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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

April/Mai 2004

1. bis 11. April
  • Die USA haben die vor mehreren Jahren gegen sechs russische Unternehmen und einen russischen Waffenexperten verhängten Sanktionen wegen Exports von Waffen und Technologie an Staaten wie Nordkorea, Irak oder Iran aufgehoben. Das US-Außenministerium erklärte am 1. April in Washington, die Maßnahme erfolge "im Interesse der Außenpolitik und der nationalen Sicherheit" des Landes. Zu den Firmen gehören Europalace 2000, Grafit und MOSO, die 1998 und 1999 wegen mutmaßlicher Lieferung von Raketentechnologie an Iran mit Sanktionen belegt worden waren.
  • Iran hat am 1. April die Kritik aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien an seinem Atomprogramm zurückgewiesen. Die drei Staaten hatten die angekündigte Inbetriebnahme einer Urankonversionsanlage scharf kritisiert. "Dieser Punkt ist getrennt von unserer Zusage, die Urananreicherung auszusetzen", sagte Irans Botschafter bei den Vereinten Nationen in Wien, Pirus Hosseini. (Quelle: FR, 02.04.2004)
  • Der Iran will seine Aktivitäten zur Anreicherung von Uran aussetzen. Das sagte der Leiter der iranischen Atombehörde bei einem Treffen mit dem Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation, Mohammed el Baradei, am 6. April in Teheran. Vom 9. April an werde die Anreicherung von Uran sowie die Entwicklung entsprechender Anlagen vorübergehend gestoppt.
  • Iran hat sich zu mehr Offenheit bei seinem Atomprogramm verpflichtet. Die Regierung in Teheran werde der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) bis Ende des Monats "wichtige Informationen" über ihre Nuklearaktivitäten geben, sagte IAEA-Chef Mohamed el Baradei am 6. April nach einem Treffen mit dem Chef des Nationalen Sicherheitsrates Irans, Hassan Rohani, in Teheran. Weitere Informationen werde Iran im Rahmen des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag "hoffentlich" bis Mitte Mai abliefern. Die UN-Behörde und Teheran einigten sich Baradei zufolge zudem auf einen Zeitplan zur Klärung noch ausstehender Fragen.
  • Iran will nach Angaben aus Diplomatenkreisen im Juni mit dem Bau eines Schwerwasserreaktors beginnen. Der 40-Megawatt-Reaktor könne genug Plutonium für eine Atomwaffe pro Jahr produzieren, sagte ein Gewährsmann am 7. April in Wien. Iran habe entsprechende Pläne bereits im vergangenen Jahr der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) mitgeteilt, trotzdem sende die Entscheidung für den Bau ein schlechtes Signal an die internationale Gemeinschaft. Iran benötigt den neuen Reaktor nach eigenen Angaben, um Radioisotope für die medizinische Forschung herzustellen. Der Reaktor soll Inspektionen der IAEA unterzogen werden, damit sichergestellt ist, dass kein Plutonium produziert wird. Iran hat zugesagt, alle seine atomaren Aktivitäten offen zu legen.
12. bis 25. April
  • Zu weiteren Kontrollen des Teheraner Atomprogramms sind am 12. April fünf Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Iran eingetroffen. Das teilte ein Sprecher der iranischen Atomenergie-Organisation mit. Die Inspektoren wollten unter anderem iranische Zusagen überprüfen, die Anreicherung von Uran in Zentrifugen sowie die Arbeit mit diesen Geräten insgesamt einzustellen. Die iranische Regierung hatte das in der vergangenen Woche bei einem eintägigen Besuch von IAEA-Chef Mohammed ElBaradei angekündigt.
  • Irans Präsident Mohammad Khatami hat am 13. April offiziell zwei Reformgesetze zurückgezogen. Khatami ordnete die Rücknahme in einem Brief an den Parlamentspräsidenten an, der öffentlich verlesen wurde. Die Gesetze hätten die Vollmachten des Präsidenten stärken und die Vetomöglichkeiten des konservativen Wächterrats einschränken sollen. Die schon vom Parlament verabschiedeten Vorlagen hatte der Wächterrat bereits vor einem Jahr zurückgewiesen. Damals hatten die Reformer noch eine Mehrheit im Parlament. Mit der umstrittenen Wahl im Februar brachten die konservativen Kräfte aber das Parlament wieder unter ihre Kontrolle. Khatami kündigte daraufhin im März die Rücknahme der beiden Reformgesetze an. In seinem am 13. April verlesenen Schreiben erklärte Khatami, er habe die Vorlagen vor eineinhalb Jahren eingebracht in der Hoffnung, eine Basis für faire Wahlen zu schaffen, die Grundrechte des Volkes zu verteidigen und dem Präsidenten die Macht zu geben, seine verfassungsmäßigen Pflichten auszuüben. Eines der Gesetze sah vor, dem Wächterrat den Ausschluss liberaler Kandidaten von Parlaments- und Präsidentenwahlen zu untersagen. (Quelle: FR, 14.04.2004)
  • Die deutsch-iranischen Beziehungen könnten von der Enthüllung einer Gedenktafel im Berliner Bezirk Charlottenburg getrübt werden: Das iranische Außenministerium bestellte am 21. April den deutschen Botschafter in Teheran ein, um gegen den Text auf der Tafel zu protestieren. Sie erinnert an die Ermordung von vier kurdischen Oppositionellen im Restaurant "Mykonos" 1992 und macht "die damaligen Machthaber im Iran" dafür verantwortlich. Der Text geht auf das Urteil gegen die Täter zurück, in dem das Gericht eben diese Verantwortlichkeit formuliert hatte. Der stellvertretende iranische Außenminister Ali Ahani sagte Botschafter Paul von Maltzahn, Iran sei in den Vorfall nicht verwickelt und protestiere scharf gegen die Gedenktafel. Von Maltzahn bekräftigte nach Angaben des Auswärtigen Amtes die deutsche Position, wonach es sich um eine "kommunale Angelegenheit" handele. Die Bundesregierung habe keinen Einfluss auf Entscheidungen des Bezirks Wilmersdorf-Charlottenburg, dessen Vertreter die Tafel errichteten. Nicht bestätigen wollte der Sprecher des Außenamtes am 22. April eine Meldung der iranischen Nachrichtenagentur Irna, derzufolge von Maltzahn die Anbringung der Tafel als "falschen Schritt" bezeichnet haben soll. - Das Berliner Kammergericht hatte 1997 die staatliche iranische Führung für den Terroranschlag auf das Restaurant verantwortlich gemacht. Als Haupttäter wurden der Iraner Kazem Darabi und der Libanese Abbas Rhayel zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. In Iran hatte das Urteil scharfe Proteste ausgelöst. Die Bundesregierung zog ihren Botschafter zurück und wies vier iranische Diplomaten aus.
  • Die Regierung in Teheran will den früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein wegen der Folterung iranischer Gefangener während des Iran-Irak-Kriegs von 1980 bis 1988 belangen. Das iranische Außenministerium bereite derzeit eine Klage gegen Saddam Hussein vor wegen der "unmenschlichen und völkerrechtswidrigen" Behandlung iranischer Kriegsgefangener, sagte der Vorsitzende der Kommission der Kriegsgefangenen, Abdullah Nadschafi, am 22. April laut der studentischen Nachrichtenagentur Isna.
  • Iran hat nach eigenen Angaben im Streit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sämtliche Fakten offen gelegt. "Von unserer Seite aus sind alle Fragen beantwortet, es gibt keine Mehrdeutigkeiten mehr", sagte Mohammed Saidi, der für internationale Beziehungen zuständige Direktor der iranischen Atomenergie-Organisation, am 24. April der Nachrichtenagentur AP. Die Informationen seien den fünf IAEA-Inspektoren übergeben worden, die sich bis Freitag zwei Wochen lang in Iran aufgehalten hätten. Die Regierung in Teheran habe eindeutige Erklärungen sowohl für die entdeckten Spuren angereicherten Urans an Ausrüstungsgegenständen als auch hinsichtlich des Baus von Zentrifugen geliefert, sagte Saidi. Die Inspektoren hätten sich von der Richtigkeit dieser Angaben überzeugen können. Am 24. April sei zudem ein weiteres Inspektorenteam zu Routineüberprüfungen in Iran eingetroffen.
    IAEA-Sprecherin Melissa Fleming erklärte in Wien, die Behörde erwarte Mitte Mai einen ausführlichen Bericht der Inspektoren. Erst dann könne man beurteilen, ob wirklich alle offenen Fragen geklärt seien.
  • Die iranischen Behörden haben das Deutsche Sprachinstitut in Teheran geschlossen. Die Schließung sei damit begründet worden, dass das Institut nicht über die nötigen Genehmigungen für den Lehrbetrieb verfüge, sagte eine Sprecherin der deutschen Botschaft am 25. April in Teheran. Das Sprachinstitut, an dem 25 Lehrer jährlich etwa 3.000 Schüler unterrichteten, sei bereits am Donnerstag geschlossen worden. Die Lehranstalt habe 1996 eine Erlaubnis erhalten, die vier Jahre später auslief. Das Institut sei aber davon ausgegangen, dass die Genehmigung stillschweigend weiter gelte.
  • Der französische Ölkonzern Total steht vor dem Abschluss eines milliardenschweren Geschäfts zur Erschließung der Gasvorkommen in Iran. Der Vertrag über 1,2 Milliarden Dollar (rund eine Milliarde Euro) werde "ohne Probleme" in ein bis zwei Monaten unterzeichnet werden, sagte der iranische Vize-Ölminister Mehdi Mirmoesi am 25. April in Teheran. Der Konzern werde mit der Entwicklung von Phase 11 des Erdgasfeldes South Pars beauftragt, das als eines der größten der Welt gilt.
26. bis 30. April
  • Die USA haben Iran beschuldigt, in Bezug auf die Entwicklung von Atomwaffen zu lügen. Der im US-Außenministerium für Waffenkontrolle und internationale Sicherheit zuständige Staatssekretär John Bolton warf Teheran am 27. April vor, sich nicht an den Atomwaffensperrvertrag zu halten. Wenn dies so weitergehe, müsse die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) die Angelegenheit vor den UN-Sicherheitsrat bringen. Andernfalls werde es "zu spät" sein und Iran werde über Atomwaffen verfügen. Ähnliche Vorwürfe richtete Bolton gegen Nordkorea, das US-Präsident George W. Bush ebenso wie Iran und Irak unter seinem früheren Präsidenten Saddam Hussein auf einer "Achse des Bösen" eingereiht hatte.
  • Der iranische Justizchef Ayatollah Mahmud Haschemi Schahrudi hat am 28. April die Folter bei Verhören verboten. "Jede Art der Folter, um von Beschuldigten Geständnisse zu erlangen, ist verboten", hieß es in einer Mitteilung Schahrudins an Ermittlungsbeamte. Auf diese Art erlangte Geständnisse würden nicht mehr anerkannt. Die Erklärung wurde auf der Web-Site der Justizbehörde veröffentlicht. Es ist offenbar das erste öffentliche Eingeständnis, dass in Iran gefoltert wird. Demnach soll künftig auch der Aufenthaltsort von Inhaftierten nicht mehr verschwiegen werden, und Häftlingen sollen nicht mehr die Augen verbunden werden. Schahrudi sprach sich in der Erklärung für "moderne Ermittlungstechniken" aus, ohne diese jedoch näher zu erläutern. In einem Bericht auf der Web-Site der Justizbehörde hieß es weiter, Schahrudis Ziel sei es, "menschliche Werte und Bürgerrechte" zu bewahren.
  • Die iranischen Behörden haben das seit mehreren Tagen geschlossene Deutsche Sprachinstitut in Teheran wieder geöffnet. Bereits seit dem 27. April könne das Institut auf vorläufiger Basis wieder arbeiten, teilte ein Diplomat in der iranischen Hauptstadt am 28. April mit.
1. bis 9. Mai
  • Ein iranisches Gericht hat das Todesurteil gegen den Reformer Haschem Aghadschari bestätigt. Der Richter habe seine ursprüngliche Entscheidung vom November 2002 aufrecht erhalten, teilte ein Justizsprecher in der Provinz Hamedan im Westen des Landes am 3. Mai mit. Das Urteil werde nun erneut an den Obersten Gerichtshof in Teheran überwiesen. Aghadscharis Anwalt, Saleh Nikbacht, sagte, die Verteidigung sei bislang nicht über den Entschluss informiert worden. Präsident Mohammed Chatami bedauerte das Urteil. Es sei "schmerzhaft", dass einem Intellektuellen, der für die Islamische Revolution gekämpft habe, nun die Todesstrafe drohe, erklärte Chatami in einem offenen Brief über die Nachrichtenagentur Irna.
  • Iran hat die USA aufgefordert, die Regelung der Krise um die heilige Schiitenstadt Nadschaf in Irak schiitischen Geistlichen zu überlassen. Der Fall des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr solle in die Hände der religiösen Führer in Nadschaf gelegt werden, sagte der iranische Außenminister Kamal Charasi am 4. Mai in Brüssel. Diese hätten eigens ein Komitee gebildet, "und man sollte ihnen die Möglichkeit geben, ihre Arbeit zu tun" und mit Sadr zu verhandeln. Auch Iran habe in der Vergangenheit bereits versucht, mäßigend auf Sadr einzuwirken, "und mit einem gewissen Erfolg". Mit ihrer Ankündigung, Sadr festnehmen zu wollen, hätten die USA diese Bemühungen zunichte gemacht. Dies habe die Anhänger des Schiitenführers aufgebracht.
  • Die Bundesregierung hat ihre "Betroffenheit" über die Bestätigung des Todesurteils für einen iranischen Reformer geäußert. Das habe er seinem iranischen Kollegen Kamal Charasi gesagt, sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer nach einem Treffen der beiden in Berlin am 5. Mai. Ein westiranisches Gericht hatte das Todesurteil am 3. Mai bestätigt und erneut an den Obersten Gerichtshof in Teheran überwiesen. Der Universitätsprofessor Haschem Aghadschari war wegen "Gotteslästerung" zum Tode verurteilt worden. Fischer zeigte sich jedoch ermutigt von den Äußerungen des reformorientierten iranischen Präsidenten Mohammed Chatami, der das Urteil gegen den Reformer Aghadschari bedauert hatte. Charasi sagte, die Entscheidung des Gerichts sei nicht endgültig, sondern müsse weiter verhandelt werden. Zur Sprache kam bei dem Treffen auch die vorübergehende Schließung des Deutschen Sprachinstituts in Teheran durch die iranischen Behörden. Fischer betonte, er hoffe, dass die "Frage des dauerhaften Betriebs" zufriedenstellend gelöst werden könne. Das Institut war vergangene Woche zunächst wieder auf vorläufiger Basis geöffnet worden.
  • Die Bundesregierung hat ihre "Betroffenheit" über die Bestätigung des Todesurteils für einen iranischen Reformer geäußert. Das habe er seinem iranischen Kollegen Kamal Charasi gesagt, sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) nach dem Treffen der beiden am 5. Mai in Berlin. Zugleich zeigte er sich ermutigt von den Äußerungen des reformorientierten iranischen Präsidenten Mohammed Chatami, der das Urteil gegen den Reformer Haschem Aghadschari bedauert hatte. Charasi sagte, die Entscheidung des Gerichts sei nicht endgültig, sondern müsse weiter verhandelt werden.
  • Das US-Repräsentantenhaus hat am 6. Mai nahezu einstimmig Iran wegen seines Atomprogramms verurteilt. In der mit 376 gegen 3 Stimmen angenommenen Entschließung warfen die Abgeordneten der Führung in Teheran vor, weiterhin die Unwahrheit über ihr Nuklearprogramm zu sagen und an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Die europäischen Staaten, Russland und Japan wurden aufgefordert, ihre Handelsbeziehungen und die Zusammenarbeit im Energiebereich auszusetzen, bis Iran sein Atomwaffenprogramm aufgibt.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed el Baradei, die Führung in Teheran zu einer schnelleren Gangart gedrängt. Iran müsse verstehen, "dass die Welt nicht ewig warten wird", um die Zweifel über das Programm zu zerstreuen, sagte Baradei am 6. Mai vor dem Außen- und dem Verteidigungsausschuss der Pariser Nationalversammlung. Insgesamt sei die Zusammenarbeit Teherans besser geworden und weise "in die richtige Richtung"; einige Staaten würden allerdings zunehmend ungeduldig, betonte der IAEA-Chef.
  • Iraner in 39 Wahlkreisen sind am 7. Mai zur zweiten Runde der Parlamentswahl aufgerufen. Knapp drei Monate nach dem ersten Durchgang wird bei der Bestimmung von 57 Abgeordneten für das 290 Sitze große Parlament erneut ein überwältigender Erfolg konservativer Kräfte erwartet. Von den 114 Kandidaten werden nur 17 von Reformkräften unterstützt. Beobachter rechnen mit einer geringen Wahlbeteiligung. Erste Ergebnisse sollen am 8. Mai veröffentlicht werden.
  • Die Hardliner im iranischen Parlament haben bei Stichwahlen ihre Führungsposition ausgebaut. Von den am 7. Mai zu vergebenden 57 Mandaten gingen 37 an Konservative, wie der staatliche Rundfunk am 8. Mai berichtete. Unabhängige Kandidaten gewannen demnach zwölf Sitze, Reformer lediglich acht. Die Stichwahlen fanden in Stimmbezirken von etwa 40 Städten statt, in denen bei der Wahl im Februar keiner der Bewerber 50 Prozent der Stimmen erzielt hatte.
  • Bereits wenige Stunden nach der Eröffnung des neuen internationalen Flughafens von Teheran hat die iranische Armee ihn aus Sicherheitsgründen wieder geschlossen. Als Begründung nannten die Streitkräfte die Tatsache, dass als Betreiber ein österreichisch-türkisches Konsortium ausgewählt worden sei, wie die Nachrichtenagentur Irna am 8. Mai meldete. Dieses bedrohe "die Sicherheit des Landes sowie seine Würde", hieß es in einer Erklärung der Armee. Die Streitkräfte hatten am Morgen das erste Flugzeug auf dem neuen "Imam Khomeini International Airport" (IKIA) landen lassen, bevor sie ihn wieder sperrten.
10. bis 16. Mai
  • Iran ist nach eigenen Angaben im Besitz von Dokumenten, die noch wesentlich schlimmere Gefangenenmisshandlungen belegen als bisher bekannt. "Wir haben Dokumente erhalten, die zeigen, dass diese Art von Praktiken länger verbreitet und schlimmer waren, als es bisher gezeigt wurde", sagte ein Sprecher der Revolutionären Garden am 10. Mai der studentischen Nachrichtenagentur Isna. Iran werde diese "sehr viel schockierenderen" Unterlagen bald veröffentlichen, sagte Sprecher Massud Dschasajeri. Dann könne US-Präsident George W. Bush "seine Schuld nicht mehr auf ein paar Soldaten abwälzen".
  • Bei der ersten Demonstration gegen die Bestätigung des Todesurteils für den iranischen Reformer Haschem Aghadschari haben in Teheran rund 600 Studenten ihre Unterstützung für den Universitätsprofessor bekundet. Unter Applaus forderte Aghadscharis Schwester Soreh am 11. Mai Redefreiheit auch in Religionsfragen. "Wenn man die Religion in den Dienst der Macht stellt, muss man akzeptieren, dass über die Religion gesprochen wird", sagte Soreh Aghadschari. Die Kritik ihres Bruder habe auf die Religion "im Dienste der Macht" gezielt. Ein Studentensprecher warf den konservativen Kräften in Teheran vor, ihre Macht ohne Rücksicht auf die Belange des Volkes auszuüben.
  • Der Stadtrat von Teheran wird am 14. Mai an der Deutschen Botschaft in Iran eine Protesttafel anbringen. Mit der Plakette solle Deutschland wegen seiner Lieferungen von Chemiewaffen an den irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein während des Iran-Irak-Krieges in den 80er Jahren verurteilt werden, sagte der Ratsvorsitzende Mehdi Schamran in der Nacht zum 12. Mai der amtlichen Nachrichtenagentur Irna. Zugleich solle damit der Opfer der Chemiewaffenangriffe Iraks in dieser Zeit gedacht werden. Der Stadtrat verlange von der deutschen Regierung eine Entschuldigung "an die iranische Nation" und wünsche sich, "dass das deutsche Volk seine Regierung befragt".
  • Libyen will nach Angaben der USA den Handel mit Rüstungsgütern mit Nordkorea, Iran und Syrien einstellen. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte am 13. Mai, dies resultiere aus der Entscheidung Libyens, auf Massenvernichtungswaffen zu verzichten. In einer Erklärung des libyschen Außenministerium in Tripolis hieß es nur, das Land werde den Handel mit Rüstungsgütern mit Ländern einstellen, die weiter Massenvernichtungswaffen herstellten. Konkrete Länder wurden aber nicht genannt. Aus Nordkorea hatte Libyen seine Scud-Raketen bezogen, wie das US-Außenministerium mitteilte.
  • Zum iranischen Atomprogramm sagte der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, am 14. Mai in New York, bislang hätten seine Inspektoren keinen Beweis dafür gefunden, dass Uran für den Bau von Atomwaffen angereichert worden sei. "Wenn Sie mich fragen, ob sie (die Iraner) das Wissen zur Entwicklung hoch angereicherten Urans haben, lautet die Antwort ja - und offen gesagt, ist das ein Abschreckung", erklärte er. "Ich denke, Iran war sich sehr darüber bewusst, dass es mit der Entwicklung dieses Wissens auch eine Botschaft aussandte, 'dass wir wissen, wie wir es zu machen haben, sollten wir entscheiden, dass wir es machen wollen'", sagte ElBaradei weiter. "Die Frage lautet, haben sie das getan. Das ist das, was wir gerade prüfen", sagte er.
  • Der oberste geistliche Führer Irans kritisierte das Vorgehen der US-Truppen in Nadschaf am 16. Mai in scharfer Form. Dort war am 14. Mai bei Gefechten ein Heiligtum der Schiiten beschädigt worden. "Muslime können das schändliche Eindringen amerikanischer Streitkräfte in heilige Orte nicht tolerieren", erklärte Ayatollah Ali Chamenei laut einem Bericht der Nachrichtenagentur IRNA. Diese Missachtung könne von den Muslimen in Irak und auf der ganzen Welt nicht hingenommen werden. Schon am 15. Mai hatte sich die iranische Geistlichkeit über die Kämpfe in Nadschaf und Kerbela besorgt geäußert.
  • Mehrere hundert Studenten haben am 16. Mai vor der britischen Botschaft in Teheran gegen die britischen und US-Truppen in Irak demonstriert. Die Demonstranten, die dem Aufruf einer islamistischen Gruppe gefolgt waren, setzten Flaggen der USA, Großbritanniens und Israels in Brand, warfen Steine und riefen "Tod Amerika, Tod Großbritannien und Tod Israel", wie ein AFP-Reporter berichtete. Ein Versuch der Demonstranten, die Botschaft zu stürmen, wurde von Sicherheitskräften zurückgeschlagen. Die Studenten kündigten auf einem Transparent an, täglich und so oft protestieren zu wollen, bis die Gefangenen im Abu-Ghraib-Gefängnis bei Bagdad freigelassen würden.
17. bis 23. Mai
  • Iran hat der Internationalen Atomenergie-Organisation einen ausführlichen Bericht über sein Atomprogramm übergeben. Dieser sei Teil des Zusatzprotokolls zum Atomwaffen-Sperrvertrag. Das Dokument enthalte eingehendere Informationen über bisherige und derzeitige nukleare Aktivitäten, teilte die Atombehörde am 22. Mai in Wien mit. Iranische Quellen hatten die Übergabe des Berichts angekündigt, aber den Zeitpunkt offen gelassen.
  • Rund 500 Studenten haben am 23. Mai vor der britischen Botschaft in Teheran gegen das Vorgehen der Koalitionstruppen in Irak protestiert. Die Demonstranten verurteilten die Beschädigung eines schiitischen Schreines bei Kämpfen zwischen US-Truppen und Aufständischen in Nadschaf sowie die Misshandlungen irakischer Gefangener. Ein Studentenführer forderte das iranische Außenministerium auf, dem britischen Botschafter "ins Gesicht zu schlagen wie es amerikanische und britische Soldaten mit muslimischen Irakern getan haben". Die Studenten drohten, das Botschaftsgebäude zu stürmen, sobald der höchste geistliche Führer Irans, Ayatollah Ali Chamenei, dies erlaube. Bereitschaftspolizisten sicherten die Botschaft im Zentrum von Teheran.
  • Iran hat wegen der angespannten Lage im Nachbarland Irak eine "förmliche Warnung" an die USA gerichtet. Die Note sei Washington über die Schweizer Botschaft in Teheran übermittelt worden, teilte der Sprecher des iranischen Außenministeriums am 23. Mai mit. Da die USA und Iran keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, vertritt die Schweiz in Teheran die Interessen der US-Regierung.
24. bis 31. Mai
  • Der iranische Außenminister Kamal Charrasi hat am 24. Mai seinen für den selben Tag geplanten Besuch in Spanien kurzfristig abgesagt. Grund sei die Einladung des Sohnes und der Witwe des ehemaligen Schahs zur Hochzeit des spanischen Kronprinzen Felipe am 22. Mai gewesen, hieß es aus Diplomatenkreisen in Madrid. Teheran hatte schon am Vortag dagegen protestiert. Das Treffen sei auf Wunsch Irans verschoben worden, bestätigte das spanische Außenministerium.
  • Iran besitzt nach eigenen Angaben mindestens 60 Prozent der zur Herstellung von Atombrennstäben notwendigen Technologie. Die Technologie sei im Land entwickelt worden, sagte der ehemalige Vertreter Teherans bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Ali Akbar Salehi, der Zeitung "Kajhan" (25. Mai). Dennoch werde es noch etwa zehn Jahre dauern, bis Iran sicheres Brennmaterial für das Atomkraftwerk Buschehr produzieren könne. Buschehr ist das erste Kernkraftwerk Irans und wird mit Hilfe Russlands im Süden des Landes gebaut. Salehi berät den iranischen Außenminister Kamal Charrasi.
  • Bei Protesten von mehreren hundert Islamisten vor der britischen Botschaft in Teheran ist es am 28. Mai zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften gekommen. Die Demonstranten versuchten, das Botschaftsgebäude zu stürmen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Polizisten setzten Schlagstöcke gegen die 200 bis 300 Männer ein, die den Zugang zur Botschaft erzwingen wollten. Mehrere Demonstranten wurden leicht verletzt. Auf das Gebäude prasselten Steine. "Tod Großbritannien", "Tod den USA" skandierte die aufgebrachte Menge, die gegen die Besatzung Iraks protestierte. Es ist das sechste Mal binnen elf Tagen, dass Islamisten in der iranischen Hauptstadt gegen Großbritannien demonstrieren.


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