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"Gewalttätige Minderheiten werden die Zukunft des Irak nicht beeinträchtigen"
"Violent Minorities Will Not Thwart Iraq's Future"

Erklärung US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer III / L. Paul Bremer, III, Administrator

Im Folgenden dokumentieren wir die Erklärung zur Übergangsverfassung des amerikanischen Zivilverwalters im Irak, L. Paul Bremer III, vom 18. April 2004, in einer vom Amerika Dienst hergestellten deutschen Übersetzung sowie im amerikanischen Original.


Der Irak hat eine Zukunft der Hoffnung. Es ist eine Zukunft der Freiheit des Glaubens und der Religionsausübung, eine Zukunft der Wahlen, eine Zukunft der konstitutionellen Demokratie und eine Zukunft, in der das ganze irakische Volk an den Reichtümern der Nation teilhat.

Aber die demokratische Zukunft des Irak wird von gewalttätigen Minderheiten bedroht. Alte und neue Gruppen wie die Republikanische Garde, die Mukhabarat, die Fedajin Saddam und die so genannte Armee des Mahdi versuchen, den zu Wahlen und zu einer die Rechte aller achtenden Regierung führenden Prozess zu stören. Sie wollen sich ihren Weg an die Macht freischießen.

Wir müssen uns mit ihnen auseinandersetzen. Und wir müssen uns auf eine Art und Weise mit ihnen auseinandersetzen, die das Vergießen von unschuldigem Blut auf ein Minimum reduziert.

Wir werden mit ihnen fertig werden, denn Sicherheit ist ein unverzichtbares Element des Fortschritts im Irak. In der Tat ist Sicherheit ein unverzichtbares Element der Zivilisation.

Sicherheit liegt in erster Linie in der Verantwortung der Koalition. Aber Sicherheit liegt auch in der Verantwortung des irakischen Volks. Ob durch Verpflichtung zum Dienst in den Sicherheitskräften oder durch Informationen, die den Sicherheitskräften mitgeteilt werden, können alle irakischen Familien zu Sicherheit und Fortschritt in ihrem Land beitragen.

Die Kräfte der Dunkelheit hoffen, den Weg zu Souveränität, Wahlen und Demokratie im Irak zu blockieren. Die große Mehrheit der Iraker wünscht sich einen friedlichen, demokratischen Irak. Der Weg zu diesem Irak ist klar gekennzeichnet.

Die Übergangsverfassung ist der Weg zu Iraks Zukunft der Hoffnung. Das Gesetz ist der Beweis, dass sich die Iraker ein auf den Grundsätzen der Freiheit es Einzelnen und Demokratie beruhendes Land nicht nur wünschen, sondern auch bereit sind, ein solches Land aufzubauen.

Die Übergangsverfassung wurde vom Regierungsrat verfasst - zwei Mitglieder des Rats, Dr. Seyyid Muhammed Bahr al-Uloom und Dr. Mowaffak al Rubaie, sind heute hier bei uns. Er besteht aus einer gemischten Gruppe von Irakern, deren Interessen so breit gefächert sind wie dieses Land zwischen den beiden Strömen weit ist. Dennoch haben sie einen Weg gefunden, alle ihre Interessen zu vereinbaren, einen Kompromiss zu finden. Im Kompromiss liegt der Kern der Ruhe, der Demokratie, der Menschenwürde und Achtung für jeden Einzelnen.

Die Übergangsverfassung sieht eine siebenmonatige Interimsregierung, vier nationale Wahlen sowie eine gewählte Übergangsregierung mit uneingeschränkten Befugnissen vor.

Das Gesetz garantiert ein breites Spektrum persönlicher Freiheiten: Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit. Es gewährleistet einen rechtsstaatlichen Irak mit unabhängiger Judikative. Die Übergangsverfassung erkennt den Islam als offizielle Religion des Irak an, bietet aber Schutz für den Glauben und die religiösen Praktiken aller. Schließlich gewährleistet das Gesetz, dass die Verfassung von gewählten Vertretern entworfen und dem irakischen Volk zur Ratifizierung vorgelegt wird.

Es gab auch Kritik an der Übergangsverfassung. Diese Einwände beruhen auf Missverständnissen, die wiederum zu einer Fehleinschätzung der Übergangsverfassung führten.

Eine Fehleinschätzung ist, dass die Übergangsverfassung einer nicht gewählten Regierung zu viel Macht verleiht.

Diese Einschätzung ist falsch, denn die nicht gewählte Interimsregierung, die nur sieben Monate an der Macht sein wird, soll sich nur um die gewöhnlichen täglichen Regierungsgeschäfte kümmern. Diese Regierung wird nicht die Befugnis zur Verhandlung von Verträgen oder zum Eingehen langfristiger bindender Verpflichtungen haben. Die Interimsregierung wird keine Befugnis haben, etwas zu tun, das von der gewählten Regierung nicht rückgängig gemacht werden kann, die Anfang des Jahres ihr Amt antritt.

Ein weiterer Einwand gegen das Gesetz ist, dass die Bestimmung, die es Zweidrittelmehrheiten von drei beliebigen Provinzen ermöglicht, den Entwurf der endgültigen Verfassung abzulehnen, ein Trick der Besatzer sei, um dem Irak eine endgültige Verfassung zu verwehren.

Das ist ebenfalls falsch. Die irakische Einheit erfordert eine Verfassung, die von allen Bevölkerungsgruppen des Irak unterstützt wird. Es ist ein Grundprinzip der Demokratie, dass die Verfassung die Herrschaft der Mehrheit begründet, aber auch Minderheitenrechte schützt. Die Vorbereitung einer Verfassung, gegen die eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung von drei beliebigen Provinzen Einwände hat, würde einen geeinten Irak verhindern. Diese Bestimmung des Gesetzes soll sicherstellen, dass alle Gruppen hart an einer Übereinkunft arbeiten, bevor die Verfassung zur Volksabstimmung vorgelegt wird.

Ein letzter Trugschluss ist, die fortgesetzte Präsenz der Koalitionsstreitkräfte zeige, dass das Gesetz schlecht sei.

Die Ereignisse der letzten beiden Wochen zeigen, dass der Irak sich noch immer mit Sicherheitsbedrohungen konfrontiert sieht und Hilfe von außen benötigt, um diese zu bewältigen. Anfang des Monats überfielen Feinde der Demokratie irakische Polizeistationen und nahmen öffentliche Gebäude in einigen Teilen des Landes ein. Irakische Truppen sahen sich nicht in der Lage, ihnen Einhalt zu gebieten.

Wenn ehemalige Mitglieder der Republikanischen Garde, der Mukharabat, der Fedajin Saddam oder von Moktadas Miliz davon abgehalten werden sollen, sich an die Macht zu schießen, benötigen die Sicherheitskräfte des Irak so lange Unterstützung, bis sie voll ausgerüstet und ausgebildet sind. Das beabsichtigt die Koalition zu tun.

Es ist jedoch offensichtlich, dass irakische Truppen bis zum 30. Juni, wenn der irakischen Regierung die volle Souveränität übertragen wird, nicht allein zur Bewältigung dieser Bedrohung in der Lage sein werden. Stattdessen werden der Irak und Truppen aus vielen Ländern, darunter die Vereinigten Staaten, partnerschaftlich die Sicherheit bieten, die die Iraker brauchen.

Es stimmt auch nicht, dass die Übergangsverfassung auf irgendeine Art und Weise der Regierung die Hände bindet, nächstes Jahr Wahlen durchzuführen. Die Nationalversammlung hat ab Februar die Möglichkeit, eine von Irakern gebilligte Verfassung zu schreiben.

Die Übergansverfassung ist der Weg für die Menschen im Irak. Er führt zu einer Zukunft der Hoffnung, einer Zukunft der Demokratie und einer Zukunft von Freiheit und Würde.

In den kommenden Wochen werden die Vereinten Nationen in den Irak zurückkehren, um den Prozess der Konsultationen mit Irakern über die Verwirklichung dieser Zukunft fortzusetzen. Der UN-Gesandte Lakhdar Brahimi, die Koalition, der Regierungsrat und das irakische Volk werden eine geschäftsführende Regierung einsetzen, die in der Lage ist, sich der Tagesgeschäfte des Landes in der kurzen Zeit vor den Wahlen im Januar anzunehmen. Diese Regierung wird aus einem Präsidenten, zwei Stellvertretenden Präsidenten und einem Kabinett ehrlicher, würdevoller und qualifizierter Iraker zusammensetzen.

Botschafter Bahimi zieht auch die Einberufung einer nationalen Konferenz prominenter irakischer Bürger im Juli in Betracht. Die Konferenz würde einen Beirat wählen, der der neuen Regierung mit Rat und Erfahrung zur Seite steht. Gleichzeitig arbeiten Wahlexperten der Vereinten Nationen mit Irakern zusammen, um gut vorbereitete, vollständige, faire und freie nationale Wahlen sicherzustellen.

Dies ist der Weg nach vorne. Zunächst müssen wir bei der Wiederherstellung der Sicherheit im Irak alle zusammenarbeiten. Dies ist eine Aufgabe für das irakische Volk und die Koalition. Im Rahmen der durch die Übergangsverfassung festgelegten Bedingungen werden die Iraker, die Vereinten Nationen und die Verbündeten der Koalition dann gemeinsam einen souveränen Irak aufbauen, der sicher, demokratisch und frei ist.

Mabruk al Iraq al Jadeed.*
Aash al-Iraq!**

* "Herzlichen Glückwunsch dem neuen Irak."
** "Es lebe der Irak!"


Violent Minorities Will Not Thwart Iraq's Future

L. Paul Bremer, III
Administrator
18 April 2004

Iraq has a future of hope. It is a future of freedom of religious belief and practice, a future of elections, a future of constitutional democracy and a future of the nation's riches equitably shared among all Iraq's people.

But Iraq's democratic future is challenged by violent minorities. Groups old and new such as the Republican Guard, the Mukhabarat, the Fedayeen Saddam and the so-called Mahdi Army are trying to stop the process that leads to elections, to a government that respects the rights of all. They want to shoot their way to power.

They must be dealt with. And they will be dealt with in a manner that reduces the loss of innocent blood to the minimum possible.

They will be dealt with because security is an indispensable element of progress in Iraq, indeed, security is an indispensable element of civilization.

Security is primarily the responsibility of the Coalition. But security is also the responsibility of the Iraqi people. Whether by direct enlistment in the security forces or through the sharing of information with security forces, almost all Iraqi families can to the security and progress of their country.

The forces of darkness hope to obstruct the path to Iraqi sovereignty, elections and democracy. The vast majority of Iraqis want a peaceful, democratic Iraq. The path to that Iraq has been well-defined.

The Transitional Administrative Law is the path to Iraq's future of hope. The Law is proof that Iraqis not only want, but are prepared to construct a country based on the principles of individual liberty and democracy.

The Transitional Administrative Law was written by the Governing Council-- two members of which, Dr. Seyyid Muhammed Bahr al-Uloom and Dr. Mowaffak al Rubaie, are here with us today-- a diverse group of Iraqis whose interests were as broad as this Land between the Two Rivers. Yet they found a way to reconcile all their interests, to compromise. And in compromise we find the heart of tranquility, of democracy of human respect and dignity for every person.

The Transitional Administrative Law provides for a seven-month interim government, four national elections, and an elected transitional government with plenary powers.

The Law guarantees a broad range of individual freedoms: the freedom of speech; the freedom of peaceful assembly; the freedom of the press. And it provides for an Iraq governed by the rule of law under an independent judiciary. The Transitional Administrative Law recognizes Islam as the official religion of Iraq, but provides protection for the religious beliefs and practices of all. Finally, the law provides for constitution to be written by elected representatives and presented to the Iraqi people for ratification.

Some have challenged the Transitional Administrative Law. They have raised objections based on imperfect understanding. This has created misconceptions about the Transitional Administrative Law.

One misconception is that the Transitional Administrative Law gives too much power to an unelected government.

This is false because the unelected interim government, which will be in power for only seven-months, is intended to look after the ordinary, day-to-day affairs of government. That government will not have the authority to negotiate treaties or to undertake long-term, binding commitments. The interim government will not have the power to do anything which cannot be undone by the elected government which takes power early next year.

Another objection to the law is that the provisions permitting two-thirds majorities of any three governates to reject the draft permanent constitution is a trick by the occupiers to keep Iraq from having a permanent constitution.

This too is false. Iraqi unity requires a constitution that all of Iraq's communities can support. It is a fundamental principle of democracy that the constitution should provide for majority rule but also protect minority rights. Preparing a constitution which is objectionable to an overwhelming majority of the citizens of any three provinces would prevent a unified Iraq. This provision of the Law will ensure that all groups work hard to agree before the constitution is submitted for a national referendum.

A final misconception is that permitting the continued presence of Coalition Forces proves the Law is bad.

Events of the past two weeks show that Iraq still faces security threats and needs outside help to deal with them. Early this month the foes of democracy overran Iraqi police stations and seized public buildings in several parts of the country. Iraqi forces were unable to stop them.

If former members of the Republican Guards, the mukharabbat, the Fedayeen Saddam and the Moqtada's militia are to be prevented from shooting their way into power, Iraq's security forces must have help until they are fully equipped and trained. This is what the Coalition intends to do.

But it is clear that Iraqi forces will not be able, on their own, to deal with these threats by June 30 when an Iraqi government assumes sovereignty. Instead, Iraq and troops from many countries, including the United States will be partners in providing the security Iraqis need.

Nor is it true that the Transitional Administrative Law somehow ties the hands of the government to be elected next year. That National Assembly will have the freedom to write a constitution Iraqis support starting in February.

The Transitional Administrative Law is the path for the people of Iraq. It leads to a future of hope, a future of democracy and a future of freedom and dignity.

In the coming weeks, the United Nations will return to Iraq to finish its process of consultations with Iraqis about how to implement that future. UN Envoy Lakhdar Brahimi, the Coalition, the Governing Council and the Iraqi people will establish an Iraqi caretaker government capable of administering the ordinary affairs of the country in the short period before elections in January. This government will consist of a President, two Deputy Presidents, and a Cabinet of honest, distinguished, and capable Iraqis.

Ambassador Brahimi is also considering convening a national conference of prominent Iraqi citizens to be held in July. The conference would elect an Advisory Council to provide guidance and wisdom to the new government. At the same time, United Nations elections experts will work with Iraqis to ensure that full, fair, and free national elections are well prepared.

This now is the way forward. First, we must all work together to restore security to Iraq. This is a job for the Iraqi people as well as the Coalition. Then, working under the framework set out in the Transitional Administrative Law, Iraqis, the United Nations, and their Coalition allies will together build a sovereign Iraqi that is secure, democratic, and free.

Mabruk al Iraq al Jadeed.
Aash al-Iraq!

Distributed by the Bureau of International Information Programs, U.S. Department of State.
Web site: http://usinfo.state.gov



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