"Der Krieg gegen den Terrorismus muss intensiviert werden"
US-Außenminister schwört den UN-Sicherheitsrat auf Krieg ein
Im Folgenden dokumentieren wir die bemerkenswerte Rede von Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat vom 20. Januar in einer Übersetzung der US-Botschaft in Deutschland.
Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie uns heute hier zusammengebracht haben,
um unsere Verpflichtung zum Kampf gegen den Terrorismus zu bekräftigen. Ich
danke dem Generalsekretär für seine eben gehaltene hervorragende Rede.
Es ist äußerst angebracht, dass dieses Gremium auf Ministerebene
zusammenkommt, um eine Bestandsaufnahme unseres Feldzugs gegen die
Terroristen vorzunehmen und den zukünftigen Weg zu skizzieren. Und es ist
angebracht, dass wir uns hier in New York versammeln, dem Ort des blutigsten
aller Anschläge vom 11. September.
Ich möchte meine Ausführungen damit beginnen, mich dem Dank meiner Kollegen
an Botschafter Greenstock für seine unermüdliche Arbeit als Vorsitzender des
UN-Ausschusses für Terrorismusbekämpfung (United Nations Counter-Terrorism
Committee - CTC) anzuschließen.
Botschafter Greenstocks Vision, seine Energie und sein Engagement haben den
Ausschuss von einer Idee zu einer mächtigen Waffe gegen den Terrorismus
werden lassen. Wir alle schulden ihm großen Dank. Danke, Jeremy.
Ich möchte auch unseren spanischen Kollegen für ihre Zustimmung danken, im
April den Vorsitz des Ausschusses für Terrorismusbekämpfung zu übernehmen.
Sie haben unsere uneingeschränkte Unterstützung, wenn sie auf Botschafter
Greenstocks Arbeit aufbauen, um den Ausschuss zu einer noch mächtigeren
Waffe im Arsenal zur Terrorismusbekämpfung machen.
Wir benötigen einen effektiven Ausschuss für Terrorismusbekämpfung, denn
trotz der Fortschritte des vergangenen Jahres bleibt uns noch viel zu tun.
Die mörderischen Anschläge in Bali, Moskau, Mombasa und andernorts haben uns
auf tragische Weise daran erinnert, dass die terroristische Bedrohung
andauert und die Bürger keines Landes sicher sind. Unschuldige Menschen aus
rund 90 Ländern ließen am 11. September ihr Leben. Die Opfer von Bali kamen
aus mindestens 25 verschiedenen Ländern.
Kollegen, Freunde - keine Sache rechtfertigt die Ermordung unschuldiger
Menschen. Wir lehnen die Terroristen und den Terrorismus vehement ab. Wir
müssen die zivilisierte Welt von diesem Krebsgeschwür befreien. Wir müssen
unseren Feldzug auf allen Ebenen führen, mit jedem Instrument der
Staatskunst und solange es erforderlich ist.
Präsident Bush hat unterstrichen - ich zitiere: "Wir werden diesen Konflikt
durch die geduldige Anhäufung von Erfolgen gewinnen, durch die Bewältigung
einer Reihe von Herausforderungen mit Entschlossenheit, starkem Willen und
Zielgerichtetheit."
Die Erklärung, die wir heute verabschieden, zeigt deutlich, dass dieser
Krieg viele Fronten hat - von Geldwäsche und illegalem Drogenhandel bis zu
Waffenschmuggel und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Wir müssen
den Terrorismus an allen diesen Fronten bekämpfen.
Ich bin sehr beeindruckt von einigen Bemerkungen, die ich heute von
verschiedenen Kollegen gehört habe. Ich danke meinem Kollegen aus Pakistan
für die Verpflichtung seines Landes, Al Qaida weiter zu verfolgen. Wir
müssen jeden einzelnen dieser Terroristen zu fassen bekommen und sie vor
Gericht bringen oder zu vernichten.
Ich möchte ferner feststellen, dass sich einige meiner Kollegen die
Situation im Hinblick auf den Irak und Resolution 1441 erwähnt haben. In
sehr naher Zukunft wird dieser Rat wieder zusammenkommen um zu entscheiden,
wie wir mit dieser Situation verfahren sollen. Mit Resolution 1441 wurde dem
Irak eine letzte Chance eingeräumt. Ich freue mich, dass es Präsident Bush
war, der im September vergangenen Jahres die Aufmerksamkeit des Rates
eindringlichst auf diese Situation gelenkt hat, um dem Land diese letzte
Chance zu geben. Wir dürfen nicht vor unseren Pflichten und unserer
Verantwortung zurückschrecken, wenn uns nächste Woche das Material vorliegt
und wir die Reaktion des Irak auf Resolution 1441 erörtern.
Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, die möglicherweise erforderlichen
Maßnahmen zu ergreifen, weil wir Angst haben, was andere tun könnten. Wir
dürfen nicht in Untätigkeit verfallen, weil wir die vor uns liegenden
schwierigen Entscheidungen fürchten. In den kommenden Tagen haben wir so
viel schwierige Arbeit zu erledigen. Aber wir dürfen nicht vor der
Verantwortung zurückschrecken, uns mit einem Regime zu auseinander zu
setzen, das Massenvernichtungswaffen entwickelt, beschafft und lagert, das
Terroranschläge gegen seine Nachbarn und gegen sein eigenes Volk verübt und
die Menschenrechte seines eigenen Volks und seiner Nachbarn mit Füßen tritt.
Wie schwierig der vor uns liegende Weg im Hinblick auf den Irak auch sein
mag - wir dürfen nicht davor zurückschrecken, diesen Weg einzuschlagen.
Hoffentlich gibt es eine friedliche Lösung. Aber wenn der Irak seine
Verpflichtungen nicht vollständig einhält, dürfen wir uns nicht der
Verantwortung entziehen, die wir uns mit der einstimmigen Verabschiedung von
Resolution 1441 auferlegt haben; so viele andere Nationen haben ihre
Unterstützung für 1441 zum Ausdruck gebracht.
Massenvernichtungswaffen in den Händen von Terroristen oder Staaten, die
Terroristen unterstützen, würden einen tödliche Gefahr für uns alle
darstellen. Deswegen müssen wir die Vereinten Nationen noch effektiver
machen. Und wir müssen international noch enger zusammenarbeiten, um diese
Waffen von Terroristen fern zu halten.
Die Vereinten Nationen arbeiten seit langem darauf hin, die internationale
Gemeinschaft zum Kampf gegen den Terrorismus zu mobilisieren. Wie wir heute
Morgen hier festgestellt haben, gibt es beispielsweise 12 unter der
Schirmherrschaft der Vereinten Nationen und den ihr angeschlossenen Behörden
ausgehandelte Konventionen und Protokolle zur Terrorismusbekämpfung. Es ist
unerlässlich, dass alle Staaten Vertragspartei aller dieser Konventionen und
Protokolle werden und sie so bald wie möglich vollständig umsetzen.
Mit der Verabschiedung von Resolution 1373 des UN-Sicherheitsrats im
September 2001 haben die Vereinigten Staaten die Art und Weise grundlegend
verändert, wie die internationale Gemeinschaft auf Terrorismus reagiert.
Resolution 1373 verpflichtete alle Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit, um
Terroristen der Fähigkeit zu berauben, Geldmittel zu beschaffen und zu
transferieren, Unterschlupf zu finden, Waffen zu beschaffen oder
internationale Grenzen zu überschreiten.
Resolution 1373 besagte, dass mal als Mitglied der Gemeinschaft
zivilisierter Nationen seinen Beitrag leisten muss, um Terrornetzwerke zu
zerschlagen und terroristische Aktivitäten zu vereiteln. Und wie wir heute
hier gesehen und erörtert haben, beginnt Resolution 1373 Auswirkungen zu
zeigen. Die meisten Mitgliedstaaten haben dem Ausschuss für
Terrorismusbekämpfung Berichte vorgelegt, in denen sie die von ihnen
ergriffenen Maßnahmen zur Umsetzung von Resolution 1373 beschreiben und
feststellen, was noch getan werden muss.
Das ist ein äußerst wichtiger Schritt. Und wie Botschafter Greenstock
bereits ausführte, sollten die Länder, die diesen Schritt noch nicht
unternommen haben, ihren Verpflichtungen so schnell wie möglich nachkommen.
Diejenigen, die ihn unternommen haben, sollten weiterhin für die Bitten des
Ausschusses für Terrorismusbekämpfung offen sein.
Einige Länder möchten Resolution 1373 möglichst bald umsetzen und weitere
Maßnahmen zur Bekämpfung von Terroristen ergreifen, aber ihnen fehlen die
erforderlichen Fähigkeiten und Ressourcen, um dies effektiv zu tun. Wir
müssen ihnen beim Aufbau ihrer Fähigkeiten behilflich sein. Ich fordere alle
Nationen mit Erfahrung bei der Terrorismusbekämpfung auf, unseren
bereitwilligen Partnern zu helfen.
Viele Länder haben sich dieser Herausforderung bereits gestellt.
Beispielsweise leisten das Commonwealth-Sekretariat, Frankreich, Australien,
Deutschland, Neuseeland und Norwegen Hilfe in Bereichen wie dem Entwurf von
Gesetzen zur Terrorismusbekämpfung.
Wir haben unsererseits die Hilfe beim Aufbau von Fähigkeiten mehr als
verdreifacht. Allein im letzten Jahr wurden im Rahmen unseres Hilfsprogramms
zur Terrorismusbekämpfung nahezu 4.800 Sicherheitskräfte aus 60 Ländern
ausgebildet - vom Aufspüren von Bomben über Verhandlungen mit Geiselnehmern
bis zu Ermittlungen am Tatort und dem Schutz von Würdenträgern. Im kommenden
Jahr wenden wir darüber hinaus 10 Millionen Dollar dafür auf, die Fähigkeit
von 18 Ländern zu stärken, Terroristen die zur Ermordung unschuldiger
Menschen erforderlichen Geldmittel zu verweigern.
In der Tat hat die internationale Gemeinschaft bereits beeindruckende
Fortschritte beim Einfrieren der Vermögenswerte der Terroristen erzielt, und
die Vereinten Nationen haben bei diesen beispiellosen Bestrebungen eine
führende Rolle übernommen. Die Vereinten Nationen haben beispielsweise 324
Namen von Personen genannt, deren Vermögenswerte eingefroren werden sollen.
Darüber hinaus wurde mit den Resolutionen 1267 und 1390 eine stabile
Grundlage geschaffen, um den Geldstrom zu Gefolgsleuten der Taliban, Al
Qaida und von Osama bin Laden zu unterbinden.
Wir sind besonders erfreut, dass der Sicherheitsrat erst letzten Freitag
Resolution 1455 einstimmig verabschiedet hat. Diese wichtige neue Resolution
zielt darauf ab, die Umsetzung dieser auf die Terroristen ausgerichteten und
zeitlich unbegrenzten Sanktionen in den Mitgliedstaaten zu verbessern. Die
internationale Gemeinschaft hätte kein stärkeres Signal ihrer
Entschlossenheit senden können, den Terrorismus radikal zu beseitigen.
Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Botschafter Valdes aus Chile, wenn
er den Vorsitz des gemäß Sicherheitsrats-Resolution 1267 eingerichteten
Ausschusses zur Umsetzung des Al-Qaida-Sanktionsregimes übernimmt. Dieser
Ausschuss hat mit der einstimmigen Verabschiedung von Resolution 1455
zusätzliche Bedeutung gewonnen.
Aber wir müssen alle noch mehr tun. Wir müssen unsere Bestrebungen besser
koordinieren. Viele internationale Organisationen arbeiten bereits auf
regionaler und lokaler Ebene bei der Bekämpfung der terroristischen
Bedrohung zusammen. Diesen Organisationen kommt eine wichtige Rolle dabei
zu, ihren Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zur
Terrorismusbekämpfung behilflich zu sein. Es ist jetzt an der Zeit, dass
diese Gruppen miteinander reden, Informationen austauschen und ihre
Aktivitäten so koordinieren, dass sie die besten Auswirkungen erzielen.
Der Ausschuss für Terrorismusbekämpfung unternimmt einen guten ersten
Schritt mit der Einberufung eines Treffens im März mit dem Ziel, viele
dieser Organisationen zusammenzubringen. Kollegen, Freunde - die vor uns
liegende Herausforderung besteht darin, die Terrorismusbekämpfung in das
Gefüge unserer nationalen und internationalen Institutionen einzubetten.
Wir müssen uns der Herausforderung stellen. Wir müssen der Herausforderung
mit Taten begegnen, die den Globus vom Terrorismus befreien und eine Welt
schaffen, in der alle Kinder Gottes ohne Furch leben können.
Vielen Dank.
Originaltext: War on Terrorism Must Be Intensified, Powell Says (siehe
http://usinfo.state.gov)
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