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Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.
Iran: Chronik wichtiger Ereignisse
Juni 2005
Mittwoch, 1. Juni, bis Sonntag, 12. Juni
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Der Iran will seine Atomgespräche mit der EU so rasch wie möglich wieder aufnehmen. Teheran habe sich gegen die erst kürzlich vereinbarte Verhandlungspause ausgesprochen und verlange, dass binnen eines Monats ein großes Treffen auf hoher Ebene stattfinde, sagte ein westlicher Diplomat am 3. Juni. Diese Forderung sei am Donnerstag gestellt worden und sei für Deutschland, Frankreich und Großbritannien "eine große Überraschung" gewesen. Die iranische Regierung wolle möglichst bald wissen, welche Anreize die EU ihr für eine Einigung vorschlage.
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US-Außenministerin Condoleezza Rice will bei ihrem Treffen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer in Washington den Druck auf Iran erhöhen. "Es wird um die nächsten Schritte mit Blick auf das iranische Nuklearprogramm gehen", sagte ein hochrangiger US-Regierungsbeamter dem Handelsblatt am 7. Juni. Die Regierung in Teheran hatte sich zwar bereiterklärt, die Urananreicherung zunächst bis Ende Juli auszusetzen. Die Amerikaner dringen aber auf einen kompletten und nachweisbaren Verzicht Teherans. Fischer fliegt am 7. Juni zu Gesprächen nach Washington.
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Die einstigen Kriegsgegner Iran und Irak haben den Bau einer Ölpipeline zwischen beiden Staaten vereinbart. Das sagte ein Sprecher des irakischen Ölministeriums in Bagdad am 8. Juni. Die rund 40 Kilometer lange Pipeline soll die Ölfelder von Basra im Irak mit der Raffinerie Abadan im Südwesten Irans verbinden. Einzelheiten der Vereinbarung sollen demnächst bei einem Treffen in Teheran festgelegt werden.
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Der aussichtsreiche iranische Präsidentschaftskandidat Akbar Haschemi Rafsandschani hat die USA aufgefordert, die seit 1980 in den USA eingefrorenen iranischen Guthaben freizugeben. Dann sei der Iran auch zu einer Erneuerung des Dialogs mit den USA bereit, sagte Rafsandschani der Zeitung "Dschumhuri Islami" vom 8. Juni. Nach dem Bruch der Beziehungen zwischen Teheran und Washington 1980 hatten die USA alle iranischen Konten eingefroren. Laut iranischen Angaben handelt es sich um eine Gesamtsumme von mehreren Milliarden Dollar.
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Deutschland und die USA haben die Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens bei den Verhandlungen mit dem Iran über dessen Atomprogramm betont. Nach einem Treffen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) in Washington am 8. Juni sagte dessen US-Kollegin Condoleezza Rice, die USA unterstützten die Gespräche der drei EU-Länder Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit dem Iran. Eine "gemeinsame Front" sei "sehr wichtig". Zugleich ging sie aber davon aus, dass die drei EU-Staaten zu einem bestimmten Zeitpunkt auch ein Ergebnis ihrer Diskussionen mit dem Iran vorlegten. Darüber hinaus hätten die USA keine Überlegungen.
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Untersuchungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) stützen offenbar die Darstellung des Irans, niemals atomwaffenfähiges Uran produziert zu haben. An einer Zentrifuge aus Pakistan seien Spuren von waffentauglichem Uran gefunden worden, die vermutlich ähnlichen Proben aus dem Iran entsprächen, erfuhr die Nachrichtenagentur AP am 9. Juni aus IAEA-Diplomatenkreisen in Wien. Dies könnte die Erklärung der iranischen Regierung stärken, wonach sich die Spuren bereits bei der Lieferung aus Pakistan an der Zentrifuge befanden. Die Spuren waren vor zwei Jahren an Gerät entdeckt worden, das der Iran nach eigenen Angaben auf dem Schwarzmarkt erworben hatte. Die Regierung in Teheran hat erklärt, sie wolle die Atomtechnik nur zur Energiegewinnung nutzen. Die USA bezweifeln das und werfen dem Iran vor, ein geheimes Atomwaffenprogramm zu betreiben. Die endgültigen Ergebnisse der IAEA-Tests sollen in zwei bis vier Wochen vorliegen.
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Der aussichtsreiche iranische Präsidentschaftskandidat Akbar Haschemi Rafsandschani hat sich zuversichtlich über eine mögliche Einigung mit der EU im Streit um das iranische Atomprogramm geäußert. "Wir können eine Einigung erreichen, aber ich kann nicht voraussagen, wann das geschehen wird", sagte Rafsandschani am 10. Juni der Nachrichtenagentur AFP in seinem Haus nördlich von Teheran. Die Verhandlungen mit dem EU-Trio aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien sollten nicht "grundlos verzögert" werden, könnten jedoch "länger" dauern, wenn Teheran dafür im Gegenzug die Urananreicherung wieder aufnehmen könne.
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Der US-Filmstar Sean Penn wird für die US-Tageszeitung "San Francisco Chronicle" aus dem Iran über die bevorstehende Präsidentschaftswahl berichten. Penn hält sich bereits in Teheran auf und ist als "Sean Justin Penn, Journalist" in seinem Hotel akkreditiert, wie ein Angestellter der Nachrichtenagentur AFP sagte. Mit einem Notizblock in der Hand besuchte der 44-Jährige am 10. Juni ein Freitagsgebet, wie AFP-Reporter berichteten. Der Schauspieler und Produzent wollte sich nicht zum Grund seines Besuchs in der iranischen Hauptstadt äußern, gab aber zu, dass er einen Artikel für den "Chronicle" schreiben werde. Im Iran wird am kommenden Freitag (17. Juni) ein neuer Präsident gewählt. Sean Penn ist nicht nur ein weltbekannter Schauspieler ("Dead Man Walking"), sondern tat sich auch als scharfer Kritiker der US-amerikanischen Kriegspolitik gegen den Irak hervor.
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Der wegen seiner Kritik an der iranischen Regierung inhaftierte und vorübergehend aus der Haft entlassene Journalist Akbar Gandschi ist seit dem 11. Juni wieder im Gefängnis. Wie die iranische Nachrichtenagentur Isna meldete, wollte Gandschi dort seinen Mitte Mai aufgenommenen Hungerstreik fortsetzen. Der seit 2001 inhaftierte Journalist war am 30. Mai nach Angaben der Staatsanwaltschaft für eine Woche auf freien Fuß gekommen, um sich ärztlich behandeln lassen zu können. Gandschi leidet nach Angaben seiner Familie und Anwälte an chronischem Asthma. Am 10. Juni hatte der Journalist Angaben der Generalstaatsanwaltschaft bestritten, wonach er auf der Flucht sei, und seine Rückkehr ins Gefängnis angekündigt.
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Erstmals seit Jahren hat es im Iran eine Serie tödlicher Bombenanschläge gegeben. Mitten in der Kampagne für die Präsidentschaftswahl explodierten in der mehrheitlich von Arabern bewohnten Großstadt Ahwas im Südwesten des Landes am Morgen des 12. Juni vier Bomben. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete von acht Todesopfern und 75 Verletzten. Bei einem weiteren Bombenanschlag in der iranischen Hauptstadt Teheran am Abend wurde ein Mensch getötet. Drei Menschen wurden bei der Detonation verletzt, wie das Innenministeriums mitteilte. Die Behörden sprachen in ersten Reaktionen von Attentaten gegen die Einheit des Landes. Sie bezogen sich damit auf separatistische Bestrebungen in der an den Irak angrenzenden Erdölprovinz Chusistan, die einen hohen Bevölkerungsanteil arabischstämmiger Iraner aufweist.
Im April waren bei ethnischen Unruhen in Ahwas amtlichen Angaben zufolge fünf Menschen ums Leben gekommen. Hunderte wurden festgenommen. In der Provinzhauptstadt stellen arabischsprachige Iraner die Mehrheit, während sie landesweit nur drei Prozent der Bevölkerung ausmachen. Für die Aprilunruhen hatten die iranischen Behörden "vom Ausland unterstützte subversive Elemente" verantwortlich gemacht. Sie hatten auch ein "Komplott" gegen die Präsidentschaftswahl als Ursache genannt.
Montag, 13. Juni, bis Sonntag, 19. Juni
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Die Internationale Atom-Energiebehörde (IAEA) hat erwartungsgemäß den Ägypter Mohamed ElBaradei als ihren Chef wiedergewählt. Der Gouverneursrat habe einstimmig eine dritte Amtszeit des 62-Jährigen gebilligt, teilte IAEA-Sprecherin Melissa Fleming am 13.Juni in Wien mit.
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Kurz vor der Präsidentschaftswahl im Iran wollen sich die vier ultrakonservativen Kandidaten noch auf einen einzigen Bewerber einigen und so die Chancen ihres Lagers erhöhen. Neue Verhandlungen unter den fundamentalistischen Kandidaten sollten deshalb aufgenommen werden, sagte Ali Laridschani, einer der vier Kandidaten, am 13. Juni der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr. Der ehemaliger Chef des staatlichen Rundfunks ist heute Berater des obersten geistlichen Führers, Ayatollah Ali Chamenei. Die übrigen drei Bewerber erklärten sich allerdings nicht zum Rückzug ihrer Kanidatur bereit. Es handelt sich um den früheren Bürgermeister von Teheran, Mahmud Ahmadinedschad, Ex-Polizeichef Mohammed Baker Kalibaf und den ehemaligen Kommandeur der Revolutionsgarden (Pasdaran), Mohsen Resai.
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Einen Tag nach einer Anschlagsserie im Iran mit zehn Toten hat der iranische Geheimdienst nach eigenen Angaben die ersten Verdächtigen festgenommen. Die Festnahme weiterer Verdächtiger stehe unmittelbar bevor, sagte Geheimdienstminister Ali Junessi am 13. Juni in Teheran. Die Verdächtigen hätten Verbindungen ins Ausland. Es sei "nicht sicher", dass es sich bei dem Attentat in Teheran um einen Terrorakt gehandelt habe. Die Anschläge in der Stadt Ahwas schienen jedoch das Werk von "Profis" zu sein, sagte Junessi weiter.
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Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl im Iran sind bei einer Serie von Anschlägen mehrere Menschen verletzt worden. Die drei Sprengsätze detonierten nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna in der östlichen Stadt Sahedan zwischen Montagabend (13. Juni) und Dienstagmorgen (14. Juni). Im Zusammenhang mit der Anschlagsserie vom Wochenende in der Stadt Ahwas nahmen die irakischen Behörden sechs Verdächtige fest, wie ein Justizsprecher mitteilte.
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Der Iran hat der Internationalen Atom-Energiebehörde (IAEA) nur "unzureichende" Informationen über sein umstrittenes Programm zur Urananreicherung übermittelt. Zwar habe Teheran zusätzliche Akten und Informationen geliefert, diese seien aber nicht ausreichend, sagte IAEA-Chef Mohamed ElBaradei während der Gouverneurssitzung in Wien am 14. Juni. Die IAEA untersucht derzeit die Anschaffung von so genannten P-2-Zentrifugen, in denen schneller als in Vorgängermodellen Uran angereichert wird, das neben der zivilen Nutzung auch für den Bau von Atombomben verwendet werden kann.
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Trotz des Verdachts auf die Arbeit an einem geheimen Atomwaffenprogramm in den Anlagen will der Iran der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) den Zugang zu zwei wichtigen Militärkomplexen weiter verweigern. Vor einem Besuch der Inspektoren in den Anlagen von Parschin und Lawisan müssten noch andere Fragen geregelt werden, sagte der iranische Atom-Chefunterhändler Cyrus Nasseri am 15. Juni in Wien. IAEA-Chef Mohamed ElBaradei hatte den Iran am Dienstag aufgefordert, den Inspektoren Zugang zu den beiden Anlagen zu gewähren.
Der Iran hat nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zugegeben, deutlich länger Plutonium verarbeitet zu haben als bislang berichtet. Die IAEA habe mit der iranischen Führung die Daten zurückverfolgt, zu denen Spaltungsexperimente betrieben worden seien, und dabei habe der Iran eingestanden, noch im Jahr 1998 Plutonium gereinigt zu haben, hieß es in einem Redemanuskript der in Wien ansässigen Behörde, das der Nachrichtenagentur AFP am 15. Juni vorlag. Bislang hatte der Iran erklärt, die Experimente schon 1993 eingestellt zu haben.
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Der ultrakonservative Politiker Mohsen Resai hat sich aus dem Rennen um die iranische Präsidentschaft zurückgezogen. Wie die ihm nahestehende Website Bastab am 15. Juni berichtete, will der Hardliner damit verhindern, dass sich die konservative Wählerschaft aufspaltet. Damit treten noch drei Ultrakonservative bei der Wahl am Freitag an: Ex-Polizeichef Mohammed Baker Kalibaf, der Teheraner Bürgermeister Mahmud Ahmedinedschad und der frühere TV-Boss Ali Laridschani. Als Favorit gilt jedoch der schon zweimalige Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani, der ein Image als pragmatischer Konservativer pflegt.
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Bei einem erneuten Anschlag im Iran sind am 15. Juni drei Menschen leicht verletzt worden. Der Sprengsatz sei in einem Imbissladen in Sahedan explodiert, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. In der Stadt an der pakistanischen Grenze waren schon am Montag mehrere Menschen bei Attentaten verletzt worden. Am Sonntag waren in der mehrheitlich von Arabern bewohnten Großstadt Ahwas im Südwesten des Iran vier Bomben explodiert, die acht Menschen töteten; Stunden später starben zwei Menschen bei der Explosion einer weiteren Bombe in der Hauptstadt Teheran. Im Iran wird am Freitag (17. Juni) ein neuer Präsident gewählt.
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Der Wahlkampf für das Präsidentenamt im Iran ist am Morgen des 16. Juni offiziell zu Ende gegangen. Bis zu dem Urnengang am 17. Juni sei den Kandidaten nun jegliche weitere Werbung untersagt, teilte das Teheraner Innenministerium auf seiner Website mit. Die Gouverneure wurden demnach angewiesen, Beobachtungsteams zu bilden, die bei Fällen von Wahlbetrug sofort eingreifen sollen.
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Bei den Präsidentschaftswahlen im Iran hat sich der favorisierte Kandidat Akbar Haschemi Rafsandschani optimistisch über einen Sieg bereits in der ersten Runde gezeigt. "Einige Umfragen besagen, dass es bereits im ersten Wahlgang einen Präsidenten geben wird", sagte Rafsandschani am 17. Juni, als er seine Stimme in einem Wahlbüro im Norden Teherans abgab. "Ich hoffe, dass dies der Fall sein wird." Rafsandschani fügte hinzu, er habe für sich selbst gestimmt.
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Die Präsidentschaftswahl im Iran aqm 17. Juni ging am späten Abend zu Ende: Nach mehrfacher Verlängerung der Frist für die Stimmabgabe ordnete das Innenministerium die Schließung der Wahllokale und den Beginn der Auszählung an. Die Wähler, die zu diesem Zeitpunkt in den Lokalen gewesen seien, hätten ihre Stimme noch abgeben dürfen, sagte ein Ministeriumssprecher. Das Innenministerium verschob dreimal die Schließung der Wahllokale. Angesichts der rigiden Auswahl der Kandidaten wird vor allem die Höhe der Wahlbeteiligung als Gradmesser für die Zufriedenheit mit dem islamischen Staatssystem angesehen. Ursprünglich hätte die Wahl bereits am Nachmittag um 16.30 Uhr MESZ beendet sein sollen. Noch am späten Abend standen die Wähler jedoch in langen Schlangen vor den Wahllokalen an.
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Bei der Präsidentschaftswahl im Iran hat keiner der sieben Kandidaten die erforderliche Mehrheit für einen Sieg erreicht. Deshalb gehe die Wahl am kommenden Freitag (24. Juni) in eine zweite Runde, teilte ein Sprecher der iranischen Wahlaufsichtsbehörde mit. Mit einem zweiten Wahlgang war allgemein gerechnet worden; anderenfalls hätte einer der Kandidaten bei der ersten Runde am Freitag die absolute Mehrheit erreichen müssen.
Die iranische Nachrichtenagentur Isna meldete am 18. Juni unter Berufung auf den Sprecher, dass der als Favorit gehandelte Akbar Haschemi Rafsandschani nach Auszählung von knapp zwei Dritteln der Wählerstimmen vorne liege. Zuvor war aus dem Innenministerium verlautet, dass Rafsandschani sich nach Auszählung von rund 42 Prozent der Stimmen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem gemäßigten Kandidaten Mehdi Karubi liefere. Das Wahlergebnis werde sich aber nahezu sicher noch ändern, hatte es dabei geheißen, weil die Ergebnisse aus Teheran und den übrigen großen Städten noch ausstünden.
Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 68 Prozent, wie aus dem Ministerium verlautete, und damit höher als bei der Wahl vor vier Jahren. Die Wahllokale waren am Freitag erst nach 14 Stunden geschlossen worden, weil die Wähler zum Teil bis in den späten Abend hinein Schlange gestanden hatten, um ihre Stimme abzugeben.
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Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi will auch den zweiten Durchgang der iranischen Präsidentschaftswahl boykottieren. Solange die Wahlen weder frei noch fair seien, werde sie sich an keinem Urnengang beteiligen, sagte die Menschenrechts-Anwältin am 19. Juni. Das liberale und reformorientierte Lager im Iran ist derzeit gespalten, ob es sich an der Stichwahl zwischen dem gemäßigten Ex-Präsidenten Akbar Haschemi Rafsandschani und dem fundamentalistischen Bürgermeister von Teheran, Mahmud Ahmadinedschad, am kommenden Freitag beteiligen soll. Ahmadinedschad war beim ersten Durchgang am Freitag überraschend auf dem zweiten Platz vor dem Reformer Mehdi Karubi gelandet. Ebadis Kritik richtet sich vor allem gegen die Befugnisse des ultra-konservativen Wächterrats, jederzeit in den Wahlprozess eingreifen zu können. Das nicht gewählte höchste Kontrollorgan der islamischen Verfassung entscheidet über die Zulassung der Kandidaten und kann die Wahl jederzeit unterbrechen oder gar annullieren, wenn es zu der Ansicht kommt, sie verstoße gegen das islamische Recht. Karubi hatte bereits am 18. Juni den ultra-konservativen Anhängern des Teheraner Bürgermeisters vorgeworfen, die Wahl zu dessen Gunsten manipuliert zu haben, unter anderem durch Stimmenkauf.
Montag, 20. Juni, bis Sonntag, 26. Juni
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Vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl im Iran am 24. Juni hat das Innenministerium in Teheran vor Wahlfälschungen gewarnt. Einige Leute seien "zu allem bereit, um an der Macht zu bleiben", teilte das Ministerium am 21. Juni mit. Bereits vor der ersten Runde am vergangenen Freitag habe es Versuche gegeben, die Wahl zu manipulieren. Die dafür Verantwortlichen könnten es diesmal erneut und sogar noch heftiger versuchen. Es handele sich dabei um Mitarbeiter von Einrichtungen, die für den Schutz der Bevölkerung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig seien, sagte Innenamtssprecher Dschahanbachsch Chandschani.
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Kurz vor der Stichwahl um das Amt des iranischen Präsidenten hat der scheidende Amtsinhaber Mohammed Chatami seine Präferenz für den gemäßigten Kandidaten Akbar Haschemi Rafsandschani erkennen lassen. In einer Fernsehansprache rief Chatami die Wähler am 21. Juni auf, "das Land in die Hände desjenigen zu legen, der ernsthaft die Freiheit verteidigt". Es müsse gezeigt werden, "dass Reformismus, der von Mäßigung und Verständnis begleitet wird, ein Licht ist, das kein Sturm auslöschen kann". Chatami bat die Wähler, sich "massiv" an der Abstimmung zu beteiligen.
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Mit Hilfe technologischer Entwicklungen aus den USA ist der Iran Weltmeister bei der Internet-Zensur geworden. Vor allem Webseiten mit politischen, sexuellen und feministischen Inhalten seien im Iran weithin blockiert, heißt es im Bericht einer Forschergruppe der Universitäten Harvard, Cambridge und Toronto, der am 21. Juni in Washington vorgestellt wurde. Auf jede dritte angewählte Internet-Seite sei im Iran der Zugang gesperrt. Dabei setzten die Behörden Technologie der US-Firma Secure Computing ein. Indem sie Filtersysteme an "undemokratische Regimes" liefere, mache sich die Firma zum "Komplizen", kritisierte Ronald Deibert von der Universität Toronto.
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Zwei Tage vor der Stichwahl um die Präsidentschaft im Iran hat die Regierung in Teheran auf Stimmenkauf in mehreren Provinzen des Landes hingewiesen. Die Regierung habe Berichte erhalten, "wonach gewisse Organe mit einer bestimmten Absicht Güter an benachteiligte Schichten in gewissen Provinzen verteilen", zitierte die studentische Nachrichtenagentur Isna am 22. Juni Präsidentensprecher Abdollah Ramesansadeh. Die Regierung habe das Informations- und das Innenministerium angewiesen, "dafür zu sorgen, dass die Staatsmittel nicht zum Nutzen eines Kandidaten verwendet werden, und der fragliche Kandidat weiß das". Genauer führte der Sprecher die Anschuldigungen nicht aus.
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Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat der Präsidentschaftswahl jede Rechtmäßigkeit abgesprochen. "Die Wahl ist nicht rechtens, weil sie nicht frei ist", sagte Ebadi in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP am 23. Juni. Aus Protest werde sie nicht zur Wahl gehen. Ebadi argumentierte, dass ein nicht gewähltes religiöses Gremium, der Wächterrat, den meisten Kandidaten schon vor dem ersten Wahlgang die Kandidatur verbot und damit der Entscheidung der Wähler vorgegriffen habe.
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Die Stimmabgabe für die Präsidentschaftswahl im Iran ist um eine Stunde verlängert worden. Die Wahlberechtigten könnten bis 20.00 Uhr zu den Urnen gehen, teilte das Innenministerium am 24. Juni mit. Die Verlängerung der Öffnungszeiten der Wahllokale ist im Iran üblich, um die Wahlbeteiligung nach oben zu treiben. Bei der ersten Wahlrunde eine Woche zuvor waren die Öffnungszeiten mehrfach verlängert worden. Diese Möglichkeit besteht auch bei der Stickwahl.
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Nach einer mehrfachen Verlängerung der Öffnungszeiten haben die iranischen Wahllokale am Freitagabend die Anordnung erhalten, die letzten Wähler anzunehmen und mit der Auszählung der Stimmzettel zu beginnen. Wie das Innenministerium in Teheran mitteilte, begann in mehreren Provinzen bereits die Auswertung zur Stichwahl um die Präsidentschaft. Zuletzt war die Schließung der Wahllokale auf 23.00 Uhr verschoben worden. Damit hatten die rund 47 Millionen Wahlberechtigten mehr als 14 Stunden Zeit für den Urnengang. Das Wahlergebnis wurde für den 25. Juni erwartet.
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Wahlergebnis
Mit der Wahl des ultrakonservativen Teheraner Bürgermeisters Mahmud Ahmadinedschad zum neuen Präsidenten haben die Iraner einen Richtungswechsel eingeleitet. Unerwartet deutlich entschied der 49-jährige Hardliner die Stichwahl gegen den gemäßigt konservativen Kandidaten Akbar Haschemi Rafsandschani für sich. Damit sind nun alle Führungsinstitutionen in der Hand der Ultrakonservativen. Rafsandschani beklagte sich über massive Wahlmanipulationen. Nach dem offiziellen Endergebnis vom 25. Juni erhielt Ahmadinedschad 61,69 Prozent der Stimmen, Rafsandschani kam auf knapp 35,92 Prozent. Nach Angaben des Innenministeriums lag die Beteiligung bei 59,7 Prozent. Der Wahlsieger sagte in seiner ersten Reaktion, das iranische Volk habe es seinen Feinden "gezeigt" und sie "schachmatt" gesetzt. In einem "heftigen psychologischen Krieg", den die Feinde gegen den Iran führten, habe sein Land mit der großen Beteiligung an der Präsidentschaftswahl "alle schachmatt gesetzt". Ahmadinedschad hatte sich im Wahlkampf als "Fundamentalist" bezeichnet und die strikte Anwendung religiöser Vorschriften verlangt. Ahmadinedschad gilt als Mann des geistlichen Oberhauptes Ayatollah Ali Chamenei. Dieser sagte, die Iraner hätten die USA durch die "Transparenz" ihrer Demokratie "zutiefst gedemütigt". Das Ergebnis der Wahl sei der "praktische Beweis" dafür, dass die "islamischen und revolutionären Ideale" weiter verfolgt würden.
Die Europäische Union hat den Verlauf der Präsidentschaftswahl im Iran kritisiert. Zahlreichen Politikern sei die Kandidatur verwehrt worden, erklärte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Javier Solana am Samstag in Brüssel. Nur eine freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit könnten eine wirklich freie und faire Wahl garantieren. Die EU lege Wert darauf, dass der Iran politische und wirtschaftliche Reformen einleite.
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) hat den Ablauf der Präsidentschaftswahl im Iran kritisiert. "Der Ausschluss zahlreicher Kandidaten und Kandidatinnen im Vorfeld der Wahlen sowie der Wahlverlauf deuten auf erhebliche Mängel im Wahlprozess hin", erklärte Fischer in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag" (Ausgabe vom 26. Juni). Der Außenminister verlangte vom Iran überdies "objektive Garantien", dass dessen Nuklearprogramm "ausschließlich für friedliche Zwecke genutzt werden kann". Die Bundesregierung gehe davon aus, dass die Gespräche zwischen dem Iran sowie Frankreich, Großbritannien, Deutschland und dem EU-Außenbeauftragten Solana auf der Basis des Pariser Abkommens fortgesetzt würden.
Die USA haben nach der Wahl des religiös-konservativen Kandidaten Mahmud Ahmadinedschad zum neuen Präsidenten des Iran die freiheitlich orientierten Kräfte im Land ermutigt. "Wir stehen weiter denen zur Seite, die größere Freiheit für das iranische Volk fordern", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Maria Tamburri, der Nachrichtenagentur AFP am 25. Juni. Die US-Regierung sei angesichts der Wahl im Iran, von der mehr als tausend Kandidaten ausgeschlossen worden seien, besorgt. Zudem habe es zahlreiche Beschwerden wegen Wahlbetrugs geben. Die USA unterstützten "freie und faire Wahlen", durch die das iranische Volk seinen Willen bekunden könne.
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Der Sieger der iranischen Präsidentschaftswahl, Mahmud Ahmadinedschad, hat seine politischen Gegner zur Zusammenarbeit aufgerufen. "Ich lade alle ein", sagte der ultrakonservative Teheraner Bürgermeister am 26. Juni in der iranischen Hauptstadt. "Die Zeit des Wahlkampfes ist vorbei, jetzt beginnt die Zeit der Freundschaft." Die künftige iranische Regierung werde "eine Regierung der Freundlichkeit, der Arbeit und der Anstrengung" sein, fügte Ahmadinedschad hinzu. Gruppierungen und Parteien gebe es nur "in bestimmten Milieus"; sie stünden nicht für das gesamte Volk. "Alle müssen sich jetzt die Hände reichen, um das Land aufzubauen".
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Die iranische Regierung will auch nach der Wahl des ultrakonservativen Kandidaten Mahmud Ahmadinedschad zum neuen Präsidenten die Atomgespräche mit der EU fortsetzen. Das kündigte am 26. Juni ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran an. Die iranische Position sei durch die Wahl Ahmadinedschads gestärkt worden. (Siehe auch: "Reaktionen, Analysen, Perspektiven".)
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Trotz ihres in den vergangenen Jahren eher gespannten Verhältnisses zu Teheran haben viele arabischen Staaten die Wahl von Mahmud Ahmadinedschad zum iranischen Präsidenten begrüßt. Der saudi-arabische König Fahd habe "die bestehenden brüderlichen Beziehungen zum Iran unterstrichen" und "für deren Festigung plädiert", meldete die staatliche Nachrichtenagentur SPA am 26. Juni. Die kuwaitische Regierung drückte ihre Hoffnung aus, dass die bilateralen Verbindungen sich "weiter verbessern und stärker würden". Die Vereinigten Arabischen Emirate äußerten sich ähnlich, obwohl sie mit der Regierung in Teheram seit langem in einem Streit über drei strategisch gelegene Golfinseln liegt. Auch der jordanische König Abdullah II. begrüßte die Wahl.
Montag, 27. Juni, bis Donnerstag, 30. Juni
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Im Streit um die Atomprogramme Irans und Nordkoreas wollen die sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) einem Zeitungsbericht zufolge den Druck auf Teheran und Pjöngjang verstärken. Auf dem im Juli im schottischen Gleneagles stattfindenden G-8-Gipfel solle eine "starke Botschaft" hinsichtlich der Nichtverbreitung von Atomwaffen übermittelt werden, sagte der japanische Vize-Außenminister Mitoji Yabunaka am 27. Juni der Zeitung "Yomiuri Shimbun". Eine entsprechende gemeinsame Erklärung werde zurzeit vorbereitet, es sei aber noch nicht sicher, ob darin bestimmte Länder namentlich erwähnt werden sollten.
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Russland hat sein Interesse an einer vertieften Atomzusammenarbeit mit dem Iran bekräftigt. Der neu gewählte Präsident Mahmud Ahmedinedschad plane den Bau von sechs neuen Atomreaktoren, sagte der Leiter der russischen Atomenergiebehörde, Alexander Rumjanzew, am 28. Juni der Nachrichtenagentur ITAR-TASS. Sobald Teheran die Projekte ausschreibe, werde Russland sich bewerben. Moskau hat mit dem Iran bereits eine Abmachung über die Lieferung von Brennstäben für den Atomreaktor im iranischen Buschehr getroffen. Diese soll nach offiziellen Angaben in den kommenden Monaten beginnen.
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Mit dem Hinweis auf die angebliche Förderung von Massenvernichtungswaffen wollen die USA die Konten von insgesamt acht Einrichtungen aus Nordkorea, dem Iran und Syrien einfrieren lassen. Ziel sei es, "den Handel mit Waffenvernichtungswaffen und entsprechendem Material durch die Unterbindung von Finanzhilfen und anderer Hilfsmittel zu bekämpfen", erklärte US-Präsident George W. Bush am 29. Juni in Washington. In dem Papier sind zwar keine konkreten Länder benannt; ein Anhang listet allerdings insgesamt acht Organisationen namentlich auf. Dabei handelt es sich um drei nordkoreanische Einrichtungen und vier iranische Verbände und Organisationen sowie das syrische Zentrum für Forschung und Wissenschaft.
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Trotz brennender Sternenbanner auf Anti-USA-Protesten sind die Memoiren des früheren US-Präsidenten Bill Clinton im Iran ein wahrer Verkaufshit: "Wir haben viele Bestellungen, und die erste Auflage wird bald vergriffen sein", sagte der iranische Verleger des Buches "Mein Leben", Farhang Fattemi. Für umgerechnet knapp 14 Euro ist die von Fattemi vor einem Monat auf den Markt gebrachte Übersetzung der Erinnerungen zu haben. Daneben gebe es mehrere "schlampige und gekürzte Übersetzungen" anderer Verlage, die von dem erwarteten Profit etwas abhaben wollten. Die Verleger seien vom Erfolg des Buches von Clintons Ehefrau Hillary, "Gelebte Geschichte", angelockt worden, von dem binnen acht Monaten die vierte Auflage erschienen sei. Viele Iraner "mögen die USA", sagte Fattemi. Sie wollten Informationen direkt von der Quelle haben. (AFP, 30. Juni)
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Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hat höchst offiziell der iranischen Gerüchteküche widersprochen, wonach die Frau ihres Chefs Mohamed ElBaradei Iranerin ist. "Das ist einfach falsch", sagte ein IAEA-Sprecher am 30. Juni in Wien. Den Gerüchten zufolge, die offenbar auf Initiative der iranischen Regierung gestreut wurden, vertritt ElBaradei im Atomstreit mit dem Iran eine kompromissbereite Haltung, weil seine Frau aus dem Land stammt.
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Mehrere US-Bürger, die 1979 in der Teheraner US-Botschaft als Geiseln genommen worden waren, bezichtigen den neu gewählten iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad als einen der Anführer des Überfalls. "Als ich sein Bild in der Zeitung gesehen habe, wusste ich sofort, das ist der Bastard", sagte der pensionierte Oberst Charles Scott der Zeitung "Washington Times" (30. Juni). Auch vier andere Ex-Geiseln erhoben schwere Vorwürfe. Das Weiße Haus kündigte eine Untersuchung der Vorwürfe an. Die US-Botschaft war am 4. November 1979, in den ersten Monaten der islamischen Revolution, von jungen Anhängern des Ayatollah Chomeini besetzt worden. 52 Menschen wurden 444 Tage lang als Geiseln gehalten. Die iranisch-amerikanischen Beziehungen sind durch den Vorfall bis heute schwer belastet.
Ein US-Bürger, der 1979 in der Teheraner US-Botschaft als Geisel genommen worden war, hat die Anschuldigungen gegen den neu gewählten iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad relativiert. Die Geiselnehmer hätten damals nie ihre Namen genannt, sagte John Limbert am 30. Juni der Nachrichtenagentur AFP. Als die Fernsehsender Bilder von Ahmadinedschad und eines der Geiselnehmer ausstrahlte, sagte Limbert: "Ihr Tipp ist so gut wie meiner - ist das dieselbe Person?". Er habe keine Erinnerung an Ahmadinedschad. "Und ich muss auch sagen, dass diese Herren sich uns nie vorgestellt haben." Er wisse jedoch, dass drei oder vier der damaligen Täter in ranghohe Positionen im Iran aufgestiegen seien.
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