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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

September/Oktober 2003

1. bis 14. September 2003

Der Iran soll das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag rasch unterzeichnen: Dafür haben sich Außenminister Joschka Fischer und die Internationale Atomenergiebehörde ausgesprochen. Fischer und IAEO-Direktor Mohammed el Baradei forderten bei einem Treffen am 2. September in Berlin Teheran zu voller Transparenz gegenüber der IAEO auf. Mit der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls wären der IAEO umfassende und unangemeldete Kontrollen in iranischen Atomanlagen gestattet.

Unbekannte haben am 3. September auf die britische Botschaft in Teheran von der Straße aus fünf Schüsse abgegeben, berichtete BBC unter Berufung auf einen Botschaftssprecher. Verletzt wurde niemand. Die Botschaft wurde vorübergehend geschlossen.

Die US-Regierung will den UN-Sicherheitsrat auffordern, Iran wegen Verletzung des Atomwaffensperrvertrags zu verurteilen. Ein entsprechender Resolutionsentwurf soll bei der am 8. September beginnenden Konferenz der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien eingebracht werden, sagte am 5. September ein Diplomat.

Eine geheime Gruppe von 70 bis 90 Wissenschaftlern soll nach einem Zeitungsbericht in Iran am Bau einer Atombombe arbeiten. Iran habe in Europa Hochspannungsschalter gekauft, die zum Zünden von Atomsprengköpfen benutzt werden könnten, berichtet der "Tagesspiegel am Sonntag" am 7. September unter Berufung auf westliche Sicherheitskreise. Teheran habe sich zudem besondere Hochgeschwindigkeitskameras und Röntgenblitzgeräte besorgt, mit denen Testexplosionen untersucht werden können. Außerdem arbeite Teheran an Spezialsprengstoffen, mit denen Atomsprengköpfe gezündet werden könnten, heißt es in dem Bericht weiter. Die Gruppe bestehe aus Experten, deren Forschung von Mitgliedern der konservativen Revolutionswächter und dem iranischen Verteidigungsministerium koordiniert würden.

Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche wurden am 9. September auf die britische Botschaft in Teheran Schüsse abgefeuert. Es sei aber niemand verletzt worden, teilte das Außenministerium in London mit.
Iran hat am 10. September bestritten, dass die britische Botschaft in Teheran am Vortag beschossen worden sei. Die Schüsse hätten im Zusammenhang mit einer "Polizeiaktion" gestanden, sagte ein Beamter des iranischen Außenministeriums.

Am 11. September sickerte aus Konferenzkreisen bei der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien durch, dass offenbar eine Mehrheit von 20 (von 35) Direktoren dafür seien, einen von Deutschland und Frankreich eingebrachten Resolutionsentwurf zu verabschieden, der die vollständige Offenlegung des iranischen Atomprogramms vorsieht, und zwar bis zu nächsten Sitzung des Gremiums im November. Auch soll der Iran alle Aktivitäten mit angereichertem Uran aussetzen. Die USA unterstützen den Entwurf. Teheran lehnt ein solches Ultimatum ab. Der iranische Außenminister sagte in Sarajewo, eine harte Resolution gegen Iran werde die Lage noch komplizierter machen.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat am 12. September Iran eine Frist bis Ende Oktober zur Offenlegung seines Atomprogramms gesetzt. Der Gouverneursrat der UN-Organisation habe in Wien eine entsprechende Resolution verabschiedet, sagte IAEA-Sprecherin Melissa Fleming. Aus Protest gegen die Entscheidung verließ der iranische Botschafter das Treffen.

Iran hat die von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gesetzte Frist zur Offenlegung seines Atomprogramms bis Ende Oktober energisch zurückgewiesen. Die westlichen Staaten im IAEA-Gouverneursrat hätten "unrechtmäßige, illegale und nicht praktizierbare" Forderungen an Teheran gestellt, sagte Irans Botschafter bei der IAEA, Ali Akbar Salehi, der Nachrichtenagentur IRNA am 13. September. Salehi wies die Resolution als "politisch" zurück. Die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland als Verfechter der Resolution nannte er "extremistische Länder". Sollte der Streit weiter eskalieren, könnte sein Land "vielleicht den Atomwaffensperrvertrag aufkündigen", sagte Salehi dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

15. bis 30. September

Der argentinische Bundesrichter Juan José Galeano hat am 15. September das Außenministerium seines Landes um einen Auslieferungsantrag in Großbritannien gegen den früheren iranischen Botschafter in Buenos Aires, Hadi Soleimanpur, gebeten. Nach Informationen aus Buenos Aires sollte der 600 Seiten starke Antrag umgehend nach London geschickt werden. Die Frist für den Antrag laufe am Freitag ab.

Die USA haben Russland zum Stopp ihrer nuklearen Zusammenarbeit mit Iran aufgefordert. Im Bemühen um die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen seien außerdem klare Worte Moskaus an Nordkorea nötig, sagte der amerikanische Botschafter Alexander Vershbow am 19. September auf einer internationalen Konferenz in Moskau. Der Diplomat formulierte detaillierte Erwartungen der USA an Russland: "Wir hoffen auch, dass Russland einen Baustopp für das Atomkraftwerk Buschehr verfügt und keinen Brennstoff liefern wird, bis Iran dem Zusatzprotokoll (des Atomwaffensperrvertrags) zustimmt und bei dessen Umsetzung mit der IAEA vollständig zusammenarbeitet."

Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben Diplomatenkreisen zufolge dem Iran entgegen dem Wunsch der USA Technologie-Kooperationen in Aussicht gestellt, falls es sein umstrittenes Atomprogramm stoppt. Aus westlichen Diplomatenkreisen erfuhr Reuters am 19. September, dass die Außenminister der drei Länder Anfang August mit einem entsprechenden Brief an Teheran Irritationen im transatlantischen Verhältnis ausgelöst haben. Die USA hätten das Vorgehen als "nicht sehr hilfreich" bezeichnet, hieß es.
Iran hat nach eigenen Angaben eine Fabrik zur Anreicherung von Uran probeweise in Betrieb gesetzt. Das Unternehmen in Natans arbeite bereits seit einigen Wochen im Probebetrieb, sagte der iranische Vertreter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Ali Akbar Saleh, der Tageszeitung "Kaihan" am 22. September. In Natans existieren nach seinen Angaben derzeit 164 Zentrifugen. Die Nuklearfabrik Natans ist im Visier der IAEA, seit Kontrolleure dort Spuren hoch angereicherten Urans gefunden haben. Die IAEA verdächtigt Iran, die Substanz zum Bau von Nuklearwaffen herzustellen und so den Atomwaffensperrvertrag zu verletzen. Die Regierung in Teheran weist die Vorwürfe zurück.

Der Iran hat bei einer Militärparade am 22. September eine neue Mittelstreckenrakete präsentiert, die Militärexperten zufolge Israel und US-Stützpunkte in der Region erreichen kann. Der iranische Präsident Mohammad Chamati wies zugleich erneut den Vorwurf der USA zurück, sein Land entwickle Massenvernichtungswaffen.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) wird nach Angaben aus Teheran schon bald Experten zu Gesprächen über ein Zusatzprotokoll zum Atomwaffen-Sperrvertrag nach Iran entsenden. Irans Vertreter bei der IAEA, Ali Akbar Salehi, bezeichnete am 23. September im Staatsfernsehen die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls als unvermeidlich. Der Besuch der Experten in Teheran werde "in naher Zukunft" stattfinden. Zwar bedeute das Zusatzprotokoll eine "Einmischung" in die inneren Angelegenheiten Irans, aber die Länder, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet hätten, müssten es "früher oder später" ebenfalls unterschreiben, sagte Salehi weiter.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat nach Angaben aus Diplomatenkreisen vom 25. September weitere Spuren von hoch angereichertem Uran in einer Anlage in Iran entdeckt. Dieses spaltbare Material kann auch zum Bau von Atomwaffen benutzt werden. Die neuen Spuren sollen in einer Anlage im iranischen Kalaje entdeckt worden seien.

US-Präsident George W. Bush sagte laut SPIEGEL-Online vom 25. September, die Welt müsse es Iran sehr deutlich machen, dass es "universell verurteilt" werde, wenn es sein Atomwaffenprogramm fortsetzen sollte. Er habe mit mehreren Staats- und Regierungschefs über das Thema gesprochen. Alle hätten die Gefahr erkannt, sagte Bush. "Die internationale Gemeinschaft hat dieselben Besorgnisse geäußert wie wir. Dies ist eine letzte Chance für den Iran, nachzugeben und wenn er das nicht tut, sollte das nach unserer Meinung dem Sicherheitsrat berichtet werden", sagte der Sprecher des US-Präsidialamtes Scott McClellan.
Iran will sein Atomprogramm ungeachtet des Widerstands der USA entschlossen vorantreiben. Der iranische Außenminister Kamal Charrasi bekräftigte am 25. September vor der UN-Vollversammlung in New York, das Programm diene ausschließlich friedlichen Zwecken. Forderungen, es zu beenden, seien unbegründet und diskriminierend.
Die Reise einer Delegation der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nach Iran wurde am 26. September verschoben. Wie es hieß, braucht Iran noch mehr Zeit, um sich vorzubereiten.

Der Enkel des 1989 verstorbenen iranischen Revolutionsführers Ayatollah Khomeini hat einen Besuch in den USA genutzt, um für einen Sturz der iranischen "Diktatur" zu werben. US-Präsident George W. Bush solle wie der frühere britische Premierminister Winston Churchill handeln, als dieser sein Volk für den Kampf gegen Hitler mobilisiert habe, sagte Hossein Khomeini am 26. September vor der konservativen US-Denkfabrik American Enterprise in Washington. Auf die Frage, ob er für eine Rückkehr der Familie des 1979 gestürzten Schahs sei, sagte er: "Derjenige, der die Kraft hat, die Iraner in die Freiheit zu führen, soll dort sein." Zur Zeit der Monarchie habe es "wenigstens die freie Wahl der Religionsausübung" gegeben, sagte Hossein Khomeini. Seit der von seinem Großvater angeführten islamischen Revolution jedoch sei Iran "eine der schlimmsten Diktaturen".

Der russische Präsident Wladimir Putin und US- Präsident George W. Bush haben gemeinsam Iran aufgerufen, keine Atomwaffen zu entwickeln. Zum Abschluss ihrer Gespräche in Camp David versicherte Putin am 27. September, auch sein Land habe kein Interesse daran, zu Atomwaffenprogrammen Irans oder anderer Staaten beizutragen.

Iran hat am 29. September eingeräumt, dass an einem zweiten Ort im Land Spuren von hoch angereichertem Uran gefunden worden sind. Das Uran sei aber nicht in Iran hergestellt worden, betonte dessen Sprecher bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Aliu Akbar Salehi.
Die EU erhöhte am 29. September den politischen Druck auf Iran, im Streit über die mögliche Produktion von nuklearwaffenfähigem Material alle Auflagen der internationalen Atomaufsicht zu erfüllen. Teheran steht seit über einem halben Jahr mit der EU in Verhandlungen über eine engere wirtschaftliche und politische Kooperation. Jetzt wurde die Regierung des Landes von den europäischen Außenministern unmissverständlich daran erinnert, dass es bei den Verhandlungen nur Fortschritte geben könne, wenn Iran sich bei den Fragen der Menschenrechte bewege, sich am Antiterrorkampf beteilige, den Nahost-Friedensprozess befördere und auf die Entwicklung von Nuklearwaffen nachprüfbar verzichte.

Am 30. September hat der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien, Mohamed el-Baradei, die bevorstehende Inspektion der iranischen Atomanalgen als bedeutendes Ereignis bezeichnet. "Das ist ein entscheidender Moment in unserer Arbeit", sagte er. In den nächsten Wochen werde die Kooperationsbereitschaft Teherans geprüft. Die IAEA-Mitgliedstaaten erwarten "volle Transparenz". Die Inspektionen sollen bis Ende Oktober dauern. Am 31. Oktober endet die Frist, welche die IAEA Iran zur Offenlegung seines Atomprogramms gesetzt hat. Bei Nichteinhaltung der Frist durch den Iran hatten die USA angekündigt eine Resolution im UN-Sicherheitsrat einzubringen, die den Iran mit Sanktionen belegen sollte.

1. bis 12. Oktober

Das der US-Regierung nahe stehende Zentrum für Nichtverbreitungspolitik in Washington warnt davor, dass Iran einer US- Studie zufolge in zwei Jahren nukleare Waffen bauen kann. Das Zentrum empfiehlt einem Bericht der USA Today vom 1.Oktober zufolge deshalb dringend Konzessionen des Westens an Iran. Sicherheitsgarantien, Wirtschaftshilfe und eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen könnten Teheran davon abhalten, nukleare Waffen zu entwickeln, heißt es in dem Bericht. "Die Iraner haben die Option für den Bau einer Atombombe, solange sie einen Reaktor haben", wird der Chef des Politikzentrums, Henry Sokolski, in der Zeitung zitiert.

Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) hat mit den iranischen Behörden am 2. Oktober in Teheran Beratungen über die bevorstehenden Kontrollen der Nuklearanlagen des Landes aufgenommen. Der iranische Präsident Mohammed Chatami versicherte, dass die Inspekteure in seinem Land nichts Illegales finden würden. "Wir haben nichts zu verstecken, und unsere gesamten Nuklearprogramme sind transparent", sagte Chatami der iranischen Nachrichtenagentur ISNA. Die IAEO-Experten wollen am 3. Oktober ihre Arbeit beginnen.

Der ehemalige iranische Präsident Haschemi Rafsandschani hat die Zusammenarbeit seines Landes mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) an Bedingungen geknüpft. Man werde den IAEA-Inspektoren mehr Zugang gewähren, wenn diese "die Sicherheit, Werte und heiligen Stätten des Landes" nicht verletzten, sagte er am 3. Oktober in einer Predigt an der Teheraner Universität, die im Rundfunk übertragen wurde. Rafsandschani, der als konservativ gilt, ist ein enger Berater des geistlichen Führers Ajatollah Ali Chamenei.

Optimismus verstrahlte Irans UNO-Botschafter in Wien, Ali Akbar Salehi, nach Abschluss der Verhandlungen zwischen einer hochrangigen Delegation der Wiener Atomenergiebehörde und der iranischen Regierung in Teheran am Wochenende 4./5. Oktober: Es sei bereits zu einer Vereinbarung über intensivierte Inspektionen iranischer Atomanlagen durch IAEA-Experten gekommen und die Verhandlungen wären in "totalem Optimismus und zur Zufriedenheit beider Seiten" beendet worden. Ähnlich äußerte sich am 5. Oktober auch Irans Außenamtssprecher Hamid-Reza Assefi.
US-Außenminister Colin Powell hat in einem Kommentar zur Zusage des iranischen Präsidenten Mohammad Chatami, mit der IAEA zusammenzuarbeiten, von "ermutigenden Signalen" gesprochen. Der "Washington Post" vom 5. Oktober sagte Powell, die USA seien nicht auf eine "Konfrontation oder Krise" mit Teheran aus. Seine Regierung benötige aber die "absolute Gewissheit", dass Iran nicht unter dem Deckmantel ziviler Programme Atomwaffen herstelle.
Iran hat nach eigenen Angaben die ersten Listen mit eingeführten Nuklear-Bauteilen an die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) übergeben. Die Listen würden derzeit fertiggestellt, sagte der Vertreter Teherans bei der Behörde, Ali Akbar Saleh, am 6. Oktober der Nachrichtenagentur AFP. Ein Teil der Aufzeichnungen zu dem Nuklear-Material, das über Mittelsmänner erworben wurde, sei bereits übergeben worden.
Iran wird nach Aussage von Außenminister Kamal Charrasi weiter Uran anreichern, um die Atomkraft zur Stromproduktion zu nutzen. Damit verstößt Teheran gegen eine Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Diese fordert zum einen, dass Iran bis spätestens 31. Oktober die ausschließlich friedliche Nutzung seines Atomprogramms unter Beweis stellt. Zum anderen wird Teheran aufgefordert, "alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der Urananreicherung aufzugeben". "Niemand darf uns das Recht nehmen, die Atomenergie friedlich zu nutzen", zitierte die iranische Nachrichtenagentur IRNA Charrasi am 7. Oktober. Dies beziehe sich insbesondere auf die Urananreicherung für Atomkraftwerke. Mit der Urananreicherung werde Brennstoff für die Reaktoren gewonnen.
Iran will nach Aussage von Präsident Mohammad Chatami alles tun, um die Bedenken gegen das iranische Atomprogramm zu zerstreuen. Ausgenommen seien jedoch Punkte, die in Zusammenhang mit der Sicherheit des Landes stünden, erklärte Chatami am 8. Oktober vor Journalisten. "Wir sind bereit alles zu tun, was nicht unserer nationalen Sicherheit, Souveränität und territorialen Integrität schadet", sagte Chatami. Inwieweit die nationale Sicherheit den Zugang der UN-Inspektoren beschränken wird, wurde nicht klar. Chatami schloss die Unterzeichnung des von der IAEA geforderten Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag nicht aus, eine Einhaltung der IAEA-Frist wollte er jedoch nicht zusagen. Er hoffe dennoch auf eine faire Beurteilung durch die UN-Behörde, sagte der Präsident.

Mit mehrstündiger Verzögerung hat die Regierung in Teheran am 10. Oktober der iranischen Menschenrechtlerin Schirin Ebadi zur Verleihung des Friedensnobelpreises 2003 gratuliert. In einer Verlautbarung von Regierungssprecher Abdollah Ramesansadeh hieß es: "Wir hoffen, dass den Ansichten von Frau Ebadi innerhalb und außerhalb Irans nun mehr Beachtung geschenkt wird als vorher." Und er erklärte weiter: "Im Namen der Regierung der Islamischen Republik Iran gratuliere ich Frau Ebadi und allen iranischen muslimischen Frauen." Die Regierung freue sich, dass eine iranische Muslimin benannt worden sei, die die Möglichkeiten des Landes zur Verteidigung der Menschenrechte - insbesondere die der Kinder und Frauen - in einer Art nutze, die von friedliebenden Gremien in der Welt anerkannt werde.
Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat weit reichende Reformen in ihrem Heimatland gefordert. "Wenn es (das Reformbestreben) sich nicht entwickelt, kann die Islamische Republik nicht weiter bestehen", sagte sie in einem Gespräch mit der französischen Zeitung "Le Monde" (11.10.2003). "Wir wollen, dass Reformen ernst und radikal durchgeführt werden", fügte sie hinzu. Sie sei nicht gegen den Islam. Es gebe aber auch mehrere Ajatollahs (Religionsführer), die eine Trennung von Staat und Religion befürworteten.
US-Präsident George W. Bush beglückwünschte Ebadi für den Erhalt des Friedensnobelpreises. Bush erklärte am 11. Oktober in Washington, damit werde ihr Eintreten für Menschenrechte und Demokratie anerkannt. "Ich unterstütze sehr stark die Sehnsucht des iranischen Volkes nach Freiheit und den Wunsch nach Demokratie", erklärte Bush.

Eine knappe Woche nach Beginn der Inspektionen in Iran hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) die schleppende Preisgabe von Informationen über das iranische Nuklearprogramm kritisiert. Die Führung in Teheran liefere die Informationen über die Atomanlagen nicht in dem Tempo, das die IAEA anstrebe, sagte IAEA-Sprecher Mark Gwozdecky am 11. Oktober in Wien. Zwar habe die iranische Seite "gewisse Informationen" über den Import von Nuklearbauteilen zur Verfügung gestellt, aber die Atomenenergiebehörde brauche mehr Details insbesondere über die Herkunft von Teilen. Der IAEA-Sprecher forderte Iran erneut auf, sein Nuklearprogramm bis zum 31. Oktober vollständig offenzulegen.

Israel ist einem US-Pressebericht zufolge in der Lage, Atomwaffen von U-Booten abzuschießen. Die israelische Regierung habe in den USA hergestellte Marschflugkörper so verändert, dass diese auf U-Booten mit Nuklearsprengköpfen bestückt werden könnten, berichtete die US-Zeitung "Los Angeles Times" (Ausgabe vom 11. Oktober) unter Berufung auf US- und israelische Beamte. Die US-Beamten hätten die Information enthüllt, um in einer Zeit erhöhter Spannungen in Nahost und des Verdachts eines iranischen Atomprogramms "Israels Feinde" zu warnen. Der Zeitung zufolge werden durch die Enthüllungen jedoch die Bemühungen erschwert, Teheran davon zu überzeugen, auf eigene Atomwaffen zu verzichten.

Die israelische Regierung hat nach Informationen des "Spiegel" Pläne zur Zerstörung der iranischen Atomanlagen. Dies berichtete dpa am 12. Oktober. Demnach wurde der Geheimdienst Mossad vor zwei Monaten angewiesen, ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten. Nach den jetzt vorgelegten Szenarien müsste etwa ein halbes Dutzend Ziele von F-16-Kampfbombern in einer Nacht-und-Nebel-Aktion "gleichzeitig sowie vollständig" zerstört werden. Nach Erkenntnissen Israels arbeitet Teheran bereits im Endstadium daran, Uran durch Anreicherung waffenfähig zu machen.

Die iranische Anwältin und diesjährige Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi vertritt die Familie der in Iran gewaltsam zu Tode gekommenen Fotoreporterin Zahra Kazemi vor Gericht. Das berichtete am 12. Oktober die im kanadischen Toronto erscheinende Zeitung "Globe and Mail" unter Berufung auf Stephan Hachemi, den Sohn der Fotografin. Seine in Iran lebende Großmutter habe Ebadi damit beauftragt, ihre Familie bei dem Prozess in Teheran zu vertreten, und Ebadi habe eingewilligt, sagte Hachemi. Kazemi war am 23. Juni vor einem Gefängnis im Norden Teherans festgenommen worden, weil sie dort fotografiert hatte, und am 11. Juli nach ihrer Vernehmung gestorben. (vgl. unsere Chronik vom Juli.)

13. - 19. Oktober

Die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat sich am 14. oktober auf den Weg in ihre Heimat Iran gemacht. Sie hoffe, dass die Auszeichnung dazu beitrage, "die Lage der Menschenrechte in allen islamischen Ländern, darunter Iran, zu verbessern", sagte die zuletzt in Paris weilende Anwältin kurz vor ihrem Flug vom Flughafen Orly nach Teheran. Ebadi betonte, sie empfinde "keinerlei Furcht" vor der Rückkehr nach Iran. Sie fühle sich "wie ein Kind, das in die Arme seiner Mutter zurückkehrt", sagte die 56-jährige Juristin.
Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi ist am Abend des 14. Oktober aus Paris kommend unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in ihre Heimat zurückgekehrt. Ihre Rückkehr wurde zu einer Massendemonstration: Tausende von Iranern säumten die Straßen in der Umgebung des Mehrabad-Flughafens außerhalb der Hauptstadt Teheran.
Am 15. Oktober hat Schirin Ebadi die iranische Regierung am Mittwoch zur Freilassung politischer Gefangener aufgefordert. Sie selbst werde nicht in die Politik gehen, kündigte die Bürgerrechtlerin an: "Ein Kämpfer für die Menschenrechte sollte bei den Menschen bleiben und für das stumme Volk sprechen."

Der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed el Baradei, hat der iranischen Regierung Verzögerungstaktik bei der Offenlegung ihres umstrittenen Atomprogramms vorgeworfen. "Wir machen Fortschritte, allerdings nicht in der gewünschten Geschwindigkeit", sagte Baradei am 15. Oktober auf dem Weg nach Teheran bei einem Zwischenstopp in Frankfurt am Main.
Der Iran hat nach Angaben der UNO-Atomenergiebehörde IAEA zugesagt, strengere Kontrollen seiner Atomanlagen zuzulassen. Der Iran sei bereit, auch unangemeldete Inspektionen seiner Atomanlagen durch die IAEA zu erlauben, sagte IAEA-Chef Mohamed ElBaradei am 16. Oktober in Teheran nach einem Treffen mit Hassan Rohani, dem Chef des Obersten Nationalen Sicherheitsrates. Rohani habe ihm zudem zugesichert, alle noch offenen Fragen zu klären. Der Iran zeigte sich zuversichtlich, in den Gesprächen mit ElBaradei die Besorgnis der internationalen Gemeinschaft um das Atomprogramm des Iran auszuräumen.
Der Iran steht im Streit um sein Atomprogramm den Worten seines Präsidenten Mohammad Chatami zufolge vor einer Einigung mit der UNO-Atomenergiebehörde IAEA. Dies wäre ein wichtiger Schritt zur Eindämmung eines weiteren Konfliktes um Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten. "Wir haben bereits die abschließenden Verhandlungen begonnen", sagte Chatami am 17. Oktober in Malaysia am Rande des Treffens der Islamischen Weltkonferenz. Zugleich bekräftigte er, dass sein Land anders als von den USA und zahlreichen anderen Staaten befürchtet keine Absicht habe, Atomwaffen zu bauen. Unter Hinweis auf den US-Einmarsch im Irak, dem Nachbarland des Irans, betonte Chatami die Verteidigungsbereitschaft seines Landes. Sein Land sei auf der Hut vor jedweder Bedrohung von außen. br>
Teheran hat die Außenmninister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens nach Iran eingeladen, um mit ihnen über das iranische Atomprogramm zu verhandeln, teilte am 19. Oktober ein Sprecher des iranischen Außenministeriums mit.


20. - 31. Oktober

Am 20. Oktober gaben die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens bekannt, dass sie die Einladung Teherans angenommen hätten. Noch am 21. Oktober sollte es in Teheran zu einem Gespräch kommen.
In dem Gespräch mit den drei Außenministern Fischer, de Villepin und Straw erklärte sich die iranische Regierung am 21. Oktober bereit, die Anreicherung von Uran und die Wiederaufarbeitung von Brennstäben auszusetzen. Im Gegenzug akzeptierten de Villepin, Fischer und Straw die friedliche Nutzung der Kernenergie durch den Iran. Der iranische Präsident Mo´hammed Chatami hatte die Bereitschaft der drei europäischen Minister zum Dialog mit Iran begrüßt. Iran erklärte sich auch bereit, das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen und den Ratifizierungsprozess schnell einzuleiten. Damit erhalten die Inspekteure der IAEA uneingeschränkten Zugang zu allen Atomanlagen des Landes.

Am 22. Oktober hat Iran angekündigt, umgehend die von der Atomenergiebehörde IAEA geforderten Schritte einzuleiten. Noch am Abend würden die geforderten Dokumente an die IAEA übergeben. In der nächsten Woche solle das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet werden, wonach unangemeldete Kontrollen möglich seien. US-Präsident Bush fand am 22.Oktober lobende Worte für die Initiative der drei europäischen Außenminister und sprach von einer "sehr positiven Entwicklung".

Am 23. Oktober überreichte Teheran der IAEA Dokumente über das iranische Atomprogramm. In dem Paket sind aber offenbar keine Informationen über die Spuren waffenfähigen Urans enthalten, die in der Atomanlage Natans gefunden wurden. Das deutete der iranische IAEA-Botschafter Ali Akbar Salehi in Wien an. Der offizielle Standpunkt Teherans hierzu lautet: Die Gas-Zentrifuge, in der die Uranspuren entdeckt wurden, sei bereits kontaminiert aus dem Ausland geliefert worden. Das Herkunftsland sei Iran nicht bekannt, da das Geschäft über Zwischenhändler abgewickelt worden war.

Iran müsse erst noch beweisen, dass das Vertrauen, das dem Land gegeben wird, gerchtfertigt sei, sagte US-Außenminister Powell in einem Interview mit der französischen Zeitung Le Figaro am 24. Oktober. Bislang habe der Iran versucht sein Atomwaffenprogramm zu verbergen. Deshalb vertraue er, Powell, dem Iran nicht.
Der Iran erlaubt Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA die Untersuchung von tausenden Maschinenteilen, an denen Spuren von hochangereichertem Uran gefunden worden sind. Damit zeigt das Land in einem der Hauptstreitpunkte im Konflikt um sein Atomprogramm Entgegenkommen. Die IAEA-Inspektoren sind am 27. Oktober im Iran eingetroffen.

Das iranische Parlament hat den Teheraner Staatsanwalt Said Mortasawi mit dem gewaltsamen Tod einer iranisch-kanadischen Journalistin in Verbindung gebracht. Die Inhaftierung Zahra Kazemis sei nicht gerechtfertigt gewesen und habe nicht im Einklang mit den Gesetzen gestanden, erklärte das Parlament am 27. Oktober in seinem Bericht über den Todesfall, der in offener Sitzung verlesen und direkt im staatlichen Rundfunk übertragen wurde. Das Parlament kritisierte unter anderem, dass Mortasawi zunächst fälschlicherweise einen Schlaganfall als Todesursache genannt hatte. Ferner bemängelten die Abgeordneten, dass der Staatsanwalt sich geweigert habe, an Parlamentssitzungen zur Klärung der Umstände des Todes der 54-Jährigen teilzunehmen. Der Bericht macht den Weg frei für ein Verhör Mortasawis und einen möglichen Prozess. Ein Beamter des Geheimdienstministeriums steht bereits wegen der tödlichen Schläge auf die Journalistin vor Gericht. Er hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Kazemi war nach einem Verhör über 77 Stunden mit schweren Kopfverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Sie starb zwei Wochen später, am 10. Juli. Kazemi war wegen Fotografierens von Teheraner Studentenprotesten vor einem Gefängnis festgenommen worden. Zunächst hatte die Teheraner Staatsanwaltschaft erklärt, Kazemi sei an einem Schlaganfall gestorben. Eine vom Präsidenten eingesetzte Kommission widerlegte diese Version und stellte fest, dass die Journalistin an Kopfverletzungen starb, die sie in der Haft erlitten habe. Das Geheimdienstministerium hatte die Vorwürfe gegen seine Beamten als "reine Lügen" zurückgewiesen.

US-Außenminister Colin Powell hat am 27. Oktober von Iran die Auslieferung von dort inhaftierten Terrorverdächtigen gefordert. Der iranische Außenminister Hamid Resa Asefi hatte am 26. Oktober bekannt gegeben, dass seine Regierung den Vereinten Nationen eine Liste mit 225 Namen von mutmaßlichen El-Kaida-Terroristen übergeben hat, die nach ihrer Einreise nach Iran festgenommen worden seien. Powell sagte, die Liste werde derzeit vom amerikanischen Geheimdiensten überprüft. Nach iranischen Angaben befinden sich unter den Personen auf der Liste ranghohe Mitglieder der internationalen Terrororganisation von Osama bin Laden. Alle El-Kaida-Terroristen müssten von Iran an ihre Herkunftsländer oder an die USA überstellt werden, um sie zu verhören und ihnen den Prozess zu machen, bekräftigte der US-Außenminister.

Einen Tag vor Ablauf des Ultimatums an Iran hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) die Regierung in Teheran noch einmal zur vollen Kooperation ermahnt. Iran müsse sein gesamtes Atomprogramm offen legen, forderte der IAEA-Generaldirektor Mohamed ElBaradei in einem am 30. Oktober veröffentlichten Interview der Pariser Tageszeitung "Le Monde". In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 31. Oktober) Freitagausgabe) erklärte er: "Wir sind noch nicht in der Lage, ein klares Urteil abzugeben." Vor einer Woche hatte die iranische Regierung der IAEA ein Dossier übergeben, in dem nach Darstellung Teherans alle Atomanlagen des Landes aufgelistet sind. "Sie sagen, ihre Deklaration sei vollständig und exakt. Ich hoffe, das ist der Fall", kommentierte ElBaradei laut "Le Monde". Nachträgliche Änderungen an dem Dossier würde er akzeptieren, auch wenn dies die Glaubwürdigkeit Teherans schmälern würde, fügte er hinzu. Sollte Iran die IAEA nicht zufrieden stellen, könnte sie den Weltsicherheitsrat anrufen, der dann Sanktionen verhängen könnte. Der FAZ sagte ElBaradei, er werde dem IAEA-Gouverneursrat bei seiner nächsten Sitzung im November "einige Fragen beantworten" können. Andere, die vor allem iranische Importe von Nukleartechnologie beträfen, müssten später untersucht werden. Es bedürfe es noch vieler technischer Analysen. Der Generaldirektor erklärte ferner, er erwarte diese oder nächste Woche einen Brief der iranischen Regierung, in der sie formell die Bereitschaft zur Unterzeichnung eines Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag erkläre. Dies würde auch Kontrollen von Atomanlagen gestatten, die zuvor nicht gemeldet wurden.
Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) sieht angesichts der jüngsten Schritte Teherans im Streit um das iranische Atomprogramm "echte Fortschritte". Das erklärte IAEO-Generaldirektor Mohammed el Baradei in einer am 31. Oktober veröffentlichten Pressemitteilung. Am 20. November werde er den IAEO-Gouverneursrat über den Stand der Kontrollen informieren. Am 31. Oktober ging ein Ultimatum der Atombehörde zu Ende, bis zu dem Teheran sein Atomprogramm vollständig offen legen sollte. "Vergangene Woche erhielten wir eine, wie mir versichert wurde, vollständige und exakte Auflistung der bisherigen atomaren Aktivitäten Irans. Wir haben umgehend mit intensiven Kontrollen begonnen und wir machen gute Fortschritte", hieß es in der Erklärung El Baradeis. Noch in der kommenden Woche erwarte er ein Schreiben der Führung in Teheran, in dem noch weiter gehende Kontrollmöglichkeiten eingeräumt werden. "Sollte dies so eintreten, wäre das ein sehr positiver Schritt vorwärts."


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