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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli/August 2003

1. bis 13. Juli 2003

Iran ist unter bestimmten Bedingungen zur Unterzeichnung von Zusatzabkommen zum Atomwaffensperrvertrag bereit, um die Welt von seinen friedlichen Absichten bei der Nutzung der Kernenergie zu überzeugen. Dies erklärte laut einer Meldung der Nachrichtenagentur ITAR-Tass der Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Gholamresa Aghasadeh, am 1. Juli bei Gesprächen in Moskau. Aghasadeh nannte als Bedingung, dass unter den Unterzeichnern des Protokolls zum Atomwaffensperrvertrag, der von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) überwacht wird, eine "Atmosphäre der Transparenz und des Vertrauens" herrschen müsse. Das russische Außenministerium teilte mit, Iran und Russland wollten bald ein Abkommen unterzeichnen, wonach die verbrauchten Brennelemente aus dem in Bau befindlichen iranischen Atomreaktor nach Russland gebracht würden. Ein solcher Schritt könne die Befürchtungen der USA hinsichtlich des iranischen Atomprogramms mindern, hieß es zuvor aus US-Kreisen.

Deutschland verschärft den Ton gegen Iran: Regierung und Opposition verlangen immer dringender von Teheran, das Streben nach waffentauglicher Nukleartechnologie zu beenden. In einer vertraulichen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses sei Außenminister Joschka Fischer über die bisherige Hauptforderung nach Inspektionen hinausgegangen. Fischer verlange von Iran, darauf zu verzichten, den "geschlossenen nuklearen Brennstoffkreislauf" technisch anzustreben, berichtete die "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" in einer Vorabmeldung am 5. Juli.

Mit unverhohlener Freude, so schreibt die Süddeutsche Zeitung (09.07.2003), habe die Teheraner Nachrichtenagentur Irna am 7. Juli gemeldet, dass Bundestagspräsident Wolfgang Thierse seinen iranischen Kollegen zu einem Besuch nach Berlin eingeladen habe. Und am 8. Juli zitiert die "Tehran Times" sogar den "führenden CDU-Abgeordneten" Ruprecht Polenz, der sich kritisch über die amerikanische Politik gegenüber dem Iran geäußert hatte. Die Führung in Teheran hat für den 10. Juli, dem vierten Jahrestag der Studentenproteste, alle Demonstrationen im Land verboten. Auch Kundgebungen in und um die Universität seien verboten. Außerdem ordneten die Behörden die Schließung der Amir-Abad-Universität bis zum 14.Juli an. Ein großer Studentenverband, das Büro für die Festigung der Einheit", protestierte am 8. Juli gegen das Verbot und kündigte für den 10.Juli Sitzblockaden vor den Büros der Vereinten Nationen in Teheran an.

Vor seiner Abreis in den Iran hat sich der Chef der Internationalen Atomnenergiebehörde (IAEO), Mohammed ElBaradei, am 8. Juli zuversichtlich geäußert, dass Teheran das Zusatzprotokoll des Atomwaffensperrvertrags unterschreiben wird. ElBaradei wird am 9. Juli in Teheran erwartet.

Deutschland verschärft den Ton gegen Iran: Regierung und Opposition verlangen immer dringender von Teheran, das Streben nach waffentauglicher Nukleartechnologie zu beenden. In einer vertraulichen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses sei Außenminister Joschka Fischer über die bisherige Hauptforderung nach Inspektionen hinausgegangen. Fischer verlange von Iran, darauf zu verzichten, den "geschlossenen nuklearen Brennstoffkreislauf" technisch anzustreben, berichtete die "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" in einer Vorabmeldung am 5. Juli.

Iran hat nach eigenen Angaben die Testreihe seiner Mittelstreckenraketen Schahab-3 erfolgreich abgeschlossen. Die Flugkörper ahebn eine Reichweite von 1.300 km.

Mit unverhohlener Freude, so schreibt die Süddeutsche Zeitung (09.07.2003), habe die Teheraner Nachrichtenagentur Irna am 7. Juli gemeldet, dass Bundestagspräsident Wolfgang Thierse seinen iranischen Kollegen zu einem Besuch nach Berlin eingeladen habe. Und am 8. Juli zitiert die "Tehran Times" sogar den "führenden CDU-Abgeordneten" Ruprecht Polenz, der sich kritisch über die amerikanische Politik gegenüber dem Iran geäußert hatte. Die Führung in Teheran hat für den 10. Juli, dem vierten Jahrestag der Studentenproteste, alle Demonstrationen im Land verboten. Auch Kundgebungen in und um die Universität seien verboten. Außerdem ordneten die Behörden die Schließung der Amir-Abad-Universität bis zum 14.Juli an. Ein großer Studentenverband, das Büro für die Festigung der Einheit", protestierte am 8. Juli gegen das Verbot und kündigte für den 10.Juli Sitzblockaden vor den Büros der Vereinten Nationen in Teheran an.

Vor seiner Abreis in den Iran hat sich der Chef der Internationalen Atomnenergiebehörde (IAEO), Mohammed ElBaradei, am 8. Juli zuversichtlich geäußert, dass Teheran das Zusatzprotokoll des Atomwaffensperrvertrags unterschreiben wird. ElBaradei wird am 9. Juli in Teheran erwartet.

Die Lage in Iran bleibt weiter angespannt. Trotz Verbots demonstrierten am Abend des 9. Juli in Teheran wieder tausende Menschen gegen die islamische Führung des Landes. Nach Angaben von Augenzeugen riefen die Demonstranten vor der Universität Parolen gegen die Geistlichkeit. Außerdem forderten sie eine Volksabstimmung über politische Reformen. Daraufhin seien sie von Schlägertrupps angegriffen worden. Die Polizei setzte Tränengas ein und feuerte Warnschüsse ab. Es habe mehrere Festnahmen gegeben.
Angesichts eines massiven Polizeiaufgebots haben iranische Studenten ihre für den 10. Juli geplanten Protestaktionen gegen die geistliche Führung des Landes abgesagt.

Trotz strikter Verbote haben am vierten Jahrestag der Studentenproteste in Iran zehntausende Menschen in der Innenstadt von Teheran demonstriert. Bis in den frühen Morgen des 10. Juli zogen die Demonstranten durch die Straßen, wie ein AFP-Reporter berichtete. In der Innenstadt und um das Universitätsgelände drängte sich ein Korso mit zahllosen Autos. Radikalislamische Regierungsanhänger versuchten, zu den Demonstranten vorzudringen; hunderte Polizisten waren jedoch im Einsatz, um Ausschreitungen zu verhindern. Nach Informationen des Online-Nachrichtendienstes Bastab wurden etwa 60 Menschen festgenommen. Dem Online-Nachrichtendienst zufolge gab es auch in weiteren iranischen Städten Kundgebungen. Drei führende Mitglieder des nationalen Studentenverbandes wurden in Teheran festgenommen, kurz nachdem sie in einer Pressekonferenz das von der iranischen Führung verhängte Demonstrationsverbot angeprangert hatten.

Der Iran hat Vorwürfe der USA zurückgewiesen, irakischen Boden besetzt und zu diesem Zweck einige seiner Grenzposten um mehrere Kilometer in den Irak hinein verschoben zu haben. "Ich dementiere dies mit allem Nachdruck", sagte der iranische Regierungssprecher Abdollah Ramasansadeh am 10. Juli der Nachrichtenagentur Reuters. "Seit dem Beginn der amerikanischen Präsenz im Irak bis heute hat es an den Grenzposten des Irans keine Veränderung gegeben." US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte am Vortag unter Berufung auf nicht näher beschriebene Berichte gesagt, Iran habe seine Grenzposten in einem Grenzabschnitt von 25 Kilometern nach vorne rücken lassen. Dies sei nicht akzeptabel, fügte er vor Mitgliedern des US-Parlaments hinzu.

Nachdem Iran kürzlich bestätigt hat, die Testreihe für seine Mittelstreckenrakete "Schahab-3" erfolgreich abgeschlossen zu haben, verfügt das islamische Land somit erstmals über eine Rakete, die einen eindeutig offensiven Charakter besitzt, schreibt die Frankfurter Rundschau am 11. Juli. Der US-Militärexperte John Pike vom Thinktank "Globalsecurity" berichtet in seinem Internetdienst von der "Schahab-4", für die es zwar bislang noch keine Flugerprobung gegeben habe, die aber Ziele etwa in Deutschland erreichen könne. Die Technik basiere auf der nordkoreanischen "Nodong-2" oder der russischen "SS-4". Wahrscheinlich werden iranische Forscher beide Technologien miteinander kombinieren. Daneben meldete die Nachrichtenagentur Reuters 1996, Iran entwickle eine Rakete vom Typ "Schahab-5", die eine Reichweite von 5500 Kilometer haben solle und so Europa und weite Teile Russlands abdecke.

Die anhaltenden Demonstrationen gegen die iranische Führung setzen den gemäßigten Staatschef Mohammed Chatami zunehmend unter Druck. Laut einem Pressebericht vom 12. Juli bot er erstmals öffentlich seinen Rücktritt an. "Wir sind nicht Herren über das Volk, sondern Diener dieser Nation", zitierte das regierungsnahe Blatt "Iran" am Samstag den Präsidenten. "Wenn diese Nation sagt, wir wollen euch nicht, dann werden wir gehen." Dem Bericht zufolge fielen die Äußerungen bereits am 10. Juli während einer Rede Chatamis in Karadsch westlich von Teheran. Der staatliche Rundfunk hatte die Bemerkungen nicht übertragen. Gegner werfen dem Präsidenten vor, seine Reformzusagen nicht eingehalten zu haben. Nach Berichten der Agentur Isna vom 11. Juli wurden zwei weitere Studentenführer in Gewahrsam genommen. Damit seien binnen 48 Stunden fünf Anführer regierungskritischer Hochschüler festgenommen worden, hieß es unter Berufung auf das Bildungsmnisterium.

Ein Berater des ranghöchsten iranischen Ayatollahs Ali Chamenei hat einen Ausstieg Teherans aus dem Atomwaffensperrvertrag angeregt. Dies wäre die angemessene Reaktion auf den Druck der USA, ein Zusatzprotokoll über uneingeschränkte und unangekündigte Inspektionen iranischer Atomanlagen zu unterzeichnen, schrieb Hossein Schariatmadari am 12. Juli in der von ihm herausgegebenen Zeitung "Kajhan", einem Sprachrohr des konservativen Klerus. Der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) warf er vor, unter der Kontrolle der USA zu stehen. IAEA-Generaldirektor Mohamed ElBaradei hatte Iran bei einem Besuch in Teheran am 9. Juli zur völligen Offenlegung seines Atomprogramms aufgerufen. Dazu gehöre auch die Zustimmung zu uneingeschränkten Inspektionen. Schariatmadari erklärte jedoch, die geforderte Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag bedrohe die Souveränität Irans. Die USA wollten damit nur an vertrauliche Informationen des Landes kommen. Die iranische Regierung hat sich zur Billigung des Protokolls bereit erklärt, wenn es im Gegenzug Zugang zu moderner Atomtechnik erhält. Das islamische Land wirft den USA vor, andere Staaten am Technologietransfer nach Iran zu hindern.

Nach den Demonstrationen vom vergangenen Mittwoch (9. Juli) in der iranischen Hauptstadt Teheran sind am 12. Juli 80 inhaftierte Studenten freigelassen worden. Das berichtet die studentische Nachrichtenagentur ISNA. Weitere 170 Studenten befänden sich noch in Haft. Ein Vertreter des Teheraner Gouverneursamtes habe aber versichert, dass weitere Freilassungen folgen würden.
Einem Medienbericht zufolge sind zwei reformorientierte Journalisten und zwei Studentenführer festgenommen worden. Analysten werteten die Festnahmen als jüngsten Schritt der Regierung zur Einschüchterung pro-demokratischer Stimmen. Zwei Mitglieder der Führung einer Tageszeitung seien inhaftiert worden, schrieb die Zeitung "Aftab-e Jasd" am 13. Juli. Zudem seien bereits am 10. Juli zwei Mitglieder der wichtigsten iranischen Studentenorganisation festgenommen worden. Über deren Verbleib sei nichts bekannt, sagte ein Studentenführer.

14. bis 31. Juli 2003

Die US-Regierung hat im Streit um das iranische Nuklearprogramm direkte Gespräche mit Teheran abgelehnt. "Wir sind nicht in dem Stadium, in dem wir die Diskussion mit Iran suchen", sagte US-Außenamtssprecher Richard Boucher am Abend des 15. Juli (Ortszeit) in Washington. Die Politik der USA bestehe darin, die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) bei ihrer Arbeit in Iran zu unterstützen. Einen Medienbericht, wonach Iran Washington um direkte Gespräche in der Atomfrage gebeten hat, wollte Boucher nicht bestätigen.

In einem offenen Brief an das geistliche Oberhaupt Irans haben 350 Oppositionelle Ayatollah Ali Chamenei zu Reformen aufgerufen. So brauche die Justiz tiefgreifende Änderungen: "Eine der Hauptursachen für die allgemeine Unzufriedenheit ist das ungerechte Vorgehen der Justiz bei Festnahmen, juristischen Verfolgungen und Prozessen", erklärten die Unterzeichner in dem am 15. Juli in Teheran veröffentlichten Schreiben. Zugleich forderten sie die Freilassung der politischen Gefangenen, unter ihnen Journalisten und Studenten. Ferner müssten Zeitungen, die ohne Verfahren geschlossen worden seien, wieder erscheinen dürfen.

Kuba stört nach US-Angaben für Iran bestimmte amerikanische Fernsehprogramme. Der amerikanische Rundfunkrat bestätigte am 16. Juli, was vier in Los Angeles stationierte Satellitensender bereits seit Tagen geltend gemacht hatten. Demnach wird von Havanna aus ein Störsignal ausgestrahlt, das die Weiterleitung von Nachrichtenprogrammen nach Iran vereitelt. Der Vorsitzende des Rundfunkrats, Kenneth Tomlinson, sprach von einem bislang beispiellosen Vorgang. Zwar störe die kubanische Regierung schon seit langem US-Sendungen für die eigene Bevölkerung, doch sei nun erstmals ein Drittland betroffen. US-Beamte äußerten die Ansicht, dass die Regierung in Teheran Kuba darum gebeten haben könne, da solche Störungen von Iran aus technisch nicht möglich seien. Offensichtlich hätten vor allem Berichte über die jüngsten Studentenunruhen in Iran gestoppt werden sollen.

Die in Iran gestorbene iranisch-kanadische Fotoreporterin Zahra Kazemi ist in der Haft geschlagen worden und dadurch zu Tode gekommen. "Sie ist an einer Hirnblutung gestorben, die durch Schläge verursacht wurde", sagte Irans Vize-Präsident Mohammed Ali Abtahi am 16. Juli in Teheran. Die Behörden in Teheran hatten zunächst erklärt, die Fotografin sei am 11. Juli einem Schlaganfall erlegen. Kazemi war am 23. Juni festgenommen worden, weil sie Demonstranten vor einem Gefängnis im Norden Teherans fotografiert hatte.

UNO-Inspektoren haben in Proben aus dem Iran Diplomaten zufolge angereichertes Uran gefunden. Dies könnte bedeuten, dass der Iran waffentaugliches Uran herstellt, ohne die UNO davon zu informieren. Der Iran hat stets erklärt, sein Atomprogramm diene rein zivilen Zwecken. In Diplomatenkreisen in Wien hieß es am 18. Juli, der Anreicherungsgrad des Urans sei ersten Untersuchungen zufolge hoch genug, um Besorgnis bei der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) auszulösen. Iran erklärte, die IAEA habe dem Land nichts darüber mitgeteilt. Sobald die UNO-Organisation sich äußere, werde auch Iran Stellung nehmen, sagte der Sprecher der iranischen Atomenergiebehörde.

Ein Komitee angesehener Persönlichkeiten aus aller Welt fordert von UN-Generalsekretär Kofi Annan eine Untersuchung der Lage der Menschenrechte in Iran. Annan müsse schnell eine Kommission einberufen, die Berichten unabhängiger Organisationen über massive Verstöße gegen die Menschenrechte in Iran nachgehe, schrieben die Prominenten in einem Brief an den UN-Generalsekretär, der AFP am 19. Juli in Paris vorlag. Zu dem Internationalen Komitee für den Übergang zur Demokratie in Iran gehören der französische Philosoph Régis Debray, der portugiesische Literaturnobelpreisträger José Saramago, der Schweizer Soziologe Jean Ziegler, der Filmemacher Costa-Gavras und der US-Linguist Noam Chomsky.

Der geistliche Führer Irans, Ayatollah Ali Chamenei, hat eine neue Rakete mit einer Reichweite bis nach Israel vorgestellt. "Unser Volk und unsere Streitkräfte sind heute bereit, ihre Ziele überall zu verteidigen", sagte Chamenei nach Fernsehangaben am 20. Juli, als er die Schahab-3-Mittelstreckenraketen an die Elitetruppe der Revolutionsgarden übergab. Die Schahab-3-Rakete sei auch für das libanesische und palästinensische Volk die Antwort auf alle Herausforderungen. "Die göttliche Kraft hat auf alle Bedrohungen geantwortet, und heute sehen wir, dass diese göttliche Kraft dabei ist, dasselbe auch für das libanesische und palästinensische Volk zu tun", sagte Chamenei bei der Zeremonie. Das staatliche Fernsehen zeigte drei Raketen auf mobilen Abschussrampen. Rund tausend Revolutionsgardisten nahmen an der Feier teil. Ihr Chef Jahja Rahim-Safawi sagte, nun könne sich Iran gegen jede Herausforderung verteidigen. Das Fernsehen berichtete weiter, die Revolutionsgarden seien zusätzlich mit neuen Kampf- und Transporthubschraubern sowie russischen Kampfjets vom Typ Suchoi-25 ausgestattet worden. - Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums warnte, die Rakete sei in Zusammenhang mit dem angeblichen iranischen Nuklearpotenzial "nicht nur eine Gefahr für Israel, sondern für die ganze Region und auch für Europa".

Der iranische Präsident Mohammed Chatami hat Ermittlungen zum Tod der Journalistin Zahra Kazemi (siehe unsere Chronik vom 16. Juli) gefordert, die in Polizeigewahrsam einen Schädelbruch erlitt. Chatami leitete am 21. Juli den Bericht einer Regierungskommission an Justizchef Ayatollah Mahmud Haschemi Schahrudi weiter. In einem Begleitschreiben sprach sich der Präsident laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA dafür aus, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die für Kazemis Tod verantwortlich sind.

Die EU-Außenminister drückten am 21. Juli in Brüssel ihre "zunehmende Besorgnis" über das iranische Atomprogramm aus. Zugleich bekräftigten sie, dass der weitere Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen von Fortschritten Irans in vier Kernbereichen abhänge: Menschenrechte, Haltung gegen Terrorismus, die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen und die iranische Haltung zum Nahost-Friedensprozess. Die Minister entschieden, "die künftigen Schritte ihrer Zusammenarbeit zwischen der EU und Iran im September mit Blick auf die weiteren Entwicklungen" zu überprüfen. Wichtig werde die Einschätzung der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zum iranischen Atomprogramm sein.

Der Iran hält nach eigenen Angaben hochrangige Mitglieder der El-Kaida-Organisation des Moslem-Extremisten Osama bin Laden in Haft. "Seit dem Zusammenbruch des Taliban-Regimes haben wir viele von ihnen (El-Kaida-Mitglieder) festgenommen", sagte Informationsminister Ali Junesi am 23. Juli in Teheran. Darunter seien auch hochrangige Personen. Namen nannte er nicht.

Zwölf Tage nach ihrem gewaltsamen Tod ist die iranisch-kanadische Journalistin Zahra Kazemi gegen den Willen ihres Sohnes in Iran beigesetzt worden. Die kanadische Regierung berief aus Protest ihren Botschafter aus Teheran ab, wie das Außenministerium am 23. Juli mitteilte. Kanada erwägt zudem Handelssanktionen gegen Iran, um eine Exhumierung der Leiche zu erwirken. Teheran hat mit den Ermittlungen zum Tod Kazemis offenbar den Staatsanwalt beauftragt, der nach Ansicht von Reformern für ihr Schicksal mitverantwortlich ist.

Nach entsprechenden negativen Signalen aus Brüssel hat Irans Präsident Mohammad Chatami einen offiziellen Besuch in Belgien und bei der Europäischen Union (EU) Diplomaten zufolge auf später verschoben. Aus Diplomaten-Kreisen in Brüssel verlautete am 24. Juli, dem als Reformer bekannten iranischen Präsidenten sei zuvor von Seiten der EU-Außenminister bedeutet worden, ein Staatsbesuch Chatamis sei wegen der offenen Fragen hinsichtlich des iranischen Atomprogramms und des iranischen Umgangs mit Menschenrechten zur Zeit nicht opportun. Chatami sollte am 17. September die Ehrendoktorwürde der Universität Lüttich entgegen nehmen. Der Besuchstermin hatte zum offiziellen Zusammentreffen Chatamis mit belgischen und EU-Vertretern ausgebaut werden sollen.

Inmitten der Spannungen um den gewaltsamen Tod einer iranisch-kanadischen Fotoreporterin in Iran hat die Regierung in Teheran ihrerseits schwere Vorwürfe gegen Kanada erhoben. Die kanadische Polizei habe am 23. Juli in Vancouver drei Iraner angegriffen und einen von ihnen getötet, sagte Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi am 24. Juli im TV. Er sprach von einem "nicht zu rechtfertigenden Verbrechen", über das Iran Aufklärung verlange.
Wie die Nachrichtenagentur Iranischer Studenten (ISNA) unter Berufung auf Informationen der Teheraner Staatsanwaltschaft am 26. Juli meldete, hat die iranische Justiz jetzt in Zusammenhang mit den Ermittlungen zu dem Fall der zu Tode gefolterten Fotoreporterin fünf Personen festnehmen lassen. Nähere Einzelheiten wurden nicht genannt.

Während der internationale Druck auf Iran wegen seines Atomvorhabens zunimmt, ist der Sprecher dieses Programms ohne Angabe von Gründen zurückgetreten. Chalil Mussawi erklärte am 27. Juli gegenüber der Nachrichtenagentur AP lediglich, sein Rücktrittsgesuch sei bereits am Mittwoch vom Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Gholamresa Aghasadeh, angenommen worden. Über einen Nachfolger Mussawis war zunächst nichts bekannt.
Der iranische Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Ali Akbar Salehi, forderte unterdessen einem Bericht der Zeitung "Iran" zufolge eine "positive Einstellung" seiner eigenen Regierung zu den internationalen Forderungen nach einer uneingeschränkten Kontrolle iranischer Atomanlagen. Teheran sollte der IAEA vor deren nächster Sitzung im September entgegenkommen, zitierte das Blatt Salehi. Das geforderte Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag könne den politischen Streit um das Atomprogramm beenden und sei daher für Iran von Vorteil.

US-Präsident George W. Bush hat die internationale Gemeinschaft und insbesondere Europa aufgefordert, gemeinsam mit der US-Regierung Iran von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten. "Der beste Weg, den Iranern zu diesem Zeitpunkt zu begegnen, für andere ist, sich uns anzuschließen mit einer eindeutigen Erklärung, dass die Entwicklung von Atomwaffen nicht im Interesse der Iraner ist", sagte Bush am 30. Juli in Washington. Iran hat Vorwürfe zurückgewiesen, nach Atomwaffen zu streben. Die Führung in Teheran hat dagegen erklärt, ihr Atomprogramm diene ausschließlich zivilen Zwecken. Bush sagte weiter, er glaube fest daran, dass die Frage friedlich gelöst werden könne. Hierzu sei aber ein gemeinsames Vorgehen der internationalen Gemeinschaft mit den USA erforderlich. Der US-Präsident rief insbesondere Europa dazu auf, gegenüber der iranischen Führung eine klare Haltung einzunehmen. Die USA und die Europäische Union (EU) haben Iran mehrfach aufgefordert, strengere Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zuzulassen.

1. bis 17. August

Ein dreiköpfiges Team der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) reist am 4. August nach Teheran. Dort sollen Vereinbarungen für eine intensivere Überprüfung iranischer Atomanlagen erörtert werden, wie IAEA-Sprecher Lothar Wedekind am 1. August in Wien mitteilte. Insbesondere gelte es zu klären, welche Verpflichtungen Iran eingehen würde, wenn es - wie von der IAEA gefordert - ein Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet.

Nach einem Bericht der Los Angeles Times vom 4. August ist der Iran bei der Entwicklung atomarer Waffentechnologie viel weiter fortgeschritten als bisher angenommen. Die LAT stützt sich dabei auf ein vertrauliches Dokument der französischen Regierung, das angeblich drei Monate alt ist. Darin heiße es, der Iran sei dem Besitz von waffenfähigem, angereichertem Uran oder Plutonium sehr nahe.
Am selben Tag, als die LAT mit dieser "Enthüllung" aufwartete, begann die entscheidende Verhandlungsrunde über die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag. In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 5. August wird darauf hingewiesen, dass es schon unter Schah Mohammed Resa Pahlewi Bestrebungen gegeben habe, Atomwaffen zu bauen. Entsprechende Forschungen wurden damals in Kooperation mit Israel vorangetrieben. Das erste Projekt, das die Iraner lange vor der iranische n Revolution 1979 in die Hand nahmen, war der Bau des Reaktors von Buschehr am Persischen Golf. Er wurde von der Siemens-Tochter KWU gebaut und war 1979 zur Hälfte fertig. Der Bau wurde eingestellt. Jahre später nahm Teheran wieder Kontakt zu Siemens auf; die Firma lehnte ab - nichts zuletzt auch auf Druck Washingtons. Seither bauen die Russen den Reaktor zu Ende. Er soll im kommenden Jahr ans Netz gehen.

Am 4. August lehnte die Teheraner Führung die Auslieferung inhaftierter mutmaßlicher Al-Qaida-Terroristen an die USA ab. Als Grund wurde genannt: Iran überstelle Verdächtige nur an befreundete Staaten, mit denen ein Auslieferungsabkommen bestehe. Mit den USA gäbe es keines. Ursprünglich hatte es Hinweise darauf gegeben, dass die Inhaftierten an die USA ausgeliefert würden und der Iran im Gegenzug eine Anzahl von Mudschahedin erhalte, die von US-Truppen in Nordirak gefangen gehalten werden.

Irans oberster Führer Ayatollah Ali Khamenei hat am 5. August eine Amnestie für Studenten versprochen, die bei Demonstrationen in der vergangenen Woche festgenommen worden waren. Für wie viele der rund 100 Inhaftierten die Amnestie gelten würde, war aber nicht bekannt geworden.

Sechs Monate vor der Parlamentswahl geht Präsident Mohammed Khatami auf Konfrontationskurs gegen den von islamischen Klerikern dominierten "Wächterrat". Innenminister Abdolwahed Mussawi Lari ordnete nach einem Bericht der Zeitung "Iran" vom 10. August die Schließung aller Büros zur Überprüfung von Kandidaten an. Diese Büros waren ohne Genehmigung der Regierung von den Hardlinern eingerichtet worden. Der Wächterrat, dessen Mitglieder vom geistlichen Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei persönlich ausgewählt werden, hatte Kandidaten für die Wahl auf ihre Gesinnung überprüft.

Am 13. August meldete die amtliche iranische Nachrichtenagentur Irna, der "Wächterrat" habe ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz abgelehnt, welches das Recht des "Wächterrats" beschränken wollte, über die Zulässigkeit von Kandidaten bei Wahlen zu entscheiden. Auch andere Gesetzesvorhaben wurden verworfen, etwa die Annahme der Anti-Folter- und Frauenrechts-Statuten der Vereinten Nationen.

Am 13. August haben iranische Behörden angedeutet, das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen zu wollen, wonach unangemeldete Kontrollen iranischer Atomanlagen ermöglicht würden.
Die iranische Regierung hat den Bau eines zweiten Reaktors im Atomkraftwerk Buschener eingeleitet. Am 14. August berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Irna, der Oberste Rat habe die Erlaubnis für neue Vertragsabschlüsse für das Nuklearprojekt erteilt.

18. bis 31. August

Am 21. August wurde in Großbritannien der ehemalige iranische Botschafter in Argentinien, Hadi Soleimanpur, verhaftet. Er wird beschuldigt, an einem Anschlag auf das jüdische Kulturzentrum in Buenes Aires 1994 beteiligt gewesen zu sein. Damals wurden 85 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt. Argentinien hat ein Auslieferungsersuchen an Großbritannien gestellt. Teheran hat gegen die Festnahme scharf protestiert.
Aus Protest gegen die Inhaftierung des früheren iranischen Botschafters in Buenos Aires durch die britische Justiz hat Teheran die Wirtschaftsbeziehungen zu Argentinien abgebrochen. Dies berichten iranische Medien am 24. August.

Wissenschaftsminister Mostafa Moin ist nach einem Bericht der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna von seinem Amt zurückgetreten. Als Grund nannte er die "ungesunde politische Atmosphäre" im Iran, womit er insbesondere auf die Kontrolle der Universitäten anspielte. (Quelle: FR, 25.08.03)

Iran hat sich nach einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Irna vom 26. August bereit erklärt, das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen. Damit verbunden sind umfassende und unangemeldete Kontrollen. Zuvor hatte der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO, Mohammed el Baradei, gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Stern" bekannt gegeben, dass UN-Inspektoren "Spuren hochangereicherten Urans" in der iranischen Nuklearanlage Natanz gefunden hätten. Die geheime Uran-Aufbereitungsanlage in Natanz, etwa 300 km südlich von Teheran, wurde vor einem Jahr entdeckt. Teheran behauptet, es handle sich um eine Anlage für zivile Zwecke.
Irans Außenminister Kamal Charrasi bestätigte entsprechende Berichte. Wie diese Spuren in die Nähe der zentraliranischen Atomanlage Natanz kämen, sei "eine gute Frage", sagte der Außenminister dem US-Sender CNN am 28. August. Die Uran-Spuren könnten aus einer Verunreinigung durch einen ausländischen Lieferanten stammen. Charrasi unterstrich erneut, dass die Entwicklung von Atomwaffen kein Bestandteil iranischer Sicherheitspolitik sei.
Der Iran hat sich nach Angaben aus japanischen Regierungskreisen bereit erklärt, mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über weitergehende Kontrollen seiner Atomanlagen zu verhandeln. Der iranische Außenminister Kamal Charrasi habe dem japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi in einem Brief versichert, dass der Iran eine engere Zusammenarbeit mit der IAEA wünsche, verlautete am 28. August aus dem japanischen Außenministerium. Die iranische Regierung sei auch offen für Gespräche über die Unterzeichnung eines Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag, womit unangekündigte Inspektionen der iranischen Atomanlagen ermöglicht würden.

Angesichts wachsender internationaler Besorgnis über das iranische Nuklearprogramm hat Präsident Mohammed Chatami jegliche Ambitionen seines Landes auf Atomwaffen entschieden zurückgewiesen. Er äußerte am 30. August aber zugleich Verständnis für diesbezügliche Bedenken der Staatengemeinschaft. Zuvor hatte der EU-Chefdiplomat Javier Solana bei einem Besuch in Teheran gefordert, dass Iran alle offenen Fragen zu seinem Atomprogramm beantworten und uneingeschränkte Inspektionen seiner Anlagen erlauben müsse.


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