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Blockfreie geben Teheran Rückendeckung

Bewegung der Nichtpaktgebundenen um Profil in weltpolitischen Fragen bemüht

Von Karin Leukefeld *

Die Bewegung der blockfreien Staaten hat Israel von Teheran aus aufgerufen, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten und eine Kooperation mit der Internationalen Atomenergiebehörde aufzunehmen. Zugleich unterstützten die Außenminister das Recht Irans auf ein friedliches Atomprogramm.

113 von 118 Mitgliedsstaaten der Blockfreien-Bewegung haben in der iranischen Hauptstadt Teheran den Weltfrieden als höchste Priorität ihrer Politik bezeichnet. Weltweite Gerechtigkeit und Gleichberechtigung seien das Ziel, wofür die Staaten globale partnerschaftliche Zusammenarbeit anstrebten. Im Vordergrund der Debatten auf Außenministerebene standen die Situation in den besetzten palästinensischen Gebieten sowie der Westsahara, Fragen der Abrüstung, des Klimawandels, Terrorismus, die Sicherung von Nahrungsmitteln, Kultur und Frieden. Auch das iranische Atomprogramm war Thema.

Gegenüber dem Sender »Al-Alam« erklärte er stellvertretende iranische Außenminister Ali Reza Scheikh Attar, nach der Auflösung der Sowjetunion sei der Ruf des Bündnisses beschädigt, in der unipolar von den USA dominierten Welt hätten die Blockfreien kaum Einfluss. Das Treffen in Teheran habe gezeigt, dass die Mitgliedsstaaten intensiv an einem neuen politischen Profil arbeiteten, sagte Scheikh Attar, der die Konferenz als »einen großen Erfolg« bezeichnete. Der syrische Außenminister Walid Muallem betonte vor dem Plenum das Recht Syriens auf die bedingungslose Rückgabe der von Israel annektierten Golan-Höhen. Sein irakischer Amtskollege Hosjar Sebari forderte die Nachbarstaaten Iraks erneut auf, in Fragen der regionalen Sicherheit zusammenzuarbeiten, während die Vertreterin Südafrikas, Nkosazana Dlamini Zuma, erklärte, die Blockfreien müssten den Kampf gegen »neue Formen von Sklaverei« anführen, insbesondere den modernen Menschenhandel mit Frauen und Kindern.

Obwohl sich die Blockfreien seit Beginn ihrer Gründung für die völlige Abschaffung aller Atomwaffen aussprechen, treten sie dennoch für das Recht aller Staaten ein, zivile Atomenergie zu nutzen. In diesem Sinne wurde in Teheran auch eine Erklärung verabschiedet, die das Recht Irans auf sein ziviles Atomprogramm unterstreicht. Israel wiederum müsse sich ohne Vorbedingungen zur Nichtweitergabe von Atomwaffen verpflichten und seine Atomanlagen unverzüglich unter IAEAKontrolle stellen, zitiert das iranische Fernsehen aus der Erklärung.

Das Abschlussdokument der Blockfreien-Konferenz nimmt darüber hinaus zu globalen Herausforderungen und regionalen politischen Problemen Stellung. Insbesondere die Fragen von Frieden und Sicherheit, die wirtschaftliche Entwicklung und der soziale Fortschritt müssten die blockfreien Staaten beschäftigen. Die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen sowie die Ergebnisse des letzten Gipfeltreffens der Blockfreien in Havanna seien für den Staatenzusammenschluss bindend, der sich als politische Plattform der Entwicklungs- und Schwellenländer versteht.

Mehr als die Hälfte der UN-Mitgliedstaaten gehört zur Blockfreien-Bewegung, die 1955 als Gegengewicht zu den beiden Polen im Kalten Krieg ins Leben gerufen wurde und gegenwärtig etwa 55 Prozent der Weltbevölkerung repräsentiert.

* Aus: Neues Deutschland, 1. August 2008


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