Friedensbewegung begrüßt UN-Waffenbericht - Kriegsgefahr nicht gebannt
"Waffeninspektionen auch in anderen Ländern" gefordert
Im Folgenden dokumentieren wir eine Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag zur Vorlage des Berichts der UN-Waffeninspekteure am 27. Januar 2003.
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
Stellungnahme aus der Friedensbewegung zum UN-Waffenbericht-
UN-Waffenbericht begrüßt
- Solange kontrolliert wird, wird nicht geschossen
- Abrüstung des Irak ist beispielhaft
- Forderung nach Waffeninspektionen auch in anderen Ländern
- Kriegsgefahr ist nicht gebannt
Der Bundesausschuss Friedensratschlag begrüßt den Bericht der
UN-Waffeninspekteure an den UN-Sicherheitsrat. Soweit Einzelheiten
bisher bekannt gemacht wurden, spricht er sich für eine unbefristete
Verlängerung der Arbeit von IAEA und UNMOVIC aus und erteilt damit all
jenen eine Absage, die in der vermeintlich mangelnden Kooperation
Bagdads einen "Kriegsgrund" sehen.
Dass es in der Einschätzung der bisher erzielten Erfolge der
Waffeninspektionen Unterschiede zwischen dem Chef von UNMOVIC, Hans
Blix, und dem Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA,
Mohamed ElBaradei, geben würde, war lange vorher bekannt. Während Blix
die Versäumnisse und Unterlassungen der irakischen Regierung stärker
betont, stellt ElBaradei mehr auf die erzielten Fortschritte ab. Die
Vorwürfe von Blix beziehen sich indessen weniger auf tatsächliche Funde
der Inspekteure, sondern auf "Zweifel" und Vermutungen" über den
Verbleib nicht eindeutig nachgewiesener Kampfstoffe. Blix bescheinigte
dem Irak zugleich, dass er die im November wieder aufgenommenen
Inspektionen ohne nennenswerte Probleme zugelassen habe. Die Inspekteure
hätten zu allen Einrichtungen, darunter auch Präsidentenpaläste und
Privatwohnungen, Zugang erhalten. Die rein organisatorische Kooperation
des Irak sei "effektiv und korrekt" gewesen. Einig waren sich Blix und
ElBaradei darin, dass die ersten 60 Tage unter keinen Umständen
ausgereicht hätten, alle gewünschten Informationen über den Stand der
Entwaffnung Iraks zu erhalten bzw. heran zu schaffen. Im Blix-Bericht
wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kontrolleure nach den
Vorgaben einer älteren UN-SR-Resolution, der Res. 1284 (1999), erst die
"Einarbeitung" hinter sich und noch Wochen bis zur Erreichung ihrer
"vollen Operationsfähigkeit" vor sich hätten. Erst mit seinem nächsten
Bericht sollte Blix das detaillierte Arbeitsprogramm der Inspekteure
vorlegen, und zwar am 25. März 2003.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag weist darauf hin, dass es in der
Geschichte der Vereinten Nationen keinen anderen Fall gegeben hat, wo
ein Land von der Größe Iraks so gründlich und weitgehend abgerüstet
wurde, wie dies zwischen 1991 und 1998 geschehen ist, und dass es kein
Beispiel für ähnlich penible Kontrollen des Abrüstungsprozesses gab, wie
sie zur Zeit durchgeführt werden. Es gibt keinen vernünftigen Grund,
diese Arbeit jetzt abzubrechen.
Zuzustimmen ist den Waffen-Inspekteuren, die den Sicherheitsrat um
"einige Monate" mehr Zeit für die Waffenkontrollen gebeten haben. "Diese
wenigen Monate wären eine wertvolle Investition in den Frieden, denn sie
könnten uns helfen, einen Krieg zu vermeiden", heißt es in dem Bericht,
den der Leiter der IAEO zu verantworten hat. Friedenspolitisch
betrachtet, wäre das ein Sieg des Völkerrechts und ein Signal an die
Welt, Konflikte nach den Regeln des internationalen Rechts und ohne
militärische Gewalt zu lösen.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag begrüßt, dass sich auch die
EU-Staaten Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Spanien, die
Mitglied des UN-Sicherheitsrats sind, am Montag darauf verständigt
haben, den UN-Experten mehr Zeit für ihre Arbeit zugestehen zu wollen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei ihrem Nein zu bleiben und den
USA auch zu verstehen zu geben, dass sie zu keinerlei Unterstützung für
einen Irak-Krieg zur Verfügung stehe.
Die akute Kriegsgefahr ist damit aber noch nicht gebannt. Zu befürchten
ist, dass die USA an ihrer kompromisslosen Kriegspolitik festhalten, wie
sie wieder am Sonntag von US-Außenminister Powell in Davos vertreten
wurde als er sagte, Saddams "illegale Waffen bedrohen den
internationalen Frieden und die internationale Sicherheit. Diese
schrecklichen Waffen gefährden Millionen unschuldiger Menschen." Auch
wenn die Waffeninspekteure solche Waffen (bisher) nicht gefunden haben:
In den Köpfen der US-Administration sind sie gleichwohl existent. Die
USA kündigten schon vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrats an, auch
Teilverstöße Bagdads gegen die Abrüstungsauflagen der
Uno-Waffeninspektoren als vollständigen Verstoß gegen die Anforderungen
der Vereinten Nationen zu bewerten. Der Bericht der Inspektoren solle
eine Frage klären, nämlich die, ob Irak die Uno-Abrüstungsforderungen
erfülle oder nicht, sagte der Sprecher des US-Präsidialamtes, Ari
Fleischer. "Wenn die Antwort lautet: nur teilweise, dann lautet die
Antwort: Nein." Dazu sagen wir: Es kann nicht hingenommen werden, dass
ein einzelner Staat, und sei er noch so stark, UN-Resolutionen nach
eigenem Gutdünken interpretiert und sich über das internationale Recht
hinwegsetzt.
In Kreisen der Friedensbewegung wird die Forderung lauter,
Waffeninspektionen nicht nur im Irak, sondern auch in anderen Staaten
der Welt durchzuführen. Insbesondere jene Staaten, die einen
unvergleichlich hohen Aufwand für militärische Forschung und Rüstung
betreiben und/oder internationale Rüstungskontrollvereinbarungen nicht
unterzeichnet oder wieder gekündigt haben, sollten "unter die Lupe
genommen werden", sagte der Sprecher des Bundesausschusses
Friedensratschlag.
Die Friedensbewegung und die Öffentlichkeit sind aufgerufen, weiter
wachsam zu sein und gegen den nach wie vor angedrohten Krieg gegen Irak
zu protestieren. Es hat sich gezeigt, dass selbst die ansonsten nicht
sehr zimperliche Supermacht USA auf die kritische Weltöffentlichkeit
Rücksicht nehmen muss. Ohne die weltweiten Proteste wäre der Krieg
möglicherweise schon längst in Gang.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Dr. Peter Strutynski (Sprecher)
Kassel, den 27. Januar 2003
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