Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Irak billigt US-Armeeverbleib

Regierung stimmt Stationierungsabkommen mit Abzug bis 2011 zu

Von Karin Leukefeld *

Die irakische Regierung hat den umstrittenen Entwurf für das Truppenstationierungsabkommen mit den USA angenommen. Ob es aber vor Jahresende unterzeichnet wird, ist offen.

Ende 2011 soll die US-Armee Irak ganz verlassen. Das beschloss die irakische Regierung auf einer Sondersitzung am Sonntagmorgen (16. Nov.), die zweieinhalb Stunden dauerte. Dann stimmte die Regierung mit 28 von 38 Stimmen, darunter auch Ministerpräsident Nuri al-Maliki, dem Text für das Abkommen zu, das die Truppenstationierung nach Ablauf des Mandats des UN-Sicherheitsrates Ende 2008 regelt. In einem ersten Schritt sollen sich die US-Truppen Ende Juni 2009 aus den Städten und Dörfern in ihre Stützpunkte zurückziehen.

110 Änderungen hatte die irakische Regierung laut des irakischen Chefunterhändlers Mouwaffaq al-Rubaie den Verhandlungspartnern vorgelegt. Die US-Administration hat offenbar verschiedenen Änderungen zugestimmt und auch die Option, US-Truppen über 2011 hinaus im Irak zu stationieren, zurückgenommen. Irakische Zollbehörden dürfen ein- und ausgehende Paketpost der US-Truppen kontrollieren und die irakische Regierung muss von geplanten US-Militäroperationen vorher informiert werden. Angriffe auf benachbarte Staaten, wie Ende Oktober auf Syrien, sind vom Irak aus nicht zulässig. Wenn US-Soldaten in ihrer Freizeit Verbrechen außerhalb der US-Stützpunkte verüben, können sie von irakischen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden. Umstritten bleibt weiterhin die Forderung, dass US-Soldaten auch für Verbrechen gegen Iraker auf ihren Stützpunkten zur Verantwortung gezogen werden sollen.

Damit das Abkommen in Kraft tritt, müssen vor Ende des Jahres US-Präsident George W. Bush und Maliki das Abkommen unterzeichnen. Ob es dazu kommt, bleibt fraglich. Der künftige US-Präsident Barack Obama will die Truppen innerhalb von nur 16 Monaten nach seinem Amtsantritt zurückziehen. Außerdem muss das irakische Parlament dem Abkommen noch zustimmen, was wegen der überwältigenden Ablehnung in der irakischen Bevölkerung – laut Umfragen 70 Prozent – als nicht sicher gilt. Schärfster Gegner des Abkommens ist der Prediger Muktada Sadr, der zum vergangenen Freitagsgebet die Iraker zum bewaffneten Widerstand gegen die US-Besatzung aufgerufen hatte, sollte die Regierung das Abkommen durchwinken. Die Sadr Armee hält seit August 2007 einseitig einen Waffenstillstand ein, was zu einem enormen Rückgang der Gewalt in Irak geführt hatte. Obwohl Medien die irakische Regierung zitieren, wonach diese angeblich »grünes Licht« von Großayatollah Ali al-Sistani am Samstag in Najaf erhalten haben soll, bleibt die Position des einflussreichen Klerikers unklar. Sistani hatte bisher dem Abkommen seinen »Segen« verweigert, solange die Bevölkerung das Abkommen ablehne. Der Abgeordnetenblock der Sadr Bewegung hat bereits erklärt, dem Abkommen nicht zuzustimmen. Zur Verabschiedung im Parlament ist eine einfache Mehrheit erforderlich.

* Aus: Neues Deutschland, 17. November 2008


Zurück zur Irak-Seite

Zur USA-Seite

Zurück zur Homepage