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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

April 2008


Dienstag, 1. April, bis Sonntag, 6. April
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat ein Ende der Razzien gegen die Miliz von Schiiten-Prediger Muktada al-Sadr in Bagdad angeordnet. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak zitierte einen Sprecher der Sicherheitskräfte am 1. April mit den Worten: “Al-Maliki hat ein Ende aller Razzien und Festnahmen ohne richterlichen Beschluss angeordnet.“ Al-Sadr hatte die Angehörigen seiner Mahdi-Armee am vergangenen 30. März aufgefordert, sich aus den Straßen von Bagdad, Basra und anderen Städten im Süd- und Zentralirak zurückzuziehen. Mehr als 300 Menschen waren während der sechstägigen Offensive der Regierungstruppen gegen die Mahdi-Armee ums Leben gekommen. Die Aktion hatte am 25. März in Basra begonnen. Die irakische Armee war dabei von der US-Armee unterstützt worden. Bereits am 31. März hatte sich die Lage in den Schiiten-Städten und in Bagdads Schiiten-Vorstadt Sadr-City wieder weitgehend beruhigt.
  • Die Gewalt im Irak hat wieder deutlich zugenommen. Ein Sprecher der Gesundheitsbehörden in Bagdad teilte am 1. April mit, im März seien landesweit etwa 950 Zivilisten getötet worden. Die Zahl der Verletzten gab er mit rund 1200 an. Bereits im Februar war die Zahl der getöteten Zivilisten mit 636 Toten um rund 30 Prozent höher gewesen als im Vormonat. Zum Vergleich: Vor der Umsetzung des neuen Sicherheitsplanes durch US-Armee und Regierungstruppen im Februar 2007 waren in manchen Monaten über 1500 Iraker getötet worden.
  • Nach den schweren Gefechten im Süden des Iraks hat Großbritannien am 1. April angekündigt, die Truppenstärke dort nicht wie bislang geplant um 1.500 Soldaten zu reduzieren. Der zuvor von Premierminister Gordon Brown angekündigte Truppenrückzug sei vorerst auf Eis gelegt, erklärte Verteidigungsminister Des Browne in London. Das britische Kontingent im Irak umfasst danach auch weiterhin rund 4.000 Soldaten. Schwere Gefechte zwischen den irakischen Streitkräften und verschiedenen Milizen haben seit dem 25. März mehr als 400 Menschen das Leben gekostet. Ein Schwerpunkt der Kämpfe war die zweitgrößte irakische Stadt Basra. Die meisten der britischen Soldaten sind dort stationiert. London hatte die Verantwortung für die Sicherheit Basras erst vor wenigen Monaten an die Iraker zurückgegeben. Die Hafenstadt im Süden des Landes ist das Zentrum der irakischen Ölindustrie.
  • Nahezu 2,8 Millionen Iraker sind seit Beginn des Irak-Kriegs vor fünf Jahren innerhalb ihres Landes als Flüchtlinge registriert. Diese Zahl nannten am 1. April die Vereinten Nationen und andere Hilfsorganisationen in Genf. Allein in diesem Jahr seien 300.000 neue Flüchtlinge von den irakischen Behörden, dem Roten Kreuz und UN-Gruppierungen erfasst worden. Mehr als eine Million Flüchtlinge seien unzureichend untergebracht und nicht ausreichend mit Lebensmitteln versorgt, teilte die Internationale Organisation für Migration mit. Eine ähnlich hohe Zahl habe kein regelmäßiges Einkommen oder sei arbeitslos. Zu den rund 2,8 Millionen Flüchtlingen innerhalb des Iraks kommen noch einmal etwa zwei Millionen Iraker hinzu, die ihr Land wegen der Kriegswirren verlassen haben und als Flüchtlinge im Ausland leben.
  • Das Auswärtige Amt hat seine Unterstützung für irakische Flüchtlinge um 2,5 Millionen auf insgesamt 3,7 Millionen Euro in diesem Jahr erhöht. Wie die Behörde am 2. April in Berlin mitteilte, werden die 2,5 Millionen Euro dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Verfügung gestellt, der damit humanitäre Hilfsmaßnahmen zugunsten irakischer Flüchtlinge in Syrien und Jordanien sowie für Binnenvertriebene im Irak selbst finanziert. Daneben unterstützt das Auswärtige Amt die Flüchtlingsarbeit des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) mit einer Million Euro sowie verschiedene Hilfsprojekte deutscher Nichtregierungsorganisationen. Insgesamt hat das Auswärtige Amt seit Jahresbeginn rund 3,7 Mio. Euro für irakische Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. Es gebe rund 2,8 Millionen Binnenvertriebene im Irak, hieß es zur Begründung. Nach Syrien und Jordanien seien rund zwei Millionen Menschen geflohen. Für die Länder bedeute dies eine erhebliche Belastung ihrer Infrastruktur.
  • Bei einem Luftangriff in der südirakischen Stadt Basra ist ein Wohnhaus zerstört worden. Dabei sei ein Extremist getötet worden, teilten die US-Streitkräfte am 3. April mit. Nach irakischen Polizeiangaben wurden auch sechs zivile Bewohner getötet und zwei verletzt. Basra war in den vergangenen Tagen Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen der irakischen Armee und der Mahdi-Miliz des schiitischen Geistlichen Muktada al Madra, der den Abzug der US-Truppen aus dem Irak fordert. Dabei griffen auch mehrfach US-Kampfflugzeuge zur Unterstützung der Regierungstruppen ein. Der Stadtteil Kibla, in dem sich das zerstörte Wohnhaus befand, gilt als Hochburg der Mahdi-Miliz.
  • Im Norden Iraks kamen bei einem Selbstmordanschlag am 3. April mindestens sieben Menschen ums Leben. Zwölf wurden verletzt, wie ein irakischer Militärsprecher mitteilte. Der Selbstmordattentäter zündete seine Bombe an einem Kontrollpunkt der irakischen Armee in der Region Addajah, rund 30 Kilometer westlich von Mossul. Unter den Toten sind auch eine Frau und ein fünfjähriges Kind. Mossul gilt als Zentrum der sunnitischen Aufstandsbewegung und des Terrornetzwerks Al Kaida.
  • Schweden will Ende Mai eine internationale Konferenz zum Wiederaufbau im Irak ausrichten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hätten darum gebeten, als Gastgeber zu fungieren, teilte die Regierung in Stockholm am 3. April mit. Auf der Konferenz soll demnach die weitere internationale Unterstützung für den Irak besprochen werden.
  • Die Vereinten Nationen fordern eine rasche Beseitigung nicht explodierter Landminen, Streubomben und anderer Munition im Irak. Die in die Hunderttausende gehenden Blindgänger gefährdeten Entwicklungsprojekte und stellten besonders für Kinder eine Gefahr dar, hieß es am 3. April in einer gemeinsamen Erklärung des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) und des Kinderhilfswerks UNICEF. Besondere Sorge bereiten dabei die Streubomben. Laut einer Untersuchung der Aktionsgruppe Handicap International aus dem Jahr 2006 gibt es in keinem anderen Land der Erde so viel nicht explodierte Streumunition wie im Irak. Die Munition stammt zum Teil noch aus dem iranisch-irakischen Krieg von 1980 bis 1988. Bei der Streumunition handelt es sich um Pakete mit mehreren hundert oder tausend einzelnen Sprengsätzen, die über dem Boden explodieren. Die Explosionswirkung erfasst etwa eine Fläche von der Größe eines Fußballfeldes. Allerdings detonieren meist 10 bis 40 Prozent der Sprengsätze nicht sofort und stellen danach eine tödliche Gefahr dar. Bei der kleinsten Berührung können sie explodieren. Opfer sind häufig Kinder, die sich wegen Form und Farbe für die Sprengsätze interessieren. Im iranisch-irakischen Krieg und während der US-geführten Invasion 2003 wurden laut Handicap International mindestens 55 Millionen einzelne Streubomben über dem Irak abgeworfen. Bei der Explosion von Blindgängern wurden den Vereinten Nationen zufolge 2006 mehr als 560 Iraker getötet, ein Viertel der Opfer waren Kinder.
  • Irakische Truppen entdeckten südlich von Bagdad das bisher größte Lager gefährlicher Sprengsätze. In einer Garage in Kassim wurden nach US-Angaben mehr als 1.000 Bestandteile sogenannter EFPs gefunden. EFP ist die Abkürzung für “Explosively Formed Penetrator“, ein militärischer Fachbegriff für Sprengsätze, die die Panzerung von Fahrzeugen durchdringen können. Solche Bomben haben den Tod von zahlreichen US-Soldaten verursacht. Dem Fund vom 3. April sei ein entsprechender Hinweis vorausgegangen, hieß es weiter.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki hat am 4. April die Offensive gegen militante Schiiten bis auf weiteres gestoppt. In einer Erklärung teilte er mit, seine Regierung wolle damit Kämpfern die Gelegenheit geben, ihre Waffen niederzulegen. Die Mahdi-Armee des radikalen Predigers Muktada al Sadr erwähnte er nicht direkt. Nach UN-Angaben kosteten die Kämpfe schätzungsweise 700 Menschen das Leben. Mehr als 1.500 Personen seien bei den Gefechten zwischen Milizionären und Regierungstruppen verletzt worden, sagte David Shearer, der Koordinator der Vereinten Nationen für humanitäre Angelegenheiten im Irak. Die Zahlen könnten noch steigen, wenn weitere Informationen vorlägen, sagte Shearer auf einer Pressekonferenz in der jordanischen Hauptstadt Amman. Verletzte in der Stadt Basra seien wegen der Kämpfe kaum von Rettungskräften zu erreichen gewesen. Basra sei mehr oder weniger abgeriegelt gewesen. Al Sadr hatte sein Mahdi-Armee bereits am 30. März aufgefordert, die Kämpfe nach einer Woche zu beenden. Am 31. März forderte er die Regierung auf, ihrerseits die Aktionen gegen seine Leute zu beenden. Er forderte auch ein Ende der Festnahmen und die Freilassung aller seiner Anhänger, die ohne Anklage festgehalten wurden. Al-Malikis Erklärung erwähnte die Mahdi-Armee nicht und nannte auch keinen zeitlichen Rahmen für den Stopp der Offensive. Es handele sich um eine Initiative, “denen, die bereuen, Gelegenheit zu geben, ihre Waffen niederzulegen“. Vergangene Woche waren Basra und andere südirakische Städte von schweren Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Anhängern al Sadrs erschüttert worden. Al-Malikis Erklärung bedeutet auch eine Kehrtwende in seinem Vorgehen gegen Al Sadrs Anhänger. Noch zuvor hatte er erklärt, er wolle Razzien in Al Sadrs Bagdader Hochburg Sadr City durchführen lassen. Al Sadrs Anhängern in Basra gab er bis zum 8. April Zeit, ihre schweren Waffen abzugeben. Am 4. April wiederholte er dieses Ultimatum nicht.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf ein Begräbnis nördlich von Bagdad wurden mindestens 15 Menschen getötet. Nach Polizeiangaben sprengte sich am 4. April der Attentäter bei der Trauerfeier für einen sunnitischen Polizisten in Sadija in der Provinz Dijala in die Luft. Sadija liegt rund 100 Kilometer nördlich von der Hauptstadt. Acht Trauernde seien verletzt worden.
  • Die Lizenz der umstrittenen US-Sicherheitsfirma Blackwater im Irak wird um ein weiteres Jahr verlängert, wie das Außenministerium in Washington am 4. April mitteilte. Solange das FBI den Vorfall vom September noch untersuche, bei dem in Bagdad 17 irakische Zivilpersonen von Blackwater-Mitarbeitern erschossen worden waren, gebe es keinen Grund, den im Mai auslaufenden Vertrag mit der privaten Sicherheitsfirma nicht zu verlängern, hieß es. Blackwater hat einen Fünfjahresvertrag über den Schutz von Diplomaten in Bagdad, der jährlich neu genehmigt werden muss. Nach Darstellung des Unternehmens wurden die Mitarbeiter am 16. September 2007 angegriffen und schossen dann zurück. Eine Untersuchung der irakischen Behörden kam zu dem Schluss, dass die Blackwater-Angestellten nicht provoziert wurden. Das FBI untersucht den Vorfall seit November. Das US-Außenministerium erklärte, je nach Ausgang der Untersuchung könne der Vertrag mit Blackwater aufgelöst werden.
  • Zwei Anschläge in der irakischen Hauptstadt Bagdad haben am 5. April mindestens fünf Menschen das Leben gekostet. Im morgendlichen Berufsverkehr explodierte eine Bombe in einem Kleinbus. Vier Fahrgäste wurden getötet und 15 weitere verletzt, wie die Polizei mitteilte. Bei den Insassen des Fahrzeugs handelte es sich überwiegend um Arbeiter und Händler aus dem Armenviertel Sadr City. Im Stadtteil Karradah wurde ein Priester erschossen. Der Geistliche war nach Polizeiangaben auf dem Weg zur Kirche, als Unbekannte aus einem anderen Fahrzeug heraus das Feuer auf seinen Wagen eröffneten. Über die Konfession des Priesters war zunächst nichts bekannt.
  • Papst Benedikt XVI. hat nach dem zweiten Priestermord im Irak innerhalb von drei Wochen an die Iraker appelliert, einen Weg zum Aufbau “einer gerechten und toleranten Gesellschaft“ zu finden. Der syrisch-orthodoxe Priester Jussef Adel wurde am 5. April vor den Augen seiner Frau erschossen. Am 6. April kamen 300 Trauernde zu seiner Beisetzung. Die Polizei sperrte die Peter-und-Paul-Kirche in dem schiitischen Viertel Karradah ab und kontrollierte die Gottesdienstbesucher. Adel wurde vor den Augen seiner Frau erschossen, als er vom Markt nach Hause kam. Die Täter benutzten nach Angaben eines Geistlichen Schalldämpfer. Die Schüsse seien nicht zu hören gewesen; Lamia Adel habe erst mitbekommen, was passierte, als ihr Mann getroffen zusammenbrach. Der Geistliche wollte seinen Namen aus Furcht, selbst ein Anschlagsziel zu werden, nicht nennen. Adel war aus dem sunnitischen Viertel Dora in das als relativ sicher geltende Karradah gezogen, als dort Aufständische Kirchen niederbrannten und Christen mit dem Tod bedrohten. Am 13. März wurde der chaldäisch-katholischen Erzbischof Paulis Faradsch Rahho in Mossul von seinen Entführern nach zweiwöchiger Geiselhaft erschossen.
  • Der Iran bestätigte am 6. April erstmals, dass er die Waffenruhe zwischen den Regierungstruppen des schiitischen Ministerpräsidenten Nuri Al-Maliki und der Miliz des radikalen Predigers Muktada al Sadr vermittelt habe. “Es ist im eigenen iranischen Interesse, Einigkeit zwischen den schiitischen Gruppen zu sehen“, verlautete aus Teheraner Regierungskreisen. Dennoch wurde in der Bagdader Hochburg des Predigers, Sadr City, in der Nacht zum 6. April wieder gekämpft. Fünf Menschen seien getötet und 17 verletzt worden, teilte die Polizei mit. Ein Schützenpanzer des US-Heers sei in dem stundenlangen Gefecht zerstört worden. Das US-Militär bestätigte dies zunächst nicht.
  • Die Gewalt im Irak hat am 6. April fünf US-Soldaten das Leben gekostet. Drei Soldaten wurden bei Angriffen auf die Grüne Zone in Bagdad sowie im Stadtviertel Rustamija getötet. Zwei weitere kamen bei Bombenanschlägen im Osten Bagdads sowie nördlich der Hauptstadt ums Leben.
  • Im Norden des Irak haben Unbekannte 42 Studenten entführt, wie ein irakischer Armeesprecher am 6. April mitteilte. Zwei Busse mit Studenten seien im Süden der Stadt Mossul von bewaffneten Männern angehalten worden, sagte General Chaled Abdul Sattar der Nachrichtenagentur AFP. Der Vorfall habe sich in Dschurm, rund 30 Kilometer südlich von Mossul, ereignet. Die Angreifer seien mit Lastwagen ausgerüstet gewesen, auf denen Maschinengewehre montiert waren. Dem Fahrer eines Busses gelang es demnach, wegzufahren. Sein Fahrzeug wurde jedoch beschossen, drei Insassen wurden verletzt. Die 42 Passagiere des zweiten Busses wurden dagegen von den Angreifern gezwungen, in die Lastwagen umzusteigen.
  • Nach einer spektakulären Entführung im Irak sind 42 Studenten von der irakischen Armee befreit worden. "Wir haben die Studenten befreit, die heute morgen im Süden von Mossul entführt wurden", sagte Armeesprecher General Chaled Abdul Sattar am 6. April, ohne Einzelheiten zu nennen. Die Studenten waren in einem Bus unterwegs gewesen und von schwerbewaffneten Unbekannten verschleppt worden. In der Hauptstadt Bagdad lieferten sich schiitische Milizen im Stadtteil Sadr City schwere Gefechte mit US-Soldaten. Dabei kamen nach Angaben aus Sicherheitskreisen mindestens 20 Menschen ums Leben. Bei Mossul im Norden des Irak hatten Unbekannte insgesamt zwei Busse mit Studenten gestoppt, wie Sattar zunächst mitgeteilt hatte. Der Vorfall habe sich in Dschurm, rund 30 Kilometer südlich von Mossul, ereignet. Einzelheiten zu der Befreiungsaktion nannte Sattar nicht. Mossul gilt mittlerweile als eine der gefährlichsten Städte des Landes, die irakischen Sicherheitskräfte führen dort eigenen Angaben zufolge einen entscheidenden Feldzug gegen die Anhänger des internationalen Terrornetzwerkes El Kaida.
  • In Sadr City, einem vorwiegend von Schiiten bewohnten Stadtteil Bagdads, kämpften US-Soldaten und schiitische Milizen seit der Nacht auf den 6. April miteinander. Die US-Truppen setzten dabei Anwohnern zufolge auch Kampfhubschrauber ein, mit denen sie Ziele am Boden beschossen. Nach US-Angaben wurden "bei einem Luftangriff neun Kriminelle getötet". Die irakischen Sicherheitskräfte bestätigten Angaben von Krankenhausmitarbeitern, wonach in die Krankenhäuser von Sadr City insgesamt 20 Leichen gebracht wurden. Mehr als 50 Menschen wurden außerdem verletzt. Sowohl unter den Toten als auch den Verletzten waren demnach Frauen und Kinder.
Montag, 7. April, bis Sonntag, 13. April
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat dem radikalen schiitischen Prediger Muktada al Sadr mit politischer Isolation gedroht. Sollte der Geistliche seine Mahdi-Miliz nicht auflösen, werde er von den Provinzwahlen im Herbst ausgeschlossen, sagte Al-Maliki dem Fernsehsender CNN. Die Sadristen erklärten, ein solcher Schritt wäre verfassungswidrig. Nicht der Ministerpräsident habe über die Zulassung von Kandidaten zu entscheiden, sondern die Wahlkommission, sagte der Abgeordnete Baha al Aaradschi, ein Anhänger Al Sadrs, am 7. April auf einer Pressekonferenz. Wie aus Politikerkreisen verlautete, könnte die Isolierung der Sadristen durch eine Änderung des Wahlgesetzes vorangetrieben werden - und zwar durch einen Passus, der verbietet, dass Parteien, denen Milizen angegliedert sind, Kandidaten aufstellen. Die Regierung plant dem Vernehmen nach, eine entsprechende Vorlage in den nächsten Tagen ins Parlament einzubringen.
  • Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hat sich für die Aufnahme christlicher Flüchtlinge aus dem Irak in Deutschland ausgesprochen. Dabei sollten insbesondere Flüchtlinge berücksichtigt werden, die sich bisher in anderen Ländern der Region - wie zum Beispiel in Syrien - aufhielten, hieß es in einem am 7. April veröffentlichten Brief des ZdK-Präsidenten Hans Joachim Meyer an Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Zur Begründung verwies Meyer darauf, dass bereits seit Beginn des UN-Embargos 1991 Tausende irakischer Christen das Land verlassen hätten. Die aktuelle instabile politische und wirtschaftliche Lage sowie die zunehmende Re-Islamisierung des Landes in Folge des zweiten Golfkriegs führten zu einem beispiellosen Exodus der Christen, dessen Ende nicht abzusehen sei. Diese Entwicklung drohe die zweitausend Jahre alte christliche Tradition im Zweistromland auszulöschen. Bislang trügen die Aufnahmestaaten in der Region die Hauptlast der Flüchtlingskatastrophe, erklärte der ZdK-Präsident. Vielfach sei der aufenthaltsrechtliche Status der Flüchtlinge jedoch unklar oder begrenzt. Die Länder seien mit der zunehmenden Zahl der Flüchtlinge auf Dauer überfordert. Für dringend notwendig hält Meyer auch die politische, finanzielle und materielle Unterstützung für die bisherigen Aufnahmeländer, um die humanitäre Lage der Betroffenen zu verbessern. Am Wochenende hatte auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, eine großzügige Kontingentregelung gefordert. Die Bundesregierung plant, die Grenzen für Flüchtlinge aus besonders bedrohten Bevölkerungsgruppen des Iraks zu öffnen.
  • Zwei Jahre nach seiner Gefangennahme im Irak hat ein irakisches Gericht die Anschuldigungen gegen den AP-Fotografen Bilal Hussein verworfen und seine sofortige Freilassung aus US-Militärhaft angeordnet. Der Fall Husseins falle unter ein neues Amnestiegesetz, urteilte das vierköpfige Richtergremium. Sollten keine weiteren Vorwürfe gegen ihn vorliegen, sei er unverzüglich freizulassen. Der Fotograf, der gemeinsam mit AP-Kollegen 2005 den Pulitzer-Preis erhielt, wurde am 12. April 2006 in der Stadt Ramadi von US-Marineinfanteristen gefangengenommen. Die Streitkräfte rechtfertigen seine Inhaftierung damit, dass sie ihn als Sicherheitsrisiko betrachten. Hussein war seither ohne Anklage inhaftiert. Im Dezember vorigen Jahres hatten die US-Streitkräfte den Fall der irakischen Justiz übergeben. Das Pentagon hat Hussein vorgeworfen, in terroristische Aktivitäten verwickelt gewesen zu sein. Die Nachrichtenagentur Associated Press hat dies zurückgewiesen und erklärt, dass Hussein allein seinen Aufgaben als Fotojournalist nachgegangen sei. Die Entscheidung des irakischen Gerichts datiert vom 7. April. AP-Präsident Tom Curley begrüßte die Entscheidung.
  • Der Kommandeur der US-Streitkräfte im Irak, General David Petraeus, legt dem US-Kongress in Washington am 8. April seinen neuen Bericht zur Lage im Irak vor. Bei einer Anhörung vor den Senatsausschüssen für Verteidigung und Äußeres müssen Petraus und der US-Botschafter Bagdad, Ryan Crocker, den Senatoren Rede und Antwort stehen. Mit besonderer Aufmerksamkeit dürften die Auftritte der Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und Hillary Clinton von den Demokraten sowie John McCain von den Repubikanern verfolgt werden. Im Mittelpunkt der Befragung steht die zwischen den Parteien umstrittenen Frage der künftigen Truppenstärke im Irak. Die Demokraten wollen rasch einen Truppenabzug einleiten, die Republikaner wollen den Einsatz zunächst auf hohem Truppenniveau fortsetzen. Unterdessen berichtet die Zeitung "The Guardian", Bagdad und Washington planten einen zeitlich unbegrenzten US-Einsatz im Irak. Das gehe aus dem Entwurf für einen Vertrag hervor, der das zum Jahresende auslaufende UN-Mandat für den Irak ersetzen solle, berichtete das Blatt unter Berufung auf einen Arbeitsbericht. Demnach sollen die USA ohne zeitliche Begrenzung dazu ermächtigt werden, weiterhin Militäreinsätze im Irak zu führen und bei "dringenden Sicherheitsbedrohungen" Menschen festzunehmen. Der Vertrag sehe weder eine zeitliche Begrenzung des Einsatzes noch eine Begrenzung der Truppengröße vor, schrieb "The Guardian". Der Erhalt der Souveränität des Iraks und der politischen Unabhängigkeit seien "im beiderseitigen Interesse". Sollten diese gefährdet seien, wollten sich die USA und der Irak "unverzüglich" beraten, zitierte das Blatt aus dem Vertragsentwurf. Washington sicherte Bagdad demnach zu, von irakischem Boden aus keine Militäroffensiven gegen andere Staaten zu führen.
  • Der radikale Schiitenführer Moktada Sadr hat mit dem offiziellen Ende der Waffenruhe im Irak gedroht. Seine Mahdi-Miliz arbeite "Hand in Hand" mit der Bevölkerung und werde die Waffenruhe beenden, um "Sicherheit, Stabilität und die Befreiung" des Irak zu erreichen, hieß es in einer in Nadschaf veröffentlichten Erklärung. Sadr kündigte an, eine entsprechende Entscheidung gegebenenfalls in einer weiteren Erklärung bekannt zu geben. Die Mahdi-Miliz hatte im August vergangenen Jahres eine Waffenruhe erklärt. Zugleich zog Sadr einen Aufruf zu einer gegen die USA gerichteten Großdemonstration anlässlich des fünften Jahrestages der Entmachtung von Saddam Hussein zurück. In der Erklärung forderte der Schiitenführer die Bevölkerung auf, nicht wie geplant am 9. April in Bagdad gegen die US-Truppen zu demonstrieren. Am 9. April 2003 waren US-Truppen in die irakische Hauptstadt einmarschiert und hatten Saddam Hussein gestürzt. In Bagdad lieferten sich US-Truppen und schiitische Milizen weiter heftige Gefechte. US-Soldaten versuchten, sich weiter im Viertel Sadr City vorzukämpfen, einer Hochburg Sadrs. Kämpfer der Mahdi-Miliz behinderten mit Sprengsätzen das Vorrücken der irakischen und der US-Truppen auf den Hauptstraßen des Viertels im Nordosten Bagdads. US-Scharfschützen bezogen in und um die Kampfzone herum Stellung, die von US-Kampfhubschraubern überflogen wurde.
  • In der Hochburg der schiitischen Mahdi-Miliz in Bagdad ist es am 8. April erneut zu Kämpfen mit irakischen Regierungstruppen gekommen. Die Soldaten drangen am Morgen in den Stadtteil Sadr City ein, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Danach waren in weiten Teilen von Bagdad schwere Explosionen zu hören. Sadr City war bereits in der vergangenen Woche Schauplatz blutiger Gefechte. Mehrere hundert Bewohner haben den Stadtteil verlassen. Die Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat am 25. März eine Offensive gegen die Miliz des schiitischen Geistlichen Muktada al Sadr gestartet und ultimativ deren Entwaffnung gefordert.
  • Nach Angaben des US-Militärs vom 9. April starben drei US-Soldaten durch Bombenanschläge im Irak. Zwei Militärangehörige kamen demnach in der Hauptstadt Bagdad ums Leben, ein weiterer in der Provinz Salaheddin. Irakische und US-Truppen liefern sich derzeit in der Schiitenhochburg Sadr City im Nordosten Bagdads heftige Kämpfe mit Anhängern der Mahdi-Miliz des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr.
  • Bei Gefechten zwischen irakischen Regierungstruppen und schiitischen Kämpfern in Bagdad sind am 9. April mindestens 16 Menschen ums Leben gekommen. Sieben von ihnen, darunter drei Kinder, wurden nach Polizeiangaben beim Einschlag von Geschossen in ein Wohnhaus im Stadtteil Sadr City getötet. Dieses Armenviertel ist eine Hochburg des Geistlichen Muktada al Sadr und seiner Mahdi-Miliz. In Bagdad jährte sich am 9. April der Sturz von Saddam Hussein zum fünften Mal. Die Euphorie des Regime-Wechsels machte aber bald einem Aufstand sunnitischer Extremisten gegen die US-Truppen sowie bürgerkriegsähnlichen Kämpfen Platz. Nach einer Eindämmung der Gewalt in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres hat sich die Zahl der Anschläge in den vergangenen Wochen wieder erhöht. Außerdem begannen irakische Regierungstruppen eine Offensive gegen die Mahdi-Miliz. Auch die Grüne Zone in Bagdad, wo die irakische Regierung und diplomatische Vertretungen untergebracht sind, kam am 9. April wieder unter Raketen- und Mörserbeschuss. Nach Angaben der US-Botschaft kam niemand zu Schaden. An anderen Einsatzgebieten im Irak verloren seit dem 6. April 14 US-Soldaten ihr Leben, darunter zwei am 9. April. In Washington rief der Kommandeur der US-Truppen im Irak, General David Petraeus, dazu auf, den ab Sommer geplanten Truppenabzug auszusetzen. Die Zahl von gegenwärtig 160.000 Soldaten soll bis Ende Juli auf 140.000 reduziert werden. Dabei soll es dann nach dem Willen des Generals für unbestimmte Zeit bleiben. Die Demokratische Partei im US-Kongress kündigte ihren Widerstand gegen diese Pläne an. Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Senat, Carl Levin, sagte, die Iraker müssten unter Druck gesetzt werden, selbst die Verantwortung für die Lösung ihrer Konflikte zu übernehmen.
  • US-Präsident George W. Bush will die Aufenthaltsdauer von Soldaten im Irak und Afghanistan von 15 auf wieder zwölf Monate am Stück verkürzen. Mit dem geplanten Teilabzug bis Sommer würden sich auch die Einsatzphasen wieder verkürzen, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. Die vor rund einem Jahr eingeführte längeren Aufenthaltsdauer hatten die US-Armee stark beansprucht. Sie war nötig, um ausreichend Soldaten für eine kurzzeitige Truppenaufstockung im Irak zu haben. Bush wolle diese Entscheidung am 10. April offiziell verkünden, sagte der Pentagon-Vertreter. Der US-Präsident will nach Vorlage des jüngsten Berichts der US-Militärführung zur Lage im Irak den Fortgang des Einsatzes bekannt geben.
  • US-Präsident George W. Bush hat einen unbefristeten Stopp für den weiteren Truppenabzug aus dem Irak angeordnet. Der Kommandeur der US-Truppen im Irak, General David Petraeus, solle “alle Zeit haben, die er braucht“, um über die Rückkehr weiterer Soldaten zu entscheiden, sagte Bush. Im Irak gebe es trotz jüngster Fortschritte immer noch komplexe und ernsthafte Probleme, sagte Bush am 10. April in einer Rede im Weißen Haus. “Dieser Krieg ist schwierig, aber nicht endlos.“ Mit dem Stopp des Truppenabzugs folgt Bush der Empfehlung seiner Generäle. Sie hatten empfohlen, ab Juli keine zusätzlichen Truppen mehr abzuziehen und dann erst nach 45 Tagen neu zu entscheiden. Damit werden zur Zeit der Präsidentenwahl im November voraussichtlich noch 140.000 Soldaten im Irak sein. Die 30.000 im vergangenen Jahr zusätzlich entsandten Soldaten sollen planmäßig bis Juli abgezogen werden. Bislang kamen mehr als 4.000 US-Soldaten im Irak ums Leben, der Krieg kostete die USA inzwischen rund 500 Milliarden Dollar (315 Milliarden Euro). In seiner Rede zur Entwicklung der Lage im Irak fünf Jahre nach der Einnahme Bagdads kündigte Bush außerdem an, dass Soldaten künftig nur noch zwölf und nicht mehr 15 Monate am Stück entsendet würden. Bush sagte allerdings, mehr Soldaten könnten nur nach Hause beordert werden, wenn sich die nötige Erfolge im Land einstellten. “Der Tag wird kommen, an dem der Irak ein handlungsfähiger Partner der USA sein wird.“ Das Land werde sich zu einer stabilen Demokratie entwickeln.
  • Der AP-Fotograf Bilal Hussein muss trotz der von einem irakischen Gericht angeordneten sofortigen Entlassung aus US-Militärhaft weiter auf seine Freilassung warten. Ein Sprecher der US-Streitkräfte im Irak teilte am 10. April mit, zunächst müsse die Gerichtsentscheidung noch überprüft werden. Einzelheiten wollte er nicht nennen. Das Gericht hatte am 7. April die Anschuldigungen gegen Hussein verworfen und seine sofortige Freilassung verfügt. Der Fall Husseins falle unter ein neues Amnestiegesetz, urteilte das vierköpfige Richtergremium. Sollten keine weiteren Vorwürfe gegen ihn vorliegen, sei er unverzüglich freizulassen.
  • Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann will sich für die verstärkte Aufnahme verfolgter irakischer Christen in Deutschland einsetzen. “Wir brauchen eine humanitäre Hilfe im Irak, eine Unterstützung irakischer Christen, die in Nachbarländer geflohen sind, und eine Perspektive für eine Aufnahme in begrenzter Zahl auch in Deutschland“, erklärte der CSU-Politiker am 11. April in München. Er wolle dieses Thema auf der Innenministerkonferenz in der kommenden Woche ansprechen. Bayern habe bereits eine große Zahl von Flüchtlingen aus dem Irak aufgenommen, erklärte Herrmann. Er bekräftigte, dass es weiterhin keine Abschiebungen in den Irak geben werde. Ausnahmen habe es aber bei zehn schwerkriminellen Straftätern aus dem Nordirak gegeben.
  • Bei Luftangriffen auf Bagdad und die südirakische Stadt Basra sind nach britischen und US-Angaben vom 11. April zwölf mutmaßliche Aufständische getötet worden. Eine unbemannte Drohne feuerte am späten Abend des 10. Aprils im Bagdader Stadtteil Sadr City auf eine Gruppe Bewaffneter, die Granaten mit sich führten. Dabei kamen Angaben der US-Streitkräfte sechs von ihnen ums Leben. Sadr City ist eine Hochburg der Mahdi-Miliz des schiitischen Predigers Muktada al Sadr. Beim zweiten Zwischenfall traf ein Hubschrauber der Koalition im Bezirk Hajanija von Basra eine Gruppe Bewaffneter, wie ein britischer Militärsprecher erklärte. Die Gruppe sei als “aktives Mörsergranaten-Team“ identifiziert worden.
  • Die Ukraine beteiligt sich wieder mit Soldaten am Irak-Einsatz. Präsident Viktor Juschtschenko kündigte am 11. April die Entsendung von 15 Mann an, offenbar um weitere Unterstützung für die Bemühungen seines Landes um einen NATO-Beitritt zu gewinnen. US-Präsident George W. Bush hat sich für eine Aufnahme der ehemaligen Sowjetrepublik in das Verteidigungsbündnis ausgesprochen, die NATO sagte Kiew auf ihrem Gipfel in Bukarest vergangene Woche jedoch lediglich einen Beitritt auf lange Sicht zu. Die Ukraine hatte bereits von 2003 bis 2005 Truppen im Irak stationiert. Sie wurden nach öffentlichen Protesten wieder abgezogen.
  • Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich am 13. April dafür ausgesprochen, verfolgte Christen aus dem Irak in Deutschland aufzunehmen. "Die Lage der irakischen Flüchtlinge ist besorgniserregend", schrieb Schäuble in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag". Tausende suchten "Zuflucht vor Mord, Gewalt und Verfolgung", unter ihnen viele Menschen christlichen Glaubens. "Wir müssen hier helfen und ihnen in den Europäischen Staaten eine Heimstatt bieten, bis sie in ihre angestammte Heimat zurückkehren können", betonte Schäuble. "Ich setze mich dafür ein, dass Deutschland einen Beitrag hierfür leisten wird." Schäuble kündigte an, er werde sich kommende Woche mit seinen Kollegen aus den Innenministerien der Länder und aus der Europäischen Union treffen. "Dann werden wir beraten, wie wir als Deutsche und als Europäer verantwortlich in dieser besorgniserregenden Situation der irakischen Flüchtlinge, insbesondere derjenigen christlichen Glaubens unter ihnen, durch eine Aufnahme in Europa helfen können."
  • Das irakische Kabinett will Parteien mit eigenen Milizen die Teilnahme an der bevorstehenden Kommunalwahl verbieten. Regierungssprecher Ali al Dabbagh erklärte am 13. April, der Entwurf werde in den kommenden Tagen dem Parlament vorgelegt. Der Vorschlag richtet sich offenbar gegen die Mahdi-Miliz des radikalen schiitischen Predigers Muktada al Sadr. Er kontrolliert 30 Sitze im Parlament, kann damit aber keine Gesetzesvorhaben blockieren. Im Irak unterhalten alle großen Parteien Verbindungen zu bewaffneten Gruppen, keine räumt das allerdings ein. Einige Gruppen wurden in die Sicherheitskräfte integriert und stehen damit offiziell unter der Kontrolle der Regierung. Es wird erwartet, dass die Kommunalwahl am 1. Oktober stattfinden werden.
  • Ein irakisches Gericht hat am 13. April auch die letzte Anschuldigung gegen den seit zwei Jahren inhaftierten AP-Fotografen Bilal Hussein fallengelassen und seine Entlassung aus US-Militärhaft angeordnet. Bereits in der vergangenen Woche hatte das Berufungsgericht den Vorwurf der Zusammenarbeit mit Terroristen und des Besitzes von Material zum Bau von Bomben gegen den 36-jährigen verworfen. Die US-Streitkräfte wollten sich zu dem jüngsten Gerichtsbeschluss vom 13. April zunächst nicht äußern. Nach der ersten Entscheidung hatte ein US-Militärsprecher am 10. April erklärt, diese müsse zunächst noch überprüft werden.
Montag, 14. April, bis Sonntag, 20. April
  • Bombardier Aerospace gab am 14. April bekannt, dass die irakische Regierung einen Festauftrag über vier weitere Regionaljets vom Typ CRJ900 NextGen sowie Optionen für weitere zehn erteilt hat. Die Festaufträge für die Flugzeuge sind Umsetzungen der vier Optionen, die der Irak anlässlich der Bestellung der sechs Flugzeuge vom Typ CRJ900 NextGen erteilt hatte.
  • Irakische Soldaten haben in Basra einen britischen Fernsehjournalisten befreit, der in der südirakischen Hafenstadt vor zwei Monaten entführt worden war. Das sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums im staatlichen Fernsehen am 14. April. Wer den Briten, der für den amerikanischen Fernsehsender CBS arbeitet, verschleppt hatte, sagte er nicht. Die Bewegung des radikalen Schiiten-Predigers Muktada al-Sadr hatte nach eigenen Angaben Verhandlungen geführt, um seine Freilassung zu erreichen - allerdings ohne Ergebnis.
  • Der seit mehr als zwei Jahren ohne Prozess von den US-Streitkräften im Irak inhaftierte AP-Fotograf Bilal Hussein soll nun am 16. April freikommen. In einer am 14. April in Bagdad veröffentlichten Erklärung der US-Armee hieß es, es sei entschieden worden, dass Hussein keine Bedrohung darstelle. Zuvor hatte schon in der vergangenen Woche ein irakisches Gericht alle Vorwürfe gegen den Fotografen fallengelassen und seine Freilassung angeordnet. Hussein wurde am 12. April 2006 von US-Marineinfanteristen festgenommen. Ihm wurden Verbindungen zu Aufständischen vorgeworfen. Die Nachrichtenagentur Associated Press und Hussein wiesen dies zurück und betonten, er habe nur seinen Beruf als Journalist ausgeübt. AP-Präsident Tom Curley zeigte sich über die Ankündigung der Freilassung erleichtert. In der Erklärung der Multinationalen Streitkräfte im Irak teilte Generalmajor Douglas Stone, der Kommandeur der Militärgefängnisse im Irak, mit, er habe die Freilassungsanordnung unterzeichnet, nachdem das irakische Komitee Hussein Amnestie gewährt habe. Damit wurden alle rechtlichen Schritte eingestellt, eine Entscheidung über Schuld oder Unschuld wurde nicht getroffen. Ein Prozess gegen Hussein wurde nie eröffnet. Hussein hat immer seine Unschuld betont und alle Vorwürfe zurückgewiesen. US-Militärstaatsanwälte hatte ihm vorgehalten, dass er Material zum Bombenbau besessen habe, sich mit Aufständischen verschworen habe, um Bilder von Anschlägen auf US-Truppen zu machen und angeboten habe, einen Ausweis für einen gesuchten Terroristen zu fälschen. Hussein soll zudem unerlaubten Kontakt zu den Entführern der ermordeten italienischen Geisel Salvatore Santoro gehabt haben. Die irakische Justiz stellte aber in der vergangenen Woche alle Ermittlungen ein und wies die Vorwürfe zurück. Hussein gehörte zu den AP-Fotografen, die 2005 für ihre Arbeit im Irak mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurden. Seine Festnahme führte zu Protesten von Bürgerrechts- und Presseorganisationen.
  • US-Soldaten haben im Norden der irakischen Hauptstadt Bagdad ein Massengrab mit etwa 30 Leichen entdeckt. Die sterblichen Überreste seien am 13. April nahe der Stadt Muktadija in der Provinz Dijala gefunden worden, teilte das US-Militär am 14. April mit. Demnach wurden die Toten vor fast acht Monaten begraben. "Die Koalitionstruppen konnten nicht feststellen, ob die Opfer zum Todeszeitpunkt gefoltert wurden", hieß es in der Erklärung der US-Armee. Dijala ist derzeit eine der gefährlichsten Provinzen im Irak und Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen US-Soldaten und Kämpfern des Terrornetzwerks El Kaida. Menschenrechtler gehen von Hunderten Massengräbern im Irak aus, die meisten sollen noch aus der Zeit der Herrschaft des gestürzten Machthabers Saddam Hussein stammen.
  • Bei einer verheerenden Serie von Autobombenanschlägen sind im Irak am 15. April fast 60 Menschen in den Tod gerissen und Dutzende weitere verletzt worden. Es war einer der blutigsten Tage im Irak seit Monaten. Betroffen waren neben Bagdad die Städte Bakuba und Ramadi, beides Hochburgen sunnitischer Extremisten. In dem Gebiet war die Gewalt zuletzt merklich abgeflaut, seit Stammesführer gemeinsam mit US-Soldaten gegen das Terrornetzwerk Al Kaida im Irak vorgehen. Der folgenschwerste Anschlag ereignete sich kurz vor Mittag in Bakuba, wo nach Krankenhausangaben mindestens 40 Menschen getötet und 70 weitere verletzt wurden. Ein mit Sprengstoff beladener Wagen war in der Nähe eines Restaurants, eines Behörden- und eines Gerichtsgebäudes im Stadtzentrum abgestellt und dann zur Explosion gebracht worden. Mehrere Autos gerieten in Brand, zahlreiche Läden und Restaurants wurden von der Wucht der Explosion schwer beschädigt.
    Etwa zur gleichen Zeit detonierte in Ramadi ein Auto vor einem Kebab-Restaurant. Mindestens 13 Menschen wurden getötet, 20 erlitten Verletzungen. Unter den Todesopfern waren nach Angaben von Krankenhausmitarbeitern zwei Kinder. Auch Bagdad blieb nicht verschont. Ziel des Autobombenanschlags in der Innenstadt war eine Polizeipatrouille, getötet wurden vier Passanten. 15 Menschen wurden laut Polizei verletzt.
  • In der Nähe des Bagdader Stadtteils Sadr City, einer Hochburg schiitischer Extremisten, tötete die US-Luftwaffe nach eigenen Angaben am 15. April sechs Extremisten. Laut irakischer Polizei befanden sich zwei Jungen unter den Toten. Die US-Militärführung erklärte dagegen, es habe keine zivilen Opfer gegeben. In der gleichen Gegend erschossen US-Truppen vier Extremisten. Bei Kämpfen in Sadr City wurden außerdem vier Milizionäre getötet und 15 verletzt, wie die irakische Polizei mitteilte.
  • Großbritannien wird vorerst nicht wie geplant hunderte Soldaten aus dem Südirak abziehen. Die Pläne würden auf Eis gelegt, bis die irakischen Sicherheitskräfte den Kampf gegen die dortigen Milizen gewonnen hätten, erklärte Premierminister Gordon Brown am 15. April in einem Interview des Senders CBS. Die Reduzierung der Truppenstärke von 4.000 auf rund 2.500 Mann war für die kommenden Wochen geplant. Die Soldaten würden bleiben, bis der Einfluss der Milizen in der Region begrenzt worden sei, sagte Brown.
  • Eine Drohne der US-Luftwaffe hat am 16. April zwei Raketen auf schiitische Milizionäre in der südirakischen Stadt Basra abgefeuert. Dabei kamen nach Militärangaben vier bewaffnete Männer ums Leben. Die US-Streitkräfte setzen im Irak wiederholt Drohnen, also unbemannte Luftfahrzeuge ein, deren Flug ferngesteuert wird. Dem Luftangriff in Basra sei ein Angriff auf eine irakische Armeepatrouille vorausgegangen, teilten die US-Streitkräfte mit. Dieser Stadtteil war bereits Ende März Schauplatz heftiger Kämpfe während einer Offensive der irakischen Streitkräfte gegen die Mahdi-Miliz des schiitischen Geistlichen Muktada al Sadr. Auch in Sadr City, der Hochburg der Mahdi-Miliz in Bagdad, flammten am 16. April neue Kämpfe auf. Dabei kamen nach Polizeiangaben zwei Männer ums Leben, 18 Bewohner wurden verletzt. Nach Informationen der Zeitung “New York Times“ räumten 80 irakische Soldaten ihre Position in Sadr City, obwohl US-Truppen sie gebeten hatten, dort zu bleiben. Ihr Kommandeur soll die Entscheidung mit schlechter Ausrüstung und dem Mangel an Munition begründet haben.
  • In einem Wohnhaus im Osten von Bagdad schlug am 16. April eine Mörsergranate ein. Dabei wurden mindestens drei Bewohner getötet und drei verletzt, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Bei Mukdadijah, 90 Kilometer nördlich von Bagdad, beschossen bewaffnete Männer einen Kleinbus. Zwei Frauen wurden getötet und drei Männer verletzt. Die US-Streitkräfte meldeten außerdem einen Anschlag in der Provinz Anbar, der zwei Marineinfanteristen das Leben kostete.
  • Nach über zwei Jahren Haft ohne Prozess ist der von den US-Streitkräften im Irak festgehaltene AP-Fotograf Bilal Hussein wieder frei. Er wurde am 16. April an AP-Kollegen in Bagdad übergeben. Hussein wurde am 12. April 2006 von US-Marineinfanteristen festgenommen. Ihm wurden Verbindungen zu Aufständischen vorgeworfen. Die Nachrichtenagentur Associated Press und Hussein wiesen dies zurück und betonten, er habe nur seinen Beruf als Journalist ausgeübt.
  • Die türkische Luftwaffe hat erneut Stützpunkte kurdischer Rebellen im Nordirak angegriffen. Ziel sei eine Gruppe von Rebellen gewesen, die dabei gewesen seien, die Grenze zur Türkei zu überschreiten, teilten die türkischen Streitkräfte am 16. April mit. Ende Februar hatten die türkischen Streitkräfte acht Tage lang Stützpunkte der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Nordirak angegriffen. Dabei kamen nach Militärangaben mehr als 250 Rebellen ums Leben.
  • EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering hat sich für ein verstärktes europäisches Engagement im Irak ausgesprochen. “Unabhängig davon, welche Haltung man zu Beginn des Golfkriegs vertreten hat, ist es nun eine gemeinsame Verpflichtung, einen Beitrag zum Aufbau eines friedlichen und demokratischen Iraks zu leisten“, erklärte Pöttering am 16. April nach einem Treffen mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki in Brüssel. Pöttering schränkte allerdings ein, die EU müsse sich zunächst ein genaueres Bild von der Lage im Irak machen. Erst dann können man konkrete Entscheidungen treffen “und einen Weg einschlagen, der beim Wiederaufbau Iraks hilft“, erklärte der EU-Parlamentspräsident. Zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses bat er Al-Maliki, eine Delegation des irakischen Parlaments nach Brüssel zu entsenden. Al-Maliki erklärte, sein Besuch in Brüssel solle “den Weg für ein neues Verhältnis zwischen dem Irak und der EU öffnen, gegründet auf Freundschaft“. In der Zukunft seien auch Gas- und Öllieferungen aus dem Irak nach Europa denkbar, sagte der irakische Ministerpräsident auf Nachfrage eines Journalisten: “Wenn die EU eines Tages irakisches Gas und Öl verwenden will, würden wir das natürlich begrüßen.“ Die Beziehungen zwischen dem Irak und der EU sollten sich aber “nicht nur auf Geschäften“ gründen, sagte Al-Maliki.
  • Deutschland wird in der EU eine Initiative zur Aufnahme christlicher Flüchtlinge aus dem Irak starten. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erhielt dafür am 17. April in Bad Saarow grünes Licht von allen Landesinnenministern. Am 18. April will er den Vorschlag den EU-Innenministern bei einem Treffen in Luxemburg unterbreiten. Ein Beitrag zur Verbesserung der Situation der Flüchtlinge aus dem Irak sei “dringend notwendig“, sagte Schäuble. Einzelheiten seines Konzepts für die Aufnahme der Flüchtlinge nannte der CDU-Politiker noch nicht. Unklar blieb damit zunächst, wie viele Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen werden sollen. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, nach einer europäischen Verständigung werde man sich auch über Zahlen verständigen können. Zudem müsse die humanitäre Hilfe für Christen im Irak selbst organisiert und die Aufnahme von Christen in den Nachbarländern unterstützt werden. Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech (CDU) sagte, es müsse auch geklärt werden, wie man die Aufnahme von Flüchtlingen finanzieren wolle und welche “Sogwirkung“ eine Regelung für irakische Christen haben könne. “Es gibt auch verfolgte Christen in der Türkei beispielsweise“, sagte er. Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) warnte davor, eine einseitige Christendebatte zu führen und sprach sich für eine weiter gefasste Regelung aus. “Ich würde es auf religiös Verfolgte beziehen“, sagte er. Seit Beginn des Irak-Kriegs sollen etwa die Hälfte der 1,5 Millionen Christen aus dem Land geflohen sein. Auch die christlichen Kirchen in Deutschland setzen sich für die Aufnahme der Flüchtlinge ein.
  • Die größte sunnitische Partei im Irak ist grundsätzlich zu einer Rückkehr in die von Schiiten geführte Regierung in Bagdad bereit. Der Sprecher der Irakischen Konsensfront, Salim Abdullah, sagte am 17. April, es habe nach “positiven Verhandlungen“ eine prinzipielle Einigung darüber gegeben, dass seine Partei wieder fünf Ministerien übernimmt. Die Partei hatte die Regierung vor neun Monaten verlassen. Die Rückkehr der Konsensfront an den Kabinettstisch würde die Position der von Schiiten geführten Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki stärken.
  • Beim schwersten Anschlag im Irak seit einem Monat sind im Norden des Landes mindestens 51 Menschen getötet worden. Weitere 22 seien bei dem Selbstmordanschlag in der Provinz Dijala verletzt worden, wie die Polizei mitteilte. Der Attentäter sprengte sich inmitten einer Trauerzeremonie für zwei sunnitische Milizionäre in dem Dorf Bu Mohammed in die Luft. Der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki forderte bei einem Besuch im NATO-Hauptquartier in Brüssel die Mitgliedstaaten des Bündnisses auf, sein Land stärker beim Aufbau der Sicherheitskräfte zu unterstützen. Ein Überlebender des Anschlags berichtete, der Attentäter habe den an seinem Körper befestigten Sprengsatz in dem Trauerzelt zur Explosion gebracht. In der Nähe von Bu Mohammed befinden sich die Hamrin-Berge, die als Rückzugsgebiet von Kämpfern des Terrornetzwerkes El Kaida gelten. Sunnitische Milizen kämpfen mit Unterstützung der USA gegen El-Kaida-Mitglieder im Irak.
  • Die deutsche Initiative zur Aufnahme christlicher Flüchtlinge aus dem Irak stößt in der EU auf Kritik. Zum Auftakt eines EU-Innenministertreffens in Luxemburg erklärte der slowenische Ressortchef und amtierende EU-Ratsvorsitzende Dragutin Mate am 18. April: “Ich glaube, wir sollten Flüchtlinge aufnehmen und Asylrecht gewähren ohne Anschauung der Religion oder Rasse.“ Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble will bei dem Treffen mit seinen EU-Kollegen eine verstärkte Aufnahme christlicher Flüchtlinge aus dem Irak anregen. Dafür erhielt er am 17. April die Zustimmung auch der Landesinnenminister. Wie viele irakische Christen Deutschland aufnehmen wird, blieb nach der Landesinnenministerkonferenz zunächst unklar.
  • Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat sich skeptisch zur Initiative der Innenminister für eine bevorzugte Aufnahme christlicher Flüchtlinge aus dem Irak geäußert. “Es ist ein sehr schwieriger Weg, wenn man einmal anfängt zu sagen, wir nehmen jemand wegen seiner Glaubenshaltung auf“, sagte die SPD-Politikerin am 18. April am Rande von Beratungen der EU-Innen- und Justizminister in Luxemburg. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte dort für eine Aufnahme irakischer Christen werben. Zypries betonte, die Flüchtlingsfrage sei Sache der Innenminister. “Ehe da nicht fertige Vorschläge vorliegen, will ich mich da auch nicht abschließend zu äußern“, erklärte die Bundesjustizministerin. Auch auf europäischer Ebene stieß Schäubles Vorstoß auf Irritation. “Ich glaube, wir sollten Flüchtlinge aufnehmen und Asylrechte gewähren ohne Anschauung der Religion oder Rasse“, sagte der slowenische Innenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Dragutin Mate zum Auftakt der Beratungen in Luxemburg Der luxemburgische Staatssekretär für Einwanderungsfragen, Nicolas Schmit, äußerte zwar Verständnis für Schäubles Argument, die irakischen Christen seien als religiöse Minderheit besonders gefährdet. Er kritisierte dennoch: “Man kann natürlich nicht so selektiv vorgehen. Man muss auch sehen, dass es andere Iraker gibt, andere Minoritäten zum Teil, die ebenfalls gefährdet sind.“ Eine Initiative zur verstärkten Aufnahme irakischer Flüchtlinge sollte sich daher nicht nur auf die Christen beschränken, sagte der luxemburgische Politiker. Seit Beginn des Irak-Kriegs sollen etwa die Hälfte der 1,5 Millionen Christen aus dem Land geflohen sein. Auch die christlichen Kirchen in Deutschland setzen sich für die Aufnahme der Flüchtlinge ein. Im vergangenen Jahr suchten laut Bundesinnenministerium über 4.300 Iraker aller Konfessionen in Deutschland Zuflucht, sie stellten damit die größte Gruppe unter den insgesamt 19.164 Asylsuchenden. Von den bereits entschiedenen Asylanträgen hatten nur 1,6 Prozent Erfolg, rund 72 Prozent der irakischen Antragsteller erhielten aber einen Flüchtlingsstatus und sind damit vorerst geduldet.
  • In der Debatte um die geplante Aufnahme irakischer Flüchtlinge dringt die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Maria Böhmer (CDU), zu raschem Handeln. “Die Verfolgten brauchen so schnell wie möglich unsere Hilfe. Bei den Flüchtlingen, insbesondere bei Frauen und Kindern, ist die Situation besorgniserregend und verschlimmert sich weiter“, betonte Böhmer am 18. April in Berlin. Man müsse denen zuerst helfen, “die am schlimmsten von Gewalt und Verfolgung betroffen sind“, mahnte die Staatsministerin. Dies seien ganz überwiegend Christen, welche die mit Abstand größte religiöse Minderheit im Irak stellten. Böhmer begrüßte zugleich, dass die Innenminister von Bund und Ländern auf ihrer Konferenz (IMK) grundsätzlich für die Aufnahme irakischer Flüchtlinge gestimmt hätten. “Die IMK hat damit ein Zeichen gesetzt: Deutschland ist bereit zu helfen.“ Dem müsse nun schnell eine Entscheidung auf europäischer Ebene folgen. Die IMK forderte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, beim EU-Ministerrat eine Initiative zur Aufnahme der irakischen Flüchtlinge in Gang zu setzen.
  • Das islamitische Terrornetzwerk Al Kaida hat den USA eine Niederlage im Irak vorausgesagt, egal ob die Truppen abgezogen werden oder nicht. “Wenn die amerikanischen Streitkräfte weggehen, werden sie alles verlieren. Und wenn sie bleiben, werden sie zu Tode bluten“, sagte die Nummer zwei des Terrornetzwerks, Ajman al Sawahri, in einer am 18. April im Internet verbreiteten Audiobotschaft. US-Präsident George W. Bush überlasse das Problem Irak seinem Nachfolger, sagte der Stellvertreter von Osama bin Laden weiter. Die Echtheit der Erklärung konnte zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden. Es war bereits die zweite Botschaft in diesem Monat, die bin Ladens Chefstrategen zugeschrieben wird. Die Nummer zwei des Terrornetzwerks El Kaida, Aiman el Sawahiri, will den Irak zu einer "Festung des Islam" machen. Einen größeren muslimischen Staat zu schaffen sei für Muslime die "oberste Pflicht", sagte Sawahiri in einer im Internet veröffentlichten Audiobotschaft. Die fast 16 Minuten lange Hördatei sei auf mehreren Internetforen von Dschihadisten abrufbar, berichtete die in den USA ansässige SITE Intelligence Group, die auf die Beobachtung islamistischer Websites spezialisiert ist. Anlass sei der fünfte Jahrestag der US-Invasion im Irak. Sawahiri bezieht sich laut SITE auf eine Rede des US-Oberbefehlshabers im Irak, General David Petraeus, am 8. April vor dem US-Kongress sowie auf einen Streik von Textilarbeitern in Ägypten am 6. April. Demzufolge sei die Hördatei erst kürzlich erstellt worden.
  • Der schiitische Milizenführer Muktada al Sadr hat mit einer neuen und zeitlich unbegrenzten Offensive im Irak gedroht. Wenn die Regierung in Bagdad die gemeinsamen Angriffe mit den US-Streitkräften gegen seine Anhänger nicht einstelle, werde er ihnen den “offenen Krieg“ erklären, teilte der Prediger am 19. April mit. Dies sei die letzte Warnung. Die Regierung solle endlich den Weg des Friedens einschlagen und damit aufhören, die eigene Bevölkerung zu bekämpfen. Die Drohung, den seit über sieben Monaten gültigen Waffenstillstand aufzuheben, folgt heftigen Kämpfen zwischen Sadrs Mahdi-Miliz und den Regierungstruppen. Diese begannen am 25. März eine Offensive gegen die antiamerikanische Miliz im Bagdader Stadtteil Sadr City und in der südlichen Hafenstadt Basra. Anfang April hatte Sadr seine Gefolgsleute vorerst zum Rückzug aufgefordert, seither kommt es aber immer wieder zu tödlichen Gefechten. adr verglich die Regierung in Bagdad in seiner Stellungnahme mit dem Regime des früheren sunnitischen Diktators Saddam Hussein, der die schiitische Mehrheit im Land unterdrückte. Die Regierung des schiitischen Ministerpräsidenten Nuri Al-Maliki kritisiert der Prediger vehement, da sie sich nicht um einen Abzug der US-Soldaten bemüht. Notfalls wolle er “bis zur Befreiung“ kämpfen, erklärte er. Ein Offensive der Mahdi-Miliz wäre auch für die USA ein herber Rückschlag. Die Verbesserung der Sicherheitslage im Irak wurde von führenden US-Generälen auch mit der Waffenruhe der Sadristen begründet. Sadr gilt als stark antiamerikanisch. Die US-Soldaten könnten bei einem Ende der Waffenruhe wieder verstärkt zur Zielscheibe werden
  • Die irakische Regierung signalisierte am 20. April Bereitschaft, einen Dialog mit der Bewegung des radikalen Predigers zu beginnen. Es müsse ein Dialog mit dem Al-Sadr-Block im Parlament eröffnet werden, sagte ein Regierungssprecher in Bagdad. Die Regierung des schiitischen Ministerpräsidenten suche mit keiner politischen Gruppierung eine Konfrontation. Sie müsse aber laut Verfassung das Volk gegen Angriffe verteidigen, sagte der Sprecher weiter. Basra und Umgebung waren in den vergangenen Tagen Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen Al-Sadrs Miliz, der sogenannten Mahdi-Armee, und der von US-Truppen unterstützten irakischen Armee. Bei den Gefechten kamen nach offiziellen Angaben vom 20. April mindestens 30 Menschen ums Leben. Unterdessen traf US-Außenministerin Condoleezza Rice zu einem zuvor nicht angekündigten Besuch in Bagdad ein. Bei einem Treffen mit Al-Maliki lobte sie die Bemühungen der Regierung um Aussöhnung zwischen den verfeindeten Lagern. Schiiten, Sunniten und Kurden arbeiteten mittlerweile besser zusammen als je zuvor. Nach Gesprächen mit Präsident Dschalal Talabani würdigte Rice die Fortschritte der Regierung im Bereich Sicherheit. Sie beglückwünschte Al-Maliki und die irakische Regierung zu ihren jüngsten “mutigen Entscheidungen“ im Zusammenhang mit den Kämpfen in Basra. Am 22. April will Rice an einer Konferenz der Nachbarstaaten des Iraks in Kuwait teilnehmen. Sie will sich dafür einsetzen, dass die Nachbarländer ihre diplomatischen Beziehungen zum Irak wieder aufnehmen. Dadurch soll der Einfluss des Irans auf Bagdad eingedämmt werden. Mit ihrem iranischen Kollegen Manuchehr Mottaki will Rice auf der Konferenz allerdings nicht persönlich zusammentreffen.
  • Bewaffnete Männer haben neun Studenten und ihren Busfahrer in der ostirakischen Provinz Dijala entführt. Die Region wird nach Angaben von Sicherheitskräften von El-Kaida-Terroristen kontrolliert. Die Täter errichteten einen Kontrollpunkt auf einer Hauptstraße nördlich von Bagdad und überfielen die Studenten der Universität Dijala, wie die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak am 20. April berichtete. Die Studenten wurden nach Polizeiangaben freigelassen.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice ist am 20. April überraschend zu einem Besuch in Bagdad eingetroffen. Rice erklärte, sie wolle um weitere Unterstützung der Sunniten und Kurden für die schiitische Regierung werben. Sie sagte, das harte Vorgehen von Ministerpräsident Nur al-Maliki gegen Milizen in Basra im März habe zu ermutigenden Signalen sunnitischer und kurdischer Politiker geführt. Rice sprach von einem “Zusammenwachsen einer Mitte in der irakischen Politik“. Darauf wolle sie aufbauen. Rice kam zunächst zu einem Gespräch mit Al-Maliki zusammen, anschließend trafen beide US-Kommandeur General David Petraeus. Auch eine Unterredung mit dem kurdischen Präsidenten Dschalal Talabani war geplant. Unter anderem hat der Führer der kurdischen Regionalverwaltung, Massud Barsani, kurdische Truppen für den Kampf gegen die schiitische Mahdi-Miliz des Predigers Muktada al Sadr angeboten. Und auch der sunnitische Vizepräsident Tarik al Haschemi schloss sich einer Erklärung Talabanis und des schiitischen Vizepräsidenten Adil Abdul Mahdi an, die Al-Maliki ihre Unterstützung für das Vorgehen bekundet hatten. Al Haschemi ist einer der schärfsten Kritiker Al-Malikis.
  • Die Kämpfe im Bagdader Stadtteil Sadr City dauerten am Wochenende an. Allein am 20. April wurden nach Angaben von Polizei und Krankenhausmitarbeitern mindestens sechs Menschen getötet, darunter zwei Kinder. Sadr City ist zu einem der zentralen Schauplätze des Machtkampfs zwischen der Mahdi-Miliz und den amerikanischen und irakischen Streitkräften geworden. Die Kämpfe in dem Gebiet haben zugenommen, seit am 15. April mit dem Bau einer bis zu 3,60 Meter hohen Mauer begonnen wurde. Diese soll den nördlichen Teil, in dem die Miliz, die Mahdi-Armee, ihre Hochburg hat, vom Rest trennen. Die USA wollen damit auch die Angriffe auf die Grüne Zone in Bagdad mit den Regierungsgebäuden und der Botschaft der USA unterbinden, die von Sadr City aus mit Raketen und Mörsern beschossen wird. Auch in der südirakischen Stadt Basra starteten die irakischen Streitkräfte wieder eine Offensive gegen Hochburgen der Mahdi-Miliz. Es habe kaum Widerstand gegeben, hieß es.
Montag, 21. April, bis Sonntag, 27. April
  • Der Irak und die USA haben am 21. April auf einer Konferenz arabischer Staaten um Unterstützung für die Regierung in Bagdad geworben. Die Araber sollten die Fortschritte im Irak durch einen Schuldenerlass und die Eröffnung von Botschaften in Bagdad unterstützen, forderte Ministerpräsident Nuri Al-Maliki. US-Außenministerin Condoleezza Rice und ihr irakischer Kollege Hoschar Sebari setzten sich in Bahrain unter anderem für eine Integration des Iraks bei regionalen Treffen ein. “Das ist ein guter Schritt zur Reintegration des Iraks“, erklärte Rice in Manama. Künftig soll Bagdad regelmäßig in Treffen der Anrainerstaaten des Persischen Golfs einbezogen werden. Bislang hat kein arabischer Staat eine permanente Vertretung im Irak eröffnet. Die mehrheitlich sunnitischen Staaten sind zum Teil zurückhaltend mit der Unterstützung für die schiitische Regierung in Bagdad. Die USA drängen ihre arabischen Verbündeten jedoch zu einer Annäherung, nicht zuletzt, um den Einfluss des schiitischen Irans zu begrenzen. Rice zeigte sich zuversichtlich, dass Fortschritte erreicht würden. Am 22. April sollte eine weitere Irak-Konferenz in Kuwait stattfinden, zu der alle Nachbarstaaten des Iraks und Geberstaaten erwartet wurden. Bei seiner Abreise nach Kuwait betonte Al-Maliki am 21. April, dass die jetzige Regierung nicht für die Verfehlungen Saddam Husseins aufkommen könne. Alle Staaten sollten dem Irak die Schulden erlassen und einen Aufbau der Nation unterstützen. Auch Rice sollte im Rahmen ihrer dreitägigen Nahostreise an dem Treffen teilnehmen. Am 20. April war sie unangekündigt mit Al-Maliki in Bagdad zusammengetroffen.
  • Bei Kämpfen im Bagdader Stadtteil Sadr City kamen sechs Menschen ums Leben. Drei Polizisten und drei Zivilpersonen wurden bei Gefechten der Sicherheitskräfte mit Kämpfern der schiitischen Mahdi-Miliz getötet, wie die Polizei am 21. April mitteilte. Bei einem Selbstmordanschlag auf ein Büro von Sunniten, die mit den US-Truppen zusammenarbeiten, kamen nördlich der Hauptstadt drei Menschen ums Leben, vier weitere wurden verletzt. Eine Frau wollte nach eigenen Angaben die Sunnitenführer in Bakuba treffen und zündete einen Sprengstoffgürtel, als Sicherheitsleute sie nicht vorlassen wollten, wie die Polizei erklärte.
  • Bei einem Luftangriff einer US-Drohne wurden in der Nacht zum 21. April drei Aufständische getötet, wie die amerikanischen Streitkräfte mitteilten.
  • Der im Irak wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilte Ali Hassan al Madschid ist nach dem Beginn eines Hungerstreiks in ein US-Militärkrankenhaus eingeliefert worden. Das teilte sein Anwalt Badi Issat Aref am 21. April mit. Al Madschid war am 18. April zusammen mit einem weiteren Verurteilten in den Hungerstreik getreten. Die beiden wurden den Angaben zufolge gemeinsam am 20. April in das Krankenhaus gebracht. Al Madschid, genannt «Chemie-Ali», wurde im Juni vergangenen Jahres zum Tode verurteilt. Der Cousin des bereits 2006 hingerichteten Expräsidenten Saddam Hussein wurde für schuldig befunden, in den 80er Jahren den Einsatz von Chemiewaffen gegen Kurden im Nordirak angeordnet zu haben. Dabei wurden 180.000 Menschen getötet.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat einen größeren Beitrag der amerikanischen Luftwaffe bei den Kriegseinsätzen im Irak und in Afghanistan gefordert. Notwendig seien vor allem mehr Überwachungs- und Aufklärungsflugzeuge, sagte der Minister am 21. April in einer Rede vor Studenten der Universität der Luftwaffe in Washington. Einige Militärführer verharrten noch im alten Denken, kritisierte Gates. Seit Monaten versuche er die Luftwaffe dazu zu bringen, mehr Aufklärungs- und Beobachtungsflugzeuge nach Afghanistan und in den Irak zu schicken. Zwar seien die Kapazitäten in jüngster Zeit verdoppelt worden, dies sei aber noch nicht ausreichend.
  • In Basra unterstützen britische und amerikanische Spezialeinheiten einem BBC-Bericht zufolge massiv den Kampf der Iraker gegen die Schiitenmilizen. Es gehe unter anderem um die Festnahme führender Mitglieder der sogenannten “Mahdi-Armee“ des radikalen Predigers Muktada al-Sadr. Wie BBC am 23. April berichtet, wurden in den vergangenen zwei Wochen bis zu 1000 US-Soldaten Richtung Basra verlegt. Sie seien aus anderen Teilen des Irak und des Nahen Osten in den Südirak geschickt worden. Besatzungsmacht dort sind die Briten.
  • Im Irak ist nach einem Fernsehbericht vom 23. April das letzte hochrangige Mitglied der alten Führungsriege von Saddam Hussein gefasst worden. Der ehemalige Vizepräsident Isset Ibrahim al-Duri wurde nach Angaben des Senders Al-Arabija in der nordirakischen Provinz Salaheddin gefangen genommen. Der ehemalige Vertraute Saddams sei inzwischen nach Bagdad gebracht worden, wo ein DNS-Test seine Identität klären solle. Al-Duri war seit 2003 untergetaucht. Er soll den Amerikanern mehr als einmal knapp entkommen sein. Nach seinem Bericht über die angebliche Festnahme des früheren irakischen Vizepräsidenten Isset Ibrahim al-Duri herrscht Verwirrung. Ein Sprecher der irakischen Sicherheitskräfte in Bagdad sagte auf Anfrage, er wolle die Nachricht über die Festnahme weder dementieren noch bestätigen. Ähnlich äußerte sich der nationale Sicherheitsberater des Irak, Muwaffak al-Rubai. Der Nachrichtensender Al-Arabija hatte am 23. April berichtet, der Saddam-Vertraute Al-Duri sei in der Provinz Salaheddin gefangen genommen worden.
  • Im Irak ging am 24. April das Rätselraten um die angebliche Gefangennahme des früheren Stellvertreters von Präsident Saddam Hussein, Isset Ibrahim al-Duri, weiter. Nachdem der Nachrichtensender Al-Arabija am Vorabend gemeldet hatte, Al-Duri sei im Hamrein-Gebirge geschnappt worden, war die Nachricht von lokalen Armee- und Polizeikommandeuren dementiert worden. Ein Mitglied des Verteidigungskomitees des Parlaments sagte der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak, in dem Gebiet hätten die irakischen Truppen einen Mann gefangen genommen und den US-Truppen übergeben, “der die Gesichtszüge von Al-Duri hat“. Al-Duri war nach dem US-Einmarsch im April 2003 untergetaucht. Die US-Armee bietet für seine Ergreifung eine Belohnung in Höhe von zehn Millionen US-Dollar an. Al-Duri war nach der Hinrichtung von Saddam Hussein Ende 2006 zum neuen Vorsitzenden der irakischen Baath-Partei ernannt worden. Er soll eine maßgebliche Rolle bei der Finanzierung des Aufstandes spielen. Der nationale Sicherheitsberater Muwaffak al-Rubai hatte kurz vor Bekanntwerden der Berichte über die angebliche Gefangennahme Al-Duris in einem Zeitungsinterview erklärt, der frühere Saddam-Vize lebe in Damaskus. Dieser Darstellung widersprach ein Mitglied der Baath-Partei, das erklärte, Al-Duri habe den Irak seit dem Sturz von Saddam Hussein nicht verlassen. Er leite mehrere “Widerstandsgruppen“ und sei von Offizieren der ehemaligen Armee und der alten Republikanischen Garde umgeben.
  • Der britische Außenminister David Miliband hat am 24. April überraschend den Irak besucht. Aus Sicherheitsgründen war die Visite nicht offiziell angekündigt worden. Miliband traf sich unter anderem mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki. Über die Inhalte des Gesprächs wurde zunächst nichts bekannt. Im Irak sind etwa 4.500 britische Soldaten stationiert, überwiegend in der Nähe der Hafenstadt Basra im Süden des Landes.
  • Die türkischen Streitkräfte haben erneut einen Luftangriff gegen kurdische Rebellen im Nordirak geflogen. Ziel sei am 23. April eine Gruppe Kämpfer in der Region Hakurk gewesen, die in die Türkei gelangen wollten, erklärten die Truppen am 24. April. Über mögliche Opfer war zunächst nichts bekannt. Ende Februar hatten die Streitkräfte acht Tage lang Stützpunkte der Verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Nordirak angegriffen. Dabei kamen nach Militärangaben mehr als 250 Rebellen ums Leben. Die PKK kämpft seit 1984 für eine Autonomie im Südosten der Türkei. Unterdessen wurde in der Türkei ein Soldat bei Kämpfen getötet. Zu den Gefechten sei es auf dem Berg Cudi in der südöstlichen Provinz Sirnak gekommen, berichtete der Fernsehsender CNN-Türk. Damit starben seit dem Vortag insgesamt drei Soldaten. Sirnak liegt an der Grenze der Türkei zum Irak und zu Syrien.
  • Bei einem Angriff auf die polnische Botschaft im Irak ist am 24. April ein Mitarbeiter leicht verletzt worden, wie Außenminister Radek Sikorski erklärte. Das Gebäude, in dem die Sicherheitskräfte untergebracht seien, sei auf dem Dach von einer Granate oder einer Rakete getroffen worden, erklärte Sikorski. Die polnische Botschaft liegt in der sogenannten Grünen Zone, in der auch die Botschaften der USA und Großbritanniens und die irakischen Ministerien liegen. Der Angriff werde keinen Einfluss auf die polnische Mission im Irak haben, erklärte Sikorski. Polen hat rund 900 Soldaten im Irak stationiert.
  • Die Familie des seit mehr als einem Jahr im Irak entführten Deutsch-Irakers Sinan Krause hat sich mit einem neuen Appell an die Geiselnehmer gewandt. In dem in Zusammenarbeit mit dem ZDF entstandenen Video bittet der Vater in arabischer Sprache die Entführer, seinen Sohn bald freizulassen. Das Video ist seit dem 24. April auf der Internetseite des ZDF zu sehen und wird in den ZDF-Nachrichtensendungen gezeigt, wie der stellvertretende Chefredakteur Elmar Theveßen sagte. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte, dem Ministerium sei das Video bekannt. “Der Krisenstab des Auswärtigen Amts arbeitet unvermindert intensiv an einer Lösung.“ Das ZDF hat das Video zudem arabischen Partnersendern wie Al Dschasira und Al Arabija zur Ausstrahlung angeboten, wie Theveßen sagte. Einige Sender hätten bereits Interesse gezeigt. Sinan Krause befindet sich seit Februar vergangenen Jahres in der Gewalt der Entführer. Er war zusammen mit seiner im Irak verheirateten Mutter Hannelore am 6. Februar in Bagdad verschleppt worden. Die Entführer drohten mit ihrer Tötung, sollten nicht alle Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan abgezogen werden. Hannelore Krause war nach mehr als fünf Monaten Geiselhaft Mitte Juli 2007 freigelassen worden. Das ZDF veröffentlichte eine deutsche Übersetzung des Appells des Vaters. Darin heißt es: “Wir danken euch, dass ihr meine Frau Um Sinan freigelassen habt. Wir hoffen, dass unser lieber Sohn Sinan auch bald frei kommt. Bitte meldet Euch bei uns. Wir wollen eine gemeinsame Lösung und würden uns freuen, das Anliegen schnellstmöglich zu klären.“
  • Aufständische Gruppen und Milizen im Irak rekrutieren nach Einschätzung der UN Kinder als Selbstmordattentäter. Die Kinder seien die stillen Opfer der anhaltenden Gewalt im Irak, erklärte die UN-Sondergesandte für Kinder und bewaffnete Konflikte, Radhika Coomaraswamy, am 25. April in einer Stellungnahme in der jordanischen Hauptstadt Amman. Sie besuchte kürzlich fünf Tage lang den Irak. Die Quelle ihrer Informationen nannte sie nicht. Coomaraswamy forderte alle Parteien im irakischen Konflikt auf, die Menschenrechte einzuhalten. Alle Minderjährigen in den eigenen Reihen müssten sofort freigelassen werden, sagte sie. Die US-Streitkräfte hatten im Februar mehrere Videos veröffentlicht, die in mutmaßlichen Verstecken der Al Kaida im Irak gefunden worden. Darauf waren Aufständische zu sehen, die Kindern das Töten beibrachten. Einige schienen erst zehn Jahre alt zu sein.
  • Bei einem Bombenanschlag auf eine Ölpipeline im Irak sind am 25. April acht Wachleute verletzt worden. Die Explosion ereignete sich am Abend in der Nähe von Dschilawija, rund 50 Kilometer südlich von Bagdad und löste nach Polizeiangaben ein Großfeuer aus. Die Pipeline transportiert Öl von den Vorratslagern in Latifija zu den Raffinerien im Süden des Iraks. Der Betrieb der Pipeline wurde nach dem Anschlag vorerst eingestellt.
  • Der sunnitische irakische Vizepräsident Tarik al Haschemi hat die Rückkehr seines politischen Parteienbündnisses in die von den Schiiten dominierte Regierung angekündigt. Die Sunniten hatten die Regierung vor neun Monaten im Streit verlassen, weil sie sich von den schiitischen Parteien an den Rand gedrängt fühlten. Al Haschemi erklärte am 26. April, das neue Kabinett werde helfen, den Irak zu retten. Die Rückkehr der Sunniten wäre ein großer Erfolg für Ministerpräsident Nuri al-Maliki, der die zerstrittenen islamischen Glaubensrichtungen wieder versöhnen will.
  • Irakische Soldaten haben nordöstlich von Bagdad ein Massengrab mit mehr als 50 stark verwesten Leichen entdeckt. Die Toten wurden am 27. April in einer Obstplantage in der Ortschaft Al Kubaa in der Nähe der Stadt Bakuba entdeckt, die rund 60 Kilometer von Bagdad entfernt liegt. In dem Gebiet gab es häufiger schwere Gefechte zwischen US-Truppen und sunnitischen Aufständischen, die von der Terrororganisation Al Kaida im Irak angeführt wurden. Anwohner berichteten, das Gebiet sei einmal eine Hochburg der Al Kaida im Irak gewesen.
  • Im Irak wurden millionenschweren Wiederaufbauprojekte nicht abgeschlossen. Der Generalinspekteur für den Irakischen Wiederaufbau, Stuart Bowen, erklärte in einem am 27. April vorgestellten Bericht, Gründe seien Verzögerungen, schlechte Leistungen der Vertragspartner und andere Faktoren. Einige Projekte würden von den US-Behörden fälschlicherweise als abgeschlossen bezeichnet. Der Generalinspekteur prüfte insgesamt 47.321 Wiederaufbauprojekte im Wert von mehreren Milliarden Dollar. Er erklärte, 855 Aufträge seien von den US-Behörden vor ihrer Fertigstellung abgebrochen worden. In den meisten Fällen seien Gewalt und ausufernde Kosten der Grund gewesen. 112 der Verträge seien beendet worden, weil die Partner schlechte Leistungen abgeliefert hätten. Als Beispiel für ein nicht abgeschlossenes Projekt nannte Bowen den Bau eines Kinderkrankenhauses in Basra, das rund 50 Millionen Dollar kosten sollte. Die US-Behörde für Internationale Entwicklung (USAID) habe den Auftrag 2004 vergeben und dann 2006 das Projekt wegen monatelanger Verzögerungen praktisch beendet. Allerdings seien zuvor die Vertragsbedingungen verändert worden, so dass das Projekt jetzt als abgeschlossen gelte, obwohl das Krankenhaus erst zu 35 Prozent fertiggestellt sei. In dem Bericht hieß es, ein solches Vorgehen komme häufig vor. USAID wies die Vorwürfe zurück.
Montag, 28. April, bis Mittwoch, 30. April
  • Mutmaßliche Aufständische haben im Irak vier amerikanische Soldaten getötet. Die US-Streitkräfte erklärten am 28. April, drei Soldaten seien bei einem Raketen- oder Mörserangriff im Osten der Hauptstadt Bagdad ums Leben gekommen. Die Gegend ist seit Wochen Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen schiitischen Milizionären und US-Soldaten sowie irakischer Regierungstruppen. Die Kämpfe konzentrierten sich auf den Stadtteil Sadr City, eine Hochburg der Mahdi-Miliz des Schiitenpredigers Muktada al Sadr. Ein weiterer Soldat kam den Angaben zufolge im Westen Bagdads ums Leben.
  • Der türkische Geheimdienst soll einem Zeitungsbericht zufolge bei einem Kommandounternehmen im Nordirak drei Führer der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) entführt haben. Die Zeitung “Vatan“ meldete am 29. April, sie seien in einem PKK-Lager rund 20 Kilometer im Irak, wo sie zu Beratungen zusammengekommen waren, aufgegriffen und in die Türkei gebracht worden. Einer der Festgenommenen sei bei einem Feuergefecht verwundet worden. Um wen es sich bei den PKK-Führern handele, wurde nicht gesagt. Der türkische Militärchef General Yasar Buyukanit wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Bei einem Gefecht im Südosten der Türkei wurden zwei PKK-Kämpfer und ein Soldat getötet. Wie die Behörden mitteilten, ereignete sich das Gefecht in der Nähe der Stadt Genc in der Provinz Bingöl.
  • Die anhaltenden Kämpfe zwischen schiitischen Milizen sowie irakischen und US-Truppen im Bagdader Stadtteil Sadr City haben am 29. April mehr als 30 Menschen das Leben gekostet. Unter den Opfern waren nach Krankenhausangaben zahlreiche Zivilpersonen, Dutzende Menschen wurden verletzt. In der Hauptstadt begann unterdessen der Prozess gegen den früheren Außenminister Tarik Asis, der sich zusammen mit sieben weiteren Angeklagten vor Gericht wegen Gräueltaten während der Herrschaft von Präsident Saddam Hussein verantworten muss. Rund 25 Menschen wurden nach Krankenhausangaben bei Gefechten nach einem Angriff schwer bewaffneter schiitischer Extremisten auf eine amerikanische Patrouille getötet. Zuvor kamen bei Kämpfen acht Menschen ums Leben, 67 weitere erlitten Verletzungen. Im Norden Bagdads kam ein ranghoher Regierungsmitarbeiter bei einem Bombenanschlag ums Leben, wie das Arbeitsministerium mitteilte.
    Der Prozess gegen Exaußenminister Asis und seine Mitangeklagten begann mit mehrstündiger Verzögerung. Als Grund nannte Richter Rauf Abdul Rahman “organisatorische Maßnahmen“. Er vertagte das Verfahren anschließend auf den 20. Mai. In dem Prozess - der vierte gegen führende Mitglieder des 2003 gestürzten Regimes - geht es um die Hinrichtung von 42 Händlern im Jahr 1992, denen die Regierung vorwarf, am drastischen Anstieg der Preise von Lebensmitteln schuld zu sein. Der Irak hatte damals mit den Folgen von UN-Sanktionen gegen das Land zu kämpfen. Zu den Angeklagten zählt auch Saddams Halbbruder Watban Ibrahim al Hassan und ein Cousin des hingerichteten Ex-Diktators, Ali Hassan al Madschid, genannt “Chemie-Ali“. Dieser wurde bereits in einem anderen Prozess wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt. Bei Prozessbeginn am 29. April war er nach Angaben von Richter Abdul Rahman aus Gesundheitsgründen nicht anwesend. Der 72 Jahre alte Asis betrat den Gerichtssaal auf einen Stock gestützt. Seinem Anwalt Giovanni Di Stefano zufolge wies er die Vorwürfe zurück. Saddam Hussein wurde im Jahr 2006 hingerichtet.
  • Mehr als 22.000 Menschen sind nach Angaben der US-Regierung im vergangenen Jahr weltweit von Terroristen getötet worden. Das sind acht Prozent mehr als 2006, wie aus dem am 30. April veröffentlichten jährlichen Terrorismusbericht des US-Außenministeriums hervorgeht. 60 Prozent der Toten entfielen auf den Irak. Die Gesamtzahl der Terrorattacken sei aber zurückgeganegen. Im Irak seien die Terrorattacken im vergangenen Jahr gegenüber 2006 leicht zurückgegangen, heißt es in dem Bericht. Etwa 13.600 Nichtkombattanten seien dabei getötet worden. Die hohe Zahl wird unter anderem auf einen Anstieg der Selbstmordanschläge um 50 Prozent zurückgeführt. Die größte Gefahr für die USA und ihre Verbündeten im Irak, in Afghanistan und an anderen Orten gehe nach wie vor von Al Kaida und verbündeten Gruppierungen aus, stellt das US-Außenministerium in seinem Bericht fest. Eine Reihe ranghoher Al-Kaida-Mitglieder sei zwar getötet oder gefangengenommen worden, Al-Kaida-Führer planten aber weiter Terroranschläge und knüpften auch verstärkt Kontakte von Pakistan aus zu Gruppierungen im Nahen Osten, Nordafrika und Europa.
  • Die US-Besatzungstruppen in Irak haben im April die schwersten Verluste seit einem halben Jahr hinnehmen müssen. Insgesamt seien 49 Soldaten getötet worden, teilte die US-Armee am 30. April in Bagdad mit. Dies ist die höchste Opferzahl seit September vergangenen Jahres. General Carter Ham warnte jedoch davor, aus den Zahlen voreilige Schlüsse zu ziehen. "Es ist traurig, eine Erhöhung unserer Verluste konstatieren zu müssen«, sagte das Mitglied des US-Generalstabs am Abend in Bagdad. Eien Veränderung der Bedingungen bedeute dies aber nicht zwangsläufig. Von den 49 getöteten US-Soldaten starben den Angaben zufolge 23 in der Hauptstadt Bagdad, wo es zuletzt immer wieder Kämpfe mit schiitischen Widerstandskämpfern gab. Seit Beginn der Besatzung im März 2003 sind mehr als 4.000 US-Soldaten gefallen.


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