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Weiter weit auseinander

In den Geheimverhandlungen zwischen Iran und der Sechsergruppe ist keine Annäherung erkennbar

Von Knut Mellenthin *

Im internationalen Streit um das iranische Atomprogramm ist ein weiteres Treffen ohne Einigung zu Ende gegangen. Die Gespräche zwischen Vertretern Irans und der Sechsergruppe – bestehend aus den USA, Rußland, China, Frankreich, Deutschland und Großbritannien – hatten am Freitag und Sonnabend in Almaty, der früheren Hauptstadt Kasachstans, stattgefunden. Anschließend sagte die Verhandlungsführerin der Sechsergruppe, die EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton, daß die Positionen beider Seiten nach wie vor »erheblich weit auseinander« seien.

Wie üblich wurden kein öffentlichen Erläuterungen abgegeben, wie diese Positionen konkret aussehen, wo genau die Meinungsverschiedenheiten liegen und welche Übereinstimmungen oder Annäherungen es möglicherweise gegeben hat. Die Vertraulichkeit funktioniert trotz der nicht geringen Zahl von Diplomaten aus insgesamt sieben Staaten, die an den Verhandlungen teilnehmen oder in diese eingeweiht sind, bisher erstaunlich gut. Im Gegensatz dazu ist beispielsweise jeder Geheimbericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über den Stand des zivilen iranischen Atomprogramms schon nach wenigen Stunden komplett im Internet zu finden.

An die Spielregeln der Siebenergespräche hielt sich auch der iranische Chefunterhändler Said Dschalili, der nur unbestimmt von »einer gewissen Distanz« zwischen den Standpunkten sprach. Es habe in Almaty »gute Gespräche« gegeben, deren Inhalte nun in den jeweiligen Hauptstädten weiterdiskutiert würden. Lady Ashton werde sich mit den Außenministern der Sechsergruppe beraten und sich danach telefonisch bei ihm melden. Es sei nun an der Gegenseite, »ihren guten Willen und ihre Aufrichtigkeit« zur Vereinbarung von ersten »vertrauensbildenden Schritten« zu zeigen.

Die Stellungnahme des stellvertretenden Außenministers Sergej Ryabkow, der Rußland bei diesen Gesprächen repräsentiert, fiel etwas aus dem Rahmen der übrigen Äußerungen: Er sagte, freilich ebenfalls ohne Erläuterung, daß das Treffen »zweifellos ein Schritt nach vorn« gewesen sei, auch wenn es noch nicht zu einer »wirklichen Suche nach Kompromissen« gekommen sei. Sehr klar sprach sich Ryabkow gegen die einseitigen Sanktionen aus, die von den USA und ihren Verbündeten praktiziert werden. Diese seien »nicht gerechtfertigt« und stünden »nicht im Einklang mit den Normen des internationalen Rechts«.

Anders als bei vorangegangenen Treffen wurde in Almaty kein neuer Termin für die Fortsetzung der Gespräche vereinbart. Iranischen Medien zufolge wird es als nächstes zu einem noch offenen Zeitpunkt Verhandlungen zwischen den Stellvertretern von Lady Ashton und Dschalili, Helga Schmidt und Ali Baqeri, geben. Alle Beteiligten scheinen derzeit entschlossen, die zähen Verhandlungen bis nach der iranischen Präsidentenwahl zu verschleppen, deren erste Runde am 14. Juni stattfinden soll.

* Aus: junge Welt, Montag, 8. April 2013


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