Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Trotz USA: Irak wagt Kooperation mit Russland

Von Andrej Murtasin *

Der erste Moskau-Besuch des irakischen Premiers Nuri al-Maliki wird sicherlich nicht einfach sein, könnte jedoch zugleich zu einem Durchbruch verhelfen.

Die wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit sind das Ziel der Gespräche Malikis mit Präsident Dmitri Medwedew und seinem Amtskollegen Wladimir Putin am 10. April.

Dem Sprecher der irakischen Regierung, Ali al-Dabbagh, zufolge werden der Außen-, der Verteidigungs- und der Stromenergieminister sowie eine Delegation des irakischen Ölministeriums Maliki in Moskau begleiten.

Am Samstag (11. April) wird der irakische Premier im Moskauer President Hotel eine von RIA Novosti organisierte Pressekonferenz abhalten.

Der Sturz des Regimes von Saddam Hussein im April 2003 kennzeichnete den Beginn einer neuen Geschichte des Iraks und neuer Beziehungen zu Russland. Es ist bekannt, dass die neue irakische Führung bei vielen russischen Politikern und Politologen der "alten Garde", insbesondere bei Vertretern der Kommunistischen und der Liberaldemokratischen Partei Russlands, auf scharfe Kritik stieß und zu "Bushs Marionetten" abgestempelt wurde.

Im Unterschied zu ihnen enthielt sich der Kreml solcher Klischees - im Gegenteil, er äußerte den Wunsch nach einer Zusammenarbeit mit Iraks neuer Regierung.

Als der damalige russische Präsident Wladimir Putin im Dezember 2003 den Leiter des irakischen Regierungsrats, Abdul Aziz al-Hakim, im Kreml empfing, versprach er ihm, 80 Prozent von Iraks Schulden in Höhe von zehn Milliarden abzuschreiben, und löste dieses Versprechen ein.

2006 wurden die Schulden erlassen, doch als Antwort erhielt Moskau nicht die erhofften Vorteile. Klar wurde das im August 2007 während des Moskau-Besuchs des irakischen Ölministers Hussein al-Shahristani.

Nach Gesprächen mit dem russischen Energieminister Viktor Christenko erklärte al-Shahristani, dass "der Beschluss über den Schuldenerlass nicht mit anderen Fragen verknüpft sein wird", die russischen Unternehmen wie Lukoil "im Irak keine Präferenzen haben" und an Investitionsausschreibungen zu gleichen Bedingungen wie alle anderen teilnehmen können.

Bereits im März 1997 schloss die Lukoil mit der irakischen Regierung ein Abkommen über die Erschließung des Vorkommens West-Kurna-2, die Regierung von Saddam Hussein löste jedoch 2002 einseitig den Vertrag unter Berufung auf Nichterfüllung der Verpflichtungen russischerseits einseitig auf.

Die neuen Machtoberen im Irak erklärten, dass sie die unter Saddam Hussein geschlossenen Abkommen nicht anerkennen und dass über Kurna-2 eine Ausschreibung entscheiden werde, an der sich auch russische Unternehmen beteiligen könnten.

Bekannt ist, dass sich der irakische Ölminister während seines Moskau-Besuchs mit Lukoil-Präsident Wagit Alekperow traf, doch die Ergebnisse des Treffens wurden nicht bekannt gemacht.

Der irakische Premier kommt offenbar nicht mit leeren Händen nach Moskau. Wie der RIA Novosti eine Quelle in der irakischen Regierung mitteilte, wolle Al-Maliki Moskau den Ausbau der Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel sowie im militärischen Bereich vorschlagen.

"Es ist nicht ausgeschlossen", fügte der Insider hinzu, "dass nach den Moskauer Verhandlungen des irakischen Regierungschefs Verträge, die die russischen Konzerne unter dem früheren irakischen Regime schlossen, revidiert werden."

Übrigens arbeiteten russische Experten im Irak während des Krieges von 2003 und sind dort auch heute noch. Zum Beispiel in den Kraftwerken "Dora" und "Youssoufia" bei Bagdad.

Eine Frage für sich ist die militärische Zusammenarbeit. Es ist kein Geheimnis, dass die irakische Armee in den Zeiten Saddam Husseins zu 80 Prozent mit sowjetischen Waffen ausgerüstet war. Bis 1991 wurden Waffen an den Irak geliefert, als nach der Okkupation Kuwaits durch Irak die internationalen Koalitionstruppen die Operation „Desert Storm“ (Wüstensturm) begannen.

Nach diesem Krieg schloss sich Russland den UN-Sanktionen an, die unter anderem ein Embargo über militärische Lieferungen an Irak vorsahen.

Heute wird die irakische Armee und Polizei von amerikanischen und britischen Experten ausgebildet. Doch die Soldaten und Offiziere der irakischen Armee können mit einer Kalaschnikow viel besser umgehen als mit einem amerikanischen M-16-Gewehr. Der Umgang mit russischen beziehungsweise sowjetischen Waffen wurde ihnen beigebracht, nicht der mit amerikanischen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass Bagdad Moskau bitten wird, die irakische Armee mit neuer russischer Militärtechnik auszustatten. Sehr interessiert zeigen sich die Iraker an neuen Flugzeugen, Panzern und Luftabwehrmitteln. Außerdem will Irak wie in der Vergangenheit seine Militärspezialisten in Russland studieren lassen.

Es lohnt sich aber nicht, sich zu viele Illusionen über die Aussichten der Zusammenarbeit mit Bagdad zu machen. Anders als in Saddams Irak, in dem die UdSSR und dann Russland recht starke Positionen hatten, werden im heutigen Irak die USA und die westlichen Unternehmen bevorzugt.

Deshalb wird die Regierung al-Malikis die neuen Beziehungen zu Russland stets mit einem vorsichtigen Seitenblick auf Washington aufbauen. Die Frage ist nur, wie weit diese Vorsicht geht.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti; 10. April 200), http://de.rian.ru

Weitere Meldungen

Irak strebt militärische Kooperation mit Russland an

ABU DHABI, 12. April (RIA Novosti). Nach Angaben der renommierten saudischen Zeitung "Ash-Sharq al-Awsat" strebt der Irak nach einer militärischen Kooperation mit Russland und erwägt unter anderem den Kauf von 20 russischen Hubschraubern.

Wie die Zeitung unter Berufung auf Quellen im irakischen Verteidigungsministerium berichtet, ist "ein Kaufvertrag im Vorfeld des Moskau-Besuchs der iranischen Delegation" mit Premier Nuri al-Maliki an der Spitze erörtert worden. Dabei nennt die Zeitung kein konkretes Hubschraubermodell.

Das Blatt beruft sich auf eine Erklärung von al-Maliki, die er bei einem Treffen mit arabischen Botschaftern in der irakischen Botschaft in Moskau gemacht hatte, wo er die Wiederaufnahme der militär-technischen Zusammenarbeit mit Russland bekannt gab.

Al-Maliki habe gesagt, "der Waffenkauf in Russland ist von den Bedürfnissen der (irakischen) Streitkräfte bestimmt, terroristische Herausforderungen zu bekämpfen, die territoriale Integrität und die Souveränität des Landes zu schützen sowie die innere Sicherheit zu gewährleisten".

Eine ähnliche Aussage machte in Moskau auch der irakische Außenminister Hoshyar Zebari bei einem Treffen mit Journalisten. Bei ihm hieß es, "die militärische Zusammenarbeit zwischen dem Irak und Russland ist sowohl in Form von Ausbildungsübungen als auch bei Erwerb von Waffen und Militärtechnik möglich".

Der Außenminister sprach von "großen Aussichten" der irakisch-russischen Zusammenarbeit im Militärbereich. Er betonte, "die irakische Seite ist zu einer Zusammenarbeit unter gleichen Bedingungen sowohl mit den USA als auch mit Russland und anderen Ländern bereit."


Irak baut Infrastruktur mit Russland auf und gibt Garantien für Investitionen

MOSKAU, 11. April (RIA Novosti). Der irakische Premier Nuri al-Maliki hat Leiter von russischen Unternehmen in den Irak zu Verhandlungen eingeladen.

"Wir sehen heute, wie viele Konzerne der Welt um das Recht wetteifern, einen Vertrag mit dem Irak zu bekommen, und möchten die hier anwesenden Leiter der russischen Wirtschaft in den Irak einladen, um mit den Kollegen die Teilnahme an Projekten unmittelbar vor Ort zu besprechen", sagte Premier al-Maliki am Samstag (11. April) während eines russisch-irakischen Rundtischgesprächs in Moskau.

Der Irak sei bereit, den Schutz der Investitionen der russischen Unternehmen in seine Wirtschaft zu garantieren.

Al-Maliki bezeichnete seinen Russland-Besuch als "historisch und wichtig". Dieser Besuch gebe einen Orientierungspunkt für die weitere Zusammenarbeit.

"Irak möchte die ganze Infrastruktur wieder aufbauen sowie den Erdöl- und Erdgasexport erhöhen. Buchstäblich alles im Irak braucht Erneuerung und Entwicklung", teilte der Premier mit.

Im Irak sollen alle notwendigen Bedingungen für die Arbeit der russischen Unternehmen und für deren Teilnahme an der Wiederherstellung der irakischen Wirtschaft geschaffen werden.

"Bei uns ist alles vorhanden, damit Sie arbeiten können", versicherte der Premier.


Stroitransgas will zwei Projekte im Irak umsetzen

MOSKAU, 11. April (RIA Novosti). Das russische Unternehmen Stroitransgas, das Großprojekte zum Bau von Objekten des Erdöl- und Erdgaskomplexes umsetzt, will zwei Projekte im Irak realisieren.

Das teilte der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Alexander Rjasanow, mit.

„Derzeit haben wir zwei Projekte zur Arbeit vorbereitet“, sagte er am Samstag (11. April) bei einem russisch-irakischen Rundtischgespräch in Moskau.

Ihm zufolge ist Stroitransgas bereit, in der nächsten Zeit mit ihrer Umsetzung zu beginnen.

„Wir möchten die Arbeit buchstäblich morgen in Angriff nehmen, wenn wir eine Einladung der irakischen Seite erhalten“, führte Rjasanow aus.

In einem Gespräch mit Journalisten präzisierte er, dass es um die Inspektion einer Rohrleitung mit einer Länge von 350 Kilometern gehe.

„Man muss sehen, in welchem Zustand sich die Rohrleitung befindet, die bereits 1952 gebaut worden war“, sagte er.

„Das zweite Projekt sieht eine mögliche Wiederaufnahme von Arbeiten im Rahmen von Verträgen aus dem Jahr 2003 vor. Es geht um den Bau einer Ölpipeline mit einer Länge von 232 Kilometern im Südirak. 2003 wurde das Projekt nach den bekannten Ereignissen (Invasion der Koalitionskräfte und Kampfhandlungen) ausgesetzt. Wir rechnen mit seiner Wiederaufnahme“, betonte Rjasanow.

Ihm zufolge wurde das Projekt auf 150 Millionen Euro geschätzt.

Der Vorstandsvorsitzende hob hervor, dass für Stroitransgas im Irak die garantierte Unterzeichnung der Verträge und sichere Arbeitsbedingungen wichtig seien.




Zurück zur Irak-Seite

Zur Russland-Seite

Zurück zur Homepage