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10 Jahre Golfkrieg - Ein Rückblick in Zahlen

1991 begann eine neue Ära der Kriegführung

George Bush jr. bringt sich als neuer US-Präsident von Gerichts Gnaden martialisch in Erinnerung - und knüpft eben da an, wo sein Vater vor zehn Jahren aufgehört hatte: bei der Bombardierung Bagdad. Zur Erinnerung an den Golfkrieg 1991 ein paar Fakten und Zahlen, soweit sie derzeit von den Agenturen und Zeitungen berichtet werden.

Der 2. Golfkrieg (der 1. Golfkrieg wurde in den 80er Jahren zwischen Irak und Iran ausgetragen) dauerte vom 17. Januar bis zum 28. Februar 1991. Ihm war der irakische Überfall auf Kuwait (August 1990) vorausgegangen. Der UN-Sicherheitsrat ermächtigte die "Staatengemeinschaft", gegen Irak militärische Zwangsmittel nach Kapitel VII der UN-Charta anzuwenden, damit der Irak die widerrechtliche Besetzung Kuwaits beende. Die "Alliierten" unter maßgeblicher Führung der USA führten den Krieg gegen Irak aber nicht nur bis zur Befreiung Kuwaits, sondern schossen im buchstäblichen Sinn weit über das Ziel hinaus.

In dem 41 Tage dauernden Krieg, starben unmittelbar über 100.000 Menschen. Dabei waren die militärischen Kräfte und die Opferzahlen höchst asymmetrisch verteilt, wie die folgende Darstellung zeigt:

Soldaten:
  • Alliierte: etwa 680.000
    (darunter 450.000 Amerikaner, 34.000 Briten, 18.000 Franzosen)
  • Irak: etwa 550.000

Tote und Verwundete:
  • Alliierte: insgesamt 343 Soldaten getötet
    (davon 148 Amerikaner in Kampfhandlungen; weitere Tote bei Explosionen von Munition, versehentlichem Beschuss durch eigene Truppen); über 500 Verwundete; nach Kriegsende mehrere tausend am „Golf-Syndrom“ Erkrankte (Verdacht: unter anderem durch Einsatz von Uran-Munition)
  • Irak: bis zu 110.000 Soldaten getötet, bis zu 300.000 verwundet (US-Schätzungen); 40.000 Zivilisten getötet

Waffen und Material:
  • Alliierte: 4 (in Worten: vier) Panzer zerstört (von insgesamt 3.400 eingesetzten Panzern),
    1 (in Worten: ein) Artilleriegeschütz (von insgesamt 3.700 eingesetzten Artilleriegeschützen),
    9 von insgesamt 4.000 gepanzerten Mannschaftsfahrzeugen,
    44 von 2.600 Flugzeugen,
    17 von 1.959 Hubschraubern
  • Irak: bis zu 4.000 Panzer (von insgesamt 4.230 Panzern) wurden zerstört oder schwer beschädigt,
    bis zu 2.600 von 3.110 Artilleriegeschützen zerstört,
    bis zu 2.400 von 2.870 gepanzerten Fahrzeugen,
    240 von 800 Flugzeugen,
    sieben von 160 Hubschraubern.

Kriegsschäden und Folgeschäden für Mensch und Umwelt:
  • Irak: 200 Milliarden US-Dollar durch Zerstörung der Infrastruktur
    (Gebäude, Anlagen; irakische Angaben)
  • Kuwait: 60 Milliarden Dollar Infrastruktur (Wiederaufbaukosten)
    (darin enthalten Reparaturkosten für 727 in Brand gesetzte und andere beschädigte Ölförderanlagen; nicht bezifferte Umweltschäden durch Verseuchung des Golfs mit sieben Millionen Tonnen Öl

Tote durch fortgesetzte Luftangriffe bis heute:
Bis zum heutigen Tag fliegen US- und Britische Kampfflugzeuge Angriffe gegen irakische Stellungen, angeblich wegen Verletzung der so genannten "Flugverbotszonen" (die von den USA, GB und Frankreich ohne UN-Mandat festgelegt worden waren). Eine genaue Zahl der Todesopfer über den gesamten Zeitraum existiert nicht. Aber allein seit 1998 (Dezemberkrieg) sollen es mehr als 300 tote Irakis sein, darunter auch Zivilpersonen.

Folgen des UN-Embargos:
Mehr als 1,4 Millionen Menschen ließen nach irakischen Angaben als Blockadeopfer in den letzten zehn Jahren ihr Leben, darunter mehr als 500 000 Kinder unter fünf Jahren. Eine Zahl, die auch vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) bestätigt wird. Noch wesentlich mehr Kinder bleiben auf Dauer körperlich in ihrer Entwicklung zurück oder behalten chronische Schäden. Das Embargo gegen den Irak ist "keine Außenpolitik - es ist sanktionierter Massenmord", schrieben die US-Wissenschaftler Noam Chomsky und Edward Said im vergangenen Jahr - und die ganze Welt schaut bei diesem Massenmord zu. 250 Menschen sterben täglich im Irak laut UNICEF weiterhin an den Folgen der Blockade - Tag für Tag zehn Schulklassen, seit zehn Jahren. Die Kindersterblichkeitsrate hat sich seit 1990 versechsfacht. Ein Drittel der irakischen Kinder leidet an Unterernährung und Untergewicht. Laut UNICEF konnten im Schuljahr 1997/98 eine Million irakische Kinder aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht zur Schule gehen. Eine "verlorene Generation" nennt der ehemalige Leiter des UN-Hilfsprogramms für Irak, Hans von Sponeck, die Kinder im Irak. "Wir werden ihnen niemals zurückgeben können, was sie in diesen Jahren verloren haben." Der deutsche Diplomat legte im Februar aus Protest gegen die unnachgiebige Blockadepolitik sein Amt nieder. Mit ihm verließ die Irak-Verantwortliche des Welternährungsprogramms (WFP), die deutsche Diplomatin Jutta Burghardt, ihren Arbeitsplatz in Bagdad.

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