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Die imperialen Ambitionen der USA und der Irak

Von Harry Magdoff, John Bellamy Foster, Robert W. McChesney, Paul Sweezy

Der folgende Beitrag erschien als Editorial in der Dezember-Ausgabe 2002 der "Monthly Review", New York. Hermann Kopp hat ihn übersetzt und in den "Marxistischen Blättern", Special, 2003 ("Irak-Krieg. Das angekündigte Verbrechen") veröffentlicht und unserer Homepage zur Verfügung gestellt.

Offiziell geht es der gegenwärtigen Irak-Politik Washingtons um einen "Regimewechsel" - entweder durch einen Militärputsch oder mittels einer US-Invasion, die gerechtfertigt werden soll als "Präventivangriff" gegen einen Schurkenstaat, der entschlossen sei, Massenvernichtungswaffen zu entwickeln und einzusetzen.[1] Doch eine solche Invasion, sollte sie denn stattfinden, würde sich nicht mit einem bloßen Regimewechsel in Bagdad begnügen. Das weitergehende Ziel wäre nichts Geringeres als die globale Ausweitung der US-Herrschaft durch eine eindeutige amerikanische Dominanz im gesamten Mittleren Osten. Deshalb steht die Welt heute vor einem wesentlichen neuen Schub in der Entwicklung des Imperialismus.

Der Imperialismus von heute ist bestimmt nicht derselbe wie der des späten 19. Jahrhunderts. In der Frühzeit der modernen imperialistischen Ära erschienen mehrere imperialistische Mächte - vor allem Deutschland, Japan und die Vereinigten Staaten - auf der Szene und forderten die britische Hegemonie in verschiedenen Teilen dert Erde heraus. Der Imperialismus jener Periode wies eine Reihe besonderer Merkmale auf: der Streit zwischen den europäischen Mächten um die Aufteilung Afrikas; verschärfter Wettbewerb in Europa um die jeweiligen Märkte; zunehmende deutsche Konkurrenz gegen London als Herz des internationalen Geldmarkts. Gleichzeitig versuchten die USA, in den Wettbewerb um die europäischen Märkte einzutreten, und entwickelten ihre eigenen Kolonien und Einflusssphären in Lateinamerika und Asien. Zu den Hauptursachen des Ersten Weltkriegs zählten sowohl die scharfe Konkurrenz zwischen den Großmächten um Kolonien als auch der deutsche Versuch, Großbritannien als Zentrum der internationalen Finanz- und Warenmärkte zu eliminieren.

Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bildete die zweite Phase des modernen Imperialismus. Im Versailler Vertrag verteilten die Sieger ihre Beute, wobei sie ein Ziel einte: den Bolschewismus zu schlagen. Thorstein Veblen schrieb, den Bolschewismus von der Weltkarte zu fegen, sei nicht nur eine Geheimklausel des Vertrags von Versailles gewesen, sondern geradezu das "Pergament", auf dem er niedergelegt wurde (Essays in Our Changing Order, 1934, S. 464). Der Plan, die Sowjetunion zu isolieren und niederzuzwingen, wurde jedoch zunächst gestoppt durch die Weltwirtschaftskrise und den Zweiten Weltkrieg, der sich aus den Versuchen der Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan entwickelte, größere Stücke des Weltsystems an sich zu reißen.

Eine dritte Phase des Imperialismus beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg. Während des Krieges hatten die Vereinigten Staaten als neue Hegemonialmacht der kapitalistischen Welt einen Plan ausgearbeitet, wonach sie die Kontrolle über die, aus ihrer Sicht, strategischen Zentren der Weltwirtschaft gewinnen wollten - ein ehrgeiziges Ziel, dem damals nur durch die Existenz der sowjetischen Einflusssphäre Grenzen gesetzt waren. Noam Chomsky beschrieb in der Monthly Review vom November 1981 die Formierung der geopolitischen Strategie der USA in jener Periode so:
"Der allgemeine Rahmen, innerhalb dessen sich die außenpolitischen Überlegungen der USA nach dem Zweiten Weltkrieg bewegten, ist am besten beschrieben in den Dokumenten, die während des Krieges von den Strategen des State Departement und dem Rat für Auswärtige Angelegenheiten gefertigt wurden. Diese trafen sich sechs Jahre lang, von 1939 bis 1945, im Rahmen des War and Peace Studies Programms. Sie wussten spätestens seit 1941/42, dass die Vereinigten Staaten bei Kriegsende eine Position enormer globaler Vorherrschaft einnehmen würden. Und so stellte sich die Frage: ‹Wie organisieren wir die Welt?›

Sie entwarfen eine Konzeption, die als Grand Area Planning [Großgebietsplanung] bekannt wurde. Die Grand Area wird darin bestimmt als jenes Gebiet, das, in ihren Worten, ‹strategisch notwendig [ist], um die Welt zu kontrollieren›. Die zugrunde liegende geopolitische Analyse versuchte herauszuarbeiten, welche Weltregionen ‹offen› sein müssen - offen für Investitionen, offen für die Rückführung von Profiten. Offen also für die Beherrschung durch die Vereinigten Staaten.

Damit die US-Wirtschaft ohne interne Veränderungen würde prosperieren können (ein ganz wesentlicher Punkt, der in allen damaligen Diskussionen aufscheint), also ohne Umverteilung von Einkommen oder Macht oder strukturelle Modifikationen, hatte dem War and Peace Program zufolge das für die strategische Kontrolle über die Welt notwendige Gebiet zumindest die gesamte westliche Hemisphäre, das frühere, jetzt in Auflösung begriffene Britische Empire und den Fernen Osten zu umfassen. Das war das Minimum - das Maximum war das Universum.

Irgendwo zwischen beidem war die Konzeption der Grand Area angesiedelt - und die Aufgabe, sie in Form von Finanzinstitutionen und Finanzplanung zu organisieren. Dies war der Rahmen, der für die gesamte Nachkriegsperiode gültig blieb."

Die Befreiung der europäischen Kolonien und die Vereitelung von Japans pazifischen Ambitionen ermöglichte es dem von der Militärmacht der USA gestützten US-Kapital, auf vormals unzugängliche Märkte vorzudringen. Während das Bretton Woods Abkommen den imperialistischen Mächten einen neuen ökonomischen Handlungsrahmen bot, setzten die USA ihre Streitkräfte und verdeckte Operationen weltweit immer häufiger ein - Kriege in Korea und Vietnam, erfolgreiche Putsche im Iran, in Guatemala und Chile, der Versuch, die Regierung Kubas zu stürzen, Einmischung in zahlreiche Bürgerkriege in Mittelamerika und Afrika.

Entscheidend für die gesamte Konzeption der Grand Area war die Kontrolle des Mittleren Ostens, der als Teil des alten Britischen Empire betrachtet wurde und als absolut unentbehrlich für die wirtschaftliche, militärische und politische Kontrolle über den gesamten Globus galt - nicht zuletzt deshalb, weil dort der größte Teil der bekannten Welterdölvorräte lag. Die Vereinigten Staaten starteten deshalb in den 1950er Jahren eine lange Reihe offener und verdeckter Interventionen in der Region, deren erste und wichtigste der Sturz der demokratisch gewählten Mossadegh-Regierung im Iran war, die ausländische Ölgesellschaften nationalisiert hatte. Der US-amerikanische Großangriff war ein klarer Erfolg. Zwischen 1940 und 1967 steigerten die US-Gesellschaften ihre Kontrolle über die Ölreserven des Mittleren Ostens von 10 auf nahezu 60 Prozent, während die unter britischer Kontrolle stehenden Reserven von 72 Prozent 1940 auf 30 Prozent 1967 abnahmen (H. Magdoff, Age of Imperialism, S. 43).

Die lange Verzögerung einer wirklichen Integration Westeuropas, teilweise verursacht durch ökonomische Stagnation, bedeutete, dass diese Region nicht das Bollwerk gegen US-Interessen werden konnte, das führende europäische Politiker sich erhofft hatten. Da Europa schwach war und Japan nicht in der Lage, mit den USA in Asien ernsthaft zu konkurrieren, machte die Niederlage des real existierenden Sozialismus in Europa Anfang der 1990er Jahre den Weg frei für eine erneute Periode der US-Hegemonie, die in den 1970er und 1980er Jahren teilweise dahingeschwunden war. Unter dem Gesichtspunkt der historischen Entwicklung des Imperialismus betrachtet, ist es klar, dass das wirkliche Motiv hinter Washingtons derzeitigem Drang nach einem Krieg gegen den Irak nicht irgendeine echte militärische Bedrohung durch dieses Land ist, sondern der Wunsch zu demonstrieren, dass die USA jetzt bereit sind, ihre Macht nach Belieben zu nutzen. Wie Jay Bookman, Redakteur der Meinungsseite des Atlanta-Journal Constitution, in diesem Blatt schrieb ("The President's Real Goal in Iraq", September 29,.2002):

"Die offizielle Version der Irak-Geschichte hat noch nie Sinn gemacht... [Die angedrohte Invasion] hat nichts zu tun mit Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus oder Saddam oder UN-Resolutionen. Dieser Krieg, so er denn kommt, soll dazu dienen, den Status der Vereinigten Staaten als flügge gewordenes Weltreich zu bestätigen, das die alleinige Verantwortung und Autorität des Weltpolizisten übernimmt. Es wäre die Krönung eines Plans, an dem seit zehn oder mehr Jahren gearbeitet wurde und der jetzt verwirklicht wird von denen, die überzeugt sind, dass die Vereinigten Staaten die Gelegenheit zur Weltherrschaft ergreifen müssen, selbst wenn dies bedeutet, dass wir die ‹amerikanischen Imperialisten› werden, die wir unseren Feinden zufolge immer waren... Rom hat sich nie zu Containment [einer Politik der Eindämmung] herabgelassen; es hat erobert. Und das sollten auch wir tun."

Die Verteidigung des Imperiums

Imperiale Expansionskriege, so wenig sie auch zu rechtfertigen sind, erfordern immer eine Art Rechtfertigung. Dazu diente oft die Doktrin des Verteidigungskriegs. In seinem Essay "Die Soziologie der Imperialismen" von 1919 schrieb Joseph Schumpeter über Rom in den Jahren seiner größten Ausdehnung:
"Es gab keinen Winkel der bekannten Welt, wo nicht irgendein Interesse angeblich gefährdet war oder gerade angegriffen wurde. Waren es nicht römische Interessen, so waren es die von Verbündeten Roms; und wenn Rom keine Verbündeten hatte, dann wurden Verbündete erfunden. Und wenn es völlig unmöglich war, solch ein Interesse zu ersinnen - nun, dann war eben die nationale Ehre beleidigt worden. Der Kampf war stets von einer Aura der Legalität umgeben. Rom wurde stets von übel gesonnenen Nachbarn angegriffen, kämpfte stets um eine Atempause. Die ganze Welt war voller Feinde, und es war Roms offenkundige Pflicht, sich gegen ihre zweifellos aggressiven Pläne zu schützen."[2]

Natürlich boten viele (vielleicht die meisten) imperialen Abenteuer des 19. Jahrhunderts wenig Spielraum für die Behauptung, es lägen ihnen defensive Motive zugrunde. Die Opiumkriege wurden nicht gegen ein aggressives China geführt, sondern um den freien Opiumhandel zu erzwingen. Der Kampf zwischen den europäischen Mächten um die Aufteilung Afrikas wurden nicht gegen ein kriegerisches Afrika geführt, sondern zur "Bürde des weißen Mannes" erklärt.

Der Vorwand, eine endlose Serie von Verteidigungskriegen werde benötigt, um böswillige, nach Aggression gierende Kräfte in allen Winkeln der bekannten Welt in Schach zu halten, starb nicht mit dem Römischen Reich, sondern war Teil der Begründung für die Expansion des britischen Imperialismus im 19. Jahrhundert und des amerikanischen im 20. Von derselben Mentalität ist die neue "Nationale Verteidigungsstrategie der Vereinigten Staaten" durchdrungen, die von der Exekutive kürzlich dem Kongress unterbreitet wurde (New York Times, September 20, 2002). Dieses Dokument schreibt drei Kernprinzipien der US-Strategie fest: (1) die Verewigung einer konkurrenzlosen globalen militärischen Dominanz der USA, so dass kein Staat die Vereinigten Staaten herausfordern oder bedrohen kann; (2) die Bereitschaft, militärische "Präventiv"-Schläge gegen Staaten oder Kräfte wo auch immer auf der Welt zu führen, die als Bedrohung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten, ihre Streitkräfte und Einrichtungen im Ausland oder ihre Freunde und Verbündeten betrachtet werden; und (3) die Immunität von US-Bürgern gegenüber einer Verfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof. Senator Edward M. Kennedy meinte zu dieser Nationalen Sicherheitsstrategie: "Die Doktrin der Administration ist der Ruf nach einem amerikanischen Imperialismus des 21. Jahrhunderts, den keine andere Nation akzeptieren kann und darf" (October 7, 2002).

Washingtons Ehrgeiz, ein Weltreich zu schaffen, wie es die Welt noch nie gesehen hat, wird allenfalls noch übertroffen von seiner paranoiden Furcht vor unzähligen, in jeder Nische des Globus lauernden Feinden, die allzeit bereit sind, die Sicherheit des "Heimatlands" zu bedrohen. Diese äußeren Bedrohungen dienen aus Washingtoner Sicht nur dazu, den Ausbau des US-amerikanischen Machtpotentials zu rechtfertigen. Die ins Visier genommenen Feinde der Vereinigten Staaten sind gegenwärtig günstigerweise in der Dritten Welt angesiedelt, wo die besten Möglichkeiten zu einer offenen Expansion des US-Imperialismus bestehen.

Der Irak unter der brutalen Diktatur Saddam Husseins wird als der wichtigste Schurkenstaat vorgestellt, als Weltfeind Nummer eins. Zwar er verfügt er noch nicht über die gefürchtetsten Massenvernichtungswaffen - Atomwaffen -, doch behauptet die Bush-Administration, dies könnte bald der Fall sein. Mehr noch, wegen der angeblichen absoluten Verrücktheit seines Führers soll der Irak so irrational sein, dass er auch gegenüber nuklearer Abschreckung immun bleibt. Deshalb, so wird uns gesagt, bleibt keine andere Wahl, als dieses bösartige Regime schnellstens zu schlagen, noch ehe es an die gefürchteten Waffen gelangt. Die UN-Inspektionen sind in diesem Stadium weitgehend nutzlos, hat die Bush-Administration behauptet (womit sie freilich bei den anderen Sicherheitsratsmitgliedern kein Gehör fand). Saddam Hussein, so heißt es, werde immer einen Weg finden, um seine bedenklichsten Waffenaktivitäten irgendwo in den weitläufigen Baulichkeiten zu verbergen, die seiner persönlichen Sicherheit dienen und die den UN-Inspektoren nicht voll zugänglich gemacht werden, so sehr der Irak auch bedingungslosen Inspektionen zustimmen mag. Es bleibt deshalb keine andere Wahl als ein gewaltsamer "Regimewechsel" (die Installierung eines Marionettenregimes) - durch einen Militärputsch oder eine Invasion.

Die Administration flößt einem durch die Ereignisse des 11. September 2001 ohnehin schon verängstigten amerikanischen Publikum auf diese Weise Furcht ein und versucht damit, das Land und die Welt kriegsbereit zu machen. Wenn ein US-Präsident und seine Regierung sich tagtäglich hinstellen und betonen, die Vereinigten Staaten stünden schutzlos einem drohenden Angriff mit Massenvernichtungswaffen gegenüber (und dabei die Frage eines mit einem "Atompilz" verknüpften Überraschungsangriffs selbst in einem Fall ins Spiel bringen, in dem der fragliche Staat über derartige Waffen gar nicht verfügt), muss das einen Großteil der Bevölkerung notgedrungen mitziehen. Die unaufhörliche Wiederholung dieser düsteren Warnungen nach dem Prinzip "Je größer die Lüge, desto eher wird sie geglaubt", verbunden mit dem Echo in den Massenmedien, führt dazu, dass die verbreitete Skepsis mehr und mehr schwindet. "Wenn die öffentliche Unterstützung anfangs schwach ist", schrieb Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu der Frage, wie sich die Bevölkerung dazu bringen lässt, einen unpopulären Krieg zu unterstützen, dann "muss die US-Führung entschlossen ihr ganzes politisches Kapital in die Organisierung von Unterstützung investieren und die Bemühung darum solange beibehalten, wie es nötig ist" (New York Times, October 14, 2002).

So hirnrissig waren die Behauptungen, die das Oval Office verlautbaren ließ in seinem Bemühen, die kleinsten Fitzelchen der Rechtfertigung einer Invasion zusammenzutragen, dass kein geringerer als CIA-Direktor George J. Tenet sich gezwungen sah, den Lügen des Präsidenten zu begegnen. So hat Tenet offen dessen Behauptung widersprochen, der Irak stelle eine unmittelbare nukleare Bedrohung für die Vereinigten Staaten dar, und hat betont, dass das Land frühestens in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts genügend spaltbares Material für auch nur eine einzige Atomwaffe produzieren könne. Die Regierung hat dann versucht, ihre schwache Atomwaffenargumentation dadurch zu umgehen, dass sie größeres Gewicht auf die Gefährdung durch chemische und biologische Waffen des Irak legte. In einer Rede in Cincinnati am 7. Oktober sagte der Präsident, Bagdad könnte jederzeit versuchen, Ziele in den USA mit diesen Waffen anzugreifen, wenn es von Terroristennetzen Hilfe bei deren Verbringung zu ihren Zielen bekommt. Doch die CIA widersprach in einem von Tenet unterzeichneten Brief an den Kongress vom selben Tag einer solchen Einschätzung: nichts deute darauf hin, dass der Irak chemische und biologische Waffen für andere als Abschreckungszwecke entwickle; er werde wohl in der absehbaren Zukunft keine terroristischen Attacken sponsern, sofern die USA ihn nicht zuerst angriffen. "Bagdad scheint heute eine klare Grenze zu ziehen gegenüber terroristischen Angriffen auf die Vereinigten Staaten mit konventionellen oder C- und B-Waffen", hieß es in dem Brief. Allerdings, "sollte Saddam zu dem Schluss kommen, dass ein US-geführter Angriff nicht länger zu verhindern ist, wäre er wahrscheinlich weit weniger zurückhaltend in der Unterstützung terroristischer Aktionen" (New York Times, October 10, 2002).

Das Trojanische Pferd

Tatsache ist, dass der Irak heute wahrscheinlich über keine funktionsfähigen B- und C-Waffen-Kapazitäten verfügt, da diese während der UNO-Inspektionen 1991-1998 zerstört wurden. Seine früheren entsprechenden Fähigkeiten datieren aus den 1980er Jahren, als der Irak unter Saddam Hussein mit den USA verbündet war. In den Jahren 1985 bis '89, also teilweise während des iranisch-irakischen Kriegs von 1980 bis 1988, und nach dem Einsatz von chemischen Waffen gegen den Iran 1984, lieferten US-Firmen mit Zustimmung der Reagan-Administration und der von Bush sen. zahlreiche tödliche biologische Kulturen, darunter Anthrax, an den Irak. Acht solcher Lieferungen, die später von den Centers for Disease Control als "für die biologische Kriegführung bedeutsam" klassifiziert wurden, waren vom Handelsministerium genehmigt worden. Insgesamt erhielt der Irak von den USA in diesen Jahren mindestens 72 Lieferungen von geklontem Zellmaterial, Bakterien und Chemikalien, die potentiell für chemische und biologische Kriegführung nutzbar waren.[3]

Die USA setzten die Lieferung solcher tödlicher Substanzen in den Irak sogar fort, nachdem verlautet war, dass dieser 1988 Chemiewaffen gegen die Kurden im Nordirak eingesetzt habe.

Es ist kein Geheimnis, dass die USA das Land mit der weitaus größten Kapazität an Massenvernichtungswaffen und mit der fortgeschrittensten Technologie auf diesem Gebiet sind. Und es kann kaum überraschen, dass Washington deshalb von einem Großteil der Welt vorgeworfen wird, angesichts von Staaten wie dem Irak mit zweierlei Maß zu messen. Wie der frühere Chef-Waffeninspektor für die Vereinten Nationen im Irak, Richard Butler, betonte: "Mein Versuch, mit Amerikanern - selbst mit sehr gebildeten und engagierten Leuten - über doppelte Standards zu diskutieren, war ein völliger Fehlschlag. Ich hatte manchmal das Gefühl, mit ihnen in der Marsmenschen-Sprache zu sprechen, so groß ist ihre Verständnisunfähigkeit." "Was Amerika", so Butler, "absolut nicht versteht, ist, dass ihre Massenvernichtungswaffen genauso ein Problem sind wie die des Irak." Die Auffassung, es gebe "gute Massenvernichtungswaffen und schlechte", ist falsch. Als UN-Waffeninspektor sah sich Butler mit diesem Widerspruch täglich konfrontiert:

"Mit meine unangenehmsten Momente in Bagdad waren die, wenn mich die Iraker aufforderten zu erklären, warum sie wegen ihrer Massenvernichtungswaffen gehetzt würden, Israel, nur ein paar Straßen weiter, aber nicht, obwohl es doch bekannt sei, dass es über 200 Atomwaffen verfügt... Ich muss auch gestehen, dass ich zurückzucke, wenn ich Amerikaner, Briten und Franzosen gegen Massenvernichtungswaffen wettern höre - ungeachtet der Tatsache, dass sie selber stolze Besitzer großer Mengen solcher Waffen sind; und wenn sie ohne alles schlechte Gewissen darauf bestehen, dass diese Waffen für ihre nationale Sicherheit unentbehrlich sind und bleiben... Das ist eine Unfairness, die ein Mensch einfach nicht hinnehmen kann" (Sidney Morning Herald, October 3, 2002).

Die USA sind weit davon entfernt, sich der Weitergabe von Massenvernichtungswaffen zu widersetzen; als Land, das ein größeres materielles Interesse an diesen Waffen hat als jedes andere, haben sie internationale Bemühungen, sie zu begrenzen, häufig blockiert. So schockte Präsident Bush im Dezember 2001, ganze 2 Monate nach den Angriffen vom 11. September, die internationale Gemeinschaft, weil er den vorgeschlagenen Erzwingungs- und Verifizierungsmechanismus für die Konvention über biologische und Giftwaffen zu Fall brachte - und zwar mit der Pseudobegründung, Biowaffeninspektionen in den Vereinigten Staaten könnten die technologischen Geheimnisse und die Profite der US-amerikanischen Biotech-Unternehmen gefährden.

Washingtons Ziele im Irak während der Jahre nach dem Golfkrieg waren unvereinbar mit dem Inspektions- und Entwaffnungsprozess der UNO, der diesem Land alle Massenvernichtungswaffen nehmen sollte. Scott Ritter, einem früheren UN-Waffeninspektor im Irak 1991-98 zufolge, wurde dies dadurch deutlich, dass die USA den Inspektionsprozess eigenmächtig unterminierten.[4] Bis 1998 waren 90 bis 95 Prozent der im Irak vermuteten verbotenen Waffen offengelegt und im Ergebnis der UN-Inspektionen zerstört worden. Der wunde Punkt bei den Inspektionen waren die ausgedehnten Gebäudekomplexe, die für Saddam Husseins persönliche Sicherheit und die Sicherheit der Baath-Partei bestimmt waren. Deshalb war ein Verfahren vereinbart worden, "Modalitäten für die Inspektion sensitiver Anlagen" genannt, dem zufolge vier UN-Inspektoren diese Baulichkeiten ohne Voranmeldung betreten und durchsuchen konnten. Doch bei der Inspektion einer Zentrale der Baath-Partei in Bagdad im Dezember 1998 agierten die USA auf eigene Faust und bestanden darauf, nicht nur die vier UN-Inspektoren, sondern zusätzliche Geheimdienstoffiziere zu schicken. Ziel war, damit in Husseins Sicherheitsapparat einzudringen - was mit der Inspektion von Massenvernichtungswaffen nichts zu tun hatte -, und einen internationalen Zwischenfall zu provozieren. Die ganze Operation wurde laut Ritter vom Nationalen Sicherheitsrat der USA dirigiert, der seine Anweisungen direkt Richard Butler, dem damaligen Leiter des UN-Inspektoren-Teams, erteilte.

Der Irak protestierte gegen diesen groben Verstoß gegen die vereinbarten Inspektionsmodalitäten und die USA nahmen das, nach Ritters Bericht, zum Vorwand für eine "fabrizierte Krise", wiesen die UN-Inspektoren an auszureisen und starteten zwei Tage später eine als Operation Wüstenfuchs bekannt gewordene Bombenkampagne, die gegen Saddam Husseins Sicherheitsapparat gerichtet war. Erkenntnisse über Verstecke der Baath-Partei, die von den USA durch die Verletzung der Regularien des UN-Inspektionsprozesses gewonnen worden waren, dienten dazu, die Bombardierungen zu lenken. Danach weigerte sich der Irak, Inspektoren wieder zu "sensitiven Anlagen" zuzulassen, da diese Inspektionen dazu benutzt worden seien, die irakische Regierung auszuspionieren, und der Inspektionsprozess zerfiel.

Auf diese Weise torpedierte Washington wirksam das Endstadium des UN-Inspektionsprozesses und machte klar, das sein wirkliches Ziel nicht Entwaffnung, sondern "Regimewechsel" war. Es hatte die Inspektionen bei seinem Versuch, das irakische Regime zu Fall zu bringen, als Trojanisches Pferd benutzt.

Öl-Hegemonie

Militärische, politische und ökonomische Aspekte sind in allen Stadien des Imperialismus, wie des Kapitalismus überhaupt, miteinander verbunden. Doch ist das Öl der bedeutendste einzelne strategische Faktor, der die US-Ambitionen im Mittleren Osten bestimmt. Neben dem Profitpotential, den all dieses Öl für große Konzerne in sich birgt, ist die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten, die über ganze 2 Prozent der bekannten Welterdölreserven verfügen, 25 Prozent der jährlichen Weltproduktion verbrauchen, ein zusätzlicher Antrieb zu versuchen, die Vorräte zu kontrollieren. Zweifellos wollen die USA die irakische Ölproduktion und damit die zweitgrößten Lagerstätten bekannter Ölreserven (nach denen Saudi-Arabiens), mit über 110 Milliarden Barrel oder 12 Prozent des Weltvorrats unter ihre Kontrolle bringen. Der Mittlere Osten insgesamt birgt 65 Prozent der bekannten Welterdölvorräte. Von bislang 73 im Irak entdeckten Vorkommen wird derzeit lediglich etwa ein Drittel ausgebeutet. Das US-Energieministerium schätzt, dass der Irak über 220 Milliarden Barrel an "wahrscheinlichen und möglichen" Reserven verfügt; damit würde die geschätzte Gesamtmenge ausreichen, die Öleinfuhren der USA auf ihrem heutigen Niveau 98 Jahre lang zu decken. Schätzungsweise könnte der Irak seine Ölförderung nach der Aufhebung der Sanktionen innerhalb von sieben Jahren von drei auf sechs Millionen Barrel pro Tag steigern. Optimistischere Schätzungen glauben sogar, dass sich die irakische Ölproduktion auf zehn Millionen Barrel pro Tag erhöhen ließe.[5]

Das US-Energieministerium nimmt an, dass der globale Ölbedarf von den heutigen 77 Millionen Barrel pro Tag in den nächsten 20 Jahren auf 120 Millionen Barrel steigen könnte, mit dem stärksten Anstieg in der Nachfrage seitens der USA und Chinas. Gegenwärtig stammen etwa 24 Prozent der US-amerikanischen Ölimporte aus dem Mittleren Osten; es wird erwartet, dass dieser Anteil rasch steigt, da andere Quellen versiegen. Die OPEC unter Führung Saudi-Arabiens hat jedoch die Ölzufuhr niedrig gehalten, um die Preise hoch zu halten. Die Ölförderung des Mittleren Ostens stagnierte in den letzten 20 Jahren; die gesamte OPEC-Förderung ist - trotz großer Reserven - heute sogar niedriger als 1980 (Edward L. Morse und James Richard, "The Battle for Energy Dominance", Foreign Affairs, März/April 2002). Daher wurde die Sicherheit und Verfügbarkeit des Ölnachschubs für die US-Konzerne und die Interessen der US-Strategen zunehmend zum Thema. In den Worten des rechten Gelehrten und Yale-Professors Donald Kagan: "Wenn wir wirtschaftliche Probleme haben, so sind die durch Stockungen in der Ölzufuhr verursacht. Haben wir erst eine Streitmacht im Irak, gibt es keine solche Stockung mehr" (zitiert bei Bookman, "The President's Real Goal in Iraq"). Die US-Ölkonzerne sitzen schon in den Startlöchern für den Tag, da sie in den Irak und den Irak zurückkehren können. Robert J. Allison Jr., Vorsitzender der Anadarko Petroleum Corporation, meint: "Wir haben uns in Katar und Oman eingekauft, um einen Fuß in den Mittleren Osten zu kriegen... Wir müssen uns für die Zeit positionieren, wenn Irak und Iran wieder Teil der Staatenfamilie werden" (New York Times, October 22, 2002).

Zur Zeit nimmt der französische Ölgigant TotalFinaElf die stärkste Position im Irak ein; er verfügt über exklusive Verhandlungsrechte auf die Entwicklung der Felder in den Regionen Majnoon und Bin Umar. Die nächstgrößten Geschäfte sollen wohl, so wird erwartet, an den italienischen Eni-Konzern und an ein von LukOil geführtes russisches Konsortium gehen. Wenn aber US-amerikanische Streitkräfte kommen und entweder ein Marionettenregime oder eine US-Mission etablieren, steht all dies zur Disposition. Aus welchem Land werden dann wohl die Ölgesellschaften kommen, die neue Verträge aushandeln - und die außerdem einen ordentlichen Anteil des Öls erhalten, das jetzt französischen und anderen nicht-amerikanischen Konzernen gehört?

Der direkte Zugang der USA zum Öl und die Profite der US-amerikanischen Ölkonzerne reichen, für sich genommen, jedoch nicht aus, um das überragende US-Interesse am Mittleren Osten zu erklären. Die Vereinigten Staaten betrachten vielmehr diese ganze Region als einen entscheidenden Teil ihrer Weltmachtstrategie. Nach der Besetzung des Irak und der Installierung eines Regimes unter amerikanischen Kontrolle wäre der Iran (selbst eine Ölmacht und Teil von Bushs "Achse des Bösen") fast völlig umgeben von US-Militärstützpunkten in Zentralasien im Norden, der Türkei und dem Irak im Westen, Kuwait, Saudi-Arabien, Katar und Oman im Süden, Pakistan und Afghanistan im Osten. Das würde es den Vereinigten Staaten erleichtern, die geplanten Ölpipelines von der Kaspischen See in Zentralasien durch Afghanistan und Pakistan zum Indischen Ozean zu schützen. Es würde den USA eine viel solidere Militärbasis im Mittleren Osten verschaffen, wo sie schon heute Zehntausende von Soldaten in zehn Ländern stationiert haben. Es würde den Einfluss der USA auf Saudi-Arabien und andere Staaten des Mittleren Ostens verstärken. Es würde die Bemühungen der globalen Supermacht stützen, dem gesamten Mittleren Osten Bedingungen aufzuzwingen, die günstig sind für die israelische Expansion und die Enteignung der Palästinenser. Es würde die aufsteigende Wirtschaftsmacht China, wie auch Europa und Japan, was den lebensnotwendigen Energiebedarf angeht, zunehmend abhängig machen von dem US-dominierten Ölregime im Mittleren Osten. Die Kontrolle über das Öl mittels militärischer Gewalt würde sich so in größere wirtschaftliche, politische und militärische Macht in globalem Maßstab ummünzen lassen.

Eine unipolare Welt

Anfang der 1970er Jahre war der Glaube weit verbreitet, die USA seien dabei, ihre Position als kapitalistische Hegemonialmacht einzubüßen. Dies war das Ergebnis von ökonomischen Terrainverlusten gegenüber Europa und Japan während des vorangegangenen Vierteljahrhunderts und der Abkopplung des Dollars vom Gold 1971. In den 1990er Jahren jedoch enthüllten der Kollaps der Sowjetunion, der die Vereinigten Staaten als einzige Supermacht übrig ließ, und das gegenüber Europa und Japan schnellere Wirtschaftswachstum der USA plötzlich eine ganz andere Realität. In strategischen Zirkeln der USA kam die Idee eines amerikanischen Imperiums auf, das alles bisher in der Geschichte des Kapitalismus oder der Welt Dagewesene übertrumpfen sollte, eine wahre Pax Americana. Analytiker der US-Außenpolitik sprechen heute von der Herausbildung einer "unipolaren Welt". Die Festigung einer solchen unipolaren Welt auf permanenter Basis ist ein Jahr nach den Anschlägen des 11. September zum erklärten Ziel der Bush-Administration geworden. In den Worten von G. John Ikenberry, Professor für Geopolitik an der Georgetown University und regelmäßiger Autor von Foreign Affairs, der vom Rat für Auswärtige Angelegenheiten herausgegebenen Zeitschrift:

"Die neue [von der Bush-Administration initiierte] Großstrategie ... beginnt mit der grundlegenden Verpflichtung auf die Aufrechterhaltung einer unipolaren Welt, in der die Vereinigten Staaten keinen ebenbürtigen Mitbewerber haben. Keine Koalition großer Mächte ohne die USA darf eine hegemoniale Stellung erreichen. Bush machte dies zum Kernstück der amerikanischen Sicherheitspolitik in seiner Rede vor den Graduierten der West Point Akademy im Juni: ‹Amerika hat eine militärische Stärke, und ist entschlossen diese aufrecht zu erhalten, die allen Herausforderungen überlegen ist - der destabilisierende Rüstungswettlauf früherer Zeiten wird dadurch sinnlos, und Rivalitäten werden auf das Gebiet des Handels und andere friedliche Bestrebungen begrenzt.› ... Die Vereinigten Staaten wuchsen in dieser Dekade [den 1990er Jahren] schneller als andere wichtige Staaten, sie haben ihre Militärausgaben langsamer gesenkt, und sie meisterten die Investitionen in den technologischen Fortschritt ihrer Streitkräfte. Das heutige neue Ziel jedoch ist, diesen Vorzügen Dauer zu verleihen - sie zu einem Fait accompli zu machen, das andere Staaten ein Aufholen nicht einmal versuchen lässt. Einige Denker haben diese Strategie als ‹Ausbruch› beschrieben, bei dem die Vereinigten Staaten so rasch ihre technologische Überlegenheit (bei Robotern, Lasern, Satelliten, Präzisionsmunition usw.) entwickeln, dass kein Staat und keine Staatenkoalition ihnen die Rolle der globalen Führungs-, Schutz- und Erzwingungsmacht je streitig machen könnte" ("America's Imperial Ambition", Foreign Affairs, October 2002).

Ein solcher Griff nach unbegrenzter imperialistischer Herrschaft muss auf lange Sicht scheitern. Der kapitalistische Imperialismus weist zentrifugale wie zentripetale Tendenzen auf. Militärische Dominanz kann nicht beibehalten werden, ohne auch die ökonomische Dominanz beizubehalten, und letztere ist im Kapitalismus zwangsläufig instabil. Die unmittelbare Realität ist allerdings dadurch gekennzeichnet, dass die Vereinigten Staaten dabei sind, ihre Herrschaft sehr rasch auf Kosten sowohl potentieller Rivalen wie des globalen Südens auszuweiten. Das wahrscheinliche Resultat wird die Intensivierung der Ausbeutung im Weltmaßstab sein, und zugleich die Wiederbelebung imperialistischer Rivalitäten - denn andere kapitalistische Länder werden natürlich versuchen, den "Ausbruchs"-Versuch der USA zu stoppen.

Die Orientierung auf ein expandierendes amerikanisches Imperiums ist in den Augen der Administration nicht nur dazu da, die USA dauerhaft als überragende Weltmacht zu etablieren, sie wird auch als Ausweg aus der nationalen Wirtschaftskrise verstanden, für deren Ende es zur Zeit keine Anzeichen gibt. Die Regierung ist offenbar überzeugt, sie könne die Wirtschaft durch Rüstungsausgaben und verstärkten Waffenexport stimulieren. Doch höhere Militärausgaben in Verbindung mit einem Krieg können auch die ökonomischen Probleme verschärfen; denn so werden zweifellos die Ausgaben für Sozialprogramme noch weiter beschnitten, die nicht nur den Menschen helfen, sondern auch Nachfrage nach Konsumgütern schaffen, die die Unternehmen dringend zur Stimulierung des wirtschaftlichen Wachstums brauchen. Historisch gesehen, sind die Versuche, mittels imperialer Expansion die nötigen ökonomischen und sozialen Veränderungen im Innern zu umgehen, fast immer gescheitert.

Schließlich muss unbedingt begriffen werden, dass die neue US-Doktrin der Weltherrschaft das Produkt nicht einer besonderen Administration ist (und noch weniger von Intrigen innerhalb der Administration), sondern der Scheitelpunkt von Entwicklungen in der jüngsten Phase des Imperialismus. Den Drang nach einem größeren Imperium umzukehren, wird nicht einfach sein. Wie weit Washington mit seinen imperialen Ambitionen gehen kann, ist aber ganz wesentlich mit abhängig vom Willen der Menschen. Daher ist die Mobilisierung der Bevölkerung in den Vereinigten Staaten und im Ausland zu einem streitbaren Kampf gegen Krieg und Imperialismus von größter Bedeutung für die Zukunft der Menschheit.

Anmerklungen
  1. Neulich war von der Bush-Administration auch zu hören, der Begriff "Regimewechsel" könne so gedehnt werden, dass er eine irakische Regierung unter Saddam Hussein mit umfasst, die sich auf eine für die USA akzeptable Weise voll auf Inspektionen und Entwaffnung durch die UN einlässt. Doch wurde zugleich erklärt, dass dies höchst unwahrscheinlich sei, und daher kann die Position der Administration in dieser Frage als Teil einer diplomatischen Strategie verstanden werden, um Unterstützung für die angedrohte Invasion zu gewinnen für den Fall, dass der Irak sich dem UN-Inspektionsprozess erklärtermaßen nicht voll beugt.
  2. Joseph Schumpeter, Imperialism and Social Classes, edited and introduced by Paul M. Sweezy (New York: Augustus M. Kelley, 1951), S. 66.
  3. Senate Committee on Banking, Housing and Urban Affairs, United States Dual-Use Exports to Iraq and their Impact in the Health of the Persian Gulf War Veterans, 103rd Congress, 2nd sess., May 25, 1994, pp. 264-75; Buffalo News, September 23, 2002
  4. Vgl. William Rivers Pitt with Scott Ritter, War on Iraq (New York: Context Books, 2002); Newsday, July 30, 2002; The Guardian, October 7, 2002.
  5. www.eia.doe.gov/emeu/cabs/iraq.html; Middle East Report, Herbst 2002; San Francisco Chronicle, September 29, 2002
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Hermann Kopp

Aus: Marxistische Blätter, "Special": Irak-Krieg. Das angekündigte Verbrechen, (Februar) 2003, S. 5-12
Bezugsadresse:
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