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Weiter Verwirrspiel um Amiri

Iranischer Atomforscher kehrte aus den USA in seine Heimat zurück

Das diplomatische Verwirrspiel um den iranischen Atomforscher Sharam Amiri zieht weitere Kreise.

Teheran/Washington (dpa/AFP/ ND). Der am Donnerstag nach Teheran heimgekehrte Wissenschaftler Sharam Amiri habe vom US-Geheimdienst CIA fünf Millionen Dollar für Informationen über das iranische Atomprogramm erhalten, berichtete die »Washington Post« unter Berufung auf einen US-Regierungsbeamten. Auch Amiri gab Millionen-Offerten der US-Amerikaner zu, allerdings unter ganz anderen Vorzeichen.

Laut »Washington Post« hat Amiri die fünf Millionen Dollar zwar erhalten, komme aber nach seiner Rückkehr nach Iran nicht mehr an das Geld heran. »Auf alles, was er bekam, hat er keinen Zugriff mehr, dank der Finanzsanktionen gegen Iran«, sagte der US-Regierungsbeamte.

Nach mehr als einjähriger Odyssee kehrte der 32-jährige Iraner inzwischen wieder zu seiner Familie zurück. Zur Begrüßung auf dem Flughafen von Teheran war in den frühen Morgenstunden neben Frau, Sohn und Eltern auch der stellvertretende Außenminister Hassan Ghashgavi erschienen.

Der strahlende Heimkehrer hielt die meiste Zeit seinen kleinen Sohn im Arm und zeigte der Presse das Victory-Zeichen. Er sei nur ein »einfacher Forscher«, sagte er den anwesenden Journalisten. Mit den Urananreicherungsanlagen Natans und Fordo habe er nichts zu tun. Die US-Regierung habe ihn als »Druckmittel« missbraucht. Er sei in den USA auch von israelischen Ermittlern befragt worden. In den ersten beiden Monaten seiner Gefangenschaft sei er der »härtesten mentalen und physischen Folter« ausgesetzt gewesen. Bei den Verhören durch die Israelis sei deutlich geworden, dass diese ihn nach Israel bringen wollten, sagte Amiri. Washington habe ihm 50 Millionen Dollar geboten, damit er in den USA bleibe. Ihm sei auch zugesagt worden, seine Familie nachzuholen, diese sei zugleich aber auch bedroht worden. Das iranische Staatsfernsehen hatte am Dienstag berichtet, Amiri sei in die Interessenvertretung Irans in Washington geflohen, die in der pakistanischen Botschaft untergebracht ist. Der Physiker war im Juni 2009 nach der Ankunft zu einer Pilgerreise in Saudi-Arabien verschwunden. Nach Angaben iranischer Medien erforschte er Radioisotope für medizinische Zwecke. Die US-Regierung hatte die von Teheran erhobenen Vorwürfe mehrfach dementiert.

Der US-Fernsehsender ABC hatte im März berichtet, Amiri sei übergelaufen und arbeite mit der CIA zusammen. Washington wies die Entführungsvorwürfe zurück. Am Dienstag sagte US-Außenamtssprecher Philip Crowley, Amiri sei »aus freien Stücken« in den USA und könne jederzeit ausreisen. Er habe ursprünglich am Montag nach Iran zurückkehren wollen, die Reise aber aus organisatorischen Gründen nicht antreten können. Crowley wollte sich nicht dazu äußern, was Amiri in den USA machte.

Irans Außenminister Manuchehr Mottaki sagte bei einer vom Nachrichtensender Press TV übertragenen Pressekonferenz in Teheran, dass Iran den Fall Amiri weiterhin verfolgen und notfalls auch rechtliche Schritte gegen die USA wegen Entführung einleiten werde.

* Aus: Neues Deutschland, 16. Juli 2010


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