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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

November 2005

Dienstag, 1. November, bis Sonntag, 6. November
  • Drei Monate nach dem Amtsantritt von Präsident Mahmud Ahmadinedschad will der Iran dutzende Diplomaten in ausländischen Vertretungen auswechseln. "Der Einsatz von etwa vierzig Botschaftern oder Diplomaten wird zum Jahresende auslaufen", teilte der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki am 2. Nov. in Teheran mit. Sobald ihre Nachfolger benannt seien, würden die betroffenen Diplomaten im iranischen Außenamt weiterarbeiten. Mottaki gab keine weiteren Gründe dafür an, als dass die Missionen beendet seien oder verschiedene Diplomaten in Rente gehen wollten.
  • Im Streit um Irans Atomprogramm hat Frankreich der Regierung in Teheran erneut mit dem Einschalten des UN-Sicherheitsrates gedroht. Wenn der Iran sein umstrittenes Atomprogramm nicht aussetze, werde sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit dem Fall befassen, sagte der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy am 2. Nov. in Paris. Der Iran müsse seine "Aktivitäten zur Anreichung in der Fabrik Isfahan" einstellen. Stimme Teheran dem nicht zu, werde der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei dem UN-Sicherheitsrat einen Bericht vorlegen.
  • Der Iran hat eine erneute Inspektion des Militärkomplexes Partschin südöstlich von Teheran durch die UNO zugelassen. Der Chefinspektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA für den Iran, Ollie Heinonen, und zwei weitere IAEA-Inspektoren erhielten am 1. Nov. Zugang zu der Anlage, wie Diplomaten am Sitz der Behörde in Wien am 2. Nov. sagten. Die Inspektoren hätten in der Umgebung Proben genommen. Diese würden auf radioaktive Rückstände analysiert, die Hinweise auf mögliche Nuklearaktivitäten geben könnten. In diesem Fall werde die IAEA von Teheran eine Erklärung fordern, hieß es.
  • Einige Dutzend Iraner haben am 3. Nov. aus Protest gegen die für den Abend angekündigte Pro-Israel-Kundgebung in Rom vor der italienischen Botschaft in Teheran demonstriert. Die Demonstranten riefen gegen Israel und die USA gerichtete Parolen.
  • In Rom haben am 3. Nov. mehr als zehntausend Menschen gegen die israel-feindlichen Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad demonstriert. An dem friedlichen Protest vor der iranischen Botschaft nahmen neben jüdischen Organisationen dutzende Abgeordnete und Politiker teil, unter ihnen auch der römische Bürgermeister Walter Veltroni. Italiens Außenminister Gianfranco Fini sagte seine Teilnahme dagegen kurzfristig ab, weil er "schädigende Folgen" für sein Land fürchtete, wie er im Fernsehen sagte. Auch Verteidigungsminister Antonio Martino nahm nicht an der Kundgebung teil: Er wolle "keine weiteren unkontrollierbaren Hassbezeugungen" hervorrufen, wie er zur Erklärung sagte.
  • Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) wird sich nach Angaben von Diplomaten bei ihren entscheidenden Beratungen über das iranische Atomprogramm nicht auf Analysen aus dem iranischen Militärkomplex Partschin stützen können. Die Auswertung der Proben werde nicht vor der Sitzung des IAEA-Gouverneursrats am 24. und 25. November vorliegen, sagte ein Diplomat am 4. Nov. am Sitz der Behörde in Wien. Ein europäischer Diplomat räumte ein, es were für die IAEA schwierig, ohne diese Informationen über das iranische Atom-Dossier und eine mögliche Überweisung an den UN-Sicherheitsrat zu entscheiden.
  • Der für Ende kommender Woche geplante Iran-Besuch von UN-Generalsekretär Kofi Annan ist verschoben worden. Wie die amtliche iranische Nachrichtenagentur Irna am 5. Nov. berichtete, bat das iranische Außenministerium bei der UN-Vertretung in Teheran darum, dass Annan seine Reise "zu einem geeigneteren Zeitpunkt" antrete. Die Vereinten Nationen erklärten, die Verschiebung der geplanten Reise sei im Einvernehmen mit Teheran beschlossen worden. Israel begrüßte die Absage angesichts der israelfeindlichen Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad.
  • Die iranische und die syrische Rüstungsindustrie werden nach einem Bericht des "Focus" über kriminelle Zwischenhändler in Moskau direkt mit deutscher Spitzentechnologie beliefert. Hochwertige Technik, die zunächst auf legalem Weg an russische Firmen und Forschungsinstitute verkauft worden sei, sei umgehend an iranische und syrische Raketen-Werkstätten weitergeleitet worden, berichtete das Münchner Magazin am 5. Nov. vorab unter Berufung auf ein so genanntes Frühwarnschreiben der Bundesregierung an zahlreiche deutsche Firmen.
  • Erstmals seit 25 Jahren ist am 6. Nov. in Teheran wieder ein irakisches Passagierflugzeug gelandet. Die Boeing 737 der staatlichen irakischen Fluggesellschaft sei am Nachmittag mit 65 Menschen an Bord auf dem Flughafen der iranischen Hauptstadt gelandet, teilte der Pressesprecher der iranischen Luftfahrtorganisation, Resa Dschafarsadeh, mit. Nach diesem Testflug solle es ab 16. November eine reguläre Verbindung zwischen Bagdad und Teheran mit zwei Flügen pro Woche geben. Iranische Flugzeuge würden ihrerseits Bagdad wieder anfliegen, wenn die irakischen Behörden für die Sicherheit vor Ort sorgen würden, sagte Dschafarsadeh mit Blick auf die prekäre Sicherheitslage in der irakischen Hauptstadt.
  • Der Iran hat die Europäische Union zur Wiederaufnahme der Verhandlungen über sein Atomprogramm aufgefordert. Teheran habe die Vertreter der EU bei den Gesprächen, Deutschland, Frankreich und Großbritannien, offiziell um die Wiederaufnahme der Gespräche gebeten, berichteten am 6. Nov. die iranischen Nachrichtenagenturen. Teheran hatte Anfang August trotz internationaler Proteste die Urankonversion, eine Vorstufe der Anreicherung, wieder aufgenommen. Die Verhandlungen mit der EU wurden deshalb unterbrochen.
  • Angesichts der schweren Krawalle in Frankreich hat der Iran von der französischen Regierung die Beachtung der Menschenrechte verlangt. "Wir hoffen, dass die Regierung friedlich auf die Anliegen ihres Volkes reagiert", sagte der Sprecher der Außenministeriums in Teheran, Hamid Resa Assefi, am 6. Nov. Der Iran sei beunruhigt über die Situation in Frankreich. Regierung und Polizei müssten die Minderheiten mit Respekt behandeln.
  • Die iranische Regierung hat die Atomenergiebehörde des Landes mit der Suche nach Investoren für das derzeit ausgesetzte Urananreicherungsprogramm beauftragt. "Die Regierung genehmigt der iranischen Atomenergiebehörde, iranische oder ausländische Investoren aus dem öffentlichen oder privaten Bereich für das Anreicherungsprojekt zu suchen", hieß es in Presseberichten vom 6. Nov. Die Entscheidung über die Fortsetzung der Aktivitäten in der zentraliranischen Atomanlage Natans sei am 2. Nov. vom iranischen Kabinett getroffen worden.
Montag, 7. November, bis Sonntag, 13. November
  • Die Europäische Union wird in Kürze auf die iranische Aufforderung zur Wiederaufnahme der Verhandlungen über das Atomprogramm antworten. Ein entsprechender Brief aus Teheran sei sehr sorgfältig geprüft worden, sagte der britische Außenminister und amtierende EU-Ratspräsident Jack Straw am 7. Nov. in Brüssel vor dem Treffen mit seinen EU-Kollegen weiter. Der Iran habe die Pflicht, positiv auf die Entschließung des Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) von Ende September zu antworten, sagte Straw. Unterdessen würden informelle Gespräche mit den Iranern stattfinden.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat der Iran die EU-Forderung nach einem Stopp der Konversion von Uran zurückgewiesen. Die Erklärung der EU sei "mit einer extremistischen Vision" verfasst worden, zitierte die Nachrichtenagentur Irna den iranischen Chef-Atomunterhändler Ali Laridschani am 8. Nov. Mit psychologischem Druck wolle die EU den Willen und die Entschlossenheit des Iran angreifen, sagte Laridschani demnach weiter. "Aber sie täuschen sich". Laridschani sagte zugleich, die iranische Regierung habe bisher noch keine offizielle Antwort auf ihr Verhandlungsangebot erhalten.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm ist Russland bereit, für den Iran Uran anzureichern. Moskau habe Teheran bereits im Juni einen entsprechenden Vorschlag gemacht, bislang aber keine offizielle Antwort erhalten, sagte ein Sprecher der russischen Atomenergiebehörde Rosatom am 10. Nov. der Nachrichtenagentur AFP. Der Vorschlag, aus dem Iran geliefertes Uran in Russland anzureichern, solle einen Weg aus der anhaltenden internationalen Krise um Teherans Atomprogramm weisen.
  • Der designierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) fordert den Iran auf, im Streit um das iranische Atomprogramm den Forderungen der Weltgemeinschaft Folge zu leisten. Die jüngsten Anzeichen einer "Verhärtung der iranischen Haltung" erfüllten ihn "mit großer Sorge", sagte Steinmeier am 10. Nov. auf einem Symposium des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin. "Wer Israel - und sei es auch nur implizit - das Existenzrecht abspricht, treibt ein gefährliches und unverantwortliches Spiel", sagte Steinmeier unter Anspielung auf die jüngsten Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, Israel müsse von der "Landkarte radiert" werden.
  • Die iranische Regierung beharrt auf der Anreicherung von Uran im eigenen Lande. In einer ersten Reaktion auf einen russischen Kompromissvorschlag im Atomstreit sagte Irans Atombeauftragter Ali Laridschani am 11. Nov. nach Angaben staatlicher Nachrichtenagenturen, für sein Land sei es "wichtig, die Anreicherung auf dem eigenen Boden vorzunehmen". Sollte der Vorschlag aus Moskau, Uran für den Iran in Russland anzureichern, offiziell vorgetragen werden, "werden wir darüber reden", fügte Laridschani hinzu. Die EU will Teheran laut einem Bericht der "New York Times" vorschlagen, die Konversion von Uran im eigenen Land vorzunehmen, dafür aber die Anreicherung des Urans Russland zu überlassen.
  • Erneut sind deutsche Firmen in den Verdacht geraten, rüstungstaugliches Material in den Iran geliefert zu haben. Wie das Nachrichtenmagazin "Focus" am 12. Nov. vorab berichtete, handelt es sich dabei um Aluminiumrohre und -bleche eines Unternehmens in Bremen sowie um Schwingungsdämpfer für Turbinen der Berliner Firma Gerb. Nach Informationen des Magazins hat die Bundesanwaltschaft zu Beginn dieser Woche die Büros des Bremer Metallwaren-Herstellers durchsucht. Dies habe auch der Geschäftsführer des Unternehmens bestätigt. Nach dessen Worten seien die Lieferungen an die Firma Marlik Sun S.A. in Teheran gegangen. Laut Focus hat die Firma vor dem Handel den Empfänger beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überprüfen lassen. Die Außenhandelswächter hätten keine Bedenken gehabt. Die Bundesanwaltschaft habe nun den Verdacht, dass der iranische Geheimdienst die Gesellschaft als Tarnung für die Beschaffung von rüstungstauglichen Gütern benutze, schreibt «Focus». Ein Sprecher des Generalbundesanwalts sagte am Samstag auf Anfrage, dazu nehme seine Behörde nicht Stellung.
  • Die US-Regierung hat angeblich Beweise dafür, dass Iran Atomwaffen herstellen will. Nach einem Medienbericht ist Washington im Besitz eines gestohlenen Laptops, der mehr als 1.000 Seiten an Simulationen und Schilderungen von Experimenten enthält. Die Erkenntnisse seien bereits der Internationalen Atombehörde vorgelegt worden, schreibt die "New York Times" am 13. Nov. Allerdings hätten ausländische Analytiker Zweifel an der Echtheit der Informationen geäußert: Genaue Angaben zur Herkunft des Computers gibt es nicht.
  • Im Atomstreit mit dem Iran hat sich die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hinter das jüngste Kompromissangebot von EU und USA gestellt. Dieses sieht eine Anreicherung von iranischem Uran-Gas in Russland vor. IAEA-Chef Mohamed ElBaradei werde in Kürze womöglich selbst nach Teheran fliegen, um die Regierung von diesem Vorschlag zu überzeugen, verlautete am 13. Nov. aus Wiener Diplomatenkreisen. Zuvor hatte der Iran eine Zustimmung ausgeschlossen. Auf die Frage, ob sein Land einer Uran-Anreicherung im Ausland zustimmen würde, sagte der Leiter der Teheraner Atombehörde, Gholamresa Aghasadeh, am Samstag vor Journalisten: "Der nukleare Brennstoff des Irans wird im Iran hergestellt werden." Aghasadeh, der zugleich iranischer Vizepräsident ist, verwies auf ein früheres Angebot Teherans, wonach sich andere Staaten an der Uran-Anreicherung im Iran beteiligen könnten. Auch auf diese Weise könne garantiert werden, dass das Atomprogramm nur friedlichen Zwecken diene, betonte Aghasadeh nach Gesprächen mit dem russischen Gesandten Igor Iwanow in Teheran. Ein Gewährsmann sagte jedoch der Nachrichtenagentur AP, die Absage sei noch nicht als das letzte Wort Teherans zu werten. Aghasadeh habe sich geäußert, bevor er den Kompromissvorschlag in schriftlicher Form gesehen habe. ElBaradei werde sich im Einvernehmen mit der EU und den USA jedenfalls um die Zustimmung des Irans bemühen. (AP, 13. Nov.)
Montag, 14. November, bis Sonntag, 20. November
  • Nach Ablehnung von zwei seiner Kandidaten für das einflussreiche Amt des Ölministers hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad dem Parlament am 15. Nov. einen dritten Anwärter vorgeschlagen. Wie Parlamentspräsident Gholam ali Hadad Adel mitteilte, nominierte Ahmadinedschad nunmehr den Generaldirektor der Ölindustrie im südwestlichen Mahschahr, Sejed Mohsen Tassaloti. Das Parlament soll in der kommenden Woche über ihn abstimmen.
  • Der Iran hat die Konversion von Uranerz wieder aufgenommen. Die ersten Behälter mit dem Erz seien am 16. Nov. in der Anlage in Isfahan verarbeitet worden, sagte ein Diplomat unter Berufung auf Angaben von Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Ein zweiter Diplomat bestätigte die Angaben. Durch die Konversion entsteht ein Gas, das durch Anreicherung schließlich auch für den Bau von Atombomben verwendet werden könnte. Nach Angaben von Diplomaten will der Iran 50 Tonnen Uranerz konvertieren. Da in den vergangenen Wochen bereits 37 Tonnen Uran bearbeitet worden seien, entstehe insgesamt das Potenzial für den Bau von zehn Atombomben, hieß es weiter. Nach Angaben der Regierung in Teheran ist lediglich eine friedliche Nutzung der Atomenergie geplant.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat die EU am 17. Nov. einen russischen Vorschlag zu Vermittlungsgesprächen in Moskau abgelehnt. Das EU-Verhandlungstrio Deutschland, Frankreich und Großbritannien werde "ohne diese Art von Vorspiel" in die für kommenden Donnerstag (24. Nov.) anberaumte Sitzung der Internationalen Atomenergiebehördegehen, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Diplomatenkreisen in Wien. Die erneute Konversion von Uran sei "ein Schlag ins Gesicht" für die Bemühungen um einen Kompromiss unter russischer Vermittlung, hieß es. Für ein Treffen in Moskau müsse sich der Iran zur Aussetzung des Programms zur Uran-Konversion bereit erklären.
  • Die "vollständige Transparenz" der iranischen Behörden sei "unverzichtbar und überfällig", mahnte der Chef der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, in einem Bericht. Dieser wurde am 18. Nov. an die 35 Mitglieder des IAEA-Gouverneursrats weitergeleitet, der am 24. Nov. darüber beraten wird, ob der Atomstreit vor den UN-Sicherheitsrats gebracht wird. Der Iran bestätigte derweil die Konversion weiterer Mengen von Uran-Erz. Der Iran müsse den UN-Inspekteuren mehr Informationen und Dokumente über Güter gewähren, die sowohl für die militärische als auch für die zivile Nutzung der Atomkraft eingesetzt werden können, forderte ElBaradei. Zudem verlangten die Inspekteure Zugang zu Werkstätten und Forschungseinrichtungen des iranischen Militärs. Dem Bericht zufolge übergab der Iran den Inspekteuren inzwischen Baupläne für die Herstellung möglicher Atombombenkerne. Dabei gehe es um die "Formung angereicherten natürlichen und konvertierten Uranmetals in hemisphärische Formen", hieß es in ElBaradeis Bericht. Ein westlicher Diplomat kommentierte am 18. Nov. gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, die Technologie habe "klaren Bezug zu Atomwaffen". Es sei unklar, warum der Iran die IAEA zuvor nicht über diesen "zutiefst beunruhigenden Aspekt" informiert habe.
    Iran hat in den 80er Jahren von pakistanischen Mittelsmännern Anleitungen zum Bau von Gaszentrifugen erhalten, mit denen Uran bis zur Atombombenfähigkeit angereichert werden könnte. Außerdem erhielten iranische Wissenschaftler auch Pläne zum Bau von Bestandteilen einer Atombombe. Dies geht ebenfalls aus dem vertraulichen Bericht hervor, den der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Mohammed el Baradei, am 18. Nov. den 35 Mitgliedern des IAEO-Gouverneursrats in Wien vorlegte. Hinter den Atomgeschäften stand vermutlich der Vater der pakistanischen Atombombe Abdul Kadir Khan.
  • Ein UN-Ausschuss hat sich am 18. Nov. in einer Resolution besorgt über Menschenrechtsverletzungen im Iran geäußert. In der von Kanada eingebrachten Resolution wird Iran aufgefordert, Hinrichtungen von Personen unter 18 Jahren einzustellen, ethnische und religiöse Minderheiten nicht zu diskriminieren sowie Rechtsanwälte, Journalisten und Oppositionelle nicht einzuschüchtern. Die Resolution wurde nach einer intensiven Debatte im Dritten Ausschuss der Vollversammlung, der sich mit sozialen und Menschenrechtsfragen beschäftigt, mit 71 gegen 51 Stimmen angenommen, 46 Länder enthielten sich. Die Regierung in Teheran war zuvor mit dem Versuch gescheitert, eine Abstimmung in dem Ausschuss zu verhindern. Beklagt wird in der Resolution auch die Diskriminierung von Frauen im Iran. Gegen die Resolution waren vor allem die Vertreter von Entwicklungs- und Schwellenländern.
  • Die iranische Regierung hat die Internationale Atomenergiebehörde vor der Überbewertung von Bauplänen für die Herstellung von Atombombenkernen aus iranischem Besitz gewarnt. Dass der Iran diese Dokumente der IAEA übergeben habe zeige, dass er die Behörde mit "vollständiger Transparenz" über sein Atomprogramm unterrichtet, sagte der Vizechef der iranischen Atomenergiebehörde, Mohammed Saidi, am 19. Nov. in Teheran. Die Bedenken der IAEA seien nicht angebracht.
  • Der Iran verweigert den UN-Inspekteuren der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) weiterhin den Zugang zur verdächtigen Militäranlage Lawissan. Solange die IAEA keinen nachvollziehbaren Grund für einen Besuch in der Anlage gebe, werde Teheran keine Inspektion zulassen, sagte Außenamtssprecher Hamid Resa Assefi am 20. Nov. Es gebe für die Atomenergiebehörde zudem keinen Grund, den Fall vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen. Der Iran arbeite lediglich im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags und werde darüber hinaus keine Sonderregelungen hinnehmen. Nach iranischer Darstellung fällt die bei Teheran gelegene Lawissan-Anlage nicht unter den Atomwaffensperrvertrag, weil dort nicht mit Atomkraft gearbeitet werde. Von westlicher Seite wird dies bezweifelt.
Montag, 21. November, bis Mittwoch, 30. November
  • Die EU und die USA wollen die Iran vorgeworfene Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag vorerst nicht vor den Weltsicherheitsrat bringen. Zunächst wolle man einer russischen Initiative zur Beilegung des Streits um das iranische Atomprogramm eine Chance geben, verlautete am 21. Nov. aus diplomatischen Kreisen in Wien. Dort trifft am 24. Nov. der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zusammen.
  • Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad ist mit seinem dritten Kandidaten für das einflussreiche Amt des Ölministers gescheitert. Die Abgeordneten des Parlaments in Teheran erteilten dem von Ahmadinedschad nominierten Sejed Mohsen Tassaloti am 23. Nov. mehrheitlich eine Absage. Nur 77 von 261 Parlamentariern folgten Amadinedschads Vorschlag. Für den fundamentalistisch-konservativen neuen Präsidenten bedeutet das Votum des Parlaments eine schwere politische Schlappe. Bereits zuvor war er mit seinen ersten beiden Personalvorschlägen für das Amt des Ölministers gescheitert. Ihnen war vorgeworfen worden, über keine Erfahrung im Ölgeschäft zu verfügen.
  • Die neue Bundesregierung wird laut Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die bisherige Haltung in Berlin gegenüber dem iranischen Atompprogramm nicht ändern. "Wir erwarten, dass Iran uns Garantien dazu gibt, dass die zivile Erzeugung von Kernenergie nicht fremd genutzt wird, um daraus etwa waffenfähiges Material zu produzieren," sagte Steinmeier am 23. Nov. in Brüssel nach einem Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana. Das bleibe die deutsche Position. Solana bekräftigte, die EU wolle eine Verhandlungslösung erreichen. Klares Ziel sei, dass das iranische Nuklearprogramm zivil sei.
  • Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) leitet das Dossier über das iranische Atomprogramm vorerst nicht an den UN-Sicherheitsrat weiter. Dies beschloss das Gremium am 24. Nov. in Wien. Stattdessen soll den Vermittlungsbemühungen, unter anderem Moskaus, mehr Zeit eingeräumt werden. London und Washington warnten allerdings Teheran und erklärten, die Zeit für eine Einigung laufe bald ab. Russland hatte angeboten, die Uran-Anreicherung für den Iran zu übernehmen, um die Möglichkeit einer Nutzung des Atomprogramms zum Bau von Waffen auszuschließen. Der Iran lehnt den Vorschlag bislang jedoch ab und hält an einem geschlossenen Brennstoffkreislauf im eigenen Land fest. Der russische IAEA-Botschafter Gregori Berdennikow sagte, noch habe Teheran den Vorschlag nicht offiziell zurückgewiesen.
    Der britische Botschafter bei der IAEA, Peter Jenkins, betonte, sein Land behalte sich das Recht vor, eine Sondersitzung der IAEA einzuberufen. Die Zeit für den Iran, der mit der IAEA zusammenarbeiten müsse, laufe ab. Auch die USA betonten, dass der Gouverneursrat keine "unbegrenzte Geduld" mit dem Iran haben dürfe. Das Land müsse verstehen, dass das Dossier an den UN-Sicherheitsrat weitergeleitet werden müsse - zu einem Zeitpunkt, über den der Gouverneursrat entscheiden werde, sagte der US-Botschafter bei der IAEA, Gregory Schulte.
  • Die iranische Regierung hat Nordkorea angeblich ein umfassendes wirtschaftliches Hilfsprogramm angeboten. Bedingung sei, dass Pjöngjang im Gegenzug weiter aktiv bei der Entwicklung von nuklear bestückten Teheraner Raketen mitarbeite, berichtet der "Spiegel" vorab am 26. Nov. unter Berufung auf westliche Geheimdienstkreise. Bis jetzt sei unklar, wie Nordkorea auf das Geheimangebot aus Teheran reagiere.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat den Iran zum Einlenken im Atomkonflikt aufgefordert und zugleich neue Kompromisslinien angedeutet. "Wir werden dieser Tage dem Iran zeigen, dass wir die Verhandlungsbereitschaft ernst meinen", sagte Steinmeier in "Bild am Sonntag" vom 27. Nov. Der Iran dürfe und solle Atomkraftwerke friedlich nutzen, aber er müsse die "Sorge der Weltgemeinschaft" ausräumen, dass er heimlich Atomwaffen entwickele. Steinmeier fügte hinzu: "Niemand drängt auf den Gang zum UN-Sicherheitsrat, aber wenn der Iran nicht einlenkt, könnte er unvermeidbar werden." Auf die Frage, ob er eine Eskalation des Konflikts bis hin zu einem Krieg für möglich halte, sagte der Außenminister: "Ich kann mir das nicht vorstellen." Auch die iranische Regierung werde erkennen, dass sie auf die internationale Staatengemeinschaft angewiesen sei. Außerdem wolle niemand in der Welt den Konflikt im Nahen Osten weiter anheizen.
  • Das EU-Trio aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien hat dem iranischen Atomverantwortlichen Ali Laridschani direkte Verhandlungen über das umstrittene Atomprogramm Teherans angeboten. Wie ein westlicher Diplomat am 27. Nov. in Teheran mitteilte, richteten die Außenminister der drei europäischen Staaten ein gemeinsames Schreiben an die Regierung in Teheran, in dem sie ein Gespräch mit Laridschani anregten. So sollten die Möglichkeiten für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen sondiert werden, fügte der Diplomat hinzu.
  • Die US-Regierung hat ihren Botschafter im Irak zu begrenzten Verhandlungen mit dem Iran ermächtigt. Das Mandat beschränke sich auf Fragen, die direkt mit dem Irak zusammenhingen, teilte das Außenministerium in Washington am 28. Nov. mit. Zwischen den USA und dem Iran bestehen seit der Geiselnahme in der Teheraner US-Botschaft 1979 keine diplomatischen Beziehungen mehr. Vereinzelte Kontakte habe es aber schon mehrfach gegeben, etwa Gespräche über den Wiederaufbau in Afghanistan, sagte Außenamtssprecher Sean McCormack.
  • Der Iran und die EU wollen nach Angaben Teherans Mitte Dezember vorbereitende Gespräche für die Wiederaufnahme der Verhandlungen über das umstrittene Atomprogramms beginnen. Die vorbereitenden Verhandlungen sollten innerhalb der kommenden zwei Wochen anlaufen, sagte der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki am 30. Nov. bei einem Besuch in der türkischen Hauptstadt Ankara vor Journalisten. Offizielle Vertreter Irans und der EU sollten zunächst den Zeitplan für die Verhandlungen festlegen, später sollten dann die Verhandlungen auf Ministerebene folgen. Über einen genauen Termin machte Mottaki keine Angaben.



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