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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli 2008


Dienstag, 1. Juli, bis Sonntag, 6. Juli
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat vier Bischöfe der bedrängten christlichen Minderheit im Irak am 2. Juli in Berlin empfangen. Im Mittelpunkt standen die humanitäre Lage der irakischen Flüchtlinge sowie die Verfolgung christlicher und andere Minderheiten im Irak, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Das Bundesinnenministerium erwartet eine Lösung für die Aufnahme christlicher Flüchtlinge aus dem Irak noch in diesem Monat auf europäischer Ebene. Es zeichne sich ab, dass Frankreich das Thema im Juli auf die Tagesordnung des europäischen Rats setzen wolle, sagte ein Ministeriumssprecher. Die vier Geistlichen trafen den Innenstaatssekretär Hans Bernhard Beus. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte Mitte April als der erste Politiker auf die Lage der Minderheit aufmerksam gemacht.
    Die Chaldäer, die den Papst als Oberhaupt anerkennen, werben um Verstärkung der humanitären Unterstützung, weil sich die Lage Zehntausender Flüchtlinge in Syrien und Jordanien verschärft. Die Flüchtlinge leben von Erspartem, das zu Ende geht. Dies kann ihren Gaststatus gefährden. “Es ist eingetreten, was wir seit Beginn des Irak-Krieges vorhergesagt haben,“ sagte Prälat Karl Jüsten von der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz der AP. Gleichzeitig wollen die chaldäischen Bischöfe verhindern, dass durch Hilfe von außen im Irak Anreize zur Flucht ins Ausland geschaffen werden. Die Lage der Christen im Irak hatte sich nach der Ermordung des chaldäischen Erzbischofs Paulos Faradsch Rahho Mitte März weiter zugespitzt. Rahho war offenbar von Al Kaida erpresst worden. Es ist ein Treffen der irakischen Geistlichen mit dem Erzbischof von Berlin, Georg Sterzinsky, geplant. Der Kardinal ist stellvertretender Vorsitzender des Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz. Außerdem besuchte eine irakische Delegation der katholischen Organisation Pax Christi die Hauptstadt. Ihr gehören auch Vertreter der syrisch-orthodoxen Kirche und Laien aus weiteren irakischen Minderheiten an. Die Delegation wurde am Morgen des 2. Juli vom Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, Günther Nooke (CDU), empfangen.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki kommt zu einem Besuch nach Deutschland. Regierungssprecher Ali al Dabbagh erklärte am 3. Juli in Bagdad, Al-Maliki werde am 6. Juli zunächst in die Vereinigten Arabischen Emirate fliegen. Danach seien Besuche in Italien und Deutschland geplant. Genaue Daten wurden noch nicht genannt. Der jordanische König Abdullah plante unterdessen eine Reise in den Irak. Es wäre der erste Besuch eines arabischen Staatschefs seit dem Sturz von Saddam Hussein 2003. Regierungssprecher Dabbagh erklärte, Abdullah werde in der kommenden Woche mit Al-Maliki und anderen Regierungsvertretern zusammentreffen. Der Besuch sei ein wichtiger Schritt, um die Beziehungen zwischen dem mehrheitlich sunnitischen Jordanien und der schiitisch dominierten Regierung im Irak zu stärken.
  • Ein streng geheimer Einsatz der US-Streitkräfte hat die letzten großen Überreste von Saddam Husseins Atomprogramm sicher außer Landes gebracht. 550 Tonnen natürliches Uran aus dem Irak kamen am 5. Juli nach einer dreimonatigen Reise im Hafen der kanadischen Stadt Montreal an, wie die Nachrichtenagentur AP erfuhr. Der Transfer wurde aus Furcht vor Diebstählen oder Attentaten bislang streng geheim gehalten. Bei dem Uran handelt es sich um so genannten Yellowcake, das Ausgangsmaterial zur Anreicherung für nuklearen Brennstoff oder Bombenbau. “Alle sind sehr glücklich, das sicher aus dem Irak gebracht zu haben“, sagte ein ranghoher US-Regierungsbeamter der AP. Das Uran war in der streng bewachten Atomanlage Tuwaitha 20 Kilometer südlich von Bagdad gelagert. US-Experten begannen im Frühjahr damit, die Substanz aus den teils beschädigten Fässern aus der Zeit Saddams in 3.500 neue Behälter umzufüllen. Im April wurden erste Lastwagenlieferungen verdeckt zum Flughafen Bagdad gebracht. Dann wurde das Uran mit 37 Militärflügen auf das britische Atoll Diego Garcia im Indischen Ozean geflogen. Ein Transport auf dem Landweg schien zu gefährlich. Von dort wurde die sensible Fracht auf einem US-Schiff auf dem knapp 14.000 Kilometer langen Seeweg nach Kanada gebracht. Die irakische Regierung hatte das natürliche Uran an die kanadische Firma Cameco Corp. verkauft. Das Unternehmen will das Material nach eigenen Angaben anreichern und damit für die Stromerzeugung in der zivilen Kernkraft nutzen. Die Firma habe “mehrere Zehnmillionen Dollar“ gezahlt, hieß es in Washington
  • Ein mit den USA verbündeter sunnitischer Stammesführer ist am 6. Juli im Irak einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Wie die irakische Polizei und Mediziner mitteilten, wurde Ali Abdul Ridha al Badri in Iskandarija, 50 Kilometer südlich von Bagdad, nach einem Treffen mit US-Soldaten von einer Bombe getötet, die an seinem Wagen befestigt war.
  • Die Vereinigten Arabischen Emirat (VAE) erlassen dem Irak seine Schulden. VAE-Präsident Scheich Chalifa kündigte nach Angaben der Nachrichtenagentur WAM am 6. Juli nach einem Treffen mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri Al-Maliki in Abu Dhabi an, die rund vier Milliarden Dollar (knapp 2,6 Milliarden Euro) Schulden würden gestrichen. Gleichzeitig ernannten die VAE einen Botschafter für den Irak. Beides könnte Signalwirkung für andere Golfstaaten haben. Jene gehören zu den Hauptgläubigern des Iraks und weigern sich trotz amerikanischen Drängens bisher, die Schulden zu erlassen oder wieder Botschafter nach Bagdad zu entsenden. Die Gesamtschulden des Iraks werden auf 80 Milliarden Dollar geschätzt Die Emirate hatten ihren Botschafter in Bagdad nach der US-Invasion 2003 zurückgezogen. In jüngster Zeit haben sich die Beziehungen zwischen der irakischen Regierung unter schiitischer Führung und den zumeist von Sunniten regierten Nachbarländern verbessert. Auch die USA haben sich bei den Golfstaaten dafür eingesetzt, die Beziehungen zum Irak wieder aufzunehmen. Jordanien ernannte in der vergangenen Woche einen Botschafter, Kuwait und Bahrain haben einen entsprechenden Schritt angekündigt.
  • Bei einem Sprengstoffattentat auf den Konvoi eines kurdischen Lokalpolitikers sind am 6. Juli im Irak sieben Menschen ums Leben gekommen. Unter den Toten waren den Angaben zufolge auch zwei Kinder und die Ehefrau des PUK-Funktionärs Mohammed Ramadan. Der Politiker und drei weitere Begleiter wurden durch die Explosion in der Nähe des Kurden-Dorfes Kafri, 130 Kilometer nordöstlich von Bagdad, schwer verletzt. Im Norden Bagdads wurden bei einem Autobombenanschlag mindestens sechs Menschen getötet und 14 verletzt.
Montag, 7. Juli, bis Sonntag, 13. Juli
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat am 8. Juli die irakischen Ministerin für Menschenrechte, Wijdan Mikhail Salim, getroffen. Die christliche Politikerin hält sich auf Einladung Steinmeiers in Berlin auf. Steinmeier unterstrich nach Sprecherangaben die Bedeutung, die eine Verbesserung der Menschenrechtslage im Irak für die Bundesregierung habe. Deswegen habe Deutschland durch die Ausbildung von Polizisten, Richtern und Staatsanwälten im Rahmen der EU-Mission EULEX einen Beitrag zum Aufbau eines Rechtsstaats im Irak geleistet. Der Minister bot der irakischen Menschenrechtsministerin weitere deutsche Unterstützung. Die Ministerin betonte, erste Verbesserungen im Bereich Menschenrechte stünden einer nach wie vor problematischen Sicherheitslage im Land gegenüber. Mitte vergangener Woche hatte Steinmeier vier Bischöfen der bedrängten christlichen Minderheit im Irak Unterstützung zugesichert. Im Mittelpunkt der Unterredung mit den Geistlichen stand in Berlin die humanitäre Lage der irakischen Flüchtlinge sowie die Verfolgung christlicher und andere Minderheiten im Irak. Die Lage der christlichen Konfessionen habe sich seit dem Ende der Saddam-Herrschaft dramatisch verschlimmert. Der Druck komme von Extremisten und Kriminellen. Die Bischöfe suchten Unterstützung dafür, dass die christliche Gemeinschaft im Lande gehalten und weitere Abwanderungen verhindert wird. Derzeit gebe es noch etwa 350.000 bis 400.000 Christen im Irak. 1987 seien es noch 1,4 Millionen gewesen.
  • Vor dem Hintergrund der zunehmenden Gewalt in Afghanistan haben die US-Streitkräfte einen Flugzeugträger vom Einsatz im Irak abgezogen und in den Golf von Oman verlegt. Von dort könnten Kampfflugzeuge schneller nach Afghanistan fliegen und die dortigen Truppen unterstützen, erklärten ranghohe Beamte des Verteidigungsministeriums in Washington am 8. Juli. Die Entscheidung spigele auch die verbesserte Sicherheitslage im Irak wieder, hieß es. Die Verlegung des Flugzeugträgers “USS Abraham Lincoln“ kann auch als Demonstration der Stärke gegenüber dem Iran gesehen werden, der im Norden an den Golf von Oman angrenzt. US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte sch in der vergangenen Woche wegen der zunehmenden Gewalt im Osten Afghanistans besorgt gezeigt. Vertreter der US-Streitkräfte fordern eine Aufstockung der Truppen in Afghanistan.
  • Der jordanische König Abdullah hat einen geplanten Irak-Besuch bis auf weiteres abgesagt. Dies gab die irakische Regierung am 8. Juli bekannt. Es wäre der erste Besuch eines arabischen Staatschefs seit dem Sturz Saddam Husseins 2003 gewesen. Die jordanische Regierung habe Bagdad über die Besuchsabsage informiert, sagte der irakische Regierungssprecher Ali al Dabbagh. Zur Begründung hieß es, Verpflichtungen hinderten Abdullah daran, nach Bagdad zu reisen. Die irakische Regierung hatte den Besuch des jordanischen Monarchen in der vergangenen Woche angekündigt. Ein Termin wurde aber aus Sicherheitsgründen nicht genannt.
  • Die US-Streitkräfte im Irak halten erneut einen Journalisten der Nachrichtenagentur AP fest. Die Streitkräfte teilten am 8. Juli mit, dass der 38-jährige Kameramann Ahmed Nouri Raziak aus “dringenden Sicherheitsgründen“ für mindestens sechs weitere Monate im Gefängnis bleiben müsse. Der Kameramann des Fernsehnachrichtendienstes APTN wurde am 4. Juni in seinem Haus in Tikrit von amerikanischen und irakischen Soldaten abgeführt und in ein Gefängnis in der Nähe des Flughafens von Bagdad gebracht. “Wir sind schockiert, dass ein weiterer AP-Journalist für mindestens sechs Monate ohne Anklage festgehalten wird und warten auf weitere Informationen zur Aufklärung dieser merkwürdigen Entscheidung“, sagte der Leiter des Weltnachrichtendienstes von Associated Press, John Daniszewski. Erst Mitte April war der AP-Fotograf Bilal Hussein nach mehr als zwei Jahren in einem Gefängnis der US-Streitkräfte freigelassen worden. US-Beamte erklärten damals, Hussein werde nicht länger als Bedrohung für die Sicherheit betrachtet. Der Pressefotograf hatte unter anderem über Anschläge von Aufständischen berichtet.
  • Die US-Streitkräfte haben seit Jahresbeginn nach eigenen Angaben mehr als 9.000 Gefangene freigelassen. Damit wurden bereits so viele Häftlinge auf freien Fuß gesetzt wie im gesamten vergangenen Jahr, wie es in einer am 9. Juli in Bagdad veröffentlichten Erklärung heißt. Bis Anfang der Woche wurden demnach 9.047 Gefangene entlassen, im vergangenen Jahr waren es insgesamt 8.956. Wie viele Iraker noch in US-Haft sind, teilten die Truppen nicht mit. Im Mai war von rund 22.000 Häftlingen die Rede gewesen. Die Streitkräfte wollen die Kontrolle über die Gefängnisse zunehmend den irakischen Behörden übergeben. Allerdings fehlt es häufig an angemessenen Haftanstalten und an Personal.
  • Bei zwei Bombenanschlägen im Irak sind am 9. Juli mindestens 13 Menschen getötet worden. Mindestens 56 weitere wurden zum Teil schwer verletzt, wie die Behörden mitteilten. In der nordirakischen Stadt Mossul verübte ein Attentäter mit einem sprengstoffbeladenen Auto einen Anschlag auf einen ranghohen Kommandeur der irakischen Streitkräfte. Acht Zivilpersonen kamen ums Leben, 41 Menschen wurden verletzt, darunter sieben Wachleute. General Rijadh Dschalal Tawfiq blieb unverletzt. Bei einem Bombenanschlag vor einer Geschäftsbank in Falludscha wurden nach Polizeiangaben fünf Menschen getötet und 15 verletzt. Unter den Toten waren auch vier Polizisten, unter den Verletzten ein Kameramann des irakischen Fernsehens. Die Menschen waren nach einer ersten Explosion zusammengekommen, als auf einmal eine zweite Bombe in die Luft ging, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Bei einem Angriff auf einen US-Militärkonvoi bei Samarra im Norden der Hauptstadt Bagdad wurde ein amerikanischer Soldat getötet, zwei weitere wurden verwundet, wie die Streitkräfte mitteilten
  • Der US-Senat hat den Oberbefehlshaber der US-Truppen im Irak, General David Petraeus, am 10. Juli als neuen Kommandeur der Streitkräfte im Mittleren und Nahen Osten bestätigt. Generalleutnant Raymond Odierno, bislang Petraeus' Stellvertreter, folgt ihm in dem Amt in Bagdad nach. Die Entscheidung für Petraeus fiel mit 95 zu 2 Stimmen, die für Odierno mit 96 zu 1. Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Senat, der Demokrat Carl Levin, erklärte, die Kontinuität bei der Führung der Streitkräfte werde bei der Zusammenarbeit mit regionalen und irakischen Politikern und Militärvertretern hilfreich sein. Die Personalrochade war notwendig geworden, nachdem der bisherige Kommandeur der US-Truppen im Mittleren und Nahen Osten, Admiral William Fallon, im März überraschend zurückgetreten war. Auslöser waren Medienberichte über Meinungsverschiedenheiten Fallons mit der Regierung von Präsident George W. Bush bezüglich des Umgangs mit dem Iran.
  • Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat am 10. Juli erstmals den Irak besucht. Sein irakischer Kollege Nuri al-Maliki sprach von einem “historischen“ Besuch. Der Irak und die Türkei seien zu einer neuen Ära der Zusammenarbeit bereit, erklärte Al-Maliki vor Journalisten. Er sprach von Erfolgen beider Länder im Kampf gegen den Terrorismus. Eines der Gesprächsthemen ist der türkische Kampf gegen die kurdischen Rebellen, die von Stützpunkten im Nordirak aus operieren. Die türkischen Streitkräfte drangen im Frühjahr im Rahmen einer Offensive gegen die Rebellen mit Bodentruppen in den Norden des Iraks ein, was zu Protesten der irakischen Regierung führte.
  • Mehr als ein Jahr nach ihrer Entführung im Irak sind zwei US-Soldaten tot aufgefunden worden. Ihre Familien teilten am 11. Juli mit, dass die beiden Soldaten im Alter von 19 und 25 Jahren identifiziert worden seien. Alex Jimenez und Byron Fouty wurden im Mai 2007 von Aufständischen verschleppt. Vorangegangen war ein Angriff auf ihre Einheiten, bei dem mehrere Soldaten getötet wurden. Ein dritter entführter Soldat, Joseph Anzack, wurde bereits im Mai tot aufgefunden.
  • Bundeswirtschaftsminister Michael Glos hat dem Irak am 12. Juli einen überraschenden Kurzbesuch abgestattet. Sein Ministerium bestätigte eine Meldung der “Bild am Sonntag“. Aus Sicherheitsgründen sei die Reise nach Bagdad geheim gehalten worden. Glos sollte noch am selben Tag nach Deutschland zurückkehren. Wie die Zeitung berichtete, traf Glos in Bagdad den irakischen Ministerpräsidenten Nuri Al-Maliki. Über die irakischen Ölvorkommen und die Interessen deutscher Firmen habe er auch mit Ölminister Hussein Al-Shahristani und Industrieminister Fawzi Al-Hariri gesprochen. “Kein anderes Land im Mittleren Osten hat derzeit so große, noch nicht geförderte Ölvorkommen“, sagte der CSU-Politiker der Zeitung. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos hat sich zuversichtlich über die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Irak geäußert. “Die Sicherheitslage ist besser geworden, die Demokratie macht Fortschritte“. Das sagte er beim ersten Besuch eines deutschen Regierungsmitglieds seit dem Irak-Krieg in Bagdad dem ZDF. Besseren wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Irak “steht nichts im Weg“. Deutschland versucht seit einiger Zeit, die Wirtschaftsbeziehungen zum Irak zu verbessern.
  • Iraks Vize-Präsident Tarik al-Haschemi rief die deutsche Wirtschaft nach dem Besuch von Glos zu Investitionen in seinem Land auf. Deutsche Firmen sollten sich am Wiederaufbau beteiligen, sagte er am 13. Juli in Bagdad. “Der Irak ist jetzt offen und sucht ausländische Investoren.“ Deutsche Unternehmen würden jegliche nur mögliche Hilfe seiner Regierung erhalten, erklärte al-Haschemi. Glos zeigte sich nach den Gesprächen zuversichtlich über die weitere Entwicklung der Zusammenarbeit. Die irakische Wirtschaft kommt nach Angaben des Glos-Ministeriums Mitte 2008 nach Stagnation und schwachem Wachstum in den Vorjahren wieder auf den Wachstumspfad. In den nächsten Monaten und Jahren stünden im Irak enorme Investitionen im Infrastrukturbereich an. Bereits Ende Juni war al-Hariri während einer Sitzung der deutsch-irakischen Kommission in Berlin bei Glos zu Gast. Dabei wurden Schritte zur weiteren Kooperation vereinbart. Glos machte damals deutlich, dem Land komme mit den weltweit zweitgrößten Erdölreserven “eine Schlüsselrolle für die zukünftige Entwicklung des Ölpreises“ zu. Andererseits genießen deutsche Firmen und Produkte laut al-Hariri im Irak “ein sehr hohes Ansehen“. Er sprach von einer “privilegierten Partnerschaft“ in strategischen Bereichen der Infrastruktur wie Chemie, Energie, Maschinenbau, Hochtechnologie, und moderne Landwirtschaft.
  • Bewaffnete haben am 13. Juli nördlich von Bagdad Sportler und Zuschauer eines Fußballspiels überfallen und zwei Menschen erschossen. Drei weitere wurden verletzt, darunter ein neun Jahre altes Kind, wie die US-Streitkräfte mitteilten. Bei den Getöteten handelt es sich demnach um einen Polizisten und einen Sunniten, der sich im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al Kaida im Irak engagierte. Der Angriff ereignete sich in der Nähe von Dulujia, 75 Kilometer nördlich der Hauptstadt. In Falludscha kamen bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe vier Polizisten ums Leben. Acht Menschen wurden laut Polizei verletzt, unter ihnen vier Zivilpersonen.
  • Großbritannien will die Zahl seiner Soldaten im Irak im kommenden Jahr deutlich reduzieren. Generalstabschef Jock Stirrup erklärte am 13. Juli, die Streitkräfte hätten nicht die Möglichkeiten, ihre Soldaten sowohl in Afghanistan als auch im Irak auf derzeitigem Niveau zu halten. Ursprünglich war geplant, die Zahl der britischen Soldaten im Irak in diesem Jahr von 4.000 auf 2.500 zu senken. Angesichts der zunehmenden Gewalt war dieser Schritt verschoben worden. Die britischen Soldaten sind in der irakischen Stadt Basra stationiert, wo sie sich hauptsächlich auf die Ausbildung von Soldaten, Polizisten und Grenzbeamten konzentrieren. Die Zeitung “Sunday Times“ berichtete unter Berufung auf Kreise des Verteidigungsministeriums, die Regierung werde die Mehrheit der britischen Soldaten bis Mitte 2009 aus dem Irak abziehen
Montag, 14. Juli, bis Sonntag, 20. Juli
  • Zwei Selbstmordattentäter haben sich in der irakischen Stadt Bakuba inmitten einer Gruppe von Rekruten in die Luft gesprengt und mindestens 28 Menschen getötet. Nach Angaben der Behörden wurden bei der Detonation am 15. Juli 57 weitere Menschen verwundet. Bakuba liegt rund 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad und ist die Hauptstadt der Unruheprovinz Dijala. Dort hatten die Regierungstruppen eine Verschärfung ihres Vorgehen gegen Aufständische angekündigt, die in Kürze beginnen sollte. Der Anschlag war der schwerste im Irak seit dem 17. Juni, als bei einem Bombenanschlag in Bagdad 63 Menschen getötet wurden. Auch in Mossul flammte die Gewalt wieder auf: Zunächst explodierte eine Bombe in der Nähe einer Polizeiwache und tötete vier Zivilpersonen, wie die US-Streitkräfte berichteten. Eine halbe Stunde später zündete ein Selbstmordattentäter einen Sprengsatz und riss acht Menschen mit in den Tod. Unter den Opfern war ein Polizist. Unterdessen gaben die US-Streitkräfte die Festnahme eines mutmaßlichen Anführers einer Terrorzelle in Bagdad bekannt, der im Iran ausgebildet worden sein soll. Der Festgenommene soll an Anschlägen gegen US-Truppen und irakische Einheiten in Bagdad beteiligt gewesen sein.
  • Die österreichische Polizei hat einen Deutschen festgenommen, der eine zwölfköpfige irakische Flüchtlingsgruppe von Italien nach Österreich und weiter nach Deutschland schmuggeln wollte. Der 54-Jährige wurde am Abend des 14. Juli in Tirol aufgehalten. Er war zusammen mit sieben Männern, drei Frauen und zwei kleinen Kindern aus dem Irak in einem Kleinbus unterwegs. Wie die Polizei am 15. Juli mitteilte, sollten die Iraker pro Person bis zu 7.500 Euro für den Transport bezahlen. Sie wurden an die italienischen Behörden übergeben.
  • Die irakische Fahne soll bald ein neues Aussehen erhalten. Das Parlament schrieb am 15. Juli einen Gestaltungswettbewerb aus, an dem sich normale Bürger sowie Künstler und Designer im Irak und im Ausland beteiligen können. Die Ausschreibung endet im September. Die Entscheidung über den besten Entwurf fällt das Parlament. Bereits vor wenigen Wochen hatte das Parlament dafür gestimmt, die drei grünen Sterne aus der Fahne zu entfernen, die die gestürzte Baath-Partei des früheren Diktators Saddam Hussein symbolisieren. Beibehalten wurde jedoch der arabische Schriftzug für die Worte “Gott ist groß“.
  • Die US-Streitkräfte haben nach eigenen Angaben im Irak den mutmaßlichen Anführer einer Terrorzelle gefangen genommen, die auf den Bau von Bomben spezialisiert ist. Der Verdächtige sei im Iran ausgebildet worden und habe offenbar Verbindungen zur schiitischen Hisbollah-Miliz gehabt, erklärten die US-Streitkräfte am 15. Juli. Die USA haben dem Iran wiederholt vorgeworfen, militante Schiitengruppen im Irak zu finanzieren und auszubilden. Teheran hat dies zurückgewiesen.
  • Bei einem Bombenanschlag in der Stadt Talafar im Nordirak sind am 16. Juli mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Fast 100 Personen wurden verletzt, als ein mit Sprengstoff gefülltes Auto in einem Wohngebiet detonierte, berichtete die Agentur Aswat al-Irak. Da der Gesundheitszustand vieler Schwerverletzter als kritisch beschrieben wurde, rechnen die Behörden mit einem Anstieg der Zahl der Todesopfer. Zudem waren in Mossul bei zwei Autobombenanschlägen mindestens zwei Menschen getötet und 15 weitere verletzt worden
  • Polnische und US-Truppen übergaben am 16. Juli die Kontrolle über die Provinz Kadissija südlich von Bagdad an die irakische Regierung. Damit unterstehen zehn der 18 irakischen Provinzen wieder den einheimischen Behörden. Bei der Übergabezeremonie erklärte US-Generalleutnant Lloyd Austin, Kadissija habe im vergangenen Jahr in Sicherheitsfragen große Fortschritte gemacht. Die örtliche Verwaltung und die Provinzregierung funktionierten gut. In dem Gebiet leben überwiegend Schiiten.
  • Rund 18 Jahre nach der irakischen Invasion in Kuwait gibt es wieder volle diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Der frühere kuwaitische Generalstabschef Ali Al Momen wurde zum neuen Botschafter in Bagdad ernannt, wie am 17. Juli in beiden Hauptstädten bekannt gegeben wurde. Kuwait hatte seine Botschaft nach der Invasion von 1990 geschlossen. Anfang 1991 wurde der Irak im ersten Golfkrieg gezwungen, das südliche Nachbarland wieder zu verlassen. Danach lagen die Beziehungen der beiden Länder bis 2003 brach. Dann eröffnete der Irak eine Botschaft in Kuwait, die vorerst aber nur von einem Geschäftsführer geleitet wurde. Kuwait wiederum schreckte nach eigenen Angaben aus Sicherheitsgründen vor der Entsendung eines Botschafters nach Bagdad zurück. Dass dieser Schritt nunmehr vollzogen wurde, werteten Beobachter als Zeichen einer allmählichen Normalisierung der Lage im Irak.
  • In der Frage des Rückzugs der US-Truppen aus dem Irak streben US-Präsident George W. Bush und der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki lediglich einen "allgemeinen Zeithorizont" an. Nach Angaben des Weißen Hauses am 18. Juli sprachen sich die beiden Politiker bei einer Videokonferenz dagegen aus, ein bestimmtes Datum für den Rückzug festzulegen. Die US-Truppenpräsenz im Irak müsse von den Bedingungen vor Ort abhängen, hieß es in der in Tucson im US-Bundesstaat Arizona veröffentlichten Erklärung. Bush und Maliki sind demnach weiterhin einer Meinung, die laufenden Verhandlungen über ein Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen beiden Ländern "so schnell wie möglich" abzuschließen. Angesichts der sich verbessernden Sicherheitslage im Irak könne in dem Abkommen ein "allgemeiner Zeithorizont" für die Übergabe von Städten und Provinzen an irakische Sicherheitskräfte sowie für den weiteren US-Truppenabzug genannt werden. Nach US-Presseberichten vom vergangenen Wochenende hatten Washington und Bagdad ihre Verhandlungen über ein Abkommen zur dauerhaften Stationierung von US-Streitkräften im Irak vorübergehend auf Eis gelegt. Die "Washington Post" berichtete, ein solches Truppenabkommen werde in der Amtszeit von Bush nicht mehr zustande kommen. Die Verhandlungsführer hätten ursprünglich mit einem Vertragsabschluss bis Ende Juli gerechnet. Nun arbeiten beide Regierungen den Angaben zufolge an einem Übergangsdokument, das den USA auch nach Ablauf des UN-Mandats Ende des Jahres im Irak militärische Einsätze erlauben soll.
  • Der britische Premierminister Gordon Brown ist am 19. Juli in Bagdad mit seinem irakischen Kollegen Nuri al-Maliki zusammengetroffen. Bei den Gesprächen in der stark gesicherten Grünen Zone sei es um den Aufbau langfristiger Beziehungen beider Länder gegangen, erklärte Al-Malikis Büro. Brown kam außerdem mit dem irakischen Präsidenten Dschalal Talabani zusammen, im Lauf des Tages wurde er noch in Basra erwartet. Großbritannien hat rund 4.000 Soldaten im Irak stationiert, die meisten in der Nähe von Basra.
  • Der Oberkommandierende der US-Streitkräfte im Irak General David Petraeus hat davor gewarnt, dass die Terrororganisation Al Kaida den Schwerpunkt ihres Kampfes vom Irak nach Afghanistan verlegen könnte. Geheimdienstinformationen bestätigten dies, sagte Petraeus am 19. Juli im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. “Sie werden den Irak nicht verlassen“. Aber die Organisation werde „sicherlich mehr Ressourcen, die für den Irak gedacht waren, nach Pakistan oder Afghanistan umleiten“, sagt Petraeus. Die Sicherheitslage im Irak habe sich zuletzt deutlich verbessert und auch die Zahl der eingeschleusten ausländischen Al-Kaida-Kämpfer sei Geheimdienstinformationen zuletzt deutlich zurückgegangen, sagte Petraeus der AP in seinem Büro in der US-Botschaft in Bagdad. Die Informationen der Nachrichtendienste seien nicht von allerbester Qualität, räumte der General ein. Aber sie deuteten trotzdem darauf hin, dass Al Kaida derzeit erwäge, den Schwerpunkt zu verlagern. Mehr Kämpfer würden in die unruhigen und weitgehend gesetzlosen Stammesgebiete in Pakistan nahe der afghanischen Grenze gebracht. Von dort können sie jederzeit nach Afghanistan eindringen, wie Petraeus erklärte. Streitkräfte und Geheimdienste gehen seit langem davon aus, dass Kämpfer der Taliban und andere Extremisten die Stammesgebiete an der Grenze als Rückzugsgebiet nutzen. Washington machte deswegen zuletzt auch mehr Druck auf die pakistanische Regierung. Vom Grenzgebiet aus werden immer wieder Angriffe auf die NATO-Truppen in Afghanistan ausgeführt. Die Kämpfe wurden zuletzt immer heftiger: In Afghanistan wurden zuletzt mehr internationale Soldaten getötet als im Irak. Die Führung der US-Streitkräfte dachte zuletzt auch darüber nach, Einheiten aus dem Irak abzuziehen und dafür die Truppen in Afghanistan zu verstärken.
  • Ein irakischer Regierungssprecher hat am 20. Juli einen Bericht des “Spiegels“ zurückgewiesen, wonach Ministerpräsident Nuri al-Maliki den Plan des demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama für einen Truppenabzug unterstützt. Al-Maliki stehe persönlich nicht hinter einem konkreten Zeitrahmen für den Abzug der US-Soldaten, sagte Sprecher Ali al Dabbegh in Bagdad. Der „Spiegel“ hatte den Regierungschef laut einer am 19. Juli veröffentlichten Vorabmeldung mit den Worten zitiert, der von Obama vorgeschlagene Plan wäre „der richtige Zeitraum für den Abzug, geringe Abweichungen vorbehalten“. Das Magazin habe Al-Maliki jedoch missverstanden, sagte Al Dabbegh. Der Regierungschef unterstütze lediglich generelle Abzugspläne auf der Grundlage von Gesprächen mit Washington und der Sicherheitslage im Irak. Obama will die US-Soldaten im Irak binnen 16 Monaten abziehen. Der demokratische Senator traf am 19. Juli in Afghanistan ein, nächste Station seiner Auslandsreise sollte der Irak sein.
  • Mehr als ein Jahr nach der Verschleppung von fünf Briten im Irak haben die Entführer einem Zeitungsbericht zufolge den Selbstmord einer der Geiseln bekannt gegeben. Die “Sunday Times“ berichtete, sie habe über einen Mittelsmann ein Video der Entführer erhalten. Darin heißt es, einer der Briten habe sich Ende Mai das Leben genommen. Die Regierung erklärte am 19. Juli, für die Angaben gebe es keine Bestätigung. Für den Selbstmord der Geisel, deren Name mit Jason angegeben wurde, sei London verantwortlich, heißt es in dem Video weiter, dass auf der Website der Zeitung veröffentlicht wurde. Die schiitische Miliz hat den Abzug aller britischen Soldaten aus dem Irak und die Freilassung irakischer Häftlinge aus US-Haft gefordert. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie eine andere Geisel die britische Regierung auffordert, irakische Häftlinge freizulassen. Dies solle binnen eines Monats geschehen, erklärt der Mann, dessen Name von der “Sunday Times“ mit Alan angegeben wurde. Obwohl er von den Entführern gut behandelt werde, fühle er sich schlecht. “Ich möchte meine Familie wieder sehen“, sagt der Mann und appelliert an die Regierung, den Forderungen der Kidnapper rasch nachzukommen. Die fünf Briten - ein Computerexperte und vier Wachleute - waren am 29. Mai 2007 im Finanzministerium in Bagdad verschleppt worden.
Montag, 21. Juli, bis Sonntag, 27. Juli
  • Der demokratische US-Präsidentschaftsbewerber Barack Obama hat im Irak mit Regierungschef Nuri al-Maliki über den richtigen Zeitpunkt für einen Abzug der US-Truppen diskutiert. Nach irakischen Regierungsangaben soll es dabei auch konkret um die Frage gegangen sein, wie viele US-Soldaten ab 2009 das Land verlassen sollten. Obama war am 21. Juli zu seinem ersten Irak-Besuch in Bagdad eingetroffen. Er hatte angekündigt, die US-Truppen im Falle seines Wahlsieges innerhalb von 16 Monaten aus dem Irak abziehen zu wollen.
    Bei politischen Gesprächen im Orient nehmen Begrüßungen und höfliche Erkundigungen zum Befinden des Gastes oft viel Zeit in Anspruch. Doch Barack Obama und Nuri al-Maliki hielten sich bei ihrem ersten Treffen in Bagdad nicht lange mit dem Austausch von Nettigkeiten auf. Der demokratische US-Präsidentschaftsbewerber mit dem entwaffnenden Lachen und der meist etwas steif wirkende irakische Ministerpräsident kamen sofort auf das strittigste Thema zu sprechen: Wann soll der Abzug der US-Soldaten aus dem Irak beginnen und in welchem Tempo sollen die amerikanischen Brigaden das Zweistromland verlassen? Obama hat die irakische Regierung mit seiner Ankündigung, er wolle die Truppen im Falle seines Wahlsieges innerhalb von 16 Monaten abziehen, in eine schwierige Lage gebracht. Denn in ihren öffentlichen Reden fordert die von den Schiiten dominierte Regierung schon seit langem einen genauen Zeitplan für den Abzug der US-Truppen aus dem Irak - also genau das, was Obama vorschlägt. Und auch der Zeitrahmen - zwei Jahre von jetzt an gerechnet - ist nichts, was nicht auch irakische Regierungspolitiker schon ins Spiel gebracht hätten. Insgeheim fürchten sich die irakischen Minister jedoch vor dem Tag, an dem die letzte amerikanische Einheit ihr Land verlässt. Der Maliki-Regierung wäre es wohl am liebsten, wenn die amerikanischen Soldaten mittelfristig in großer Truppenstärke im Land blieben, die Verantwortung für die Sicherheit aber offiziell landesweit den Irakern übertragen würde. Denn die Sicherheitslage ist im Irak trotz der Erfolge der vergangenen Monate nach wie vor so schlecht, dass wegen des großen Terrorrisikos nicht nur Obama ohne vorherige Ankündigung heimlich in Bagdad landet, sondern auch alle anderen Staatsgäste. Das Vertrauen in die Fähigkeiten und die Loyalität der eigenen Armee ist noch nicht allzu groß. Und auch in seinem Machtkampf mit den radikaleren Schiiten-Gruppen ist es für Al-Maliki momentan noch ganz bequem, wenn ihm die amerikanischen Soldaten den Rücken stärken. Allerdings gehen in Bagdad ohnehin nur wenige Politiker davon aus, dass Obama, falls er gegen seinen republikanischen Konkurrenten John McCain siegen sollte, wirklich Ernst macht und die große US-Streitmacht an Euphrat und Tigris binnen 16 Monaten zurück beordert. “Wir denken, das ist vor allem Wahlkampftaktik. Obama kann an der Politik seines Landes nicht allzu viel ändern. Sein Spielraum im Irak ist begrenzt“, hatte der schiitische Parlamentarier Abbas al-Bajati vom Verteidigungsausschuss kürzlich erklärt. Al-Maliki war am 21. Juli aber trotz des schwierigen Treffens mit Obama bester Laune. Denn genau wie sein Gast so hat auch der irakische Regierungschef diese Woche ein anspruchsvolles Reiseprogramm. In Berlin trifft er Bundeskanzlerin Angela Merkel. Anschließend wird er in Italien und im Vatikan erwartet. Bei seinem Treffen mit Papst Benedikt XVI. wird sicher auch der Schutz der christlichen Minderheit im Irak vor Verfolgung durch islamistische Terroristen Thema sein.
  • Die Bundesregierung sieht in den Beziehungen zum Irak ein «großes Potenzial». Deutschland wolle Partner des Irak sein, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am 21. Juli in Berlin angesichts des Besuchs des irakischen Premiers Nuri Al-Maliki am 22. und 23. Juli in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wolle im Gespräch mit Al-Maliki deutlich machen, dass Deutschland ein nachdrückliches Interesse am Ausbau der traditionell guten Beziehungen zwischen beiden Ländern habe, besonders in der Wirtschaftspolitik und im Handel. Der irakischen Botschafter in Deutschland, Alaa Al-Hashimy, sprach mit Blick auf die deutsch-irakischen Beziehungen vor einer neuen Epoche. Ob bei der Förderung von Öl und Gas, im Bausektor, der chemischen Industrie oder beim Wiederaufbau der Ministerien, “Irak braucht Deutschland an seiner Seite“, sagte er in einem Interview der Deutschen Welle. Er glaube, dass das zögerliche Engagement Deutschlands trotz der anhaltenden Sicherheitswarnungen des Auswärtigen Amts der Vergangenheit angehöre. Der Botschafter betonte: “Die Deutschen sind geduldig und skeptisch. Sie überlegen gut, bevor sie entscheiden. Aber wenn sie sich entscheiden, dann fahren sie fort. Und diese Situation haben wir jetzt im Jahr 2008 erreicht. Deutschland ist willkommen im Irak.“
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am 22. Juli den irakischen Ministerpräsident Nuri al-Maliki im Kanzleramt in Berlin mit militärischen Ehren empfangen. In dem gut einstündigen Gespräch will Merkel mit ihrem Gast vor allem Chancen für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit erörtern. Al-Maliki ist das erste Mal in Deutschland. Die Bundesregierung hat bereits signalisiert, dass sie die Beziehungen zu dem von Krieg und Terror erschütterten Land verbessern wolle. Die deutsche Wirtschaft sieht Chancen für gute Geschäfte mit dem Irak. “In den 70er und 60er Jahren war die deutsche Wirtschaft für den Irak einer der wichtigsten Handelspartner überhaupt. Daran können wir anknüpfen“, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Axel Nitschke, der “Passauer Neuen Presse“. Am 23. Juli nimmt Al-Maliki gemeinsam mit Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) an einem deutsch-irakischen Wirtschaftsforum teil. Dieser hatte vor zehn Tagen als erster deutscher Minister nach dem Sturz des irakischen Diktator Saddam Husseins Bagdad besucht.
  • Deutschland und Irak werden offenbar ein Investitionsabkommen abschließen. Beide Länder hätten sich darauf verständigt, die Investitionen ausländischer Investoren besser abzusichern, berichtete das „Handelsblatt“ am 22. Juli. Das gelte als wichtige Voraussetzung für die Rückkehr deutscher Firmen in den Irak. Nach Informationen des Blattes wollen der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) dazu am 23. Juli das Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen unterzeichnen. Es sei monatelang zwischen beiden Regierungen verhandelt worden.
  • Erstmals seit dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein hat Deutschland wieder ein Wirtschaftsabkommen mit dem ölreichen Land vereinbart. Wirtschaftsminister Michael Glos und der irakische Industrieminister Fausi al-Hariri unterzeichneten am 23. Juli in Berlin einen entsprechenden Vertrag zum Schutz und zur Förderung von Investitionen. Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki warb für einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen. Die Sicherheitslage sei in der Vergangenheit im Ausland “überdramatisiert“ worden. Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki hat die deutsche Wirtschaft trotz einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes aufgefordert, sich stärker im Irak zu engagieren. Zwar sei es das gute Recht der deutschen Firmen zu zögern. Die Lage in dem Land habe sich aber durchaus verbessert, sagte Al-Maliki am zweiten Tag seines Deutschland-Besuches in Berlin. Die irakischen Sicherheitskräfte seien in der Lage, die Sicherheit zu gewährleisten
  • Europa verschiebt eine gezielte Aufnahme besonders gefährdeter Flüchtlinge aus dem Irak. Trotz dringender Appelle von Kirchen, Amnesty International und anderen Menschenrechtlern ließen die EU-Innenminister am 24. Juli in Brüssel einen solchen Plan vorläufig fallen. Vor allem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hatte darauf gedrungen, die Entscheidung über konkrete Schritte auf September zu vertagen. Statt eine sichere Heimat in Europa zu finden, sollen geflüchtete Iraker in das Krisengebiet heimkehren. Ungeachtet der nach wie vor problematischen Lage im Irak hat die Bundesregierung ihre Initiative für eine verstärkte Aufnahme verfolgter Menschen überraschend auf Eis gelegt. Die EU-Innenminister kamen auf Veranlassung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) überein, vorerst keine zusätzlichen Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen. Die Bundesregierung folgte damit einer Bitte des irakischen Ministerpräsidenten Nuri el Maliki. Erst im September wollen die EU-Staaten erneut beraten. Scharfe Kritik kam von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International und der Opposition. Maliki nannte die deutsche Initiative zur verstärkten Flüchtlingsaufnahme bei seinem Berlin-Besuch nach Schäubles Angaben "kontraproduktiv". Maliki habe Schäuble wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) informiert, sein Land sei an einer Rückkehr der Flüchtlinge interessiert, um den Wiederaufbau voranzutreiben. Dies betreffe insbesondere Christen, die der gebildeten Schicht angehörten. Damit sei die Flüchtlingsfrage nicht gelöst, sagte Schäuble: "Dass die Lage im Irak nicht problemfrei ist, weiß jeder."
    Schäuble hatte den Länder-Innenministern im April zugesagt, sich für eine verstärkte Aufnahme verfolgter Christen in die EU einzusetzen. Damit folgte er einer Anregung der Kirchen. Einige EU-Partner kritisierten die Pläne aber als zu selektiv. Der Minister sprach daraufhin nur noch allgemein von der geplanten Aufnahme religiöser und ethnischer Minderheiten. FDP und Grüne kritisierten Schäuble scharf. Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Josef Winkler und Manuel Sarrazin warfen ihm einen "Zick-Zack-Kurs" vor. Noch vor wenigen Tagen habe der Minister bekräftigt, dass Deutschland mit der Aufnahme besonders schutzbedürftiger Iraker aus den Nachbarstaaten Syrien und Jordanien beginnen wolle. Nun komme "der beschämende Rückzieher". FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warf Schäuble Einknicken vor dem eigenen Lager vor. Die frühere Bundesjustizministerin verwies auf ablehnende Äußerungen der Innenminister von Niedersachsen und Bayern, Uwe Schünemann (CDU) und Joachim Herrmann (CSU). Schünemann und Herrmann hatten zuletzt die Befürchtung geäußert, die EU hole sich irakische Kriminelle und Terroristen ins Haus. Amnesty International nannte das Einlenken der Bundesregierung gegenüber Maliki "falsch und gefährlich". Für religiöse und ethnische Minderheiten im Irak habe sich die Sicherheitslage entgegen der Darstellung des Ministerpräsidenten nicht verbessert, erklärte die Irak-Expertin Ruth Jüttner.
  • Die US-Botschaft in Bagdad bietet seit dem 24. Juli ein erweitertes Visaprogramm für irakische Mitarbeiter der amerikanischen Behörden an. Danach sollen jedes Jahr 5.000 zusätzliche Visa für Iraker ausgestellt werden, die mit ihrer Arbeiter für die US-Regierung ihr Leben in Gefahr gebracht haben. Bisher war die Hilfe auf Dolmetscher beschränkt. Der Koordinator für Flüchtlingsfragen, Richard Albright, erklärte auf einer Pressekonferenz, die USA seien verpflichtet, den tapferen Irakern, die den Vereinigten Staaten und einem freien Irak gedient hätten, Schutz zu gewähren. Den Richtlinien zufolge müssen die Iraker mindestens zwölf Monate für die US-Regierung, die Streitkräfte oder deren Subunternehmer tätig gewesen sein. Sie müssen außerdem beweisen, dass sie Folge dieser Tätigkeit ernsthaften Drohungen erhalten haben. Zusätzlich zu den 5.000 Irakern können auch Ehepartner und minderjährige Kinder eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Die USA gewähren den irakischen Einwanderern einen Kredit, mit dem sie die Reisekosten bezahlen können. Außerdem bekommen sie eine Wohnung und sind bis zu acht Monate lang krankenversichert.
  • Die Evangelische Kirche in Deutschland hat eine schnelle Entscheidung über die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak verlangt. Angesichts der Notlage dürften die EU-Justiz- und Innenminister ihre Entscheidung nicht auf September verschieben, erklärte der Bevollmächtigte des Rates der EKD, Stephan Reimers, am 24. Juli in Hannover. Die drohende Vertagung erfülle ihn mit großer Sorge. Prälat Reimers appellierte im Namen der EKD zudem dringend an Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und an die Innenminister der Länder, schon jetzt irakische Flüchtlinge aus Syrien und Jordanien aufzunehmen. Die Situation der Flüchtlinge in den Nachbarländern des Irak sei prekär. Ihr Aufenthaltsstatus sei befristet, ihre finanziellen Mittel gingen zur Neige und der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt sie ihnen verwehrt. Reimers bezeichnete Bestrebungen des Irak, geflohene Menschen zurückzuholen, als zwar verständlich. Er habe aber große Zweifel daran, dass die Flüchtlinge im Irak derzeit sicher seien. Die geflohenen Christen und Angehörigen anderer religiöser Minderheiten schlössen trotz ihrer erbärmlichen Lage eine Rückkehr aus. “Viele Betroffene sind durch ihre Flucht Morddrohungen, Entführungen, Folter und Vertreibungen entgangen. Ihre Häuser sind zerstört und ihre Geschäfte geplündert“, sagte der Prälat. Dies habe er bei einer Reise nach Syrien und Jordanien selbst erfahren. Der irakische Staat habe die Christen vor ihrer Flucht nicht schützen können. “Dass sich daran etwas geändert haben könnte, bezweifeln die irakischen Flüchtlinge“, fügte er hinzu.
  • Eine Selbstmordattentäterin hat bei einem Anschlag in der irakischen Stadt Bakuba mindestens acht Menschen mit in den Tod gerissen. Weitere 24 wurden nach Polizeiangaben verletzt. Die Frau sprengte sich den Angaben zufolge am Abend des 24. Juli an einem Kontrollpunkt eines örtlichen “Erweckungsrats“ in die Luft. Bei dem Erweckungsrat handelt es sich um Sunniten, die sich zum Widerstand gegen die Terrororganisation Al Kaida im Irak zusammengeschlossen haben.
  • Die Olympischen Spiele in Peking finden ohne den Irak statt. Das teilte das Internationale Olympische Komitee (IOC) dem irakischen Sportminister Jassem Mohammed Jaafar am 24. Juli mit. Bereits am 4. Juni hatte das IOC-Exekutivkomitee das Irakische Nationale Olympische Komitee (NOK) suspendiert und damit auf die massive Einmischung der Politik reagiert. Iraks Regierung hatte am 20. Mai das NOK des Landes aufgelöst, ein eigenes unter der Leitung des Sportministers eingesetzt und damit gegen die olympische Charta verstoßen. Im Gegensatz zu den Sportlern, die im Bogenschießen, Judo, Rudern und Gewichtheben an den Start gehen sollten, dürfen irakische Leichtathleten noch hoffen. “Wir hoffen weiter darauf, Irak bei den Spielen zu haben, weil die Leichtathletik eine spätere Meldefrist hat als andere Sportarten. Vielleicht können wir bis dahin eine Lösung finden“, sagte IOC-Sprecherin Emmanuelle Moreau. “Es ist eine sehr kleine Hoffnung, aber es ist eine.“ Die irakische Regierung habe auf eine Einladung in das IOC-Hauptquartier in Lausanne (Schweiz) nicht reagiert, erklärte Moreau weiter. Der Irak hatte an den olympischen Sommerspielen 2004 in Athen teilgenommen. Die irakischen Athleten konnten damals allerdings keine Medaille erringen. Im Jahr 2000 war Afghanistan wegen der Intervention des damaligen Taliban-Regimes eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Sidney verwehrt worden.
  • Die Bundesregierung wartet vor einer Entscheidung über die Aufnahme irakischer Flüchtlinge zunächst die Entwicklung vor Ort ab. Das ist laut Bundesinnenministerium der Stand der Beratungen auf EU-Ebene. Sprecher Stefan Paris sagte am 25. Juli in Berlin, damit werde einer Bitte des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki Rechnung getragen, der diese Woche auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen worden war. Die Innenminister hatten am 24. Juli ihre Entscheidung auf September vertagt. Sie wollen zur Bewertung der Lageentwicklung in Kontakt mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bleiben. Nach Deutschland könnten bei einem Aufnahmebeschluss 500 bis 700 Personen pro Monat einreisen. Al-Maliki hatte seine Bitte damit begründet, dass bei eine Abwanderung von Irakern ins Ausland dringend benötigte Fachkräfte für den Wiederaufbau fehlen könnten. Die Sicherheitslage habe sich deutlich verbessert, sagte er. Er bestritt, dass besonders Christen auch heute noch unter Diskriminierungen zu leiden hätten. Im Gegenteil, die Volks- und Religionsgruppen hätten begriffen, dass der Wiederaufbau und die Wiederherstellung von Sicherheit nur gemeinsam zu leisten sei.
  • Papst Benedikt XVI hat während eines Gespräches mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki die Welt dazu aufgerufen, den irakischen Flüchtlinge zu helfen und die Christen im Irak besser zu schützen. Der Kampf gegen den Terrorismus und die Bedeutung der religiösen Freiheit seien weitere Themen in dem Gespräch zwischen den beiden gewesen, hieß es in einer Stellungnahme des Vatikans. Benedikt und Al-Maliki hätten eine Versöhnung und einen Dialog zwischen Christen und Muslimen als notwendig für den Wiederaufbau des Landes bezeichnet, hieß es weiter. Al-Maliki traf das Oberhaupt am 25. Juli der katholischen Kirche im Rahmen seiner Europareise in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo und lud ihn im Gegenzug in den Irak ein. Über die Antwort des Papstes wurde nichts bekannt.
  • Die irakischen Sicherheitskräfte haben am 26. Juli rund um die Hauptstadt Bagdad zusätzliche Straßensperren errichtet und Scharfschützen platziert, um Angriffe auf schiitische Pilger zu verhindern. Tausende fromme Schiiten machten sich an diesem Wochenende zu Fuß auf den Weg zum Schrein des Imam Mussa al-Kadhem im Norden Bagdads, an dessen Ermordung im Jahr 799 sie am erinnern wollen. Vor drei Jahren war es bei dieser Wallfahrt in den Stadtteil Kadhemija zu einer Massenpanik auf der in der Nähe des Schreins gelegenen Brücke der Imame (“Dschisr al-Aimma“) gekommen. Damals waren rund 1000 Menschen zu Tode getrampelt worden oder in den Fluss gestürzt, nachdem sich das Gerücht verbreitet hatte, Selbstmordattentäter hätten sich unter die Wallfahrer gemischt. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete unterdessen, bei einem Sprengstoffanschlag nahe der nordirakischen Stadt Mossul seien am 26. Juli drei Zivilisten ums Leben gekommen.
  • Die Regierung in Bagdad will nicht hinnehmen, dass die irakischen Sportler von den Olympischen Spielen in Peking ausgeschlossen werden. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete am 26. Juli, eine Delegation unter Leitung von Regierungssprecher Ali al-Dabbagh werde beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in Lausanne vorstellig werden, um die Sportfunktionäre doch noch umzustimmen. Zwei Tage zuvor hatte das IOC erklärt, die Regierung habe auf eine Einladung des Komitees nicht reagiert. Das IOC hatte wegen massiver politischer Einmischung der irakischen Regierung in die Sport-Gremien des arabischen Landes am 24. Juli beschlossen, die irakischen Athleten nicht an den Spielen in Peking teilnehmen zu lassen. Am 4. Juni hatte das IOC-Exekutivkomitee bereits das Irakische Nationale Olympische Komitee (NOK) suspendiert, nachdem die Regierung im Mai das irakischen NOK aufgelöst hatte. Das danach neu besetzte irakische Komitee wurde vom IOC nicht anerkannt.
  • Bei 45 Grad im Schatten und ständigem Stromausfall ist das Nervenkostüm vieler Iraker nicht sonderlich gut. Dementsprechend groß ist auch ihre Frustration darüber, dass die sieben irakischen Athleten bei den Olympischen Spielen in Peking nicht teilnehmen dürfen. Die meisten von ihnen geben der irakischen Regierung, die den Olympia-Ausschluss provoziert hatte, die Schuld an der Misere. Mit Last-Minute-Verhandlungen in Lausanne will eine irakische Regierungsdelegation das Internationale Olympische Komitee (IOC) doch noch umstimmen und einen Olympia-Start zumindest der beiden irakischen Leichtathleten möglich machen. “Das ist eine tragische Geschichte. Natürlich hätten wir gern irakische Athleten in Peking gesehen, aber ihre Regierung hat sie im Stich gelassen“, erklärte IOC-Sprecherin Giselle Davies am 27. Juli. Selbst diejenigen Iraker, die es nicht problematisch finden, dass die Regierung am 20. Mai eigenmächtig das Nationale Olympische Komitee (NOK) aufgelöst und durch neue Funktionäre ersetzt hat, finden, dass man dies zumindest bis nach den Sommerspielen hätte vertagen sollen. “Für die Entscheidung der Regierung, alle nationalen Sportverbände aufzulösen, gibt es keine Entschuldigung, und die Folgen dieser Entscheidung sind bitter“, klagt der Lehrer Firas Mahdi (34) aus Bagdad. Besonders bitter ist der Ausschluss für die Sportler selbst. Haider Nasir ist völlig frustriert. “Die Teilnahme an den Olympischen Spielen war mein Traum, und jetzt hat sich herausgestellt, dass alle meine Träume und Wünsche auf einmal zerplatzt sind“, sagt der Diskuswerfer aus der schiitischen Pilgerstadt Nadschaf im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. “Mein Training hat seinen Sinn verloren“, fügt er traurig hinzu. Auch der stärkste Iraker, Gewichtheber Muhammad Sawara, ist von der IOC-Entscheidung betroffen. Die verzweifelten Versuche der Regierung und des neuen irakischen NOKs, die IOC-Funktionäre gnädig zu stimmen, kommen wohl zu spät. “Ich bin überzeugt, dass das IOC seine Entscheidung zu Gunsten der irakischen Sportler zurücknehmen wird“, erklärt Hussein al-Amiri, Mitglied des neuen irakischen Olympischen Komitees. Er betont, Ministerpräsident Nuri al-Maliki habe die Olympia-Teilnahme jetzt zur “Chefsache“ gemacht und auch während seiner Gespräche in Berlin und Rom mehrfach angesprochen.
    Kein Verständnis für das aus ihrer Sicht etwas unprofessionelle Vorgehen der Bagdader Regierung in Sachen Sportpolitik bringt man dagegen im nordirakischen Autonomiegebiet der Kurden auf, wo es ein eigenes regionales Olympisches Komitee gibt. Der Generalsekretär des Komitees, Samy Said Kader, ließ nach der Bekanntgabe des IOC-Beschlusses verlauten, sein Gremium sei “gegen jede politische Einmischung im Sport“. Die Auflösung des NOK durch die irakische Regierung sei “illegal“ gewesen.
  • Die türkische Luftwaffe hat erneut Stellungen der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak bombardiert. Ziel der Luftangriffe waren nach Angaben des türkischen Generalstabs am 27. Juli in Ankara zwölf mutmaßliche PKK-Stellungen in den Kandil-Bergen unweit der Grenze zum Iran. Dort sollen sich rund 5000 PKK-Rebellen aufhalten. Die türkische Armee hatte im Februar während einer einwöchigen Bodenoffensive gegen PKK-Lager im Nordirak nach eigenen Angaben 240 Rebellen getötet.
  • Bewaffnete haben am 27. Juli südlich von Bagdad sieben schiitische Pilger erschossen. Die Täter hätten den jungen Männern im Dorf Madain aufgelauert, erklärte ein Polizeisprecher. Die Pilger seien auf dem Weg zu einem Heiligtum im Bagdader Stadtviertel Kasimija gewesen. Dort werden zum Todestag eines im 8. Jahrhundert verstorbenen schiitischen Heiligen mehrere zehntausend Pilger erwartet.
Montag, 28. Juli, bis Donnerstag, 31. Juli
  • Drei Selbstmordattentäterinnen haben am 28. Juli in Bagdad 19 schiitische Pilger mit in den Tod gerissen. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete, die Frauen hätten sich mit ihren Sprengstoffgürteln unter die Wallfahrer gemischt. Die Pilger waren auf dem Weg zum Schrein des Imams Mussa al-Kadhem im Norden Bagdads. 43 weitere Pilger seien verletzt worden, hieß es. Die Schiiten begehen am 29. Juli den Todestag des Imams im Jahr 799. Vor drei Jahren war es bei dieser Wallfahrt im Stadtteil Kadhemija zu einer Massenpanik auf der in der Nähe des Schreins gelegenen Brücke der Imame (“Dschisr al-Aimma“) gekommen. Damals waren rund 1000 Menschen zu Tode getrampelt worden oder in den Fluss gestürzt, nachdem sich das Gerücht verbreitet hatte, Selbstmordattentäter seien unter den Pilgern. Es waren in Bagdad und Umgebung zahlreiche zusätzliche Straßensperren eingerichtet und Scharfschützen postiert worden, um Terroranschläge während der Wallfahrt zu verhindern. Von irakischen Frauen wurden Selbstmordanschläge bislang vor allem in der Provinz Dijala verübt. Die US-Armee hatte dort deshalb vor einigen Tagen eine weibliche Bürgerwehr-Brigade gegründet, die Frauen nach Sprengstoff durchsuchen soll.
  • Im Irak haben sich vier Selbstmordattentäterinnen in die Luft gesprengt. Drei von ihnen töteten in Bagdad 25 schiitische Pilger. Dabei wollten die Behörden mit aller Macht ein neues Wallfahrts-Drama verhindern. Augenzeugen und Polizisten in Bagdad berichteten, die drei Frauen hätten sich mit Sprengstoffgürteln in dem vorwiegend von Schiiten und Christen bewohnten Stadtteil Karrade unter die Wallfahrer gemischt. Die Pilger waren auf dem Weg zum Schrein des Imams Mussa al-Kadhem im Norden der Stadt. Bei dem Anschlag am 28. Juli wurden mindestens 32 Menschen getötet und weitere 102 verletzt, wie die Polizei mitteilte. Es waren die blutigsten Attentate in Bagdad seit dem 17. Juni, als bei einem Bombenschlag 63 Menschen getötet wurden.
  • Bereits am vergangenen Freitag (25. Juli) waren in Bagdad und Umgebung zahlreiche zusätzliche Straßensperren eingerichtet und Scharfschützen postiert worden, um Anschläge während der Wallfahrt zu verhindern. Nach Militärangaben wurden 100.000 irakische Sicherheitskräfte zum Schutz der Pilgerfahrt abgestellt. Sie sollen von US-Soldaten unterstützt werden. 200 Frauen, die als Freiwillige eingesetzt sind, sollen Pilgerinnen durchsuchen. Die Behörden rechnen zum Höhepunkt der Wallfahrt mit mehreren zehntausend Pilgern. Die Schiiten begehen an diesem Tag den Todestag des Imams Mussa al-Kadhem im Jahr 799. Dabei war der Anschlag in Bagdad nur der Beginn einer regelrechten Anschlagsserie im Irak, bei der insgesamt mindestens 47 Menschen getötet und über 250 weitere zum Teil schwer verletzt wurden.
    In der Stadt Kirkuk im Norden des Iraks riss eine Bombe mindestens 15 Menschen in den Tod, 170 weitere wurden verletzt. Ziel des Anschlags war eine kurdische Protestkundgebung gegen den Entwurf eines neuen Wahlgesetzes für die Provinz. Der kurdische Widerstand gegen eine Teilung der Macht im Provinzrat in Kirkuk hatte die Verabschiedung des Gesetzes bislang verhindert. Auch hier wird vermutet, dass die Bombe von einer Frau gezündet wurde. In der Kleinstadt Balad Rus schließlich wurden vier Zivilisten durch einen Sprengstoffanschlag getötet, wie die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete. Balad Rus liegt in der Unruheprovinz Dijala nordöstlich von Bagdad. Dijala war bislang die einzige Provinz des Iraks, in der häufig Selbstmordattentate von Frauen verübt werden. Die US-Armee hatte vor einigen Tagen eine eigene Frauen-Bürgerwehr ins Leben gerufen. Sie soll Frauen aufspüren, die Sprengstoff unter ihren weiten Gewändern tragen. Die Anschläge einen schweren Rückschlag für das Vertrauen der irakischen Öffentlichkeit in die verbesserte Sicherheitslage, die zuletzt ein Absinken der Gewalt auf den niedrigsten Stand seit über vier Jahren verzeichnet hatte.
  • Der Irak darf doch an den Olympischen Spielen in Peking teilnehmen. Dies gab das Internationale Olympische Komitee (IOC) am 29. Juli bekannt. Der Entscheidung waren Gespräche zwischen dem IOC und irakischen Offiziellen am IOC-Sitz in Lausanne vorausgegangen. In Peking wird eine siebenköpfige irakische Mannschaft erwartet. Damit sind 205 Länder bei den Spielen am Start. Wegen der massiven politischen Einmischung in die sportlichen Belange des Iraks hatte das IOC das Land vergangener Woche von den Spielen ausgeschlossen. Zuvor hatte das IOC- Exekutivkomitee das Irakische Nationale Olympische Komitee (NOK) bereits am 4. Juni suspendiert und damit auf die massive Einmischung der Politik reagiert. Iraks Regierung hatte am 20. Mai das NOK des Landes aufgelöst, ein eigenes unter der Leitung des Sportministers eingesetzt und damit gegen die olympische Charta verstoßen.
  • US-Präsident George W. Bush hat die Einsatzdauer für US-Soldaten im Irak verkürzt und einen kompletten Abzug weiterer Einheiten in Aussicht gestellt. Angehörige der US-Truppen sollten dann nur noch für zwölf statt bisher 15 Monate in den Irak geschickt werden, kündigte Bush in Washington an. Dies geschehe auch in der Erwartung, dass Irak-Kommandeur David Petraeus im Herbst "je nach Lage eine weitere Reduzierung unserer Kampfstärke" empfehlen werde. Mit elf getöteten US-Soldaten erreichte die monatliche Zahl der Gefallenen nach Armeeangaben im Juli den niedrigsten Stand seit der Invasion 2003. Bush räumte ein, dass Rückschläge im Irak nach wie vor möglich seien. Allerdings hätten die jüngsten Fortschritte inzwischen ein "Maß an Dauerhaftigkeit" erreicht, das "ermutigend" sei. "Die Gewalt hat nun ihren tiefsten Stand seit Frühjahr 2004 ereicht", sagte Bush. Auch in den Verhandlungen mit der irakischen Regierung über einen Rahmenvertrag für die längerfristige Stationierung von US-Kontingenten im Irak gebe es "Fortschritte", sagte der Präsident, ohne allerdings auf den aktuellen Verhandlungsstand einzugehen. Derzeit sind noch etwa 140.000 US-Soldaten im Irak stationiert. Die etwa 30.000 zusätzlichen US-Soldaten, die im vergangenen Jahr im Rahmen der neuen Aufstockungsstrategie in den Irak verlegt worden waren, sind inzwischen in die USA zurückgekehrt. Die Bewertung der gegenwärtigen Lage im Irak zählt zu den großen Streitthemen im derzeitigen Präsidentschaftswahlkampf. Der Demokrat Barack Obama hatte die Truppenaufstockung abgelehnt und weigert sich, sie als Erfolg anzuerkennen. Der Republikaner John McCain wirft ihm vor, eine Verbesserung der Lage im Irak nur deshalb in Abrede zu stellen, um den kriegskritischen Flügel der Demokraten nicht zu verärgern.


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