Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

November 2007


Donnerstag, 1. November, bis Sonntag, 4. November
  • Im Atomstreit mit dem Iran hat Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Land mit verschärften Sanktionen gedroht. Wenn Teheran nicht einlenke, "sind wir dazu bereit, neue, verschärfte Sanktionen zu ergreifen", sagte sie der "Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung" (Ausgabe vom 1. Nov.). Zugleich betonte Merkel, die Staatengemeinschaft setze weiter auf eine diplomatische Lösung. Dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad müsse klar gemacht werden, dass die Atombehörde IAEO und der UN-Sicherheitsrat "nicht an der Nase herumgeführt werden" könnten, sagte die Kanzlerin weiter.Drohungen gegen Israel und das Leugnen des Holocausts seien jedoch unter keinen Umständen hinnehmbar, erklärte sie. "Zum Anderen müssen wir der iranischen Bevölkerung deutlich machen, dass wir uns nicht gegen sie verschworen haben."
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat die Bundesrepublik um Unterstützung bei der Verschärfung der Sanktionen des Weltsicherheitsrates gegen den Iran gebeten. Das sagte Olmert bei einem Treffen mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am 1. Nov. Beide Politiker sprachen auch über die für Ende November geplante Nahost-Konferenz in den USA. Aus der Sicht Israels könne die Konferenz zu einem Meilenstein im Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern werden.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat bei dem Treffen darüber hinaus mögliche "europäische Sanktionen" gegen den Iran angesprochen. Deutschland sei sich mit anderen europäischen Ländern und den USA darin einig, dass über die Möglichkeit europäischer Sanktionen nachgedacht werden müsse, wenn der Iran im Atomstreit seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, sagte Steinmeier in Tel Aviv.
  • Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat die EU davor gewarnt, neue Sanktionen gegen sein Land zu verhängen. Teheran würde seinerseits mit Strafmaßnahmen kontern, drohte Ahmadinedschad laut einem am 1. Nov. verbreiteten Bericht des staatlichen Rundfunks. Europa müsse sich entscheiden, ob es sich den USA, dem "Feind der iranischen Nation", anschließen wolle, und die Konsequenzen tragen. "Ihr Europäer braucht uns mehr", betonte der Präsident mit Bezug auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen EU-Ländern und Teheran.
  • Im Streit über das iranische Atomprogramm hat Saudi-Arabien vorgeschlagen, dass ein Konsortium mehrerer Golf-Anrainerstaaten das angereicherte Uran für iranische Atomanlagen liefern solle. So könne der Streit mit dem Westen über das Atomprogramm entschärft werden, erklärte der saudiarabische Außenminister Prinz Saud al Faisal am 1. Nov. in der Zeitschrift "Middle East Economic Digest". Al Faisal erklärte, die sechs Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) - Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate - könnten in einem Staat außerhalb des Nahen Ostens eine Anlage zur Urananreicherung bauen. "Wir glauben, dass es in einem neutralen Land sein sollte, der Schweiz zum Beispiel." Und jede Atomanlage im Nahen Osten, die angereichertes Uran brauche, solle ein Teil von dort bekommen. Das Konsortium könne auch sicherstellen, dass das Uran nicht zum Bau von Atomwaffen verwendet werde.
  • Die fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland haben sich für erneute Gespräche zwischen dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana und Irans Atomunterhändler Said Dschalili ausgesprochen. Solana sei aufgefordert worden, sich um ein solches Treffen zu bemühen, erklärte das britische Außenministerium am 2. Nov. nach einem Treffen führender Diplomaten der sechs Staaten in London. Zugleich hätten sie ein Treffen für den 19. November vereinbart, um mögliche Fortschritte im Atomstreit mit Teheran zu bewerten.
  • Iran hat allen ausländischen Stromkonzernen mit einem Ausschluss von allen Projekten im Land gedroht. Wenn die ausländischen Unternehmen ihre übernommenen Aufgaben nicht erfüllten, würden sie durch iranische Firmen ersetzt, sagte der amtierende Ölminister Gholam Hossein Nosari am 4. Nov. beim Abschluss eines Vertrages mit iranischen Firmen für eine Gas-Verflüssigungsanlage. "Dies ist eine Warnung an alle ausländischen Unternehmen", betonte der Minister. "Wenn wir mit ihnen nicht einig werden, gehen wir weiter den Weg mit iranischen Firmen."
Montag, 5. November, bis Sonntag, 11. November
  • Die USA und China sind sich nach den Worten von US-Verteidigungsminister Robert Gates einig darin, dass der Iran auf friedlichem Wege und durch Diplomatie zu einer Änderung seiner Politik bewogen werden soll. Gates sprach am 6. Nov. in Peking mit dem chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao, der die Unterredung als "sehr aufrichtig und freundschaftlich" beschrieb. Tags zuvor war der US-Verteidigungsminister mit seinem chinesischen Kollegen Cao Gangchuan zusammengekommen. In dem Gespräch mit Hu sei es vor allem um die Militärbeziehungen und um Taiwan gegangen, sagte Gates. Der Inselstaat hatte sich 1949 im Bürgerkrieg von China gelöst, wo die Kommunisten die Macht übernommen hatten. Der Iran und das Atomprogramm der Regierung in Teheran waren am 5. Nov. eines der Themen bei einem 90-minütigen Gespräch von Gates mit Verteidigungsminister Cao. China hat im Sicherheitsrat bislang weitere Sanktionen gegen den Iran verhindert. Aus amerikanischen Delegationskreisen verlautete, auch Cao habe betont, dass China sich mit den USA darin einig sei, dass der Iran keine Atomwaffen besitzen dürfe.
  • Der Iran hat nach Angaben seines Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad die für den Atombombenbau entscheidende Schwelle bei der Zahl der Zentrifugen erreicht. Am 7. Nov. sei die Zahl von 3000 Zentrifugen erreicht worden, sagte Ahmadinedschad in einer vom Fernsehen übertragenen Rede vor Anhängern in der südiranischen Stadt Birdschand. 3000 Zentrifugen reichen bei optimaler Funktionsweise und Auslastung theoretisch aus, um in weniger als einem Jahr ausreichend atomwaffenfähiges Uran anzureichern.
  • Bei ihrem Treffen mit US-Präsident George W. Bush will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Ende der Woche (9./10. Nov.) auf eine diplomatische Lösung des Atomkonflikts mit dem Iran drängen. Sie sei sich sicher, dass sie dafür bei Bush "offene Ohren" finden werde, sagte Merkel. Bush hatte im vergangenen Monat im Zusammenhang mit dem Atomstreit mit Teheran von der Möglichkeit eines "Dritten Weltkriegs" gesprochen. Die "internationale Gemeinschaft" müsse mit Festigkeit das Ziel verfolgen, dass der Iran sich nicht atomar bewaffne, sagte Merkel. Wenn die jetzt laufenden Gespräche mit Teheran nicht erfolgreich seien, werde auch Deutschland zu weiteren und schärferen Sanktionen gegen den Iran bereit sein, sagte Merkel der "Berliner Zeitung" am 7. Nov. weiter. Die Bundeskanzlerin wandte sich aber gegen einseitige Maßnahmen der EU. Der Ort, an dem über Sanktionen verhandelt werde, sei die UNO. Sie setze weiter auf die Geschlossenheit der Staatengemeinschaft, einschließlich Russland und China. "Die Wirksamkeit der Sanktionen ist umso größer, je mehr sich ihnen anschließen", sagte Merkel.
  • Das israelische Sicherheitskabinett ist nach Medienberichten am 7. Nov. zu Beratungen über das iranische Atomprogramm zusammengekommen. Wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk berichtete, wollte die Runde vor allem Möglichkeiten erörtern, wie Israel die internationale Gemeinschaft zu schärferen Wirtschaftssanktionen gegen Teheran bewegen könne, um Teheran zum Stopp seines umstrittenen Atomprogramms zu zwingen. Die Sprecherin von Ministerpräsident Ehud Olmert wollte die Kabinettssitzung weder bestätigen noch dementieren.
  • US-Präsident George W. Bush hat im Streit um das iranische Atomprogramm der Bundesregierung eine zentrale Rolle zugesprochen. "Wir brauchen definitiv die Hilfe Deutschlands bei Problemen wie Iran, damit wir diese Angelegenheit diplomatisch lösen können", sagte Bush im Interview mit RTL/n-tv am 7. Nov., wenige Tage vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf seiner Ranch im texanischen Crawford. "Hoffentlich können wir die Iraner weiter unter Druck setzen", sagte Bush in Anspielung auf die im UN-Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen. Es müsse klar gemacht werden, dass das iranische Volk und seine Geschichte geehrt werden, dass jedoch die Entscheidungen der iranischen Regierung das Land "isolieren". Das Interview wurde am Dienstag in Washington geführt und am Mittwoch in mehreren Sendungen ausgestrahlt.
  • Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy und sein amerikanischer Amtskollege George W. Bush haben in ihrer Haltung gegenüber dem Iran Geschlossenheit demonstriert. Teheran dürfe unter keinen Umständen Atomwaffen entwickeln, betonten die Staatschefs am 7. Nov. Beide Staaten wollten zusammenarbeiten, um den Iran mit den Mitteln der Diplomatie vor einer weiteren Verfolgung eines militärischen Nuklearprogramms abzubringen. Sarkozy betonte während seines ersten Staatsbesuchs in den USA, dass es Teheran jedoch gestattet sein müsse, zivile Nukleartechnik zur Sicherstellung der eigenen Energieversorgung zu nutzen. Die beiden Staatschefs trafen sich nach Sarkozys Rede vor dem Kongress am Nachmittag in Mount Vernon im US-Staat Virginia, dem Heimatort des ersten US-Präsidenten George Washington.
    Sarkozy war bei seinem ersten Staatsbesuch in den USA bemüht, die Freundschaft zwischen beiden Ländern wiederzubeleben. "Frankreich ist der Freund der USA, wir sind zwei getreue Nationen mit demselben Ideal", sagte er vor dem Kongress. Sarkozy hatte Präsident Bush im Sommer bereits während seines Urlaubs in den USA getroffen. Damals war er auf dem Sommersitz der Familie Bush in Kennebunkport zum Essen eingeladen worden und machte mit dem Präsidenten und dessen Vater einen Ausflug mit dem Motorboot.
  • Wegen der Blockade von iranischen Banken im Rahmen der US-Sanktionen gegen Teheran hat die Weltbank Kreditzahlungen in Höhe von 5,4 Millionen Dollar (3,7 Millionen Euro) nicht überweisen können. Wie ein führender Weltbank-Beamter, der namentlich nicht genannt werden wollte, am Mittwoch in Washington sagte, verzögerten sich die Zahlungen an vier von neun finanziell unterstützte Hilfsprojekte, die im Iran beispielsweise die Trinkwasseraufbereitung fördern sowie Hilfe für Erdbebenopfer leisten. Er bestätigte damit einen Bericht der "New York Times". (AFP, 8. Nov.)
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat Israel die Ablösung des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, gefordert. Der mit dem Iran-Dossier betraute Vize-Ministerpräsident Schaul Mofas warf ElBaradei im öffentlich-rechtlichen israelischen Rundfunk am 8. Nov. vor, die Augen vor dem Atomprogramm Teherans zu verschließen. "Die Politik, die ElBaradei verfolgt, bringt die Welt in Gefahr", sagte Mofas. Der IAEA-Chef lege mit Blick auf den Iran eine "unverantwortliche Haltung" an den Tag, indem er den Kopf in den Sand stecke.
  • Der oberste Gerichtshof des Iran hat am 9. Nov. das Todesurteil für einen kurdischen Journalisten bestätigt. Die Todesstrafe für Adnan Hassanpur wegen Spionage sei bestätigt worden, zitierte die Nachrichtenagentur Isna seinen Anwalt. Hassanpur sei schuldig befunden worden, Informationen über Militäranlagen verbreitet und mit einem Vertreter des US-Außenministeriums in Kontakt gestanden zu haben. Dies habe aus ihm nach Auffassung des Gerichts einen "Feind Gottes" gemacht, was die Todesstrafe bedeute. Er habe diese juristische Auslegung angefochten und werde dies auch weiter tun, betonte der Verteidiger.
  • Angesichts der unnachgiebigen Haltung Irans im Streit um sein Atomprogramm hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weitere Sanktionen gegen das Land nicht ausgeschlossen. Wenn die Bemühungen der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) und der europäischen Diplomatie Teheran nicht zum Einlenken bewegen könnten, müsse über "weitere mögliche Sanktionen" nachgedacht werden, sagte Merkel am 10. Nov. nach Gesprächen mit US-Präsident George W. Bush auf seiner Ranch in Crawford im US-Bundesstaat Texas. Sie sei "zutiefst überzeugt", wenn der UN-Sicherheitsrat Sanktionen verhänge, sei dies "die stärkste Botschaft" an den Iran. Die Bedrohung durch das Nuklearprogramm Teherans sei ernst, betonte die Kanzlerin. Dennoch sei sie mit Bush der Meinung, dass die Krise auf diplomatischem Weg gelöst werden könne. Merkel ist seit dem 9. Nov. zu Gast auf Bushs Ranch. Der US-Präsident hatte die Kanzlerin am 10. Nov. betont herzlich empfangen und versichert, er empfinde "Wärme und Respekt" für die deutsche Regierungschefin.
    Hier geht es zur abschließenden Pressekonferenz von Buch und Merkel.
  • Vertreter Pakistans und des Iran haben nach Angaben aus Teheran Verhandlungen über ein milliardenschweres Gasprojekt abgeschlossen. "Der Inhalt des Vertrags zur 'Gaspipeline des Friedens' wurde fertiggestellt", sagte der zuständige iranische Vizeminister Hodschatollah Ghanimifard am 10. Nov. der Nachrichtenagentur Schana. Es müssten nur noch technische Einzelheiten geklärt werden, die innerhalb eines Monats erledigt sein sollten, um eine Unterzeichnung des Vertrages zu ermöglichen, sagte Ghanimifard.
  • In der iranischen Stadt Borudscherd haben Polizisten die Zentrale einer islamischen Religionsgemeinschaft gestürmt und heftige Zusammenstöße mit Schiiten beendet. Dabei wurden am 11. Nov. etwa 80 Personen verletzt, wie Gouverneur Mohammad Ali Tohidi mitteilte. 180 Mitglieder der Religionsgemeinschaft der Sufis wurden festgenommen.
    Die Zusammenstöße begannen nach Berichten von Lokaljournalisten am Morgen mit einem Angriff der Sufis auf eine Moschee. Zuvor hatten schiitische Geistliche ihre Gemeinde aufgerufen, die Zentrale der Sufis zu schließen, weil es sich um eine illegitime Vereinigung handle. Beide Seiten setzten auch Schusswaffen ein. Als die Polizei und paramilitärische Truppen eingriffen, bewarfen die Sufis die Beamten nach Angaben des Gouverneurs mit Steinen. Borudscherd, liegt etwa 480 Kilometer südwestlich von Teheran.
    Die Sufis vertreten eine jahrhundertealte Tradition der islamischen Mystik. Zwischen dieser Religionsgemeinschaft und der schiitischen Führung der islamischen Republik gibt es seit längerem Spannungen. Im vergangenen Jahr wurde eine Zentrale der Sufis in der Heiligen Stadt Ghom geschlossen.
Montag, 12. November, bis Sonntag, 18. November
  • Deutschland und Frankreich ziehen im Atomstreit mit dem Iran weitere Handelsbeschränkungen in Betracht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am 12. Nov. nach dem Gipfeltreffen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, beide Länder wollten als Reaktion auf das iranische Atomprogramm die Handelsbeziehungen "ein Stück reduzieren". Auch mit anderen europäischen Ländern werde über derartige Maßnahmen gesprochen. Als Beispiel nannte Merkel die deutsche Begrenzung der Hermes-Bürgschaften für Exporte in den Iran. Deutsche Banken machten derzeit "keine Geschäfte mit dem Iran".
  • Der britische Premierminister Gordon Brown hat sich für einen weltweiten Investitionsstopp im iranischen Öl-, Gas- und Finanzsektor ausgesprochen, sollte Teheran im Atomstreit nicht einlenken. Brown bezeichnete den Iran am 12. Nov. in London als "größte unmittelbare Gefahr" für die Nichtverbreitung von Atomaffen. Wenn das Land nicht seine umstrittene Urananreicherung einstelle, werde Großbritannien in der UNO und in der EU für verschärfte Sanktionen werben. "Iran sollte nicht an der Ernsthaftigkeit unserer Absichten zweifeln", fügte Brown hinzu.
  • In der Debatte um das Atomprogramm des Iran hat Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 13. Nov. Gespräche mit Chinas Außenminister Yang Jiechi geführt. Der iranische Staatschef sagte der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA zufolge, er wolle den Dialog und die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und den Europäern fortsetzen. Chinas Außenamtssprecher Liu Jianchao hatte vor Yangs Besucht gesagt, Peking fordere Teheran auf, die Besorgnis der internationalen Gemeinschaft ernstzunehmen und sich "flexibler" bei einer Lösung des Problems zu zeigen. Weitere Sanktionen gegen den Iran seien aus Sicht der Volksrepublik jedoch kontraproduktiv.
  • Der Iran hat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Blaupausen für Anfangsstadien einer Atomwaffenproduktion vorgelegt. Die Pläne zeigten, wie geschmolzenes Uran zu Sprengköpfen geformt werden könne, erklärten Diplomaten am 13. Nov. am Sitz der IAEA in Wien. Die Regierung in Teheran habe damit aber immer noch nicht ihr komplettes Atomprogramm offengelegt, hieß es weiter. Die internationale Gemeinschaft fordert vom Iran einen Verzicht auf die eigene Anreicherung von Uran. Die iranische Regierung hält dem entgegen, dass sie das Recht auf ein Atomprogramm zu friedlichen Zwecken habe. Zu den Blaupausen erklärte sie, diese seien ihr schon vor Jahrzehnten beim Kauf von Gerät für Atomkraftwerke auf dem Schwarzmarkt unaufgefordert übergeben worden. Experten wiesen allerdings darauf hin, dass die Pläne für technologische Prozesse außerhalb der Atomwaffenproduktion nutzlos seien.
    IAEA-Generaldirektor Mohamed ElBaradei bereitet zurzeit eine neue Studie über den Atomstreit mit Teheran vor. Diese soll dann in der kommenden Woche im Gouverneursrat erörtert werden.
  • Die USA, Frankreich und Großbritannien erhöhen den Druck auf den Iran weiter: Einen Tag vor der Veröffentlichung eines Berichts der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zum iranischen Atomprogramm am 15. Nov., haben sie einen Katalog mit weiteren Fragen an Teheran erarbeitet. Wenn der Bericht der IAEA als nicht hinreichend eingestuft wird, werden weitere UN-Sanktionen gegen den Iran immer wahrscheinlicher. Die Fragen wurden in vertraulichen Dokumenten an die IAEA gerichtet, die der Nachrichtenagentur AP am 14. NOv. vorlagen.
    Auf zehn Seiten machen Washington, London und Paris deutlich, dass sie nur mit umfassenden Informationen Teherans zufrieden sein würden. Frankreich beispielsweise verlangt "die volle Chronologie der Kontakte", die Teheran unterhalten habe, um sich auf dem Schwarzmarkt die Bauteile für die Zentrifugen zur Urananreicherung zu besorgen.
    Paris fordert die IAEA auf, "alle an den Iran gestellten Fragen un die Antworten darauf" herauszugeben. Die IAEA wird dies vermutlich wegen der Vertraulichkeit der Aussagen ablehnen. Washington fordert die uneingeschränkte Kooperation Teherans mit der IAEA und verlangt außerdem, dass alle Beteiligten und alle Standorte, die im Zusammenhang mit dem iranischen Nuklearprogramm stehen, zugänglich gemacht werden sollten.
  • Der venezolanische Staatschef Hugo Chavez fordert "Achtung" vor dem Iran und dessen Atomprogramm. Sein Land stehe hinter der islamischen Republik, sagte Chavez in einem Gespräch mit dem französischen Nachrichtensender France24, das am 15. Nov. ausgestrahlt werden sollte. Er glaube nicht, dass der Iran an Atomwaffen arbeite. "Der Iran entwickelt seine Atomkraft zu friedlichen Zwecken, da bin ich mir sicher", sagte Chavez, der kommende Woche zu einem Staatsbesuch in Frankreich erwartet wird. Im Übrigen werde auch Venezuela anfangen, "zu friedlichen Zwecken" ein Atomprogramm zu entwickeln, genau "wie es Brasilien und Argentinien tun".
  • Im Iran haben Studenten in den vergangenen Tagen an mindestens sechs Universitäten gegen die harsche Behandlung kritischer Kommilitonen protestiert. Unter anderem fanden Protestaktionen in Teheran und Isfahan statt, wie die reformorientierte Tageszeitung "Etemad" am 15. Nov. berichtete. Am 12. Nov. seien beispielsweise hundert Studenten der Mathematischen Fakultät der Universität Amir Kabir in Teheran samt ihren Professoren in den Streik getreten, um damit die Unterstützung der Hochschulverwaltung für den Studenten Masumeh Mansuri zu erzwingen. Dieser werde von den Behörden festgehalten, bereits seit knapp drei Wochen sei jeder Versuch gescheitert, Neuigkeiten über ihn in Erfahrung zu bringen. An der Universität Scharud hätten die Studenten gegen Repressalien für zwei Kommilitonen protestiert, berichtete "Etemad". Unter anderem sei der Studentin Farchondeh Bachtiari-Sadeh die Benutzung des Schlafsaals, der Kantine und der Waschräume verboten worden. Die staatlichen Medien berichten nur selten über derartige Vorfälle.
  • Die USA und Großbritannien wollen die Sanktionen gegen Iran im Streit um das Atomprogramm forcieren. Sie beriefen sich auf einen am 15. Nov. vorgelegten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Die UN-Organisation schlägt darin Alarm, dass ihre Informationen über Atomprogramm abnähmen. Außerdem ignoriere Teheran weiterhin die Forderung des Weltsicherheitsrates, die Urananreicherung zu stoppen. Auf der anderen Seite räumt die IAEA ein, dass Iran in der Vergangenheit im Allgemeinen die Wahrheit über die wichtigsten Aspekte seines Atomprogramms mitgeteilt habe.
    Siehe zum Bericht der IAEA:
    Unterschiedliche Reaktionen auf den jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO.
  • Der US-Botschafter bei der UNO, Zalmay Khalilzad, hat China vor einer Blockade neuer UN-Sanktionen gegen den Iran gewarnt. Er glaube nicht, dass Peking für das Scheitern der Diplomatie im Streit um das iranische Atomprogramm verantwortlich sein wolle, sagte Khalilzad am 15. Nov. in New York: "Es ist im Interesse aller, dass diese Frage von weltweiter Relevanz diplomatisch geklärt wird", betonte er. Washington werde Peking um seine Unterstützung für eine dritte Runde von UN-Sanktionen gegen den Iran ersuchen. Nur eine entschiedene Resolution "mit neuen und beißend scharfen Sanktionen würde der Diplomatie eine Erfolgschance geben".
  • Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat sich laut der Zeitung "Le Monde" mit deutlichen Worten über die Haltung von Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy im Konflikt um das iranische Atomprogramm beschwert. Ahmadinedschad habe in dem Schreiben einen "scharfen" Ton angeschlagen, zitierte die Zeitung am 16. Nov. Diplomaten in Paris. Er bezeichne Sarkozy als "jung und unerfahren". Sarkozys Versuch, die Europäische Union zu Sanktionen gegen den Iran außerhalb der UNO zu bewegen, sei zum Scheitern verurteilt, da weder Deutschland noch Italien mitzögen, habe der iranische Präsident angemerkt.
  • Das ursprünglich für den 19. Nov. vorgesehene Sechsertreffen in Brüssel zum Atomstreit mit dem Iran ist wegen der von China angekündigten Nichtteilnahme abgesagt worden. Wie Diplomaten in London am 16. Nov. mitteilten, wurde zunächst kein neuer Termin für Beratungen über die Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran festgelegt. An dem Treffen sollten hochrangige Vertreter der Außenministerien der fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat (USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich) sowie der Europäischen Union teilnehmen. US-Präsident George Bush hatte am 16. Nov. erklärt, der Druck auf den Iran müsse und werde erhöht werden, wenn Teheran sich weigere, seine Urananreicherung einzustellen.
  • Deutschland will im Atomkonflikt mit dem Iran den Druck auf die Führung in Teheran erhöhen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte am 17. Nov. in Paris zum jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), die Bundesregierung werde für eine geschlossene Haltung im Weltsicherheitsrat werben. Die vom Iran zugesagte bessere Zusammenarbeit habe nicht das gewünschte Ausmaß erreicht, um an den Verhandlungstisch zurückzukehren, sagte Steinmeier nach einem Treffen mit dem französischen Premierminister François Fillon zur derzeitigen Lage. Er trat dem Eindruck entgegen, Berlin und Paris zögen in dem Konflikt nicht an einem Strang. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte in einem Brief an seinen französischen Kollegen Nicolas Sarkozy gemutmaßt, von Paris geforderte EU-Sanktionen gegen sein Land würden am Widerstand Deutschlands und Italiens scheitern. "Die Auseinandersetzung findet zu öffentlich statt", sagte Steinmeier dazu. Er sehe keine Spaltung in Europa, die Strategie werde geteilt: Einerseits Druck auf Iran, andererseits Bereitschaft zu wirtschaftlicher Kooperation für den Fall, dass Teheran einlenke.
  • Die Schweiz will versuchen, eine weitere Eskalation durch die Vermittlung direkter Gespräche zwischen den USA und der Regierung in Teheran zu vermeiden. Die schweizerische Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey begründete ihr Engagement in einem Zeitungsinterview damit, dass es den großen Mächten bisher nicht gelungen sei zu verhindern, dass der Iran Uran anreichere. Calmy-Rey sagte der "NZZ am Sonntag" (18. Nov., die Schweiz habe als neutrales Land ohne versteckte außenpolitische Agenda Möglichkeiten, die andere nicht hätten. "Aber man kann sich fragen, ob Iran sein Nuklearprogramm unter Zwang abändern wird oder ob der Weg des Zwangs möglicherweise in die Sackgasse führt", sagte Calmy-Rey.
  • Im stetig eskalierenden Streit über die Urananreicherung im Iran hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 18. Nov. ein Entspannungssignal gesendet: Im Gespräch mit der Wirtschaftsnachrichtenagentur Dow Jones Newswires griff er in Riad einen Vorschlag des arabischen Golfkooperationsrats (GCC) auf, Uran für Atomprogramme für die gesamte Region in einem neutralen Land, etwa der Schweiz, anreichern zu lassen. Ahmadinedschad sagte am Rande einer OPEC-Konferenz, Teheran werde mit seinen arabischen Freunden über den GCC-Vorschlag sprechen. Der Golfkooperationsrat hat vorgeschlagen, ein multinationales Konsortium zu schaffen, das iranischen Kraftwerken und anderen Staaten im Mittleren Osten angereichertes Uran liefern könnte, die Atomenergieprogramme auflegen wollten. Der saudiarabische Außenminister Prinz Saud al Faisal war mit den Worten zitiert worden, der Atombrennstoff sollte in einem neutralen Land produziert werden: "Zum Beispiel die Schweiz."
  • Wegen der Talfahrt des Dollars denken die OPEC-Staaten nach iranischen Angaben über eine Umschichtung ihrer Währungsreserven weg vom Dollar nach. Beim Gipfeltreffen der Organisation Erdöl exportierender Staaten (OPEC) in Saudi-Arabien hätten alle Teilnehmer "Interesse gezeigt", ihre Devisenreserven in eine "glaubwürdige, harte Währung umzuschichten", sagte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 18. Nov. nach dem offiziellen Ende des Treffens.
Montag, 19. November, bis Sonntag, 25. November
  • Kurz vor der geplanten Veröffentlichung seines Berichts zum Atomprogramm des Iran hat der EU-Außenbeauftragte Javier Solana Teheran zu neuen Gesprächen aufgefordert. Er stehe mit iranischen Vertretern in Kontakt und hoffe, "dass sie in ihrem Kalender Zeit für ein Treffen in dieser Woche finden," sagte Solana vor einem Treffen der EU-Außen- und Verteidigungsminister in Brüssel am 19. Nov. Der November sei schon weit vorangeschritten, betonte er in Anspielung auf die für Ende des Monats angekündigte Veröffentlichung seines Berichts zur Kooperationsbereitschaft Irans im Atomstreit.
    Solanas Einschätzung wird voraussichtlich eine wichtige Rolle bei der Entscheidung des UN-Sicherheitsrats über neue Sanktionen spielen.
    China wies unterdessen den Vorwurf zurück, für die Absage eines Treffens von Vertretern der fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands verantwortlich zu sein. Es habe sich um ein "technisches Problem" gehandelt, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Der Leiter der Asien-Abteilung des Außenministeriums, He Yafei, habe schon lange geplant, mit Ministerpräsident Wen Jiabao am Gipfel der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN teilzunehmen, der in Singapur begonnen hat. Die USA hatten zuvor erklärt, ein Treffen zum Atomstreit mit dem Iran sei an Chinas "Zögern" gescheitert.
  • Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi sprach sich dafür aus, dass Teheran den Forderungen des UN-Sicherheitsrats nachkommt. "Wir glauben, dass die Nutzung von Atomenergie ein Recht jeder Nation ist, aber wir haben auch andere Rechte wie Sicherheit, Frieden und Wohlergehen", sagte die Menschenrechtskämpferin bei einer Pressekonferenz in Teheran. "Wir sollten nicht so sehr auf ein Recht bestehen mit der Gefahr, die anderen auf einen Schlag zu verlieren." (AFP, 19. Nov.)


Zurück zur Iran-Chronik

Zur Iran-Seite

Zurück zur Homepage