Ruf nach USA-Schutz für Camp Aschraf
Internationale Kampagne für Lager in Irak
Von Karin Leukefeld *
Die iranischen Volksmudschaheddin in Irak wurden zunächst von Saddam Hussein, später von den
USA-Besatzungstruppen geschützt. Heute möchte Bagdad sie loswerden, nicht zuletzt wegen des
Drucks aus Teheran. Anhänger der Organisation mobilisieren weltweit, um ihre isolierten Mitglieder
in Irak zu unterstützen.
Als Ende Juli irakische Soldaten im Lager Aschraf nördlich von Bagdad einmarschierten, trafen sie
auf unbewaffneten, aber entschlossenen Widerstand der dort lebenden Volksmudschaheddin
(Mujahedin-e Khalq). Die Gruppe hatte sich geweigert, irakische Polizei innerhalb des Lagers zu
akzeptieren, woraufhin Ministerpräsident Nuri al-Maliki Truppen in Bewegung setzte. Nach kurzem
Kampf, bei dem die irakischen Soldaten nach Angaben der Lagerbewohner Tränengas und
Schlagstöcke einsetzten, war die Sache entschieden: vier Tote, 23 Verletzte, 28 Festnahmen – so
das offizielle Fazit. Andere Angaben belaufen sich auf bis zu elf Tote, 400 Verletzte und 36
Verschwundene.
Die Volksmudschaheddin entstanden 1965 in Opposition zum damaligen iranischen Schah Reza
Pahlevi. Nach dem Sieg der Islamischen Revolution 1979 wandten sie sich gegen diesen Umbruch
und wurden gnadenlos verfolgt. Die bewaffneten Kommandos suchten und fanden 1981
Unterstützung im Nachbarland Irak, die politische Führung ging nach Frankreich ins Exil. Die
Angriffe, die die Gruppe von verschiedenen Basen entlang der irakisch-iranischen Grenze gegen
Iran unternahm, kamen Iraks damaligem Staatschef Saddam Hussein gelegen, der mit westlicher
und arabischer Unterstützung ebenfalls Krieg gegen Teheran führte. Nach Ende des Krieges 1988
galten die Kämpfer und ihre Familien offiziell als Flüchtlinge, registriert beim UN-Hilfswerk (UNHCR).
Nach dem Sturz Saddam Husseins 2003 richtete die US-Armee in Aschraf einen militärischen
Stützpunkt ein. Washington, das die Volksmudschaheddin als »Terrororganisation« führte, erklärte
offiziell einen Waffenstillstand mit der Gruppe. Die Bewohner wurden entwaffnet und monatelang
von diversen Geheimdiensten befragt und überprüft. Die US-Regierung akzeptierte sie schließlich
gemäß der 4. Genfer Konvention als »zu schützende Personen«, USA-Soldaten sicherten das
Camp. Der Rückzug der Truppen aus dem Lager Ende 2008 war Teil des bilateralen Truppenstatuts
(SOFA), in dem sich Irak verpflichtete, die Gruppe nicht nach Iran abzuschieben.
In Irak waren die Volksmudschaheddin nie wirklich willkommen. Im Juni 2008 hatte der Ministerrat in
Bagdad die Kontrolle über das Lager Aschraf gefordert, das Innenministerium dachte öffentlich über
eine Abschiebung nach. Der Druck Teherans auf Bagdad, das Lager aufzulösen und seine Insassen
an Iran auszuliefern, ist offensichtlich. Einige Volksmudschaheddin scheinen tatsächlich über eine
Rückkehr nach Iran nachgedacht zu haben, forderten von Teheran allerdings, amnestiert zu werden.
Andere haben über die UNO einen Asylantrag in Irak gestellt. Shirwan al-Waeli, irakischer Minister
für Innere Sicherheit, lehnt das ab: »Irak wird diese Personen nicht als Flüchtlinge akzeptieren und
kann auch keine Gruppen tolerieren, die in ihren Herkunftsländern für Probleme sorgen«, wird er von
der Nachrichtenagentur Reuters zitiert.
Im Rahmen einer internationalen Kampagne wird von Anhängern der Volksmudschaheddin seit zwei
Wochen Druck auf die Regierung der USA und deren Verbündete ausgeübt. Die US-Amerikaner
sollten wieder die Kontrolle über das Lager übernehmen, forderte der langjährige Anwalt der
Gruppe, Steven Schneebaum, in einem Schreiben an Verteidigungsminister Robert Gates.
* Aus: Neues Deutschland, 12. August 2009
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