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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli 2010


Donnerstag, 1. Juli, bis Sonntag, 4. Juli
  • Die türkische Luftwaffe hat in der Nacht zu Freitag (2. Juli) Stellungen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak angegriffen. Ziel seien Verstecke in der Region Chakurk und in den Bergen von Kandil im autonomen Kurdengebiet im Irak gewesen, teilte die Armee mit. Die PKK bestätigte den Angriff. In der Ortschaft Kusina sei ein Haus zerstört worden, dabei sei niemand verletzt worden, sagte ein PKK-Sprecher der Nachrichtenagentur AFP.
  • Der kurdische Rebellenführer Abdullah Öcalan hat seinen Anhängern und der türkischen Regierung aus dem Gefängnis heraus einen Waffenstillstand nahegelegt. Ein "gegenseitiger Prozess" des Gewaltverzichts sei möglich, sagte Öcalan nach Angaben der Nachrichtenagentur Firat am 2. Juli.
  • Zwei Monate vor dem Abzug der letzten regulären US-Kampfeinheiten aus dem Irak ist US-Vizepräsident Joe Biden am 3. Juli zu einem nicht angekündigten Besuch in Bagdad eingetroffen. Biden und seine Frau Jill, die zum ersten Mal das Land besucht, wurden am Flughafen vom irakischen Außenminister Hoschjar Sebari, US-Botschafter Christopher Hill und dem Kommandeur der US-Truppen im Irak, General Ray Odierno, empfangen. Nach Angaben des Weißen Hauses will das Vize-Präsidentenpaar gemeinsam mit den US-Truppen am 4. Juli den Unabhängigkeitstag der USA feiern. Während seiner Aufenthalts kommt Biden laut Weißem Haus mit dem irakischen Präsidenten Dschalal Talabani, mit Ministerpräsident Nuri el Maliki und dessen Hauptrivalen für das Amt des künftigen Regierungschefs, Ijad Allawi, zusammen. Vier Monate nach der Parlamentswahl hat der Irak immer noch keine neue funktionierende Regierung, da sich die politischen Lager auf keinen Nachfolger für Maliki einigen können. Die USA sind über das anhaltende Machtvakuum kurz vor dem Abzug ihrer letzten Kampfeinheiten besorgt. Ab 1. September bleiben nur noch 50.000 Soldaten zur Ausbildung und Sicherung von US-Einrichtungen zurück.
  • Kein Ende der Gewalt im Irak: In den ersten sechs Monaten des Jahres sind nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation 2405 Menschen im Irak getötet worden. In der ersten Hälfte des Vorjahres seien es 2326 gewesen. Das teilte die irakische Organisation «Monitor of Constitutional Freedom and Bill of Rights» mit, wie die Nachrichtenwebsite Yagen am 4. Juli berichtete. Vor allem in letzter Zeit sei die Gewalt wegen der politischen Spannung nach der Parlamentswahl wieder gestiegen.
Montag, 5. Juli, bis Sonntag, 11. Juli
  • Bei neuen Kämpfen zwischen kurdischen Rebellen und der türkischen Armee sind in der Nacht zu Dienstag (6. Juli) 13 Menschen getötet worden. Rebellen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) griffen in der südosttürkischen Provinz Hakkari nahe der Grenzen zum Iran und zum Irak einen Armeeposten an, wie das Büro des Provinzgouverneurs mitteilte. Bei Gefechten seien drei Soldaten und zehn Rebellen getötet worden. Drei weitere Soldaten wurden demnach verletzt. Bei drei weiteren Angriffen der PKK wurden am 5. Juli neun Soldaten verletzt, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete.
  • Die US-Armee hat gegen einen ihrer Soldaten, der ein Video von einem umstrittenen Einsatz der US-Armee im Irak in Umlauf gebracht hat, Klage erhoben. Gegen den 22-jährigen Bradley Manning sei Anklage in zwei Punkten erhoben worden, teilte die US-Armee am 6. Juli in der irakischen Hauptstadt Bagdad mit. Das Video zeigt Bilder eines Vorfalles im Jahr 2007, bei dem US-Soldaten aus einem Hubschrauber in Bagdad auf Zivilisten schossen. Unter den Opfern waren auch zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters.
  • Nach Ansicht des Oberbefehlshabers der US-Truppen im Irak könnte nach dem geplanten Abzug der Streitkräfte im nächsten Jahr ein Einsatz von UN-Friedenstruppen nötig sein. Wenn es innerhalb des nächsten Jahres nicht gelinge, kurdische Soldaten in die von Arabern dominierte irakische Armee zu integrieren, wären Friedenstruppen der Vereinten Nationen eine Option, sagte General Ray Odierno der Nachrichtenagentur AP am 6. Juli. Im ölreichen Nordirak gibt es seit Jahren Streit zwischen Kurden und Arabern. Die irakischen Kurden fordern zusätzlich zu der Region, die sie schon heute weitgehend autonom verwalten, die Kontrolle über mehrere Gebiete in den nördlichen Provinzen Ninive, Tamim und Dijala. Die von Arabern dominierte Zentralregierung lehnt dies ab.
  • In der Stadt Kerbela im Irak ist der iranische Rial des früheren Erzfeindes mittlerweile ein ebenso gängiges Zahlungsmittel wie der einheimische Dinar. Reiseagenturen bringen Pilger zu den schiitischen Heiligtümern wie dem Imam-Hussein-Schrein mit seiner goldenen Kuppel. Bus um Bus treffen sie in der Stadt ein. Dort finden die iranischen Touristen in den Regalen der Händler kistenweise vertraute Produkte - Honig, Kosmetika und Zahnpasta aus iranischer Produktion. In den 80er Jahren haben der Iran und der Irak einen langen, blutigen Krieg geführt. Doch 20 Jahre später sind die beiden früheren Todfeinde eine Zweckehe eingegangen. Für die durch UN-Sanktionen weitgehend isolierten iranischen Geschäftsleute, ist der Irak einer der wenigen Märkte, auf denen sie expandieren können. Der Irak profitiert im Gegenzug von den Investitionen der Nachbarn in die heimische Wirtschaft, die dringend benötigt werden. «Der Iran wäre gerne noch stärker im Irak präsent», sagt Anoush Ehteshami, Professor an der britischen Durham Universität. Außerdem wolle der Iran seinen Stand im Irak nicht wieder verlieren. Dem kommt zugute, dass viele irakische Schiiten vor Saddam Hussein ins iranische Exil flohen, so die Presse am 7. Juli.
  • Terroristen haben im Irak durch Bombenanschläge 52 schiitische Pilger getötet. Mehr als 210 Menschen wurden seit 7. Juli verletzt. Am 8. Juli starben nach Angaben von irakischen Agenturen und Augenzeugen 25 Menschen.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat am 8. Juli den Marineinfanterie-General James Mattis als neuen Chef des US-Zentralkommandos (Centcom) berufen, dem die Oberaufsicht über die Einsätze im Irak und in Afghanistan obliegt. Mattis soll den bisherigen Centcom-Chef David Petraeus ersetzen, der zum Kommandeur des Einsatzes in Afghanistan berufen worden war. Die Nominierung muss noch vom US-Senat bestätigt werden.
Montag, 12. Juli, bis Sonntag, 18. Juli
  • Der seit 1991 unterbrochene Flugverkehr zwischen Irak und Saudi-Arabien soll wieder aufgenommen werden. Das irakische Verkehrsministerium hat nach eigenen Angaben eine Vereinbarung mit Saudi-Arabien geschlossen, die es der nationalen Fluggesellschaft Saudi-Arabiens erlaubt, wieder in den Irak zu fliegen. Saudi Arabian Airlines habe mit dem privaten Unternehmen Al-Wafeer Airlines vertraglich vereinbart, eine tägliche Flugverbindung herzustellen, erklärte das Ministerium am 13. Juli. An welchem Datum genau die Flüge wieder aufgenommen werden, werde noch bekanntgegeben. Nach der irakischen Invasion in Kuwait 1990 hatten die Nachbarländer die Flugverbindungen in das Land abgebrochen.
  • US-Außenministerin Hillary Clinton hat von der irakischen Politik einen schnellen Abschluss der seit Monaten stagnierenden Regierungsbildung verlangt. "Alle Beteiligten müssen mehr tun", forderte Clinton bei einem Besuch ihres irakischen Kollegen Hoschjar Sebari am 13. Juli in Washington. Die USA seien "besorgt über die Verzögerung". Die politischen Führer des Irak müssten "ihre persönlichen Interessen hinter das nationale Interesse stellen", verlangte Clinton. Sie versprach, "alles Mögliche" für eine baldige Regierungsbildung im Irak zu tun.
  • Der frühere irakische Vize-Regierungschef Tarik Asis ist von einem US-Gefängnis nahe Bagdad in ein Gefängnis der irakischen Behörden überstellt worden, so dass ihm nach Angaben seines Anwalts nun die Todesstrafe droht. Asis habe ihm telefonisch mitgeteilt, dass die US-Armee ihn an die irakischen Behörden übergeben habe, sagte der Anwalt Badih Aref am 14. Juli in der jordanischen Hauptstadt Amman der Nachrichtenagentur AFP. Sein Mandant, der unter dem früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein Vize-Ministerpräsident und Außen- und Informationsminister war, sei nun im Kasemieh-Gefängnis in Bagdad.
  • Bei zwei Anschlägen im Irak sind am 15. Juli acht Menschen ums Leben gekommen und sechzehn weitere verletzt worden. Bei einem Autobombenanschlag auf einen Streifenwagen in Tikrit wurden ein höherer Offizier, zwei Polizisten und drei Zivilisten getötet. Elf weitere Menschen wurden verletzt. Zuvor hatte ein Bombenanschlag auf einen Minibus in der irakischen Hauptstadt Bagdad zwei Opfer gefordert. Fünf weitere Menschen wurden verletzt.
  • Die US-Streitkräfte im Irak haben am 15. Juli das letzte noch von ihnen kontrollierte Gefängnis an die irakischen Behörden übergeben. Die Haftanstalt Camp Cropper nahe des internationalen Flughafens am Stadtrand der Hauptstadt Bagdad war eine von drei, die nach der US-Invasion 2003 unter amerikanische Kontrolle gekommen waren. Ex-Staatschef Sadamm Hussein war dort bis zu seiner Hinrichtung im Dezember 2006 inhaftiert.
  • Bei einem Brand in einem Hotel im Nordirak sind am 16. Juli mindestens 29 Menschen ums Leben gekommen, 20 weitere wurden verletzt. Das berichtet die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. Das Hotel Suma liegt in der Stadt Suleimanja im Kurdengebiet. Als Ursache für das Feuer vermuten die Ermittler einen Kabelbrand.
  • Ein Selbstmordattentäter hat südwestlich von Bagdad mindestens 36 Menschen mit in den Tod gerissen. Der Attentäter zündete seinen Sprengsatz am Sonntagmorgen (18. Juli) in der Ortschaft Radwaynija, als Mitglieder der Sicherheitskräfte gerade Schlange standen, um ihren Lohn abzuholen. Polizei und Krankenhausmitarbeiter erklärten, unter den Todesopfern seien Angehörige der Erweckungsräte, sogenannter Sahwa oder Söhne Iraks, sowie Mitglieder der irakischen Streitkräfte. Die Sahwa unterstützen seit 2006 den Kampf der internationalen Truppen im Irak gegen die Al-Kaida und spielten eine wichtige Rolle beim Rückgang der Gewalt im Land. Perfide Strategie: Terroristen im Irak schicken jetzt auch Menschen mit Down-Syndrom als Selbstmordattentäter in den Tod.
Montag, 19. Juli, bis Sonntag, 25. Juli
  • Bei einer Bombenexplosion nahe der Grenze zum Irak sind am 19. Juli elf türkische Soldaten und ihr Fahrer verletzt worden. Die Soldaten waren in einem Kleinbus in der Nähe der Grenzstadt Cukurca unterwegs, als der am Straßenrand versteckte Sprengsatz detonierte, wie die halbamtliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.
  • Bei einem weiteren (Autobomben-)Anschlag nördlich von Bagdad sind am 19. Juli vier Menschen ums Leben gekommen, 21 weitere wurden verletzt. Nach Angaben der Polizei ereignete sich die Explosion in der Nähe eines Restaurants in der Stadt Bakuba, etwa 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Die Stadt galt lange Zeit als Hochburg der Al-Kaida im Irak.
  • Der ehemalige Ministerpräsident des Irak, Ajad Allawi, hat sich in Syrien mit dem anti-amerikanischen Geistlichen Muktada al Sadr getroffen. Das Treffen am 19. Juli könnte auf eine ungewöhnliche Allianz zwischen dem säkularen Pragmatiker Allawi und dem erzkonservativen Schiiten hindeuten. Allawi streitet mit seinem Rivalen und jetzigen Ministerpräsidenten des Irak, Nuri al-Maliki, seit den Parlamentswahlen am 7. März um die Macht im Lande. Die beiden Politiker vereinigen die beiden stärksten Fraktionen hinter sich, bislang konnte aber keiner eine tragfähige Regierungskoalition bilden. Allawi könnte nun mit dem Treffen die Möglichkeit einer Allianz mit al Sadr ausgelotet haben. Der im iranischen Exil lebende Geistliche gilt trotz einiger Differenzen als Verbündeter al-Malikis. Al Sadr könnte als Königsmacher fungieren.
  • Der ranghöchste im Zusammenhang mit dem Massaker an irakischen Zivilisten in Haditha angeklagte US-Soldat ist nach Angaben seiner Anwälte in den Ruhestand versetzt worden. Der Oberstleutnant der Marine, Jeffrey Chessani, sei aus dem US-Militär entlassen worden, teilten seine Anwälte am 19. Juli (Ortszeit) mit. Die Rechtsvertreter Chessanis kritisierten die Entscheidung scharf und bezeichneten die Vorfälle in Haditha als "Massaker, das niemals passierte". Eine Gruppe von US-Soldaten war am 19. November 2005 in Haditha 260 Kilometer westlich von Bagdad auf Patrouillengang, als ein Sprengsatz explodierte und einen Kameraden tötete. Die Beteiligten sollen danach an den Einwohnern des Ortes Rache genommen haben. Zeugenaussagen zufolge zog die Truppe von Haus zu Haus und schoss die Bewohner wahllos nieder. Die Männer unter Chessanis Kommando töteten fünf irakische Zivilisten und verletzten 19 weitere. Das US-Magazin "Time" brachte das Massaker 2006 ans Licht.
  • Bei einem Angriff von Rebellen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sind sechs türkische Soldaten getötet worden. Wie die Armee mitteilte, wurde in der Nacht zum 20. Juli ein Militärposten nahe der Stadt Cukurca an der Grenze zum Irak attackiert. Zahlreiche weitere Soldaten seien verletzt worden. Ob es auch auf Seiten der PKK Opfer gab, wurde zunächst nicht bekannt. Die Soldaten forderten wegen der anhaltenden Kämpfe Unterstützung aus der Luft an.
  • Vor der Irak-Invasion gab es nach Angaben der früheren Direktorin des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5 keine glaubwürdigen Hinweise auf Verbindungen zwischen Saddam Hussein und den Anschlägen vom 11. September 2001. Weder der britische noch der amerikanische Geheimdienst hätten über entsprechende Informationen verfügt, sagte Eliza Manningham-Buller am 20. Juli vor dem Irak-Untersuchungsausschuss in London. Vielmehr seien einzelne, nicht eindeutige Informationsfetzen zu möglichen Verbindungen prominent verwendet worden. Ihrer Ansicht nach «hatte Saddam Hussein nichts mit 9/11 zu tun», und bislang habe sie «nichts gesehen, das mich dazu gebracht hätte, meine Meinung zu ändern», erklärte Manningham-Buller. Sie leitete den MI5 von 2002 bis 2007 und damit auch zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns im Jahr 2003. Inzwischen ist Manningham-Buller Mitglied des britischen Oberhauses. Der Irak-Krieg habe die Gefahr von Terroranschlägen in Großbritannien enorm gesteigert und dazu beigetragen, eine ganze Generation junger Leute zu radikalisieren, sagte die Ex-MI5-Direktorin. Zugleich betonte sie, die Informationen der Geheimdienste vor Kriegsbeginn seien nicht vollständig gewesen. Dies könnten Geheimdienstinformationen aber niemals sein.
  • Die Bildung einer neuen Regierung im Irak ist in noch weitere Ferne gerückt. Ein Treffen des amtierenden Ministerpräsident Nuri al-Maliki mit seinem Hauptrivalen Ijad Allawi brachte am 20. Juli nicht den von einigen Abgeordneten erhofften Durchbruch. «Es gibt nichts Neues, der Streit darüber, wer Regierungschef und wer Parlamentspräsident werden soll, dauert weiter an», sagte Haidar al-Mullah, der zu Allawis säkularer Al-Irakija-Allianz gehört. Westliche Beobachter in Bagdad befürchten nun, dass es vor Mitte September keine neue Regierung geben wird. Kernpunkt des Streits ist, dass Al-Maliki, obwohl seine Partei bei der Parlamentswahl am 7. März nur den zweiten Platz hinter Allawis Allianz belegt hatte, unbedingt Regierungschef bleiben will. Allawi, der nach der US-Invasion schon einmal Ministerpräsident eine Übergangsregierung gewesen war, versucht nun, Al-Maliki auszubooten, indem er sich um die Unterstützung der mit Al-Maliki verbündeten religiösen Schiiten-Parteien bemüht. Anfang dieser Woche hatte sich Allawi in Syrien sogar mit dem radikalen schiitischen Prediger Muktada al-Sadr getroffen, dessen auf Frömmigkeit und Clan-Loyalität aufgebaute Partei mit Allawis Allianz ideologisch keinerlei Gemeinsamkeiten hat.
  • Die Explosion einer Autobombe vor einer schiitischen Moschee im Irak hat am 21. Juli mindestens 15 Menschen das Leben gekostet. Der Sprengsatz sei in einer Einkaufsstraße der Ortschaft Abu Saida nördlich von Bakuba detoniert, teilte die Polizei mit. 21 Menschen seien verletzt worden. Der Ort liegt etwa 60 Kilometer nördlich von Bagdad.
  • Die Terrorgruppe Al-Kaida im Irak hat sich zu zwei Selbstmordanschlägen bekannt, bei denen fast 50 Menschen in den Tod gerissen wurden. Der Doppelanschlag am vergangenen 18. Juli sei Teil einer ganzen Serie gegen ehemalige sunnitische Aufständische gewesen, hieß es in einer am 23. Juli im Internet verbreiteten Erklärung. Die sogenannten Erweckungsräte arbeiten mit der irakischen Regierung zusammen.
  • Irakische Medien berichteten am 23. Juli, Abgeordnete hätten vorgeschlagen, der amtierende Ministerpräsident Nuri al-Maliki und der bei der Parlamentswahl vom 7. März erstplatzierte Ex-Regierungschef Ijad Allawi sollten sich das Amt des Regierungschefs teilen. Wer den Posten zuerst übernehmen würde, blieb unklar. Fest steht aber, dass nach einer Phase der Stagnation nun wieder Bewegung in die Verhandlungen über die Regierungsbildung kommt.
  • Bei Anschlägen und Schießereien sind in der nordirakischen Stadt Mossul sieben Sicherheitskräfte getötet worden. Wie die Behörden mitteilten, kamen am 25. Juli drei Polizisten durch eine Bombenexplosion ums Leben, als sie auf Patrouille waren.
Montag, 26. Juli, bis Samstag, 31. Juli
  • Ein Selbstmordattentäter hat sich am 26. Juli in Bagdad vor dem Büro des Fernsehsenders Al-Arabija in die Luft gesprengt und vier Menschen mit in den Tod gerissen. Durch die Bombe, die er in einem Kleinbus versteckt hatte, starben drei Wachleute und eine Putzfrau, 16 Menschen seien verletzt worden, berichtete der Sender. Zu den Verletzten gehört der sunnitische Politiker und ehemalige Vize-Ministerpräsident Salam al-Saubai, dessen Haus neben dem Gebäude des Senders liegt. Nach ersten Informationen schmuggelte der Selbstmordattentäter den Sprengsatz an den Wachleuten des Senders vorbei. Als angeblicher Mitarbeiter einer Mobilfunkfirma fuhr kurz hintereinander zwei Mal mit seinem Kleinbus vor - wurde aber nur beim ersten Mal kontrolliert. «Es war eine große, laute Explosion, die großen Schaden am Gebäude angerichtet hat», sagte Al-Arabija-Mitarbeiter Haidar Dachil.
  • Bei zwei Autobombenanschlägen auf schiitische Pilger im Irak sind am 26. Juli 25 Menschen getötet worden. Weitere 68 wurden nach Angaben von Polizei und Rettungskräften verletzt. Die Gläubigen waren auf dem Weg zu einem schiitischen Fest in der Stadt Kerbela, die rund 80 Kilometer südlich der Hauptstadt Bagdad liegt.
  • Über vier Monate nach den Parlamentswahlen ist im Irak keine Lösung im Tauziehen um die Regierungsbildung in Sicht. Das irakische Parlament stellte deshalb am 27. Juli seine Sitzungen bis auf weiteres ein, wie der Interims-Präsident der Volksvertretung, Fuad Massum, in Bagdad mitteilte. Die Fraktionschefs im Parlament hätten sich darauf verständigt, den politischen Parteien einen weiteren Aufschub zu geben, um sich auf eine Regierung zu einigen. Die amtierende Regierung unter Ministerpräsident Nuri el Maliki dürfe solange nur die laufenden Geschäfte führen.
  • Das US-Verteidigungsministerium kann den Verbleib von mehreren Milliarden Dollar aus Öl-Einkünften im Irak nicht belegen. Zu diesem Ergebnis kam ein am 27. Juli veröffentlichter Bericht des US-Sonderermittlers für den Wiederaufbau des Iraks. Demnach ist wegen fehlerhafter Buchhaltung seitens des Pentagons der Verbleib von 8,7 Milliarden Dollar (6,7 Milliarden Euro) für Wiederaufbauprojekte unklar. Davon fehlt jeglicher Nachweis für 2,6 Milliarden Dollar (2 Milliarden Euro), die zwischen 2004 und 2007 ausgegeben wurden. Das Geld stammt aus dem Entwicklungsfonds für den Irak, der 2004 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingerichtet wurde. In den Fonds fließt die Erlöse aus dem Verkauf irakischen Öls.
  • Bei einem durch einen Sturm verursachten Absturz eines irakischen Militärhubschraubers und bei Bombenanschlägen im Irak sind am 28. Juli laut Behörden insgesamt elf Menschen ums Leben gekommen. Der Helikopter war gerade dabei, schiitische Pilger auf ihrer Reise in die heilige Stadt Kerbela südlich von Bagdad vor möglichen Angriffen sunnitischer Extremisten zu beschützen, als er in einen Sandsturm geriet, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mitteilte. Die fünf Crew-Mitglieder sind dabei ums Leben gekommen. Bei zwei Bombenanschlägen in dem von Schiiten bewohnten Stadtteil Sadr City in Bagdad sind am 28. Juli sechs Menschen getötet und 15 weitere Personen verletzt worden, wie Polizei- und Gesundheitsbehörden bekanntgaben. Die Bomben, die kurz nacheinander explodierten, waren nahe einer staatlichen Bank platziert. Dort warteten Rentner auf die Auszahlung ihrer Rente.
  • Bei einer Serie von Anschlägen im Irak sind am 29. Juli 23 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet worden. Allein im Bagdader Stadtteil Asamija kamen bei einem Überfall und drei offenbar koordinierten Bombenanschlägen binnen weniger Minuten 16 Menschen ums Leben, wie Polizei und Streitkräfte mitteilten. 17 weitere wurden verletzt. In Tikrit steuerte ein Selbstmordattentäter einen mit Sprengstoff beladenen Kleinbus in einen Militärstützpunkt und riss vier Soldaten mit in den Tod. Zehn wurden nach Polizeiangaben verletzt.
  • Bei einer Bombenexplosion sind am 30. Juli südlich von Bagdad vier Iraker getötet worden, darunter drei Soldaten. Elf weitere Menschen wurden nach Angaben von Polizei und Krankenhausmitarbeitern verletzt. Die Detonation ereignete sich in der Nähe eines Verwaltungsgebäudes im Bezirk Raschid. Die Bombe detonierte am Straßenrand, als Soldaten dort wegen einer weiteren Explosion, die sich zuvor ereignet hatte, im Einsatz waren.
  • Im Irak ist die Zahl der Hinrichtungen im vergangenen Jahr drastisch angestiegen. Das Land liegt bei der Vollstreckung von Todesurteilen inzwischen weltweit an dritter Stelle, wie aus einer Studie der Menschenrechtsorganisation Hands Off Cain hervorgeht. Die meisten Hinrichtungen gab es demnach im vergangenen Jahr in China, an zweiter Stelle folgt der Iran. Weltweit ging die Zahl der Exekutionen dagegen um rund 50 Prozent zurück, so die Presse am 31. Juli.
  • Im Irak sind im Juli durch Anschläge und Unruhen so viele Menschen getötet worden wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr: Nach Zahlen der irakischen Regierung starben im ganzen Land 535 Menschen. Das ist die höchste Opferzahl seit Mai 2008, als im Irak 563 Menschen getötet wurden. Unter den Opfern des vergangenen Monats sind 396 Zivilisten sowie 89 Polizisten und 50 Soldaten. Zudem wurden mehr als tausend Menschen beispielsweise durch Anschläge verletzt. Die Zahlen für Juli sind deutlich höher als noch im Vormonat: Im Juni wurden 284 Menschen getötet. Im Juli des vergangenen Jahres zählten die irakischen Behörden 275 Opfer, so die Presse am 31. Juli.


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