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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

Januar 2005

Samstag, 1. Januar, bis Sonntag, 23. Januar
  • Der Iran hat Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) die Untersuchung einer verdächtigen Militäranlage erlaubt. "Wir werden Parschin voraussichtlich in wenigen Wochen besuchen", sagte IAEA-Chef Mohammed el Baradei am 5. Jan. der Nachrichtenagentur AFP. Die USA verdächtigen den Iran, in dem Militärkomplex Parschin südöstlich von Teheran an Kernwaffen zu arbeiten. Die IAEA forderte bereits seit vergangenem Juli Zugang zu der Anlage, was Iran zunächst aber verweigerte.
  • IAEA-Chef Mohamed ElBaradei hat sich für ein weltweites Moratorium für die Anreicherung von Uran und die Wiederaufbereitung von Nuklearmaterial ausgesprochen. "Wir haben eine ausreichende weltweite Kapazität der Anreicherung", sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde der japanischen "Asahi Shimbun" (Ausgabe vom 7. Jan.). Ein solches Moratorium könne für einen Zeitraum von fünf Jahren gelten, bis ein internationaler Vertrag ausgearbeit sei. Es sei wichtig, dass jedem Land Grenzen gesetzt würden, einen vollständigen Nuklearkreislauf aufzubauen, sagte ElBaradei. Dem IAEA-Chef zufolge soll der Vorschlag bei einer internationalen Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag im Mai in New York diskutiert werden.
  • US-Kommandoeinheiten sollen einem Pressebericht zufolge bereits seit Monaten im Iran nach möglichen Entwicklungsstätten für ein Atomprogramm suchen. US-Präsident George W. Bush habe derartige Missionen von Spezialkräften spätestens seit Mitte vergangenen Jahres genehmigt, berichtete das renommierte US-Magazin "New Yorker" vorab aus seiner am 17. Jan. erscheinenden Ausgabe. Zweck sei es, mögliche Angriffsziele für militärische Aktionen auszukundschaften. Im Visier seien dabei bis zu 26 Orte, an denen nicht nur die Entwicklung nuklearer, sondern auch chemischer Waffen sowie Trägerraketen stattfinde.
  • US-Präsident George W. Bush hat einen Militäreinsatz gegen den Iran nicht ausgeschlossen, sollte das Land im Atomstreit nicht kooperieren. Er hoffe, dass das Problem auf diplomatische Art gelöst werden könne, wolle aber keine Option ausschließen, sagte Bush am 17. Jan. dem US-Sender NBC. Zuvor hatte das Pentagon einen Bericht des Magazins "The New Yorker" dementiert, wonach US-Geheimkommandos seit Monaten im Iran nach verdächtigen Waffenfabriken und damit nach möglichen Angriffszielen suchen. Der Bericht von Starreporter Seymour Hersh sei "gespickt mit fundamentalen Fehlern" und basiere auf Gerüchten, Andeutungen und Behauptungen, erklärte das US-Verteidigungsministerium.
  • Die designierte US-Außenministerin Condoleezza Rice hat den Iran und die fünf weiteren Staaten Birma, Kuba, Nordkorea, Simbabwe und Weißrussland als "Vorposten der Tyrannei" in der Welt gebrandmarkt. Die Vereinigten Staaten solidarisierten sich mit den unterdrückten Menschen in diesen Ländern, sagte sie in ihrer Anhörung durch den Senat am 18. Jan. in Washington. Rice bekannte sich zur Kooperation mit den multilateralen Institutionen und den traditionellen Verbündeten. Die Verbreitung von Demokratie und Freiheit nannte sie als zentrale Aufgabe der US-Außenpolitik: "Wir können nicht ruhen, bis jeder Mensch, der in einer Gesellschaft der Furcht lebt, schließlich seine Freiheit gewonnen hat." Die US-Diplomatie müsse dafür eingesetzt werden, "eine Balance der Macht in der Welt herzustellen, die die Freiheit begünstigt", sagte die bisherige Sicherheitsberaterin von Präsident George W. Bush. Bei dieser Aufgabe müssten die Vereinigten Staaten vor allem mit der NATO, der Europäischen Union und ihren demokratischen Verbündeten in Asien zusammenarbeiten. Mit diesen Partnern müssten die USA auch geeint bleiben, um den Iran und Nordkorea von ihren strittigen Atomprogrammen abzubringen und auf den "Weg des Friedens" zu bringen.
  • Die Europäische Union setzt weiterhin auf Verhandlungen mit Iran, um das Land an der Entwicklung und Produktion von Atomwaffen zu hindern. Das sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am 18. Jan. in Brüssel. Sie reagierte damit auf Äußerungen von US- Präsident George W. Bush. Die USA und die EU hätten das gleiche Ziel, versuchten es aber auf unterschiedlichen Wegen zu erreichen, sagte die Sprecherin. Das Ziel sei ein Iran ohne Atomwaffen.
  • Die designierte US-Außenministerin Condoleezza Rice hat den Iran und die fünf weiteren Staaten Birma, Kuba, Nordkorea, Simbabwe und Weißrussland als "Vorposten der Tyrannei" in der Welt gebrandmarkt. Die Vereinigten Staaten solidarisierten sich mit den unterdrückten Menschen in diesen Ländern, sagte sie am 18. Jan. in ihrer Anhörung durch den Senat in Washington. Rice bekannte sich zur Kooperation mit den multilateralen Institutionen und den traditionellen Verbündeten. Die Verbreitung von Demokratie und Freiheit nannte sie als zentrale Aufgabe der US-Außenpolitik: "Wir können nicht ruhen, bis jeder Mensch, der in einer Gesellschaft der Furcht lebt, schließlich seine Freiheit gewonnen hat." (Die Rede von Rice im Wortlaut.)
  • Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) will den iranischen Militärkomplex Parschin erneut inspizieren. Nach einer ersten Visite in der vergangenen Woche wolle die Behörde nochmals Inspekteure nach Parschin schicken, sagte ein Diplomat der Nachrichtenagentur AFP am 18. Jan. in Wien. Eine Genehmigung der iranischen Behörden stehe noch aus.
  • Nach der unverhohlenen Drohung von US-Präsident George W. Bush hat der Iran die Vereinigten Staaten vor einem Militäreinsatz gewarnt. Der Iran werde mit seinem gesamten "diplomatischen Können und militärischen Vermögen" auf alle "unklugen Maßnahmen oder Pläne" reagieren, erklärte der iranische Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi am 19. Jan. in Teheran. Bushs Drohungen wertete der Sprecher des iranischen Außenministeriums als Versuch, die derzeitigen Verhandlungen zur Lösung des Atomstreits zu unterlaufen.
  • Die Bundesregierung setzt weiter auf eine friedliche Lösung des Nuklearstreits mit Iran. Deutschland verfolge zusammen mit seinen europäischen Partnern und den USA dabei das Ziel, eine atomare Bewaffnung Irans zu verhindern, sagte Regierungssprecher Béla Anda am 19. Jan.
  • Der iranische Außenminister Kamal Charrasi hat sich unbeeindruckt von den Drohungen der USA gegen sein Land gezeigt. "Wir werden auf jede amerikanische Drohung antworten", sagte Charrasi laut der iranischen Nachrichtenagentur Irna am 20. Jan. "Diese Einschüchterungsversuche machen uns keine Angst." Der Iran suche mit niemandem den Konflikt. "Aber wir verteidigen mit Nachdruck unsere nationalen Interessen", sagte Charrasi. "Wir kennen den Feind und gehen unseren Weg weiter", fügte der Außenminister hinzu.
  • US-Vizepräsident Dick Cheney hat Iran an die Spitze aller Krisenherde in der Welt gesetzt. Teheran habe "ziemlich robuste neue Atomprogramme" entwickelt und sei ein Sponsor des Terrorismus, sagte er dem Fernsehsender MSNBC am 21. Jan.
  • Nach Berichten über einen möglichen US-Angriff auf den Iran hat Großbritanniens Außenminister Jack Straw versucht, die daraus entstandene Spannung zu mildern. Er höre aus den Vereinigten Staaten, von der US-Regierung und von US-Präsident George W. Bush selbst stets "Unterstützung für den diplomatischen Ansatz", den die drei europäischen Länder Großbritannien, Deutschland und Frankreich verfolgten, sagte Straw am 21. Jan. bei einem Besuch in der chinesischen Hauptstadt Peking. Er freue sich auf "den Erfolg" dieser diplomatischen Herangehensweise der Europäer, betonte der britische Außenminister.
  • Die USA und die Europäische Union müssen nach Ansicht von NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer gegenüber dem Iran eine Politik mit "Zuckerbrot und Peitsche" verfolgen. Es sei von äußerster Bedeutung, dass sich die EU und die USA bei der Iran-Politik eng abstimmten, sagte de Hoop Scheffer am 21. Jan. in Brüssel. "Nur so können wir verhindern, dass Länder oder Allianzen gegeneinander ausgespielt werden", betonte der NATO-Generalsekretär. Er hoffe, dass die USA und die EU dabei in der Lage seien, die Instrumente "Zuckerbrot und Peitsche" anzuwenden.
  • Die beiden von den USA geächteten Staaten Kuba und Iran wollen künftig enger zusammenarbeiten. Beide Regierungen wollten ihre Beziehungen ausbauen, sagte Kubas Innenminister Ricardo Cabrisas der Zeitung "Granma" vom 21. Jan. Demnach werde der kommunistische Inselstaat einen Kredit über 20 Millionen Euro aus Teheran erhalten. Weitere Kooperationen soll es auf dem Sektor der Lebensmittelproduktion geben; Kuba soll dabei geholfen werden, die Folgen der Dürre zu kompensieren. Im Gegenzug wird Kuba den Iran in der Biotechnologie unterstützen.
  • Bei der Präsidentschaftswahl im Iran im Juni dürfen nun auch Frauen kandidieren. Der Wächterrat habe beschlossen, dass Frauen sich zur Wahl stellen dürften, weil der fragliche Begriff in der Verfassung geschlechtsneutral sei, zitierte das iranische Fernsehen am 22. Jan. einen Sprecher des Gremiums. Im Oktober hatte der Rat noch darauf bestanden, dass das Wort "rejal" nur Männer bezeichne und Frauen deshalb von einer Kandidatur ausgeschlossen seien. Wenig später wurde dieser Bericht dementiert.
  • Im Atomstreit mit dem Iran hat EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner die USA vor einem Militäreinsatz gewarnt und stattdessen für eine diplomatische Lösung geworben. "Wir müssen jetzt alles daran setzen, im Iran einen diplomatischen Erfolg einzufahren", sagte Ferrero-Waldner im Interview der "Bild am Sonntag" (23. Jan.). "Es wird harte Verhandlungen geben. Ich glaube aber fest daran, daß die diplomatischen Bemühungen am Ende zum Erfolg führen."
  • Der Iran hält einen Angriff der Vereinigten Staaten für unwahrscheinlich, warnt die Regierung in Washington aber vor einem "großen strategischen Fehler". Es sei "nichts Neues", dass die USA die Rede auf einen möglichen Angriff gebracht hätten, sagte Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi am 23. Jan. in der iranischen Hauptstadt Teheran. "Amerika fängt immer wieder mal einen psychologischen Krieg an." Die islamische Republik sei stark genug, um sich zu verteidigen, und spüre deshalb keine Gefahr oder Bedrohung. Ein US-Angriff erscheine der iranischen Führung "nicht wahrscheinlich - es sei denn, jemand will einen größeren strategischen Fehler machen".
  • Die britische Regierung hat im Streit um das iranische Atomprogramm Stellung gegen die USA bezogen. Außenminister Jack Straw arbeitete ein Dossier mit Argumenten gegen einen US-Militäreinsatz im Iran aus, wie die "Sunday Times" am 23. Jan. berichtete. In dem 200 Seiten dicken Bericht plädiere Straw gegen einen Militärschlag und für eine Lösung durch Verhandlungen. Eine von Großbritannien, Frankreich und Deutschland initiierte friedliche Lösung sei im Interesse des Iran und der internationalen Gemeinschaft, heißt es dem Zeitungsbericht zufolge in Straws Dossier weiter. Seine Position wolle der britische Chefdiplomat auch bei Treffen mit Bush und der designierten US-Außenministerin Condoleezza Rice im kommenden Monat deutlich machen.
Montag, 24. Januar, bis Montag, 31. Januar
  • Die Bundesregierung ist einem Pressebericht zufolge sehr besorgt wegen der angespannten Beziehungen zwischen dem Iran und den USA. Experten gingen davon aus, dass die USA die mögliche Anwendung militärischer Gewalt gegen Teheran durchaus ernst meinten, berichtete der "Tagesspiegel" (Ausgabe vom 24. Jan.) unter Berufung auf Regierungskreise. Mit einem groß angelegten Angriff der USA werde zwar nicht gerechnet, wohl aber mit präzisen Schlägen gegen einzelne Einrichtungen im Iran, falls die Vermittlungsversuche in den kommenden Wochen und Monaten keine Annäherung brächten.
  • Der israelische Vize-Regierungschef Schimon Peres hat vor einer Atomgefahr durch den Iran gewarnt. Die Welt müsse gegen eine "Nuklearoption" Teherans mobil machen, sagte Peres am 24. Jan. dem israelischen Militärradio. Der Iran sei die "Brutstätte für alle Gefahren des Nahen Ostens" geworden. Dieses Problem betreffe die gesamte internationale Gemeinschaft, nicht nur Israel. Im Streit um das iranische Atomprogramm wollten die USA zunächst versuchen, eine Lösung auf dem diplomatischen Weg und durch wirtschaftlichen Druck zu finden, fügte Peres hinzu. Washington schließe einen militärischen Angriff nicht aus, "aber die Entscheidung liegt bei ihnen".
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich im Streit um das iranische Atomprogramm erneut für eine diplomatische Lösung ausgeprochen. "Es geht darum, zu verhindern, dass der Iran sich in den Besitz von Atomwaffen bringt", sagte Schröder am 24. Jan. nach einem Treffen mit dem chilenischen Präsidenten Ricardo Lagos in Berlin. Dazu sollten jedoch ausschließlich diplomatische und politische und keine "militärischen Maßnahmen" eingesetzt werden. Wichtig sei, die in dem Streit vermittelnden europäischen Mächte - neben Deutschland Großbritannien und Frankreich - zu unterstützen.
  • Die Bundesregierung hofft darauf, die europäischen Verhandlungen mit dem Iran eng mit den USA koordinieren zu können. Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte am 24. Jan. am Rande eines Besuchs bei der UNO in New York, er wünsche sich, "in hohem Maße eine Abstimmung" mit der neuen Regierung von US-Präsident George W. Bush zu erreichen. Dabei gehe es darum, Teheran mittels "diplomatischer Anstrengungen" zum endgültigen Stopp der umstrittenen Bestandteile seines Atomprogramms zu bewegen. "Wir wollen der Diplomatie eine Chance gegen, und darauf konzentrieren wir uns", betonte Fischer vor Journalisten.
  • Bundesaußenminister Joschka Fischer hat die Bedeutung einer diplomatischen Lösung der Probleme mit der iranischen Nuklearforschung betont. Europa und die USA müssen sich gemeinsam um die "beste Aufstellung bemühen, um der Diplomatie zum Erfolg zu verhelfen", sagte Fischer in Washington. Er hatte sich 90 Minuten lang mit der künftigen US-Außenministerin Condoleezza Rice unterhalten. Bei dem Gespräch ging es um die gesamte Bandbreite internationaler Themen.
  • Der britische Premierminister Tony Blair hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis von möglichen US-Plänen, das iranische Atomprogramm auf militärischem Wege zu stoppen. "Ich weiß nichts von einer derartigen Überlegung der Vereinigten Staaten", sagte Blair am 26. Jan. auf eine derartige Frage vor dem Unterhaus in London. Blair räumte gleichzeitig ein, es handele sich "wirklich um ein ernstes Thema".
  • Im Atomstreit mit dem Iran hat die Europäische Union ihre Forderungen an Teheran verschärft. In Gesprächen am 17. Januar hätten Vertreter von Deutschland, Großbritannien und Frankreich den vollständigen Abbau aller Anlagen zur Urananreicherung gefordert, sagte ein Diplomat am 26. Jan. der Nachrichtenagentur AFP in Wien. Nur dann sähen die europäischen Länder "die notwendigen objektiven Garantien dafür, dass das iranische Atomprogramm friedlich ist", sagte der Diplomat, der aus den Protokollen des Treffens zitierte. Bisher hatte Europa nur auf einer Aussetzung der iranischen Urananreicherung bestanden.
    Der Iran hat Informationen über eine Verhärtung der Fronten in den Atomverhandlungen mit Europa zurückgewiesen. Derlei Informationen zielten nur darauf, "die konstruktiven Verhandlungen zu beeinträchtigen", sagte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums am 27. Jan. in Teheran. Sie zeigten die Unzufriedenheit jener, die den Erfolg des derzeitigen Prozesses verhindern wollten. "Die Verhandlungen mit den Europäern sind in einem Vorstadium und werden ihren natürlichen Lauf nehmen", sagte der Sprecher weiter. Beide Seiten wollten die Verhandlungen nach drei Monaten bewerten.
  • Die "New York Times" hat die US-Regierung vor einem Angriff auf den Iran gewarnt. Ein solcher Schritt hätte "mehr Schlimmes als Gutes" zur Folge, hieß es im Leitartikel der US-Tageszeitung vom 27. Jan. "Das Gegrummel der Falken erinnert merkwürdig an die Monate vor dem Einmarsch in den Irak, als einige derselben Verantwortlichen mit allem Nachdruck einen Militäreinsatz forderten, während sich der Präsident (George W. Bush) nicht öffentlich festlegte. Wir hoffen, dass dieses Mal die weiseren Mitglieder der Regierung eingreifen, bevor es zu spät ist."
  • Der frühere US-Präsident Bill Clinton hat die amtierende US-Regierung zu verstärktem Einsatz diplomatischer Mittel im Streit um das iranische Atomprogramm aufgefordert. Er glaube, dass es einen "letzten kräftigen Vorstoß der Diplomatie" geben müsse, um die Angelegenheit beizulegen, sagte Clinton am 27. Jan. beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. Er sei noch nicht vollständig davon überzeugt, dass die diplomatischen Bemühungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens zum Scheitern verurteilt seien.
  • Trotz wachsenden Drucks der USA beharrt der Iran auf der Entwicklung seines Atomprogramms. "Wir wollen die Spannungen mit den USA nicht verstärken, aber wir wollen als souveräner Staat leben", sagte der stellvertretende iranische Außenminister Gholamali Choschroo am 27. Jan. in der malaysischen Stadt Putrajaya. Israel warnte, das iranische Atomprogramm stehe kurz vor dem Punkt, von dem es kein Zurück mehr gebe. Zu der jüngsten Äußerung von US-Präsident George W. Bush, dass seine Regierung im Konflikt mit Teheran auch eine militärische Option nicht ausschließe, sagte Choschroo, niemand habe das Recht, andere zu bedrohen. "Wir leben nicht im Dschungel."
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat den Iran zum vollständigen Verzicht auf die militärische Nutzung von Atomkraft aufgefordert. Wenn möglich solle Teheran "für immer" darauf verzichten, sagte Schröder am 28. Jan. in seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Deutschland sei jedoch davon überzeugt, dass dies mit diplomatischen und politischen Mitteln erreicht werden müsse. Der Kanzler sprach sich abermals entschieden gegen den Einsatz militärischer Mittel aus.
  • Systematisch dringen Kampfjets der US-Luftwaffe in iranisches Hoheitsgebiet ein. Auf diese Weise sollen die Iraner dazu bewegt werden, ihr Luftabwehrradar sowie die Zielerfassungssysteme zu aktivieren. Das berichtete am 26. Jan. der auf Geheimdienste spezialisierte Korrespondent der US-Nachrichtenagentur UPI, Richard Sale. Offensichtliches Motiv für die gezielten Luftraumverletzungen des US-Militärs ist der Versuch, die genauen Standorte der iranischen Luftabwehrsystem zu identifizieren: Sobald die iranischen Systeme eingeschaltet sind, können ihre Standorte geortet werden: Damit lägen die Zielkoordinaten für mögliche zukünftige US-Angriffe mit Cruise Missiles oder für aus großer Höhe ausgeklinkte und punktgenau ins Ziel gesteuerte Bomben vor. Zudem könnten die US-Verantwortlichen anhand der abgehörten Funkaktivitäten zwischen den einzelnen iranischen Luftabwehreinheiten Rückschlüsse zu Aufbau und Kommandostruktur des iranischen Luftabwehrsystems ziehen. (Quelle: junge Welt, 29. Jan.)
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat das geistige Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, den europäischen Verhandlungspartnern mangelnde Ernsthaftigkeit vorgeworfen. Sollte der Iran den Eindruck gewinnen, dass die Europäer den Gesprächen nicht genügend Bedeutung beimessen, könnte sein Land die Zusammenarbeit überdenken, sagte Chamenei am 29. Jan. Dann werde der Verlauf der Gespräche "sich ändern". Die Europäer müssten bedenken, dass sie es mit einer "großen Kulturnation" zu tun hätten.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat sich dafür ausgesprochen, den Atomstreit mit dem Iran auf diplomatischem Weg zu beizulegen. Sie sei der Ansicht, die Angelegenheit könne durch Diplomatie gelöst werden, sagte die frisch vereidigte Ministerin dem wöchentlichen Magazin der französischen Zeitung "Le Figaro" am 29. Jan. Am wichtigsten seien aber Kontrollen, damit der Iran nicht mit einem etwaigen heimlichen Atomprogramm davonkommen könne. Das Magazin "Spiegel" berichtete am 29. Jan., Rice habe die Bundesregierung in der Angelegenheit zu beschwichtigen versucht. Die Außenministerin habe ihrem deutschen Kollegen Joschka Fischer bei seinem Besuch in Washington vor wenigen Tagen (24. Jan.) versichert, dass die Vereinigten Staaten keinen militärischen Angriff gegen den Iran vorbereiteten und auch keine Planungen dazu anstellten. Rice habe zudem erkennen lassen, dass die USA die drei EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien bei ihren Verhandlungen mit Teheran weiter gewähren lassen wollten, heißt es in dem Bericht. Eine Teilnahme an den Gesprächen mit Teheran lehne Washington aber kategorisch ab.
  • Die Vereinten Nationen haben im Konflikt um das iranische Atomprogramm zur Geduld gemahnt. "Wir müssen alle diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen, bevor die internationale Gemeinschaft an irgendeine andere Option denken kann", sagte der Leiter der Internationalen Atomenergieorganisation, Mohammed el Baradei, am 29. Jan. der BBC. Iran habe den Kontrollen der UN-Behörde zugestimmt, und dieser Prozess brauche seine Zeit. Eine «unmittelbare Bedrohung» gehe von Iran derzeit nicht aus.
  • Der US-Konzern Halliburton will seine umstrittenen Aktivitäten im Iran beenden. "Das Geschäftsumfeld im Iran ist derzeit unseren Strategien und Zielen nicht dienlich", sagte Halliburton-Chef Dave Lesar am 29. Jan. während eines Treffens mit Investoren. Deshalb habe der Konzern entschieden, den Iran zu verlassen. Das Halliburton-Engagement im Iran sei jedoch "absolut legal" gewesen, fügte Lesar hinzu. Es habe allerdings "zu viel Aufmerksamkeit erregt".
  • Bundesaußenminister Joschka Fischer hofft weiterhin, dass Iran auf diplomatischem Wege daran gehindert werden kann, Atommacht zu werden. "Für uns bleibt das Interesse, dass es zu keinem Iran mit Nuklearwaffen kommt", sagte Fischer am 31. Jan. am Rande des EU- Außenministertreffens in Brüssel. Die EU führt Verhandlungen mit Iran. Es geht um eine die engere Zusammenarbeit und auch die friedliche Nutzung von Atomenergie. Die USA schließen dagegen einen möglichen Militärschlag gegen iranische Atomanlagen nicht aus.


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