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Buschehr am Netz

Iran nimmt mit russischer Hilfe gebautes Atomkraftwerk in Betrieb

Von Knut Mellenthin *

Der iranische Atomreaktor Buschehr ist am Wochenende nach jahrelangen Verzögerungen in Betrieb genommen worden. Nach offiziellen Angaben produzierte er zunächst nur 60 Megawatt der geplanten Kapazität von 1000 MW Strom. Bis zu einer Eröffnungszeremonie am 12. September soll er 40 Prozent seiner Kapazität erreichen. Es wird damit gerechnet, daß das Kraftwerk Ende November oder Anfang Dezember die volle Leistung erreicht.

Der Bau des AKW war in den 70er Jahren, noch zu Zeiten der Schah-Diktatur, unter führender Beteiligung des deutschen Unternehmens Siemens begonnen worden. Nach der islamischen Revolution von 1979 zogen sich alle westlichen Firmen von dem Projekt zurück. 1996 übernahm die staatliche russische Rosatom den Weiterbau. Die zunächst schon für das Jahr 2000 geplante Fertigstellung wurde jedoch immer wieder hinausgezögert.

Im August 2010 wurde endlich mit der Einbringung der Brennelemente in den Reaktor begonnen. Damals hieß es, daß Buschehr Ende des Jahres ans Netz gehen sollte. Statt dessen gab es weitere Verschiebungen. Im Februar mußten sogar sämtliche Brennstäbe wegen technischer Probleme wieder herausgeholt werden. Zuvor war jahrelang spekuliert worden, daß Israel versuchen könnte, den Reaktor noch vor der Inbetriebnahme zu zerstören, wie es das 1981 im Irak getan hatte.

Seit dem 2. September liegt der jüngste Vierteljahresbericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über das iranische Nuklearprogramm vor. Offiziell ist der Report bis zur nächsten Vorstandssitzung der IAEA, die vom 12. bis 16. September stattfinden wird, nur für den internen Gebrauch bestimmt. Das Dokument wurde aber, wie üblich, gezielt verschiedenen Stellen zugespielt und war in kürzester Zeit im Internet zu finden. Die Aufmerksamkeit einiger Medien konzentrierte sich daraufhin auf die Aussage, daß die IAEA »zunehmend besorgt« über die mögliche Existenz derzeitiger oder zurückliegender »nuklearbezogener Aktivitäten« mit militärischem Hintergrund sei. Hierfür gebe es »Informationen« von verschiedenen Seiten, die allerdings nicht konkret benannt werden. Die Behörde hat sich bisher geweigert, den zuständigen iranischen Stellen die angeblichen Informationen vollständig und verifizierbar zugänglich zu machen.

Da die letzte Resolution des UN-Sicherheitsrats über Sanktionen gegen den Iran wegen des Atomprogramms bereits am 9. Juni 2010 verabschiedet wurde und lediglich eine Frist von 90 Tagen für die Erfüllung aller Forderungen vorsah, ist eine Neuberatung des Themas zwischen der von China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Rußland und USA gebildeten »Iran-Sechs«-Gruppe überfällig. Dafür könnte der neue IAEA-Bericht als Ausgangspunkt dienen, obwohl sich seine Formulierungen nicht wesentlich von denen im vorausgegangenen Report vom 24. Mai unterscheiden.

Der Bericht enthält ansonsten die üblichen sachlichen und statistischen Angaben. Demnach ist die Produktion von schwach angereichertem Uran im wesentlichen stabil. Iran hat damit begonnen, zwei neue Typen von Zentrifugen einzusetzen, allerdings vorläufig in sehr kleiner Anzahl. Bisher ist nur ein mehrere Jahrzehnte altes, störanfälliges und ineffektives Modell in Betrieb.

* Aus: junge Welt, 6. September 2011


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