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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

April 2006

Samstag, 1. April, bis Sonntag, 9. April
  • In einem Interview mit dem Wiener „Standard“ (Ausgabe vom 1. April) sagte der iranische Außenminister Manucher Mottaki, der Iran habe nach der Resolution des UN-Sicherheitsrats und auch nach möglichen Sanktionen gegen sein Land nicht vor, die Öllieferungen zu stoppen. „Unser Land lebt seit 27 Jahren unter Sanktionen der USA“, sagte er. „Die Iraner haben gelernt, mit Sanktionen umzugehen.“ Auf die Frage, ob er einen Militärschlag der USA befürchte, antwortete Mottaki, die US-Regierung sei nicht in der Lage, „eine weitere schwere und kostspielige Krise dem amerikanischen Steuerzahler aufzubürden. Deshalb sehen wir nicht, dass dien Amerikaner eine neue militärische Konfrontation suchen.“ Der Iran bleibe aber wachsam gegenüber den USA und Israel. Mottaki wies auch darauf hin, dass sich auf die USA noch nie so viel Hass von Seiten der Muslime gerichtet hat wie heute. „Auch aus diesem Grunde können sich die USA eine weitere Militärintervention in der Region nicht leisten.“ Zu den Forderungen der Sicherheitsrats-Resolution antwortete Mottaki nicht direkt. Er wies auf das Recht des Iran hin, „Kernenergie friedlich zu nutzen“. Die dem Iran auferlegten Verpflichgtungen halte er für „nicht angemessen“. Der Iran habe seine nuklearen Aktivitäten suspendiert um Vertrauen zu schaffen, haben daraufhin aber „keine ernsten, konstruktiven Bewegungen unserer Verhandlungspartner gesehen“. Zu der Frage, warum der Iran „a8 Jahre lang geheime nukleare Aktivitäten durchgeführt und damit Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag gebrochen“ habe, sagte Mottaki: „Laut den Regularien der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO müssen Länder alle nuklearen Aktivitäten vor ihrem Start melden. Wir haben keine Verletzung der IAEO-Regeln begangen.“ Im weiteren Verlauf des Interviews wies Mottaki auf den Vorschlag seines Landes hin, in der Region ein „Konsortium“ zu bilden. „Gemeinsam könnten die Staaten friedliche Nutzung der Kernenergie weiter entwickeln. Die IAEO würde solch ein Unternehmen überwachen.“
  • Die britische Regierung will einem Zeitungsbericht zufolge am 3. April mit ihren Militärstabschefs über die Folgen eines möglichen Angriff auf den Iran sprechen. Bei dem Geheimtreffen wollten die Teilnehmer darüber reden, welche Auswirkungen ein US-geführter Angriff für Großbritannien haben könnte, sagte ein leitender Mitarbeiter des Außenministeriums der Sonntagszeitung "Sunday Telegraph" (Ausgabe vom 2. April). Die Stabschefs würden vor allem wissen wollen, welche Folgen ein solcher Angriff "auf britische Einrichtungen im Irak und Afghanistan hat, die beide an den Iran angrenzen". In den kommenden Tagen würden die Staatschefs dann ihre Schlussfolgerungen vor Regierungschef Tony Blair und seinem Kabinett erörtern.
  • Nur zwei Tage nach Bekanntgabe der Erprobung einer neuartigen Rakete mit Tarnkappeneigenschaft hat der Iran am 2. April den erfolgreichen Test einer Unterwasserrakete gemeldet. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna mitteilte, kann sie ihr Ziel mit einer Geschwindigkeit von 100 Metern pro Sekunde treffen. Nähere Einzelheiten blieben ungenannt. Der Test fand im Rahmen eines einwöchigen Manövers mit dem Namen "Heiliger Prophet" statt, das am 31. März im nördlichen Persischen Golf mit mehr als 17.000 Soldaten begann.
  • Der Iran hat weitere Raketentests angekündigt und seine "Feinde" vor jeglicher militärischer Agression gewarnt. Noch im Laufe des Tages solle eine von den Revolutionsgarden entwickelte "starke Rakete" getestet werden, sagte Admiral Mohammad Ebrahim Dehghani am 3. April. In den kommenden Tagen würden im Rahmen des seit Freitag laufenden Manövers "Großer Prophet" weitere neue Raketen abgefeuert und das Land "stolz machen". Das Manöver werde den "Feinden" des Irak zeigen, dasss sie mit einer harten Antwort auf jegliche militärische Aggression rechnen müssten, betonte der Admiral laut der iranischen Nachrichtenagentur Irna. Die Militärübungen hätten bei den britischen und US-Truppen in der Region bereits "Unruhe" ausgelöst und sie in Alarmbereitschaft versetzt.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat den jüngsten Waffentest des Iran scharf kritisiert. Dieser sei eine "Provokation", sagte Steinmeier am Abend des 4. April im ZDF. Er sei eine "Begleiterscheinung" der gegenwärtigen Konfrontation, die "weder dem Iran hilfe und uns zusätzlich besorgt macht". Die Bundesregierung und ihre Partner riefen den Iran auf "auf den Weg der Vernunft zurückzukehren". Der Iran hat am 4. April eine Boden-Wasser-Rakete mit mittlerer Reichweite getestet. In den vergangenen Tagen hatte der Iran schon mehrmals neue Waffensysteme getestet.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am 3. April ein ausführliches Telefonat mit US-Präsident George W. Bush geführt. Bei dem Gespräch sei es um den Umgang mit dem Iran im Streit um dessen Atomprogramm sowie um die Lage im Nahen Osten nach der Parlamentswahl in Israel gegangen, sagte ein Regierungssprecher am Montag in Berlin. Weitere Themen seien die Lage in Weißrussland sowie in der Ukraine gewesen. Zudem habe Bush die Kanzlerin über den Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice im Irak unterrichtet.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich für direkte Gespräche zwischen den USA und dem Iran über das iranische Atomprogramm ausgesprochen. Das anvisierte Gespräch zwischen dem US-Botschafter in Bagdad, Zalmay Khalilzad, und iranischen Vertretern solle sich nicht nur um die Lage im Irak drehen, sondern auch um die Atom-Frage, sagte Steinmeier am 4. April in Washington. Er räumte allerdings ein, dass er in der US-Regierung bislang keine Bereitschaft erkenne, den Themenkreis für den direkten Dialog mit Teheran entsprechend zu erweitern.
  • Der Iran hat nach eigenen Angaben am 5. April zum dritten Mal binnen einer Woche erfolgreich eine "streng geheime" Rakete getestet. In einem Bericht des staatlichen Fernsehens hieß es, die Rakete könne von allen Militärhubschraubern und Kampfflugzeugen abgefeuert werden. Der Test stelle einen Wendepunkt dar, hieß es. Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Die Revolutionäre Garde hält seit Freitag im Persischen Golf, der Straße von Hormus und dem Arabischen Meer Manöver unter dem Namen "Großer Prophet" ab.
  • Der Leiter der Revolutionären Garde forderte von den USA die Anerkennung des Landes als große Regionalmacht. Washington strebe "einen schwachen und isolierten Iran" an, doch werde sich diese Hoffnung nicht erfüllen, sagte General Jahja Rahim Safawi am 5. April im staatlichen Fernsehen. Teheran könne die Straße von Hormus nutzen, um Druck auf ausländische Mächte auszuüben, erklärte er weiter. Etwa zwei Fünftel der weltweiten Öllieferungen werden über den 54 Kilometer breiten Eingang zum Persischen Golf transportiert.
  • Im Atomkonflikt mit Iran wollen Russland und Deutschland enger zusammenarbeiten. Dies bekräftigten Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und der russische Außenminister Sergej Lawrow am 6. April nach einem Treffen in Berlin. "Wir waren uns einig, dass wir alle Anstrengungen unternehmen müssen, diplomatische Lösungen zu erzielen, dass der Iran keine nukleare Bewaffnung erhält", sagte Jung. Es gebe ein "gemeinsames Interesse" an einer politischen Lösung im Streit um das iranische Atomprogramm, betonte Lawrow. Der russische Außenminister lobte zudem die "hohe Intensität" und den "vertrauensvollen Charakter" der deutsch-russischen Beziehungen. Er kündigte eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit der Außen-und Verteidigungsministerien beider Länder an.
  • Die US-Regierung prüft im Atomstreit mit Teheran auch Wirtschaftssanktionen gegen den Iran. Sollte sich der UN-Sicherheitsrat als "unfähig" erweisen, ein iranisches Atomwaffenprogramm zu verhindern, werde Washington "andere Möglichkeiten" nutzen, kündigte der US-Botschafter bei der UNO, John Bolton, am 6. April an. "Wir sind entschlossen zu verhindern, dass der Iran Zugang zu Atomwaffen erhält."
  • Insgesamt fünf Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sind am 7. April zu einem Kontrollbesuch iranischer Atomanlagen in Teheran eingetroffen. Wie der Vizepräsident der iranischen Atomenergie-Organisation, Mohammed Saidi, der Nachrichtenagentur Mehr mitteilte, sollen die Inspektionen am 8. April beginnen. Ziel der Kontrollen seien vor allem die unterirdische Uran-Anreicherungsanlage in Natans südlich von Teheran sowie die Konversionsanlage in Isfahan.
    Der iranische Botschafter bei der IAEA, Aliasghar Soltanieh, sagte, der Besuch erfolge im Rahmen des Atomwaffensperrvertrages, zu dessen Unterzeichnern Teheran gehört. Er sei bereits vor mehreren Monaten vereinbart worden und stehe in keinem Zusammenhang mit der jüngsten Erklärung des UN-Sicherheitsrats zum iranischen Atomprogramm.
    Ein geistlicher iranischer Würdenträger bekräftigte, sein Land werde an seinem Atomprogramm festhalten. "Wir werden unser Recht bis zum letzten Blutstropfen verteidigen", sagte Ahmed Chatami in seiner am 7. April vom Staatsrundfunk übertragenen Freitagspredigt. Ziel der iranischen Raketentests der vergangenen Woche sei es gewesen, zu zeigen, "dass unsere Feinde ordentlich Prügel beziehen werden, sollten sie einen Angriff auf den Islamischen Iran versuchen", betonte der ultrakonservative Kleriker.
  • Der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, reist nächste Woche nach Teheran, wie am Freitag, den 7. April, in Wien verlautete. ElBaradei erwarte "positive Ergebnisse" von dem Besuch, erklärte ein hochrangiger IAEA-Mitarbeiter. Der UN-Sicherheitsrat hat den IAEA-Chef aufgefordert, im Streit über das iranische Atomprogramm bis Ende April einen Bericht darüber vorzulegen, ob Teheran den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nachgekommen ist.
  • Nach Informationen des US-Journalisten Seymor M. Hersh hofft die US-Regierung, mit einem Militärschlag, bei dem auch Atomwaffen zum Einsatz kommen könnten, das derzeitige Regime in Teheran stürzen zu können. Und das bedeute Krieg, wird ein hochrangiger Pentagon-Berater in der Zeitschrift „New Yorker“ zitiert. Ähnliches berichtete auch die Washington Post am 9. April. Im Pentagon würden zwei Optionen für Luftangriffe geprüft: Ein eher begrenztes Szenario sehe gezielte Schläge gegen die Atomanlagen in Natanz und Isfahan vor. Eine zweite Option sehe zusätzlich den Einsatz von Marschflugkörpern auch gegen Militäranlagen und insbesondere gegen die „Revolutionären Garden“ vor. Beide Szenarien seien Teil einer „Strategie harter Diplomatie“, um den Iran zum Einlenken in internationale Verhandlungen zu bewegen. Im „New Yorker“ war zusätzlich berichtet worden, dass das Pentagon auch hochmoderne Atomwaffen (sog. Bunker-Buster) gegen iranische unterirdische Atomanlagen einsetzen wolle. Die Generalität sei gegen solche Pläne, das Weiße Haus hätte aber auf einer solchen Option bestanden. – Unstrittig ist hingegen, dass das Pentagon die Liste möglicher Ziele von Bombenangriffen in Irak jüngst aktualisiert hat.
    Das Präsidialamt dementierte weder noch bestätigte es die Berichte. Es bekräftigte jedoch, dass das Weiße Haus eine diplomatische Lösung anstrebe. „Wir haben nicht die Absicht, über militärische Planungen zu diskutieren“, sagte Sprecher Blair Jones.
  • Nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes braucht der Iran noch etwa acht bis zehn Jahre um eine Atomwaffe zu bauen. Israels Geheimdienst behauptet dagegen, Teheran könnte bereits in diesem Jahr ein „entscheidender Durchbruch“ gelingen.
Montag, 10. April, bis Sonntag, 16. April
  • Washington hat am 10. April Presseberichte über Planungen für Luftangriffe gegen Iran als Spekulationen zurückgewiesen. Die USA bemühten sich in erster Linie weiter um eine diplomatische Lösung des Problems, sagte der Berater und Kommunikationschef von Präsident Bush, Dan Bartlett. „Wer aus normalen Planungen der Militärs und der Geheimdienste weitgehende und endgültige Schlüsse zeiht, verfügt über schlechte Informationen und hat keine Kenntnis darüber, wie die Regierung über Iran denkt, sagte Bartlett.
    Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats in Iran, Laridschani, nannte die Berichte über Angriffsplanungen gegen sein Land „psychologischen Krieg“. Iran sei aber vorbereitet, „angemessen auf jedwede Attacke zu reagieren“, sagte er nach einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur Isna.
    Die EU lehnt einen Militärschlag gegen Iran ab. Außenbeauftragter Solana sagte am 10. April am Rande des Außenminister-Treffens in Luxemburg: „Die Sache liegt in den Händen des UN-Sicherheitsrats. Und die Wiederaufnahme von Verhandlungen ist möglich.“
  • Am 10. April legte die unabhängige Washingtoner Forschungseinrichtung „Center for Strategic and International Studies“ eine Studie vor, in welcher alle denkbaren Optionen der Iran-Politik durchgespielt werden. Die Autoren gelangen zu dem Schluss, dass die Folgen eines Militärangriffs nicht kalkulierbar wären. Es bestehe aber auch kaum Anlass zur Annahme, dass mit diplomatischen Mitteln ein Ende des iranischen Atomwaffenprogramms erreicht werden könne. (FAZ, 11. April)
  • Der frühere iranische Präsident Rafsandschani sagte am 11. April in Kuwait, in der Urananreicherungsanlage in Natanz sei die „erste Einheit“ von 164 Gaszentrifugen in Betrieb genommen worden. „Gas wurde eingeführt und wir haben die industrielle Produktion.“ Präsident Ahmadinedschad sagte am Abend bei einer Großveranstaltung in Mashhad: „Iran hat sich den Nuklearmächten der Welt zugesellt“. Der Iran könne nun nuklearen Brennstoff produzieren. Sein Land wolle für die ganze Welt Frieden und Stabilität und habe noch nie einen Krieg angezettelt. Ahmadinedschad wies auch jeden Gedanken an den Besitz von Massenvernichtungswaffen zurück. Doch der Iran werde niemals auf sein Recht verzichten, Nuklearenergie friedlich zu nutzen.
  • Die internationale Kritik auf die Ankündigung Irans in der Atomtechnik weitere Fortschritte gemacht zu haben, konnte nicht ausbleiben. Am 12. April rief US-Außenministerin Rice nach „harten Maßnahmen“. Der britische Außenminister Straw sagte, Irans Mitteilung „untergräbt weiter das internationale Vertrauen in das iranische Regime“. Frankreich sprach von „gefährlichen Aktivitäten“ Irans und die Bundesregierung erklärte, Iran wolle den „Pfad der Selbstisolation“ offenbar nicht verlassen. Auch Russlands Außenministerium erklärte, Iran verstoße gegen die Entscheidungen der IAEA und die Erklärung des UN-Sicherheitsrats. Ähnlich äußerte sich der chinesische Botschafter bei den UN, Wang Guangya. „Wir wollen, dass die Iraner kooperativer werden“, sagte er. Guangya ist in diesem Monat Präsident des UN-Sicherheitsrats.
    Karl Grobe erinnert in einem Kommentar der Frankfurter Rundschau (13./14. April) daran, „dass andere Interessen den Konflikt heizen, und zwar länger als es ein Teheraner Atomprogramm gibt. Ein Stichwort heißt Erdöl, ein anderes Hegemonie über die Region (...). Iran ist der Hegemonie näher gekommen durch das Chaos, das die Besatzung Iraks erzeugt hat. Diese Hegemonie zu verhindern, ist ein altes amerikanisches Ziel.“
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat die Vereinten Nationen (UN) aufgefordert, im Atomstreit mit Iran notfalls mit Militärgewalt gegen das Land vorzugehen. Auf die Frage, welche Schritte der UN-Sicherheitsrat in Erwägung ziehen sollte, verwies Rice am 13. April auf Kapitel sieben der UN-Charta. Es schließt letztendlich ein militärisches Vorgehen im Fall einer Bedrohung nicht aus. Rice sagte: "Ich bin davon überzeugt, dass wir Maßnahmen ins Auge fassen, die sicherstellen, dass Iran eine Zusammenarbeit als seine einzige Chance begreift." Der UN-Sicherheitsrat werde bei seinem anstehenden Treffen eine ganze Bandbreite möglicher Schritte diskutieren.
  • Der Chef der Internationalen Atomenergieorganisation IAEO, Mohammed El Baradei, sagte nach einem Besuch in Teheran am 13. April, Iran habe Bemühungen bei der Beantwortung offener Fragen zu seinem umstrittenem Programm zugesichert. Beweise, dass Iran - wie behauptet - inzwischen erfolgreich Uran anreichern kann, habe die IAEO bislang nicht.
Montag, 17. April, bis Sonntag, 23. April
  • Vor den Beratungen der Weltmächte über das iranische Atomprogramm in Moskau haben US-Senatoren die Aufnahme direkter Verhandlungen der USA mit Teheran gefordert. Bilaterale Gespräche könnten bei der Suche nach einem Ausweg aus der Sackgasse "nützlich" sein, sagte der einflussreiche Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des US-Senats, der Republikaner Richard Lugar, dem US-Fernsehsender ABC am 17. April. Lugar, ein Parteikollege von US-Präsident George W. Bush, schlug vor, die direkten Gespräche mit dem Iran parallel zu den geplanten iranisch-amerikanischen Gesprächen über die Lage im Irak laufen zu lassen. Die Beziehungen des Iran mit den Atommächten Indien und China seien "sehr bedenklich", sagte Lugar. Der demokratische Senator Evan Bayh unterstützte Lugars Vorstoß.
  • Die Angst vor einem Angriff der USA auf das wichtige Förderland Iran hat den Ölpreis auf einen Rekordstand getrieben. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Referenzsorte Brent stieg am 18. April in London auf 72,20 Dollar (rund 60 Euro). In New York wurden für die Sorte Light Sweet Crude 70,88 Dollar gezahlt. Die Organisation Erdöl exportierender Staaten (OPEC) zeigte sich besorgt, will ihre Fördermengen aber nicht erhöhen. Die Benzinpreise in Deutschland fielen nach den Osterfeiertagen trotzdem deutlich. Der Ölpreis in New York lag knapp über den 70,85 Dollar vom vergangenen August, als der Hurrikan "Katrina" die Ölproduktion im Golf von Mexiko lahmlegte. In London war der Ölpreis schon in den vergangenen Wochen auf immer neue Rekordstände geklettert.
  • Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat im Konflikt um das Atomprogramm mit scharfen Worten vor einem Krieg gegen sein Land gewarnt. Sollte der Iran herausgefordert werden, werde man "den Feinden die Hände abschlagen und sie dazu bringen, dass sie ihre Aggression bereuen". Das sagte Ahmadinedschad am 18. April zum "Tag der Armee". Gleichzeitig mit Ahmadinedschads Warnung bekräftigte die iranische Führung ihre grundsätzliche Bereitschaft zu Verhandlungen mit den USA, nachdem zuvor die US-Regierung stärkeren Druck gegen Teheran angedroht hatte.
  • Die Vereinigten Staaten schließen im Atomstreit mit dem Iran keine Vorgehensweise aus: "Alle Möglichkeiten liegen auf dem Tisch", sagte US-Präsident George W. Bush am 18. April vor Journalisten in Washington. "Wir wollen diese Angelegenheit diplomatisch lösen, und wir bemühen uns sehr darum." Es müsse "gemeinsame Anstrengungen" mit Staaten geben, denen die Gefahr eines Iran mit Atomwaffen bewusst sei, forderte Bush. "Deshalb arbeiten wir eng mit Ländern wie Frankreich, Deutschland und Großbritannien zusammen."
  • Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und Deutschland (als Mitglied der sog. EU-Troika) sind am Abend des 18. April in Moskau zu Gesprächen über das iranische Atomprogramm zusammengekommen. Ranghohe Vertreter der sechs Länder berieten sich bei einem Arbeitsessen in der russischen Hauptstadt über den Atomstreit mit Teheran, wie die russische Nachrichtenagentur ITAR-TASS meldete. Nach russischen Angaben war das Treffen nicht öffentlich. US-Außenstaatssekretär Nicholas Burns sollte allerdings am späten Abend eine Pressekonferenz geben.
  • Die internationalen Gespräche über das Atomprogramm des Irans in Moskau haben nach Angaben des russischen Außenministers Sergej Lawrow keine Ergebnisse gebracht. Es müsse der Bericht des Chefs der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Mohammed el Baradei, Ende April abgewartet werden, sagte Lawrow am 19. April nach Angaben der Agentur Interfax. Ein Sprecher der US-Regierung hatte zuvor mitgeteilt, die Iran-Gespräche der fünf Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und Deutschlands sollten am 19. April in erweiterter Runde in Moskau fortgesetzt werden. Der US-Verhandlungsführer, Vize-Außenminister Nicholas Burns, hatte sich nach der ersten Gesprächsrunde in Moskau am Vortag optimistisch geäußert. Um zu konkreten Schritten der Staatengemeinschaft zu kommen, seien aber weitere Gespräche nötig.
    Am 18. April waren die Beratungen der fünf Vetomächte im UN- Sicherheitsrat zusammen mit Deutschland in Moskau nach US-Angaben vorerst gescheitert. Die stellvertretenden Außenminister der sechs Staaten konnten sich bei ihrem dreistündigen Gespräch laut dem US- Sender CBS nicht über mögliche Sanktionen oder andere Maßnahmen einigen.
  • Unter dem Eindruck des Atomstreits mit dem Iran haben die Vertreter der G-8-Staaten am 19. April ihre Beratungen in Moskau aufgenommen. Bei dem Treffen der Vertreter der sieben größten Industrienationen und Russlands könnte auch der Konflikt mit dem Iran zur Sprache komen, sagte ein Sprecher des russischen Außenministeriums. Eigentliches Thema der Beratungen ist die Vorbereitung des G-8-Gipfels, der im Juli in St. Petersburg stattfinden soll. Auf Drängen Russlands reiste eine iranische Delegation in die russische Hauptstadt.
  • Russland hat den Iran eindringlich zur Einstellung aller Nuklear-Aktivitäten aufgefordert. Die internationale Gemeinschaft verlange umgehende und konstruktive Schritte von Teheran, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am 19. April in Moskau.
  • Der Iran hat den Bau des Renault-Billigautos Logan auf Eis gelegt. "Solange die Firma Renault unsere Bedürfnisse nicht erfüllt, steht das Vorhaben still", sagte der iranische Industrieminister Ali-Resa Tahmasebi nach Angaben des staatlichen Fernsehens vom 19. April. Nach Angaben eines leitenden Mitarbeiters des Ministeriums will der Iran einen Teil der Produktion in die üblichen Absatzmärkte des französischen Unternehmens ausführen dürfen. Renault prüft nach eigenen Angaben nun Lösungen für einen Export des iranischen Logan-Modells. Der Logan soll in der islamischen Republik von den Unternehmen Iran Chodro und Pars Chodro gebaut werden. Ab diesem Jahr sollten jährlich 300.000 des im Iran L90 genannten Fahrzeugs hergestellt werden. Der Vertrag über 300 Millionen Euro war die größte und langfristigste Investition eines französischen Unternehmens im Iran seit Gründung der islamischen Republik im Jahr 1979.
  • Im Konflikt um das iranische Atomprogramm hat Frankreich Russland und China vor einer Spaltung der internationalen Gemeinschaft gewarnt. Es sei das Ziel Teherans, die internationale Gemeinschaft in der Frage auseinanderzubringen, sagte der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy am 19. April im Radiosender RMC. Wenn dies gelinge, erhalte Teheran die Möglichkeit, sein Programm zur Anreicherung von Uran ungehindert fortzuführen.
  • Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat sich vehement gegen einen möglichen US-Angriff auf ihr Land ausgesprochen. Trotz aller Kritik an der iranischen Regierung warne sie davor, "dass auch nur ein einziger US-Soldat seinen Fuß auf iranischen Boden setzt", sagte Ebadi am 19. April bei der Vorstellung ihrer Autobigrafie "Mein Iran. Ein Leben zwischen Revolution und Hoffnung" in Berlin. Sie sei in der vergangenen Woche in den USA gewesen und habe den Eindruck gehabt, dass die öffentliche Meinung dort auf einen Angriff vorbereitet werden solle. Ebadi erinnerte daran, dass sie gemeinsam mit der US-Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams eine Erklärung verabschiedet habe, in der die Regierungen in Teheran und Washington aufgefordert werden, ihre Differenzen durch Gespräche und Verhandlungen beizulegen.
  • Im Konflikt um das iranische Atomprogramm steht nach den Worten des britischen Premierministers Tony Blair ein Militärschlag derzeit nicht zur Debatte. Gegenwärtig rede "niemand über einen militärischen Einmarsch oder eine Militäraktion gegen den Iran", sagte Blair am 19. April im Londoner Unterhaus.
  • Der Iran hat eine ranghohe Delegation zu den internationalen Gesprächen über sein Atomprogramm nach Moskau entsandt. Dort hatten gestern Vertreter der fünf UN-Vetomächte und Deutschland nach einem Ausweg im Atomstreit gesucht. Am 19. April gingen die Gespräche im Rahmen der G8-Industriestaaten weiter. Die Iraner wollten im Umfeld dieser Treffen ihre Position darlegen, sagte ein russischer Diplomat. Offizielle Gespräche seien nicht geplant, aber Begegnungen mit russischen und europäischen Vertretern.
  • Die USA bauen auf internationale Rückendeckung für ihre Forderungen nach Sanktionen gegen den Iran. Sowohl in der Gruppe der acht führenden Industrieländer als auch bei den ständigen Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat gebe es eine Mehrheit für mögliche Strafmaßnahmen im Atomstreit mit Teheran, erklärte US-Staatssekretär Nicholas Burns am 19. April nach Gesprächen in Moskau. "Fast jedes Land erwägt Sanktionen irgendwelcher Art, und das ist neu", sagte der Staatssekretär des Washingtoner Außenministeriums. Die Vetomächte China und Russland haben allerdings wiederholt ihren Widerstand gegen Sanktionen deutlich gemacht. Burns betonte nach Berichten russischer Nachrichtenagenturen zugleich, die USA hätten die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung noch nicht aufgegeben.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm haben sich die USA offen gegen Russland gestellt: Moskau müsse die Zusammenarbeit mit Iran auf dem atomaren Sektor einstellen, sagte US-Außenstaatssekretär Nicholas Burns am 19. April. "Wir halten es für wichtig, dass alle Länder ihre Zusammenarbeit mit dem Iran auf dem nuklearen Sektor einstellen", sagte Burns in Moskau. Dazu gehörten auch zivile Atomprojekte wie das Atomkraftwerk in Buschehr.
  • Trotz wachsenden Drucks der mächtigsten Staaten der Erde hat der Iran eine Ausweitung seines Atomprogramms angekündigt. Teheran kündigte bei einem überraschenden Treffen mit dem EU-Verhandlungstrio an, in Kürze weitere Zentrifugen zur Urananreicherung in Betrieb zu nehmen. Der Iran wolle zwei neue so genannte Zentrifugen-Kaskaden zur Urananreicherung in Betrieb nehmen, sagte ein französischer Diplomat nach dem Treffen des EU-Verhandlungstrios aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich mit einer iranischen Delegation am 19. April in Moskau. Die Delegation habe den Europäern angeboten, sich an dieser neuen Stufe zu beteiligen.
  • Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat gewarnt, dass eine Eskalation des Konflikts um das iranische Atomprogramm die Weltwirtschaft in die Krise zu stürzen droht. IWF-Chefvolkswirt Raghuram Rajan sagte der "Financial Times Deutschland" (Ausgabe vom 20. April 2006), es gebe "signifkante und ernsthaften" Konsequenzen für den Fall, dass die Ölproduktion des Landes ausfällt. "Iran ist ein wichtiger Ölproduzent und wenn ein wichtiger Ölproduzent eine längere Periode vom Netz geht, dann werden wir angesichts eines ohnehin knappen Angebots signifikante und ernsthafte Konsequenzen für den Ölpreis und damit für Wachstum und Inflation sehen", sagte Rajan.
  • Die Präsidenten von Frankreich und Ägypten, Jacques Chirac und Husni Mubarak, haben sich im Atomstreit mit Iran gegen eine Militärintervention ausgesprochen. Diese würde die Lage im Nahen Osten und der gesamten Welt destabilisieren, erklärte Chirac bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Mubarak am 19. April in Kairo. Chirac befindet sich auf einem zweitägigen Staatsbesuch in Ägypten.
  • Im Falle eines Krieges im Iran wird Russland den Einsatz seiner Streitkräfte nicht anbieten. Das erklärte der Generalstabschef der Streitkräfte Russlands, Armeegeneral Juri Balujewski, am 19. April nach Verhandlungen mit dem Befehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa, General James L. Jones, in Moskau. "Eine militärische Lösung des Iran-Problems wäre ein großer politischer Fehler. Ich bin der Ansicht, dass das Problem ausschließlich mit diplomatischen Mitteln gelöst werden kann." Er glaube nicht, dass der Konflikt zu einem militärischen Stadium eskalieren werde. "Ich als Generalstabschef werde den Einsatz der russischen Streitkräfte weder auf der einen noch auf der anderen Seite anbieten", sagte der General.
  • Russland hat die von den USA geforderte Aufgabe seiner Beteiligung am Bau des iranischen Atomkraftwerks Buschehr abgelehnt. Das Kraftwerk stelle in der Frage der Weiterverbreitung keine Bedrohung dar, sagte der Chef der russischen Atomenergiebehörde Rosatom, Sergej Kirijenko, am 20. April in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat dem Iran im Atomstreit mit einer "Koalition der Willigen" gedroht. Falls sich der Weltsicherheitsrat nicht auf ein entschlossenes Vorgehen einigen könne, gebe es Länder, die finanzielle und politische Schritte ergreifen würden, sagte Rice am 20. April. Sie gehe davon aus, dass die Diplomatie am Ende zum Erfolg führen werde. Rice wiederholte die Formulierung, wonach alle Optionen einschließlich einer militärischen auf dem Tisch lägen. "Das Recht auf Selbstverteidigung erfordert nicht unbedingt eine Entschließung des UN-Sicherheitsrats", sagte die US-Außenministerin. Es sei wichtig zu wissen, "dass der Präsident (George W. Bush) keine Möglichkeiten ausschließt".
  • US-Präsident George W. Bush hat bei seinem Werben für einen härteren Kurs im Atomstreit mit dem Iran keine Unterstützung Chinas erhalten. Präsident Hu Jintao machte am 20. April in Washington deutlich, dass Peking weiter auf Verhandlungen setze. Laut Bush stimmen beide Länder aber in dem Ziel überein, dass der Iran keine Atomwaffen und die dafür notwendige Technologie besitzen dürfe.
  • Deutschland und Spanien halten im Atomstreit mit dem Iran an einer diplomatischen Lösung fest. Sie verfolgten "mit großer Sorge die Entwicklung im Iran", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Treffen mit dem spanischen Ministerpräsidenten José Luis Zapatero in Berlin am 20. April in Berlin. Die jüngsten Mitteilungen aus dem Iran gäben Anlass, "dass wir die diplomatischen Anstrengungen verstärken müssen", um dem Iran klar zu machen, dass er sich an die internationalen Abkommen halten muss, sagte Merkel. In der EU seien sich alle einig, dass das EU-Verhandlungstrio Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit den USA und "wo immer möglich" mit Russland und China mit gegenseitiger Unterstützung vorgehen sollten.
  • Das russische Angebot an den Iran, ein Joint Venture für Urananreicherung auf russischem Boden zu gründen, bleibt in Kraft, bestätigt Sergej Kirijenko, Chef der russischen Atomenergiebehörde Rosatom. "Die russische Position hat sich nicht geändert. Unser Vorschlag kann das iranische Atomproblem lösen", äußerte Kirijenko am 20. April in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek vor Journalisten. Dabei setzte er sich für eine diplomatische Lösung des Atomstreites ein. Alle Staaten der Welt haben das Recht auf friedliche Atomenergie, doch dabei muss die Sicherheit der Weltgemeinschaft und das Nonproliferations-Regime gewährleistet werden. (RIA Nowosti)
  • Nur der UN-Sicherheitsrat darf von Russland verlangen, die Kooperation mit Iran in der Atomenergiewirtschaft einzustellen. Das erklärte am 20. April der amtliche Sprecher des russischen Außenministeriums, Michail Kamynin. In einem Kommentar zur Äußerung des stellvertretenden USA-Außenministers Nicholas Burns, alle Länder müssten die Zusammenarbeit mit Iran im Nuklearbereich stoppen und Russland müsse unter anderem die Atomenergie-Kooperation in Bushehr einstellen, sagte Kamynin: "Das Fassen bindender Beschlüsse über den Abbau der Zusammenarbeit mit dem einen oder anderen Staat in irgendeinem Bereich liegt ausschließlich in der Kompetenz des UN-Sicherheitsrates. Bis jetzt hat der Sicherheitsrat keine Entscheidungen über die Einstellung des Zusammenwirkens mit Iran in der Atomenergetik getroffen".
  • Der Iran braucht nach Einschätzung des US-Geheimdienstes noch Jahre bis zur Fertigstellung einer Atombombe. "Unsere Einschätzung ist im Moment, dass (die Regierung in Teheran) noch mehrere Jahre braucht, bis sie so viel spaltbares Material" zusammenhabe, um eine Atombombe zu bauen, sagte der Direktor der US-Geheimdienste, John Negroponte, am 20. April in Washington.
  • Deutsche Außenpolitiker haben sich gegen die Beteiligung an einer US-geführten Koalition gegen den Iran ausgesprochen, falls der UN-Sicherheitsrat zu keiner Einigung finden sollte. "Deutschland sollte sich einer Koalition der Willigen nicht anschließen", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen. US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte im Atomstreit einen US-geführten Militäreinsatz gegen den Iran nicht ausgeschlossen. Ein Militäreinsatz gegen den Iran sei keine realistische Option, sagte Weisskirchen der "Berliner Zeitung". (21. April) "Und selbst wenn er eine wäre, dann wäre das Ergebnis fürchterlich." Bei der Lösung des Atomstreits müsse der Weg über den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingehalten werden, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, Elmar Brok (CDU), der "Netzeitung". "An einem solchen Abenteuer darf sich Deutschland weder direkt noch indirekt beteiligen", sagte Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin der "Berliner Zeitung". Die Krise um das iranische Atomprogramm "kann und darf nur mit friedlichen Mitteln gelöst werden". Mit Blick auf den Irak fügte er hinzu: "Die letzte Koalition der Willigen unter Führung der USA war nicht nur auf Lügen aufgebaut, sondern hat direkt in ein Desaster geführt."
  • Die USA haben ein internationales Waffenembargo gegen den Iran verlangt, sollte das Land seine Aktitiväten zur Urananreicherung nicht einstellen. US-Außenstaatssekretär Nicholas Burns sagte am 21. April in Washington, es sei sehr wichtig, dass Staaten wie beispielsweise Russland die ihnen zur Verfügung stehenden Druckmittel einsetzten, um den Iran zum Einlenken zu bewegen. Zu diesen Druckmitteln gehöre die Einstellung aller Lieferungen von Waffen und anderer militärisch verwendbarer Produkte.
    Die USA wollen im Streit um das iranische Atomprogramm nicht monatelang auf eine diplomatische Lösung im Weltsicherheitsrat warten. Das sagte Staatssekretär Nicholas Burns nach der Rückkehr von den Iran-Beratungen in Moskau am 21. April in Washington. Wenn der Sicherheitsrat über "einen angemessenen Zeitraum" nicht in der Lage sei zu handeln, sei die Stunde für Sanktionen einer Gruppe einzelner gekommen. Burns sprach von einer neuen Atmosphäre bei den Gesprächen unter den Vetomächten des Sicherheitsrates. Jedes Land, auch Russland und China, hätte deutlich gesagt, dass der Iran keine Atomwaffen besitzen dürfe. "Wir haben die Diplomatie noch nicht aufgegeben", versicherte Burns. Gleichwohl sei in den nächsten ein, zwei Wochen nicht mit einem Durchbruch zu rechnen.
  • Laut dem iranischen Sender Chabar reiste eine iranische Delegation nach Atom-Gesprächen in Moskau am 21. April weiter zu Verhandlungen nach Wien. Die Delegation wolle sich vor Ablauf der 30-Tage-Frist Ende April um eine Lösung des Konflikts bemühen. In Wien konnte die Ankunft der Iraner zu Gesprächen mit der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO jedoch nicht bestätigt werden. IAEO-Chef Mohammed el Baradei wird am 28. April den vom UN-Sicherheitsrat angeforderten Bericht über den Iran übermitteln.
  • Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat am 21. April das umstrittene Atomprogramm des Irans in Washington mit US- Außenministerin Condoleezza Rice erörtert. Einzelheiten aus dem Gespräch wollte Steinbrück nicht nennen. Es sei unter anderem auch um die Vorbereitung des G8-Gipfels im Sommer in St. Petersburg gegangen. Steinbrück ist für das Treffen der Finanzminister der sieben wichtigsten Industriestaaten G7 in Washington.
  • Der Iran will im kommenden Monat den Bau zweier neuer Atomkraftwerke international ausschreiben. Alle Länder seien eingeladen, sich an der Ausschreibung zu beteiligen, sagte der iranische Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Ali Asghar Soltanijeh, am 22. April laut dem iranischen Staatsfernsehen. Der Iran baut derzeit bereits mit russischer Hilfe ein Atomkraftwerk in Buschehr.
  • Im Atomkonflikt mit dem Westen will der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad Medienberichten zufolge am 24. April die Entscheidung seines Landes zum Ende April auslaufenden UN-Ultimatum bekannt geben. Wie die iranische Agentur Fars am 22. April meldete, wollte Ahmadinedschad auf einer Pressekonferenz die Position seines Landes erläutern.
  • Nach Ansicht des spanischen Außenministers Miguel Angel Moratinos beabsichtig derzeit kein führender westlicher Politiker, den Iran militärisch anzugreifen. Dies sagte Moratinos in einem am 22. April veröffentlichten Interview mit der spanischen Zeitung "ABC". Wichtig sei es, die Führung in Teheran weiterhin "mit Bestimmtheit und Einigkeit" daran zu erinnern, "dass sie ihre Verpflichtungen auf dem Gebiet der atomaren Zusammenarbeit einhält". Mittels des Dialogs und diplomatischer Verhandlungen müsse verhindert werden, dass sich andere Optionen in den Vordergrund drängten.
  • Das iranische Atomprogramm stellt nach nach Ansicht von Altbundeskanzler Helmut Schmidt keine Kriegsgefahr dar. "Das ist keine akute Bedrohung des Friedens", sagte Schmidt dem "Hamburger Abendblatt". Der ehemalige Staatsmann riet den westlichen Staaten zu mehr Gelassenheit im Umgang mit dem Iran. "Wir sollten gelassener sein, insbesondere Washington sollte sich zurücknehmen", riet der SPD-Politiker. Schmidt warnte vor einem Krieg gegen den Iran, wie er nach Einschätzung von Kritikern vor allem von den USA derzeit nicht ausgeschlossen wird. "Amerika kann jeden Krieg führen und fast jeden Krieg gewinnen, aber es kann mit dem Chaos nicht umgehen, das anschließend entsteht."
  • Der Iran hat sich nach eigenen Angaben mit Russland grundsätzlich auf eine gemeinsame Urananreicherung verständigt. Beide Seiten hätten ein "Basisabkommen" zur Produktion von Brennstoff auf russischem Territorium vereinbart, sagte der iranische Vertreter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Ali Asghar Soltanieh, am 22. April. Lediglich einige technische, rechtliche und finanzielle Fragen seien noch zu klären, sagte Soltanieh in Moskau, wie das staatliche iranische Fernsehens berichtete. Nähere Einzelheiten nannte er zunächst nicht.
  • Der Iran ist fest entschlossen, an seiner Urananreicherung festzuhalten. "Unsere Forschungsbemühungen sind unumkehrbar", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Hamid Resa Asefi, am 23. April in Teheran. Die Aufforderung der internationalen Gemeinschaft, das Atomprogramm einzustellen, nannte er "Medienpropaganda".
  • Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira hat am 23. April eine Tonbandbotschaft ausgestrahlt, die von Terroristenführer Osama bin Laden stammen soll. Darin wird der westlichen Welt vorgeworfen, einen "Kreuzzug gegen den Islam" zu führen. Als Beispiele werden unter anderen die Konflikte im Irak, Pakistan, dem Sudan und Tschetschenien genannt. Außerdem bezog sich der männliche Sprecher der Botschaft auf die Entwicklung im Nahen Osten. Zuletzt war im Januar eine angeblich von Osama bin Laden stammenden Tonbandbotschaft aufgetaucht.
  • Der israelische Generalkonsul in New York, Arje Mekel, hat von der internationalen Gemeinschaft deutliche Konsequenzen im Atomstreit mit dem Iran gefordert. "Das ist keine israelische Angelegenheit, das ist ein Problem der Welt, und die Welt muss den Iran stoppen", sagte Mekel am 23. April. Die Regierung in Jerusalem hoffe, dass der Weltsicherheitsrat "wirtschaftliche und politische Sanktionen" gegen Teheran verhänge. Der Iran dürfe keine Atomwaffen besitzen, betonte Mekel.
Montag, 24. April, bis Sonntag, 30. April
  • Nach einem jahrzehntelangen Verbot erhalten Frauen im Iran künftig wieder Zutritt zu Sportstadien. Die Teilnahme an Sportereignissen erfordere eine Planung, die Frauen respektiere und ihnen die besten Plätze bei "wichtigen und nationalen Wettkämpfen" garantiere, sagte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 24. April im staatlichen Fernsehen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass "Ethik und Keuschheit" auch dann gewahrt worden seien, wenn Frauen und Familien in Stadien anwesend gewesen seien, betonte der Präsident. Frauen war der Besuch sportlicher Ereignisse seit der islamischen Revolution 1979 grundsätzlich verboten. Nur bei seltenen Gelegenheiten durften sie bei internationalen Wettkämpfen assistieren.
  • Der Iran hat ein milliardenschweres Geschäft mit deutscher Beteiligung platzen lassen: Das Ölministerium in Teheran erklärte am 24. April, eine petrochemische Anlage am Persischen Golf werde von heimischen Firmen gebaut und nicht von einem internationalen Konsortium unter Führung des Wiesbadener Industriegaskonzerns Linde. Iran hatte Linde sowie der französischen Technip und der koreanischen Hyundai Engineering den Auftrag im vergangenen Sommer erteilt. Von dem Geschäft in einer Gesamthöhe von knapp einer Milliarde Euro entfallen 400 Millionen Euro auf Linde. Das Konsortium sollte in den kommenden vier Jahren zwei Ethylen-Anlagen am Persischen Golf bauen. Das Gas Ethylen ist ein Rohstoff für die petrochemische Industrie. Nun sollen die iranische National Petrochemical Company (NPC) und heimische Firmen den Bau unternehmen, wie das Ölministerium in Teheran mitteilte. Dadurch könnten 260 Millionen Euro eingespart werden. Linde und die anderen ausländischen Firmen sollen demnach nicht entschädigt werden. Hintergrund der Absage ist laut AFP offenbar das Streben Irans nach Unabhängigkeit vom Westen vor dem Hintergrund des Atomstreits.
  • Vier Tage vor Ablauf des Ultimatums des UN-Sicherheitsrats an den Iran hat sich Staatschef Mahmud Ahmadinedschad unnachgiebig gezeigt. Es sei "unwahrscheinlich", dass der Sicherheitsrat gegen den Iran wegen seines Atomprogramms Sanktionen verhängen werde, sagte er am 24. April in Teheran. Die westlichen Staaten sollten nicht denken, "dass sie eine irrige Entscheidung mit Hilfe des UN-Sicherheitsrats in Kraft setzen können", sagte Ahmadinedschad. Auch die "zwei oder drei Länder", die dem Iran besonders "feindlich" gesinnt seien, hätten "genug Urteilskraft, um diesen Fehler nicht zu begehen". Sollte die internationale Gemeinschaft den Iran "seiner Rechte berauben", werde Teheran über einen Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag nachdenken. Sollte der UN-Sicherheitsrat hingegen seine Forderung an den Iran aufgeben, bis Freitag die Urananreicherung zu stoppen, könnten Gespräche stattfinden, sagte der Staatschef weiter.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm wird sich der UN-Sicherheitsrat nach US-Angaben in dieser Woche mit einem Resolutionsentwurf befassen, der auch Sanktionsdrohungen gegen Teheran enthalten soll. Die 15 Mitglieder des UN-Organs würden über mögliche Reaktionen auf einen Bericht des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed ElBaradei, beraten, sagte der US-Botschafter bei der UNO, John Bolton, am 24. April in New York. Mehrere Diplomaten sagten jedoch, ihrer Einschätzung nach sei es unwahrscheinlich, dass der UN-Sicherheitsrat zu einer offiziellen Sitzung zusammenkommen werde.
  • Russland will trotz der Zuspitzung im Streit über das iranische Atomprogramm Flugabwehrraketen an den Iran liefern. Wenn es nicht zu außergewöhnlichen Umständen komme, werde Russland sich an einen entsprechenden Vertrag halten, sagte Verteidigungsminister Sergej Iwanow laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen am 24. April bei einem Besuch in Peking.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat am 24. April eine deutliche Botschaft des UN-Sicherheitsrats an die Adresse des Irans gefordert. Das höchste Gremium der Vereinten Nationen gefährde sonst seine eigene Glaubwürdigkeit, sagte Rice mit Blick auf eine Ende März vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Erklärung. Darin hatte der Rat dem Iran einen Monat Zeit gegeben, seine Arbeiten zur Urananreicherung einzustellen. Die Frist läuft am 28. April ab. Wenn der Iran nicht einlenke, müsse der Sicherheitsrat deutlich machen, "dass dies eine ernste Angelegenheit ist", sagte Rice.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat die US-geführten Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak als Mittel verteidigt, um den Iran in Schranken zu halten. "Ein Erfolg in Afghanistan und ein Erfolg im Irak sind entscheidend, um die extremen Anstöße im Zaum zu halten, die wir vom Iran ausgehen sehen", sagte Rumsfeld im Gespräch mit dem ministeriumseigenen Fernsehsender. Das Letzte, was die iranische Führung wolle, seien erfolgreiche Regierungen, politische Systeme mit gewählten Volksvertretern sowie freie Menschen in Afghanistan und im Irak. Wer der Ansicht sei, dass die US-Einsätze in den beiden Ländern zu teuer seien oder zu lange dauerten und dass die USA davon ablassen sollten, der solle sich überlegen, was dies für den Iran bedeuten würde. Es sei zu bedenken, wie sehr dies dem Anliegen der iranischen Führung nützen würde, "und ihr Anliegen ist eines, das für die Welt gefährlich ist", sagte Rumsfeld. (AFP, 25. April)
  • Der frühere israelische Ministerpräsident Schimon Peres sieht Parallelen zwischen dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und Adolf Hitler. "Seit Hitler ist er der erste, der sich hinstellt und sagt, das jüdische Volk müsse vernichtet werden", sagte er am 25. April bei einem Besuch in Krakau dem israelischen Rundfunk. Israel begeht am 25. April den Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Unter Anspielung auf die nuklearen Ambitionen des Iran sagte der Friedensnobelpreisträger: "Hitler hat Vernichtungslager eingerichtet, er (Ahmadinedschad) will die Bombe für, wie er sagt, zivile Zwecke. Wir wissen genau, was er vorhat, und deshalb müssen wir seine Erklärungen ernst nehmen."
  • Mit einem neuen Aufklärungssatelliten will Israel einem Zeitungsbericht zufolge seinen Erzfeind Iran besser aus dem All beobachten können. Der Spionagesatellit Eros B sollte am 25. April, dem Holocaust-Gedenktag, an Bord einer russischen Rakete von Sibirien aus ins All geschickt werden, berichtete die Tageszeitung "Jediot Aharonot". Der Satellit soll die Erde in einer Höhe zwischen 480 und 600 Kilometern umrunden und aus dieser Entfernung dank einer besonders guten Kamera Objekte ab einer Größe von 70 Zentimetern erkennen können. Der Satellit ist eine verbesserte Version des bereits im Dienst befindlichen Eros A.
  • Zwei Tage vor Ablauf des UN-Ultimatums zur Einstellung der Urananreicherung im Iran kommt am 26. April in Wien eine hochrangige iranische Delegation mit der IAEO-Führung zusammen. Bei dem Treffen soll nach Angaben von dpa versucht werden, eine weitere Zuspitzung des Atomstreits in letzter Minute zu verhindern. Ob auch ein Gespräch mit dem Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation, el Baradei geplant ist, war nicht zu erfahren. Der Sicherheitsrat hat Teheran bis zum Freitag Zeit gegeben, die Urananreicherung aufzugeben.
Umfrage-Ergebnisse
Im Konflikt um das iranische Atomprogramm wird ein Militärschlag von der überwiegenden Mehrheit der Deutschen abgelehnt. In einer Umfrage für das Hamburger Magazins stern erklärten mehr als drei Viertel der Bürger (77 Prozent), dass man auf militärische Mittel in jedem Fall verzichten sollte. Immerhin knapp jeder Fünfte (19 Prozent) ist der Ansicht, dass der Iran notfalls auch durch militärische Gewalt zur Aufgabe seines Atomprogramms gezwungen werden sollte. 4 Prozent sind unentschieden.
Gespalten sind diejenigen Bundesbürger, die einen Krieg als letztes Mittel nicht ausschließen wollen, in der Frage einer deutschen Beteiligung. 54 Prozent dieser Gruppe sind dafür, 44 Prozent von ihnen sprechen sich jedoch gegen eine Teilnahme deutscher Truppen aus.
Datenbasis: 1005 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger am 20. und 21. April. Statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte, Auftraggeber: stern, Quelle: Forsa (stern, 26. April)
  • Der Iran will sein Öl im Atomstreit nicht als Waffe einsetzen. "Wir haben eine Ware und wir wollen sie verkaufen", sagte der iranische Ölminister Kasem Wasiri Hamaneh dem "Wall Street Journal" vom 26. April. Der Iran habe in der Vergangenheit eine sichere Versorgung mit Öl gewährleistet und den Nachfragen auf dem Weltmarkt entsprochen und wolle dies auch weiter tun, fügte der Minister hinzu. Hamaneh reagierte damit auf Andeutungen des iranischen Chefunterhändlers Ali Laridschani vom Vortag, der bei Sanktionen des Westens gegen das Atomprogramm mit "schweren Folgen" für die Ölexporte seines Landes gedroht hatte. Laridschani ließ aber offen, ob er damit eine Preiserhöhung oder Auswirkungen auf die Exportmenge meinte.
  • Zwei Tage vor Ablauf des Ultimatums an Teheran hat das geistliche Oberhaupt des Iran den USA für den Fall eines Angriffs mit Vergeltung gedroht. Sollten die USA sein Land angreifen, müssten sie wissen, "dass ihre Interessen in der ganzen Welt getroffen werden", sagte Ayatollah Ali Chamenei am 26. April. Die Vergeltung werde "doppelt so stark" sein, fügte Chamenei in einer Rede vor Arbeitern in Teheran hinzu.
  • Zwei Tage vor Ablauf der UN-Frist zur Einstellung der Urananreicherung hat eine hochrangige iranische Delegation am Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien Gespräche zur Beilegung des Atomstreits geführt. Bei dem 90-minütigen Treffen am 26. April sei es um die Frage gegangen, "wie man die Lösung der offenen Probleme beschleunigen" könne, sagte der iranische Botschafter Ali Asghar Soltanijeh nach Ende der Beratungen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Ob dabei eine Annäherung erzielt wurde, sagte der Botschafter nicht. IAEA-Sprecherin Melissa Fleming wollte sich nicht zum Inhalt der Gespräche äußern.
  • Das Abgeordnetenhaus in Washington hat härtere US-Sanktionen gegen den Iran gefordert. Die USA müssten "alle möglichen politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten nutzen, damit der Iran für sein unverantwortliches Verhalten bezahlen muss", forderten die Abgeordneten in einem am 26. April mit großer Mehrheit verabschiedeten Beschluss. Washington müsse alles tun, um Einfluss auf seine Verbündeten zu nehmen und diese zu überzeugen, Iran die Unterstützung zu entziehen, sagte die republikanische Abgeordnete Ileana Ros-Lehtinen.
  • Der Konflikt um das iranische Atomprogramm ist nach Ansicht des britischen Außenministers Jack Straw eine Bewährungsprobe für die internationalen Diplomatie. Ein Scheitern werde langfristige Folgen haben, sagte Straw am 26. April in einer Rede. "Das ist nicht der Irak. Niemand redet von einem militärischen Einsatz", betonte der britische Außenminister. "Es geht um die Frage, wie die internationale Gemeinschaft möglichst effektiv internationale Verpflichtungen - in diesem Fall im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags - durchsetzen kann. Wenn wir dazu nicht den Willen und die Entschlossenheit haben, dann bricht das multilaterale System zusammen."
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zu einer diplomatischen Lösung des Atomstreits mit dem Iran aufgerufen. "Es muss alles daran gesetzt werden, dass die internationale Gemeinschaft gemeinsam vorgeht", sagte Merkel nach dem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin am 27. April im sibirischen Tomsk. Es gehe dabei nicht darum, dem Iran die Nutzung der Kernenergie zu verbieten, sondern um die Einhaltung von Regeln, sagte Merkel weiter.
  • Der Iran hat nach Angaben des israelischen Geheimdienstes eine erste Lieferung nordkoreanischer Raketen erhalten, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden und Europa erreichen könnten. Es handele sich um Boden-Boden-Raketen vom Typ BM-25, sagte Geheimdienstchef Amos Jadlin am 27. April in der Zeitung "Haaretz". Ihre Reichweite betrage 2.500 Kilometer. Seine Mitteilung kam einen Tag vor Ablauf der Teheran vom Sicherheitsrat gesetzten Frist, die Urananreicherung wieder zu stoppen.
  • Einen Tag vor Ablauf der UN-Frist hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad erneut das Festhalten seines Landes an der umstrittenen Urananreicherung bekräftigt. Sein Land werde sich "dem Druck und der Ungerechtigkeit" nicht beugen, sagte Ahmadinedschad am 27. April bei einer vom iranischen Fernsehen übertragenen Kundgebung in der 320 Kilometer westlich von Teheran gelegenen Stadt Sandschan. Der Iran sei "Gott sei dank" ein Atomstaat, der Frieden und Sicherheit wolle und für niemanden eine Bedrohung darstelle. Der Iran sei bereit zum Dialog über die Entwaffnung der "Großmächte", sagte Ahmadinedschad weiter.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat indirekt die USA kritisiert, weil sie ihre Gespräche mit dem Iran zum Thema Irak nicht auch für eine Aussprache über den Streit um das iranische Atomprogramm nützten. Wenn es ohnehin Gespräche mit Teheran über die Situation im Irak gebe, "dann glaube ich, gibt es wenig Verständnis dafür, wenn die im Augenblick zentrale Frage, die für Beunruhigung in der Weltpolitik sorgt, nicht mit besprochen wird", sagte Steinmeier am 27. April in Sofia. Seine Meinung dazu sei bekannt. Auch gebe es dazu eine entsprechende Diskussion in den USA selbst, sagte Steinmeier am Rande des informellen Treffens mit den NATO-Kollegen.
  • Der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy hat eine entschlossene Reaktion der Weltgemeinschaft gegen den Iran gefordert, sollte das Land wie erwartet die Frist des UN-Sicherheitsrat zum Stopp der Urananreicherung verstreichen lassen. "Angesichts von Teherans Haltung und der Beschleunigung seines Programms" müsse der Sicherheitsrat ein "schnelles und starkes" Signal an Teheran senden, sagte Douste-Blazy am 27. April in der bulgarischen Hauptstadt Sofia. "Nichts deutet darauf hin, dass der Iran den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nachkommt."
  • Kurz vor Ablauf des UN-Ultimatums hat der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, verstärkte Anstrengungen für eine friedliche Beilegung des Atomstreits mit dem Iran gefordert. Im Inforadio Berlin-Brandenburg verwies Weisskirchen am 28. April darauf, dass Russland sich bisher konstruktiv gezeigt habe und auch China auf der Seite der internationalen Staatengemeinschaft stehe. Das sei "die beste Ausgangsposition, um dieses schwierige Problem hoffentlich gemeinsam vernünftig zu lösen". Die Chance auf eine friedliche Beilegung des Atomstreits müsse "bis zum letzten Moment genutzt" werden. Denkbar sei zum Beispiel, dass die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ihre Kontrollen der iranischen Nuklearanlagen verstärke.
  • Der neue Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zum iranischen Atomprogramm kann nach Ansicht des russischen Außenministers Sergej Lawrow zu einer international einheitlichen Position beitragen. "Wir hoffen, dass dies die Annahme einer gemeinsamen Position der internationalen Staatengemeinschaft erleichtern wird," sagte Lawrow am 28. April in Sofia nach dem Treffen im NATO-Russland-Rat. Dies solle es ermöglichen, zuammen jede Gefahr der Weiterverbreitung zu verhindern. Der Bericht solle die Staatengemeinschaft in die Lage versetzen so vorzugehen, dass sowohl die Vorgaben des Vertrags über die Nicht-Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen als auch das Recht auf friedliche Nutzung der Kernenergie berücksichtigt würden.
  • Der Iran hat der Aufforderung des UN-Sicherheitsrats zum Stopp der Urananreicherung nicht Folge geleistet. Teheran habe sein entsprechendes Programm innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht eingestellt, stellte IAEA-Direktor Mohammed ElBaradei in seinem Bericht an den Sicherheitsrat am 28. April fest. Die iranische Führung zeige mangelnden Willen zur Kooperation und arbeite nicht vollständig mit den IAEA-Inspektoren zusammen, erklärte ElBaradei in seinem Bericht. Möglicherweise habe der Iran Plutonium - das den Bau von Atomwaffen ermöglicht - aus dem Ausland erhalten. Seit dem Vorgänger-Bericht seien keine wesentlichen Fortschritte gemacht worden. Die geforderte Offenlegung des iranischen Atomprogramms sei nicht lückenlos, bemängelte der IAEA-Chef weiter.
    Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad drohte nach Bekanntwerden des Textes damit, die Zusammenarbeit mit der IAEA "vollkommen zu ändern". Ahmadinedschad sagte laut der Nachrichtenagentur Irna, sein Land sei weiterhin bereit, "im Rahmen der Agentur (IAEA) zu arbeiten und ihren Regeln verpflichtet zu bleiben". Wenn diese Regeln aber "gegen uns angewandt werden, werden wir unsere Art der Zusammenarbeit vollkommen ändern". Die dem Fortschritt im Iran "feindlich" gesinnten Kräfte glaubten, dass sie mit "Propaganda und einem Psychokrieg" die Entschlossenheit des Irans beeinträchtigen könnten. "Aber das iranische Volk wird niemals den Druck akzeptieren."
  • Die Außenminister der fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands treffen sich am 9. Mai in New York zu Beratungen über das iranische Atomprogramm. Das teilte ein Vertreter des US-Außenamts am Abend des 28. April in Washington mit. US-Außenministerin Condoleezza Rice werde mit ihren Kollegen aus Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland über das weitere Vorgehen im Atomstreit beraten.
  • Der Irak ist nach Angaben der US-Regierung der Brennpunkt des weltweiten Terrorismus. Laut einem vom Außenministerium in Washington am 28. April veröffentlichten Bericht wurden von insgesamt 11.111 Terroranschlägen im vergangenen Jahr rund 3.500 im Irak begangen; das ist ein Anteil von 30 Prozent. Das Ministerium bezeichnete das Land als die "Schlüsselfront" im Kampf gegen den Terrorismus. Von den weltweit mehr als 14.600 Terror-Toten starb mit 8.300 mehr als die Hälfte im Irak, wie es in dem Bericht heißt. Von den insgesamt rund 40.000 Toten und Verletzten durch Terroranschläge waren zwischen 10.000 und 15.000 Moslems; die meisten moslemischen Terror-Opfer gab es im Irak. In dem Report wird auch eine deutliche Zunahme der Selbstmordanschläge in verschiedenen Ländern konstatiert. Allein durch diese Art von Angriffen seien etwa 3.000 Menschen getötet worden.
    Insgesamt sind die Zahlen deutlich höher als die des Vorjahresberichts, als insgesamt 651 Anschläge und 1.907 Tote im Jahr 2004 registriert wurden. Die massive Differenz ist allerdings darauf zurückzuführen, dass die Definition von "Terrorismus" erweitert wurde. Zuvor waren darunter nur grenzübergreifende Aktivitäten erfasst. Nun sind auch solche Angriffe eingeschlossen, die von Bürgern desselben Landes begangen werden, in dem die Operation stattfindet.
    Der Iran wird schon wie in den Vorjahren als der weltweit aktivste Staat in der Förderung von Terroraktivitäten gebrandmarkt. Auch die übrigen fünf Länder, die auf dieser Schwarzen Liste genannt werden, sind die selben geblieben: Dies sind Kuba, Libyen, Nordkorea, der Sudan und Syrien.
  • Im Streit über sein Atomprogramm hat sich der Iran am 29. April zu neuerlichen umfassenden Inspektionen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bereit erklärt, meldet AP. Voraussetzung sei jedoch, dass das Thema vom UN-Sicherheitsrat wieder an die IAEA zurückverwiesen werde, sagte der stellvertretende Leiter der iranischen Atomenergieorganisation, Mohammed Saidi, im staatlichen Fernsehen. Der Iran werde jedoch unbeirrbar an der Urananreicherung festhalten, betonte Saidi. Geplant sei die Errichtung zweier weiterer Zentrifugen in der Anlage Natans.
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert warnte den Westen eindringlich vor dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und verglich ihn mit Adolf Hitler. "Ich hoffe, dass er niemals so gefährlich und zerstörerisch wird, wie es Adolf Hitler war, dass er nie die Chance bekommt, seine Drohungen in die Tat umzusetzen", sagte Olmert der "Bild"-Zeitung (29. April). Ahmadinedschad spreche heute so wie Hitler vor der Machtergreifung. "Er spricht von der völligen Zerstörung und Vernichtung des jüdischen Volkes." Den iranischen Präsidenten bezeichnete Olmert als einen "Psychopathen der übelsten Sorte" und einen Antisemiten, der als Staatschef "brandgefährlich" sei. Deshalb sei es "die Aufgabe für uns alle zu verhindern, dass der Iran Zugriff auf nicht-konventionelle Waffen bekommt".
  • Der Iran wird nach den Worten seines Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad seine nuklearen Aktivitäten "niemals" aufgeben. Die Islamische Republik Iran werde "mit niemandem über ihr absolutes Recht auf Nutzung der zivilen Atomtechnologie verhandeln", erklärte Ahmadinedschad laut AFP am 29. April in Teheran. "Das ist unsere rote Linie und wir werden niemals darauf verzichten", hieß es in der Mitteilung weiter.
  • Der Iran ist nach eigenen Angaben im Atomstreit zur "größten" Zusammenarbeit bereit, wenn der UN-Sicherheitsrat das Dossier an die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zurücküberweist. "Wenn die IAEA und der UN-Sicherheitsrat sich dafür einsetzen, dass die Atomenergiebehörde den Streit überprüft, sind wir zur größten Kooperation bereit", erklärte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hamid Resa Assefi laut AFP vom 30. April. Der Iran wolle die Fragen im Dialog lösen, sagte Assefi weiter. Sollte der Sicherheitsrat allerdings radikale Maßnahmen ergreifen, werde es seitens des Iran ebenfalls radikale Gegenmaßnahmen geben. Direkte Verhandlungen mit den USA lehnte Assefi ab. Sie seien wegen der "arroganten Haltung" und der Versuche der USA, ihre Ziele durch "vergiftete Propaganda" zu erreichen, nicht im Interesse Teherans.
  • Die irakischen Behörden haben den Iran beschuldigt, Stellungen der verbotenenen Kurdenguerilla PKK im Nordirak bombardiert zu haben. Fünf Kilometer hinter der Grenze seien mehr als 180 Artilleriegranaten auf irakischem Territorium in der Nordprovinz Erbil eingeschlagen, hieß es in einer am 30. April veröffentlichten Erklärung des Verteidigungsministeriums in Bagdad. Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) die für eine kurdische Autonomie kämpft, wird von der Türkei, der Europäischen Union und den USA als Terrororganisation eingestuft. Die Kurden beschuldigen Teheran, bei der Niederschlagung ihrer Bewegung mit Ankara zusammenzuarbeiten.
  • Die iranischen Streitkräfte haben nach Angaben der Regierung in Bagdad Stützpunkte von kurdischen Rebellen im Nordirak bombardiert. In der Nähe der Ortschaft Hadsch Omran, etwa fünf Kilometer jenseits der gemeinsamen Grenze, seien mehr als 180 Granaten eingeschlagen, erklärte das irakische Verteidigungsministerium am 30. April. Verletzt wurde offenbar niemand. Der Iran hat nach kurdischen Angaben in derselben Gegend schon vor gut einer Woche Stellungen der Rebellen beschossen. Die kurdischen Kämpfer haben ihr Vorgehen gegen iranische Truppen von irakischem Boden aus in jüngster Zeit verstärkt. Teheran zufolge haben sie Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm wird der UN-Sicherheitsrat nach Einschätzung des ehemaligen US-Außenministers Colin Powell allenfalls begrenzte Sanktionen gegen Teheran verabschieden. "Mir sind keine Pläne für scharfe Sanktionen bekannt", sagte Powell am 30. April dem britischen Fernsehsender ITV. Seiner Meinung nach wird das UN-Gremium wenn überhaupt nur sehr eingeschränkte Strafmaßnahmen gegen den Iran beschließen. Nach Powells Auffassung ist der Iran inzwischen entschlossen, an seinem Atomprogramm festzuhalten, auch um den Preis von Sanktionen.
  • Im eskalierenden Atomstreit mit dem Iran hat US-Außenministerin Condoleezza Rice der Führung in Teheran mit Maßnahmen auch ohne Billigung des Weltsicherheitsrates gedroht. Gleichzeitig warf sie dem Iran vor, "Spielchen" zu betreiben. Der Sicherheitsrat habe eine Reihe diplomatischer Möglichkeiten. "Ich bin fest überzeugt, dass wir beim Weltsicherheitsrat eine Reihe von diplomatischen Pfeilen im Köcher haben", sagte sie dem US-Sender CBS am 30. April. "Zudem haben wir gleichgesinnte Länder, die in der Lage und bereit wären, zusätzliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen, sollte der Sicherheitsrat nicht rasch genug handeln." Rice wies gleichzeitig das iranische Angebot, künftig wieder unangemeldete Inspektionen der Atomanlagen zuzulassen, als nicht ernst zu nehmend zurück. Der Iran betreibe "Spielchen".
  • Der Iran drohte im Fall von Sanktionen mit der Ölwaffe. "Jede solche Aktion wird den Ölpreis stark in die Höhe schnellen lassen", sagte Vize-Ölminister Hadi Nedschad Hosseinian am 30. April laut der iranischen Nachrichtenagentur IRNA in Pakistan.


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