sein Streben nach einer Atombombe nicht aufgeben. Unsere Verantwortung ist es, das zu verhindern. 2012 ist in dieser Hinsicht ein besonders wichtiges Jahr", so Barak in dem Interview.

Amt des Ministerpräsidenten/Israelische Verteidigungsstreitkräfte/ZDF, 21.03.12;
Quelle: Newsletter der israelischen Botschaft in Berlin.





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