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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. bis 15. Dezember 2004

Mittwoch, 1. Dezember, bis Sonntag, 5. Dezember
  • Bei einem Selbstmordanschlag in Bagdad sind am 1. Dez. drei Menschen verletzt worden. Der Attentäter zündete den Sprengsatz auf der Straße zum Flughafen. Bei den Verletzten handelt es sich nach Angaben der irakischen Polizei um Zivilpersonen.
  • Die Mitte November im Irak gefundene Frauenleiche ist nicht wie zunächst vermutet die der entführten und vermutlich getöteten Chefin der Hilfsorganisation CARE, Margaret Hassan. Das Gebiss der westlich aussehenden Toten, die US-Soldaten in der Rebellenhochburg Falludscha entdeckten, sei nicht das der 59-jährigen Britin Hassan, teilte das Außenministerium am 1. Dez. in London mit. Das Ministerium gehe jedoch weiter davon aus, dass die am 19. Oktober in Bagdad verschleppte CARE-Chefin ermordet worden sei.
  • Die US-Armee will die Truppenstärke im Irak vor den Wahlen im Januar deutlich erhöhen. Mit der Verlängerung des Einsatzes von zwei Brigaden um bis zu 60 Tage und der Entsendung von zwei weiteren Bataillonen solle die Zahl der Soldaten Ende Dezember oder Anfang Januar von 138.000 auf rund 150.000 aufgestockt werden, teilte US-General David Rodriguez am 1. Dez. mit. Dies sei die höchste Zahl seit dem Beginn der Invasion im März 2003. Die Wahlen für eine irakische Nationalversammlung sollen am 30. Januar stattfinden.
  • Der britische Unterhausabgeordnete George Galloway hat seine Verleumdungsklage gegen die Zeitung "Daily Telegraph" gewonnen. Ein Gericht erkannte ihm am 2. Dez. 150.000 Pfund (218.000 Euro) an Schadenersatz zu. Der 50-jährige Galloway, ein entschiedener Kritiker des Irak-Kriegs und auch der vorangegangenen Sanktionen gegen das Land, lächelte, als Richter David Eady sein Urteil verkündete. Der "Daily Telegraph" hatte 2003 in mehreren Artikeln behauptet, Galloway habe vom damaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein Geld erhalten. Der linke Abgeordnete, der jahrelang für eine Aufhebung der Sanktionen gegen Irak stritt, hatte dies zurückgewiesen. Und Richter Eady befand jetzt, die Artikel seien verleumderisch gewesen. Die Zeitung habe ihm auch nicht ausreichend die Möglichkeit gegeben, sich gegen die Vorwürfe zu wehren. Galloway sagte, die Zeitung sei ganz wesentlich mit dafür verantwortlich gewesen, dass es zu "dieser verhängnisvollen Entscheidung zum Krieg gegen Irak" kam. "Auch wenn ich durch die Lügen, die sie über mich verbreitet haben, gelitten habe, so habe ich doch nicht annähernd so viel gelitten wie das irakische Volk oder die Glaubwürdigkeit unseres Landes."
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 2. Dez. eine Serie von Anschlägen verübt worden. Innerhalb einer halben Stunde schlugen Granaten an mindestens vier verschiedenen Orten in der Innenstadt ein. Ein Anschlagsziel war das Büro einer Mobilfunkfirma. Weitere Explosionen gab es nach Angaben von Augenzeugen an zwei Plätzen in der Innenstadt. Am Tigrisufer wurden drei Iraker verletzt, als Aufständische einen Parkplatz mit Panzerfäusten beschossen.
  • Der Chef der irakischen Übergangsregierung, Ijad Allawi, bemüht sich, Zweifel an der demokratischen Zukunft seines Landes zu zerstreuen. Vor seinem Deutschland-Besuch sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 2. Dez.), es meldeten sich weiterhin Freiwillige für Polizei und Armee. Das zeige, dass die Iraker die Bemühungen seiner Regierung unterstützten. Allawi lobte zugleich das deutsche Engagement bei der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte. Die Bundesregierung hat bisher 430 irakische Polizisten unterrichtet.
  • Mit der Festnahme von drei terrorverdächtigen Irakern am frühen Morgen des 3. Dez. haben die Sicherheitsbehörden womöglich einen Anschlag auf Iraks Ministerpräsident Ijad Allawi in Deutschland vereitelt. Vor dem Zugriff der Behörden hätten sich durch abgehörte Telefongespräche "Hinweise auf Anschlagsplanungen" verdichtet, sagte Generalbundesanwalt Kay Nehm in Karlsruhe. Die Razzien gegen mutmaßliche Islamisten fanden in Berlin, Stuttgart und Augsburg statt. Aus den Erkenntnissen müsse geschlossen werden, dass "mit dem irakischen Ministerpäsidenten etwas geplant war", sagte Nehm. Unter anderem sei den Ermittlern aufgefallen, dass der abgehörte Verdächtige eine "besondere Hektik" entwickelt habe. Die drei Festgenommenen werden am 4. Dez. dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes vorgeführt.
  • Bei zwei Anschlägen in Bagdad sind am 3. Dez. mindestens 26 Menschen getötet worden. In der Nähe einer Moschee im nördlichen El-Adhamija-Viertel explodierte eine Autobombe und riss 14 Menschen in den Tod, weitere 19 wurden verletzt. Bei einem Angriff bewaffneter Männer auf einen Polizeiposten in einem anderen Viertel von Bagdad wurden mindestens zwölf Polizisten getötet und fünf Menschen verletzt. Die Gruppe des jordanischen Islamisten Abu Mussab el Sarkawi bekannte sich in einer ihr zugeschriebenen Erklärung zu den Anschlägen. In dem auf einer islamistischen Website veröffentlichten Text heißt es, die Angriffe hätten den "Abtrünnigen" gegolten, die "ihre Religion und ihre Ehre für geringen Lohn verkauft" hätten. Nach dem Angriff auf den Polizeiposten berichteten Augenzeugen, die Angreifer hätten das Gebäude "von allen Seiten" angegriffen. Sie hätten sich hinter Müllcontainern verschanzt und von dort oder von umliegenden Dächern aus Schüsse abgegeben. Einige Polizisten konnten demnach fliehen.
  • Deutschland will dem Irak weiter beim Wiederaufbau zur Seite stehen. Das kündigte Kanzler Gerhard Schröder nach einem Treffen mit dem irakischen Ministerpräsidenten Ijad Allawi in Berlin am 3. Dez. an. Im militärischen Bereich könnten zum Beispiel in Deutschland irakische Experten zur Kampfmittelbeseitigung ausgebildet werden.
  • Bei einem Doppelanschlag vor einer Polizeistation in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am 4. Dez. mindestens vier Polizisten getötet und 42 weitere verletzt worden. Nach Angaben von Ärzten wurden auch sieben Zivilisten verletzt, als zwei Fahrzeuge gleichzeitig am Haupteingang der so genannten Grünen Zone explodierten.
    In Norden Bagdads starb ebenfalls am 4. Dez. bei einem Sprengstoffanschlag auf eine vorbeifahrende US-Patrouille ein US-Soldat. Drei US-Soldaten wurden verletzt, gab ein Sprecher des US-Militärs in Bagdad bekannt.
  • Bei dem am 3. Dez. beendeten zehntägigen Einsatz "Plymouth Rock" im so genannten Dreieck des Todes seien elf Waffenverstecke entdeckt worden, teilte die US-Armee am 4. Dez. mit. An dem Einsatz seien insgesamt 5.000 britische, amerikanische und irakische Soldaten beteiligt gewesen. Der zuständige Kommandeur Oberst Ron Johnson sagte, die Rebellen müssten mit "weiteren Einsätzen dieser Art" rechnen. Bei der Militäraktion handelte es sich um die Fortsetzung der am 8. November gestarteten und inzwischen beendeten Großoffensive auf die Rebellenhochburg Falludscha westlich von Bagdad. Zahlreichen Rebellen sei es gelungen, aus Falludscha zu fliehen und sich im Süden zu verstecken, erklärte die Armee. Im "Dreieck des Todes" liegen die Städte Latifijah, Jussufijah, Mahmudijah und Iskandarijah.
  • Bei einem Selbstmordanschlag im nordirakischen Mossul sind am 4. Dez. mindestens 17 kurdische Peschmerga-Kämpfer der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) getötet worden. Wie ein hochrangiger Vertreter der Partei mitteilte, wurden 40 weitere Kämpfer bei dem Anschlag auf einen Konvoi der PUK verletzt. Der Attentäter habe sich im Stadtteil Karama in die Luft gesprengt, als der Konvoi vorbeifuhr.
  • Der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi hat sich für eine Verschiebung der für Ende Januar geplanten Wahl im Irak ausgesprochen. Sollte die Stimmabgabe auf die ruhigeren Gegenden des Landes beschränkt bleiben, würde die sunnitische Minderheit in Krisengebieten wie Falludscha von der Wahl ausgeschlossen, sagte Brahimi der Zeitung "NRC Handelsblad" (Ausgabe vom 4. Dez.). Brahimi sagte, es sei nicht möglich Wahlen abzuhalten, "falls die Lage so bleibt". Der Algerier, der in den Irak entsandt worden war, um den Aufbau der Interims-Regierung in Bagdad zu unterstützen, kritisierte ferner die harte Linie der Amerikaner und des Übergangs-Ministerpräsidenten Ajad Allawi: "Wenn die Amerikaner und Allawi 50 Menschen töten, die sie für Feinde halten, treiben sie 500 Feinde in den Widerstand. Das ist kein Fortschritt".
    Auch der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, äußerte sich zurückhaltend über die bisherige amerikanische Politik im Irak: Zwar würde die Bereitschaft zum Dialog mit Terroristen die Welt nicht sicherer machen, sagte der portugiesische Politiker in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der portugiesischen Wochenzeitung "Expresso". Barroso ergänzte: "Wir können aber auch nicht sagen, dass die Welt aufgrund der militärischen Intervention der von den USA angeführten Koalition sicherer geworden ist".
  • In Tikrit eröffneten Bewaffnete aus zwei Autos heraus das Feuer auf einen Bus, aus dem zivile Beschäftigte bei der US-Armee ausstiegen. Mindestens 17 Iraker wurden erschossen. Der Anschlag in Tikrit ereignete sich am 5. Dez. vor einem amerikanisch kontrollierte Waffenlager. Neben den 17 Todesopfern gab es nach US-Angaben 13 Verletzte.
  • Im weiter nördlich gelegenen Beidschi rammte am 5. Dez. ein Selbstmordattentäter mit seinem Fahrzeug einen Kontrollpunkt der irakischen Nationalgarde und riss drei Soldaten mit in den Tod.
    Ein weiterer Nationalgardist wurde bei einem Feuerüberfall bei Samarra getötet.
  • Die Zahl der unterernährten Kinder im Irak hat sich nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) in den vergangenen beiden Jahren fast verdoppelt. Hunderttausende Kinder unter fünf Jahren seien unternernährt,beklagte UNICEF-Chefin Carol Bellamy in einem am 5. Dez. im Internet veröffentlichten Bericht der UN-Organisation. Acht Prozent von ihnen litten an chronischem Durchfall oder Proteinmangel.
  • Pakistans Präsident Pervez Musharraf hat den Krieg im Irak als Fehler bezeichnet. Der US-geführte Einmarsch habe die Welt gefährlicher gemacht, so Musharraf in einem CNN-Interview am 5. Dez. Er sprach sich aber gegen einen schnellen Abzug der internationalen Truppen aus. Das würde nur zu weiteren Problemen führen. Musharraf hatte die US-Hauptstadt Washington besucht und war dabei auch mit US- Präsident George W. Bush zusammengetroffen. Dabei ging es in der Hauptsache um das Thema Terrorismus.
Montag, 6. Dezember, bis Sonntag, 12. Dezember
  • Bei einem Angriff in der westirakischen Provinz El Anbar sind zwei US-Marineinfanteristen getötet worden. Wie die US-Armee am 6. Dez. mitteilte, nahmen die beiden Soldaten an "Sicherheits- und Stabilitätsoperationen" teil, als sie erschossen wurden. Der Vorfall ereignete sich bereits am 3. Dez.
  • Bei einem Überfall Bewaffneter auf einen Polizeiposten in der zentralirakischen Provinz El Anbar ist in der Nacht zum 6. Dez. mindestens ein Polizist getötet worden. Wie der örtliche Polizeichef mitteilte, stürmten Unbekannte das Gebäude in der Stadt Hit und töteten den Mann, nachdem sie ihn vorübergehend als Geisel genommen hatten. Die Gründe für den Überfall waren demnach zunächst nicht klar. Hit liegt rund 200 Kilometer westlich von Bagdad; El Anbar gilt als Hochburg sunnitischer Rebellen. In der nahe gelegenen Ortschaft Rahalia stürmten Bewaffnete ebenfalls einen Polizeiposten. Wie die Polizei mitteilte, schlossen die Täter die Polizisten in Zellen ein und entwendeten Waffen und vier Fahrzeuge. Wie das US-Militär erst jetzt mitteilte, kamen die Männer bereits am 5. Dez. ums Leben. Weitere Angaben machte die Armee nicht.
  • Bei zwei Einsätzen der US-Armee in El Anbar starben drei US-Soldaten.
    Damit sind nach Zählung der Nachrichtenagentur AP seit Beginn des Irak-Krieges im März vergangenen Jahres mindestens 1.276 US-Soldaten ums Leben gekommen.
  • Im Irak haben die Helfer des Roten Halbmonds nach zwei Wochen intensiver Arbeit am 6. Dez. die einstige Rebellenhochburg Falludscha verlassen. Augenzeugen berichteten, die US-Armee habe dazu aufgefordert. Die Lage in der Stadt biete nicht genügend Schutz für die Mitarbeiter. Einwohner berichteten derweil über US-Luftangriffe, die in der Nacht begonnen hätten und auch am Vormittag noch andauerten. Angesichts der Not in der Stadt wollen die Helfer des Roten Halbmonds so schnell wie möglich nach Falludscha zurückkehren.
  • US-Präsident George W. Bush hat sich erneut für ein Festhalten am Termin für die irakische Wahl im Januar ausgesprochen. Die Abstimmung wie geplant durchzuführen zeige, dass Terroristen die fortschreitende Demokratisierung nicht aufhalten könnten, sagte Bush am 6. Dez. in Washington nach einem Treffen mit dem irakischen Präsidenten Ghasi al Jawer.
  • Bei der Explosion einer am Straßenrand deponierten Bombe sind am 7. Dez. südlich von Bagdad drei irakische Nationalgardisten in den Tod gerissen worden. Elf weitere Soldaten seien bei dem Anschlag auf ihren Stützpunkt bei Dschebala verwundet worden, wie ein irakischer Beamter am Dienstag mitteilte.
    Unterdessen meldeten die US-Streitkräfte die Festnahme von 34 Aufständischen seit dem 5. Dez. Darunter befänden sich zehn Männer, die wegen des Verdachts der Herstellung von Sprengsätzen gezielt gesucht worden seien.
  • Bewaffnete haben am 7. Dez. eine christliche Kirche in der nordirakischen Stadt Mossul gestürmt und in dem Gebäude mehrere Sprengsätze gezündet. Die Bewaffneten seien in die Kirche eingedrungen und hätten alle dort Anwesenden in einem Raum versammelt, sagte der Priester Ragid Asis Kara der Nachrichtenagentur AFP. Dann hätten sie in mehreren Teilen des Gebäudes Sprengsätze platziert. "Wir wurden nach draußen geführt und die Bewaffneten zündeten die Sprengsätze. Wir hörten drei Explosionen." Die Kirche geriet in Brand.
  • Zwei sunnitische Parteien im Irak haben am 7. Dez. ihre Teilnahme an der für Januar geplanten Wahl angekündigt. Seine Organisation werde bis Bewerbungsschluss am 10. Dez. eine Liste mit Kandidaten fertig stellen, sagte ein Sprecher der Islamischen Partei, der größten Sunniten-Organisation, der Nachrichtenagentur AFP. Es gebe bereits Treffen mit möglichen Partnern, um auszuloten, ob die Islamische Partei allein oder als Zusammenschluss mit anderen Organisationen antreten werde. Auch die Nationaldemokratische Partei (PND) meldete ihre Teilnahme und die Suche nach Partnern an.
  • Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, hat zu einer "Versöhnungskonferenz" vor den Wahlen im Irak aufgerufen. Sämtliche irakischen Kräfte müssten sich an dem für den 30. Januar geplanten Urnengang beteiligen, sagte Mussa am 7. Dez. in Kairo. Nur so könnten die Wahlen "glaubwürdig" sein. Deshalb sollte umgehend eine Konferenz zur Versöhnung der verschiedenen Gruppen einberufen werden.
  • Bei neuerlicher Gewalt in der irakischen Stadt Samarra sind am 8. Dez. mindestens sechs Menschen getötet worden. Nach Angaben eines örtlichen Polizeivertreters griffen Aufständische am Morgen eine Polizeiwache im westlichen Stadtteil Schaufa an und töteten mindestens einen Polizisten; ein elfjähriges Mädchen wurde verletzt. Die anschließenden Feuergefechte hätten sich später auf den Norden Samarras ausgeweitet. Im Stadtzentrum wurden unterdessen bei einem Angriff auf eine US-Patrouille mindestens vier Iraker getötet, wie ein weiterer Polizeioffizier berichtete.
  • Ein internes Dokument des US-Militärgeheimdiensts belegt bislang unbekannte Fälle von Gefangenenmisshandlungen durch US-Soldaten im Irak. Mitglieder einer US-Spezialeinheit hätten in einem Gefangenenlager in Bagdad Häftlinge geschlagen und dann massiv Kollegen vom Militärgeheimdiensts (DIA) bedroht, die die Misshandlungen dokumentieren wollten, heißt es in dem Dokument. Ein Häftling sei demnach derart kräftig ins Gesicht geschlagen worden, dass er ärztlicher Behandlung bedurfte. Zudem seien Häftlinge gesehen worden, die Brandmale und Blutergüsse am Körper hatten und über Nierenschmerzen klagten. Bei dem Dokument handelt es sich um ein behördeninternes Schreiben vom 25. Juni 2004, in dem der DIA-Direktor Lowell Jacoby dem Pentagon-Beamten Stephen Cambone die Vorgänge schildert. Es wurde von der Bürgerrechtsgruppe American Civil Rights Union veröffentlicht, die seine Freigabe per Gerichtsbeschluss erzwungen hatte. (AFP, 8. Dez.)
  • Der britische Premierminister Tony Blair hat am 8. Dez. Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung zur Zahl der im Irak getöteten Zivilisten abgelehnt. 46 Persönlichkeiten, darunter frühere Botschafter, Wissenschaftler und ein Bischof hatten in einem offenen Brief erklärt, die USA und Großbritannien hätten die Pflicht, die Zahl der getöteten Zivilisten in der anhaltenden Welle der Gewalt zu erfassen. Blair sagte vor dem Parlament, das irakische Gesundheitsministerium sei der richtige Ort, um die Zahl der Toten zu erfassen. Verantwortlich für die zivilen Opfer seien die Aufständischen. "Diese Leute, die heute unschuldige Menschen im Irak töten, die dafür verantwortlich sind, dass unschuldige Menschen sterben, das sind die Terroristen und Aufständischen, die Wahlen im Irak verhindern wollen", sagte Blair. "Alle Handlungen der multinationalen Streitkräfte und der irakischen Armee zielen nur darauf, die Leute zu besiegen, die unschuldige Menschen in die Luft sprengen."
  • Einen Tag vor dem Treffen mit seinen NATO-Kollegen hat US-Außenminister Colin Powell alle europäischen Partner zur Mithilfe im Irak aufgefordert. Er wisse, dass in den vergangenen vier Jahren einige Entscheidungen von Präsident George W. Bush und insbesondere die zum Irak in Europa umstritten gewesen seien, sagte Powell am 8. Dez. in Brüssel. Wie immer aber diese Differenzen in der Vergangenheit ausgesehen hätten, müsse nun "nach vorne" geschaut werden. Mehr als jemals zuvor müssten alle Staaten ihre Ressourcen mobilisieren, um in der Welt zu helfen. Das sei die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft.
  • Japan hat seine Irak-Mission um ein Jahr verlängert. Das Kabinett von Ministerpräsident Junichiro Koizumi habe den Einsatz bis zum 14. Dezember 2005 verlängert, sagte eine Sprecherin des Regierungschefs am 9. Dez. in Tokio.
  • Eine Autobombe ist am 9. Dez. mitten auf einem belebten Markt der nordirakischen Stadt Mossul explodiert. Während die Polizei zunächst von Dutzenden Opfern ausgegangen war, bestätigten die US-Streitkräfte zwei irakische Verletzte.
  • Im Norden Bagdads rissen am 9. Dez. Granatenanschläge auf einen Stützpunkt der Nationalgarde drei Iraker in den Tod. Fünf Menschen wurden nach Angaben der Polizei verletzt.
  • Die italienische Botschaft in Bagdad ist am 9. Dez. mit Mörsergranaten beschossen worden. Die Angreifer verfehlten allerdings das Ziel, berichtete das staatliche italienische Fernsehen. Nach Augenzeugenangaben wurden zwei irakische Zivilisten getötet.
  • In der nordirakischen Stadt Mossul sind nach einem Medienbericht 21 Leichen entdeckt worden. 19 der Opfer seien Angehörige der irakischen Nationalgarde, berichtete der Nachrichtensender Al-Arabija am 9. Dez.
  • Ungeachtet des Streits um die Beiträge einzelner Bündnispartner hat die NATO dem Irak weitere Hilfe zugesichert. Die Alliierten blieben vereint in ihrer Unterstützung für das irakische Volk, hieß es in einer Erklärung der am 9. Dez. in Brüssel tagenden Außenminister des Bündnisses. Die NATO biete der Übergangsregierung in Bagdad weiter ihre volle Zusammenarbeit an, um die innere Sicherheit zu verbessern und die Wahlen im kommenden Jahr vorzubereiten. Mit der NATO-Unterstützung bei der Ausbildung und Ausrüstung der Sicherheitskräfte solle die Regierung so schnell wie möglich selber die volle Verantwortung für die Sicherheit übernehmen können.
  • Die Schiiten im Irak haben ein breites Bündnis für die Wahlen am 30. Januar geschlossen. Die Liste "Vereinigte irakische Allianz" werde von Großayatollah Ali Sistani unterstützt und umfasse 228 Namen, sagte Ali Adib von der gemäßigten schiitischen Dawa-Partei am 9. Dez. in Bagdad. Zu dem Bündnis gehörten alle wichtigen schiitischen Parteien und Persönlichkeiten mit Ausnahme des radikalen Predigers Moktada Sadr. Darunter sind Politiker der Dawa-Partei, des Obersten Rats der Islamischen Revolution im Irak und des Irakischen Nationalkongresses (INC) von Ahmed Tschalabi. Die Liste sei am Donnerstag der Wahlkommission zugestellt worden, sagte Adib.
  • Die NATO hat nach eigenen Angaben ausreichend Personal zur Verfügung, um die Ausbildungsmission in Irak auf 300 Soldaten aufzustocken. Dies teilte Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer bei einem Treffen der Außenminister der Allianz am 9. Dez. in Brüssel mit. "Die Mission verläuft exakt nach Plan", sagte De Hoop Scheffer. US-Außenminister Colin Powell und De Hoop Scheffer kritisierten allerdings Länder wie Deutschland, die sich nicht an der Mission in Bagdad beteiligen wollen.
  • Zum ersten Mal seit den schweren Kämpfen zwischen Rebellen und US-Truppen in Falludscha im November haben Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) die irakische Widerstandshochburg besucht. Sieben Mitarbeiter seien für mehrere Stunden im Zentrum der Stadt gewesen, berichtete IKRK-Sprecher Florian Westphal am 9. Dez. Die Gruppe habe bei ihrem Besuch am 7. Dez. Beamte der Wasser- und Abwasserbetriebe getroffen und ein behelfsmäßig eingerichtetes Krankenhaus besichtigt.
  • Die Europäische Union will im kommenden Jahr die Finanzierung von humanitärer Nothilfe im Irak einstellen und stattdessen Geld für den Wiederaufbau bereitstellen. Das EU-Amt für humanitäre Hilfe (ECHO) habe beschlossen, ab April 2005 die Finanzierung von Nothilfe-Projekten zu beenden, da nun eine Phase des Wiederaufbaus im Irak beginne, sagte ein Sprecher von Entwicklungskommissar Louis Michel am 9. Dez. Die EU habe für das kommende Jahr 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau reserviert. Im Falle einer humanitären Krise könnten aber weitere Mittel mobilisiert werden.
  • Ein US-Soldat, der sich als Opfer einer Entführung im Irak ausgegeben hatte, ist in den USA wegen Fahnenflucht angeklagt worden. Nach fünfmonatigen Ermittlungen klagte die US-Marineinfanterie den Übersetzer Wassef Ali Hassoun wegen Desertion an, wie das Militär am 9. Dez. mitteilte. Der 24-Jährige werde zudem des Diebstahls einer Pistole und eines Fahrzeugs der US-Regierung beschuldigt.
  • Bei einer Diskussion mit japanischen Studenten der Tokioter Sophia-Universität hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Lob für seine Haltung im Irak-Krieg geerntet. "Das fand ich super", sagte ein junger Mann am 10. Dez. Die japanische Regierung hatte am Vortag gegen breiten Widerstand der Öffentlichkeit das Mandat für die japanischen Truppen im Irak um ein weiteres Jahr verlängert. (Vgl.: Japan: Friedensstaat oder Kriegsverbündeter?)
  • US-Außenminister Colin Powell hat die Differenzen zwischen den USA und mehreren europäischen Ländern wegen der Irak-Politik für beendet erklärt. Nach einem Treffen mit EU-Vertretern in Den Haag lobte Powell am 10. Dez. die Zusage der Europäer, zusätzliche Ausbilder für irakische Soldaten bereitzustellen und auch weitere Truppen nach Afghanistan zu entsenden. Ebenso würdigte er die transatlantische Zusammenarbeit zur Lösung der Konflikte im Sudan und der Staatskrise in der Ukraine.
  • Ein wegen Tötung eines irakischen Zivilisten angeklagter US-Soldat muss für drei Jahre ins Gefängnis. Ein US-Militärgericht befand den Unteroffizier Johnny Horne am 10. Dez. für schuldig, am 18. August einen unbewaffneten und verletzten Iraker im Bagdader Armenviertel Sadr City erschossen zu haben. Der Angeklagte hatte ausgesagt, er habe den Schwerverletzten "von seinem Leid befreien" wollen. Horne wurde zudem zum Gefreiten degradiert, wie die US-Armee am Samstag in Bagdad mitteilte. Zudem wurden ihm alle finanziellen Leistungen gestrichen. Später steht dem Verurteilten demnach die unehrenhafte Entlassung aus der Armee bevor.
  • Bei einem Überfall auf eine irakische Polizeipatrouille im Norden Bagdads sind am 10. Dez. zwei Beamte getötet worden. Nach Behördenangaben wurden bei dem Angriff zwei weitere Polizisten verletzt.
  • In der Stadt Samarra kostete ein Granatenangriff am 10. Dez. einen Autofahrer das Leben. Ob das Opfer auch Ziel des Angriffs war, war zunächst unklar.
  • Im Irak ist erstmals ein Kandidat für die Parlamentswahl im Januar einem gezielten Anschlag zum Opfer gefallen. Das Mitglied der Hisbollah-Bewegung war zuvor in einem Drohbrief davor gewarnt worden, bei der Wahl anzutreten, wie die Gruppe am 10. Dez. mitteilte. Das Hisbollah-Mitglied Sattar Dschabar stand auf der Liste der 228 Kandidaten, die das neue Bündnis schiitischer Parteien, die Vereinigte Irakische Allianz, aufgestellt hat. Er und zwei weitere Hisbollah-Mitglieder waren bereits am Abend des 9. Dez. im Norden Bagdads von bewaffneten Motorradfahrern erschossen worden. Ein vierter Mann wurde bei dem Überfall schwer verletzt.
  • Am 11. Dez. geriet in Bagdad ein Bus mit Angestellten des Bildungsministeriums unter Beschuss. Fünf Insassen mussten ins Krankenhaus gebracht werden, wie ein Sanitäter mitteilte.
  • Bei der Explosion einer Autobombe sind am 11. Dez. in der nordirakischen Stadt Mossul zwei irakische Zivilisten verletzt worden. Nach Angaben von Augenzeugen und Krankenhausmitarbeitern ging der Sprengsatz hoch, nachdem ein US-Konvoi die Stelle passiert hatte. Der Konvoi wurde demnach nicht getroffen. Unbekannte hätten zuvor ein mit Sprengstoff präpariertes Auto am Straßenrand geparkt, sagte ein Händler aus der Nachbarschaft. Von Seiten der US-Armee gab es zunächst keine Bestätigung für den Vorfall.
  • Bei einem Bombenanschlag auf ein Polizeifahrzeug in der südirakischen Stadt Basra wurde am 11. Dez. ein Beamter verletzt.
  • Die sunnitische Islamische Partei hat für die Wahlen im Irak 275 Kandidaten aufgestellt. Das entspricht der Zahl der Sitze des künftigen Parlaments in Bagdad und damit dem Maximum, das eine Partei aufbieten kann. Die Islamische Partei will für die Wahl am 30. Januar 2005 kein Bündnis mit einer anderen politischen Partei eingehen, wie aus den am 11. Dez. veröffentlichten Angaben der Wahlkommission hervorgeht. Damit zeigt sich die Partei willens, am ersten demokratischen Urnengang im Irak seit rund 50 Jahren teilzunehmen, obwohl es zuvor Boykottaufrufe sunnitischer Geistlicher und Todesdrohungen von Aufständischen gegeben hatte.
  • Im Stadtzentrum von Erbil im Norden des Irak ist am 12. Dez. eine Autobombe explodiert. Das berichteten Augenzeugen. Die Kurdenstadt liegt rund 350 Kilometer nördlich von der irakischen Hauptstadt Bagdad. Die Region gilt bislang als realtiv ruhig. Angaben über mögliche Opfer und Sachschäden lagen zunächst nicht vor.
  • Nach heftigen Kämpfen mit Aufständischen hat die US-Luftwaffe am 12. Dez. abermals Angriffe auf Falludscha geflogen. Kampfmaschinen hätten zehn Bomben zielgerichtet auf Bauwerke abgeworfen, in denen sich Rebellen versteckt gehalten oder Deckung gesucht hätten, teilten die US-Streitkräfte mit. Die Bodentruppen hätten die Verstärkung aus der Luft angefordert. Über Opfer der Kämpfe lagen zunächst keine Angaben vor. Ein Einwohner von Falludscha erklärte, die Gefechte hätten begonnen, nachdem 700 bis 800 US-Soldaten zu Aufräumarbeiten in die Stadt einmarschiert seien.
    Bei Kämpfen mit Aufständischen sind in der irakischen Provinz El Anbar acht US-Marineinfanteristen gestorben. Die Soldaten des 1. Marineinfanterie-Expeditionskorps seien am 12. Dez. bei zwei verschiedenen Einsätzen in der Region getötet worden, teilte die US-Armee mit. Nähere Angaben zur Art der Einsätze wurden nicht gemacht. In der hauptsächlich von Sunniten bewohnten Provinz El Anbar liegen unter anderem die Widerstandshochburgen Falludscha und Ramadi.
  • Wird der sunnitische Widerstand gegen die Wahlen im Irak Ende Januar geringer? Zwei Parteien, in denen hauptsächlich Sunniten vertreten sind, kündigten am 12. Dez. ihre Teilnahme an. Allerdings bekräftigte die Patriotische und Demokratische Partei ihre Forderung nach einer Verschiebung des Termins.
  • Der Bürgerrechtler, Unicef-Botschafter und Sänger Harry Belafonte hat in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen" am 12. Dezember US-Präsident George W. Bush wegen des Irak-Kriegs scharf kritisiert. Bush habe "die Welt getäuscht" und sei im Irak "in persönlicher Mission unterwegs" gewesen. Bush sei es nicht um "die idealistischen Vorstellungen" wie die Demokratisierung des Irak gegangen. Wenn die "Mission" gewesen sei, einen Tyrannen zu vertreiben, "hätten die USA schon lange vorher den Krieg führen müssen", sagte Belafonte weiter.
Montag, 13. Dezember, bis Mittwoch, 15. Dezember
  • Ein Gefolgsmann des islamischen Extremistenführers Abu Mussab el Sarkawi hat nach einem Zeitungsbericht Pläne des Jordaniers für einen Anschlag enthüllt, der die Terroranschläge vom 11. September 2001 noch übertreffen soll. Dies berichtete der Berliner "Tagesspiegel" (Ausgabe vom 13. Dez.) unter Berufung auf den Sarkawi-Gefolgsmann, der von den US-Truppen im November während ihrer Offensive gegen die sunnitische Widerstandshochburg Falludscha festgenommen worden sei und inzwischen als eine Art Kronzeuge gegen Sarkawi aussage. Er beteuert laut "Tagesspiegel", mit Sarkawi noch vor Beginn der Falludscha-Offensive zusammengetroffen zu sein. Die US-Sicherheitsbehörden halten die Angaben dem Bericht zufolge für seriös.
  • Ein Selbstmordattentäter hat sich am Morgen des 13. Dez. am Eingang zur Grünen Zone in Bagdad in einem Auto in die Luft gesprengt. Dabei wurden mindestens 13 Menschen verletzt, wie ein Arzt im Jarmuk-Krankenhaus im Westen der Stadt erklärte. Nach Polizeiangaben detonierte das Auto in der Nähe eines Kontrollpostens. Mehrere weitere Fahrzeuge seien zerstört worden. In der Grünen Zone am Westufer des Tigris liegt das irakische Regierungsviertel. Außerdem befindet sich dort das Hauptquartier der US-Streitkräfte.
  • Bei einem zweiten Anschlag in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am 13. Dez. drei US-Soldaten und ein irakischer Zivilist verletzt worden. Eine Autobombe explodierte am Morgen im Norden der Stadt, als eine US-Patrouille vorbeifuhr, wie die US-Armee mitteilte. Zwei gepanzerte Fahrzeuge der Armee seien schwer beschädigt worden.
  • Der irakische Übergangspräsident Ghasi el Jawar hat den USA und Großbritannien schwere Fehlkalkulationen in der Besatzungspolitik vorgeworfen. Die Auflösung der irakischen Ministerien für Verteidigung und Inneres sowie der Armee unmittelbar nach dem Krieg sei ein "großer Fehler" gewesen, weil dadurch ein Vakuum in der inneren Sicherheit geschaffen worden sei, sagte Jawar in einem am 13. Dez. von der britischen BBC gesendeten Interview. Bewaffnete Rebellen hätten dieses Vakuum für ihren Kampf gegen die ausländischen Truppen nutzen können.
  • Das Pentagon hat die Bundesregierung vor einer möglichen Verschlechterung ihrer Beziehungen mit den USA gewarnt, sollte die Anzeige des Republikanischen Anwältevereins (RAV) gegen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld Erfolg haben. Wenn ein "abenteuerlustiger" Staatsanwalt die juristische Verfolgung aufnehme, könnte dies die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland "im weiteren Sinne" belasten, sagte Pentagon-Sprecher Lawrence DiRita am 13. Dez. in Washington. Jede Regierung der Welt verstehe die potenziellen Folgen für ihr Verhältnis mit den USA, sollte ein solch "leichtsinniger" Prozess stattfinden, sagte der Sprecher. Der RAV hatte Ende November US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und weitere Mitglieder der US-Regierung wegen Kriegsverbrechen und Folter im irakischen Gefängnis Abu Ghraib bei der Bundesanwaltschaft angezeigt.
  • In der irakischen Provinz Anbar sind erneut zwei US-Soldaten bei Kampfeinsätzen ums Leben gekommen. Die Marineinfanteristen hätten an "Sicherheits- und Stabilisierungsoperationen" teilgenommen, teilten die Streitkräfte am 14. Dez. mit. Damit wurden allein in den vergangenen drei Tagen zehn amerikanische Soldaten in Anbar getötet. In der Provinz liegen die umkämpften Städte Ramadi und Falludscha. Insgesamt kamen seit Beginn des Irak-Krieges fast 1.300 US-Soldaten ums Leben.
  • Der amerikanische Generalstabschef Richard Myers erklärte bei einem Besuch in Bagdad am 14. Dez., die USA würden bis zur Wahl am 30. Januar ihre Truppen von 138.000 auf 150.000 Mann aufstocken.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 14. Dez. mindestens ein irakischer Soldat getötet worden, zwölf Menschen wurden nach Krankenhausangaben verletzt. Laut einem irakischen Armeevertreter sprengte sich der Attentäter in seinem Auto in der Nähe der Grünen Zone, des schwer bewachten Regierungsbezirks von Bagdad, in die Luft.
  • Im Bagdader Armenviertel Sadr wurde am 14. Dez. ein Kommandeur der Al-Mahdi-Miliz des schiitischen Predigers Muktada al Sadr getötet. Nach Behördenangaben wurde Mussa Dschabar aus einem fahrenden Auto heraus erschossen. Ob der Anschlag auf einen Machtkampf rivalisierender Gruppen zurückzuführen war, stand zunächst nicht fest.
  • Bei einem Angriff im Osten Bagdads töteten am 14. Dez. Unbekannte zwei ranghohe Polizisten. Die beidem Beamten wurden nach Polizeiangaben auf dem Weg zur Arbeit im Viertel Ur erschossen. Die Angreifer konnten flüchten. Bei einem zweiten Angriff im Osten der Hauptstadt wurde ein Polizist verletzt, hieß es weiter.
  • Als Wiedergutmachung für die teilweise Zerstörung der irakischen Widerstandshochburg Falludscha will die US-Armee 500 Dollar (rund 380 Euro) an jede zurückkehrende Familie zahlen. Den Heimkehrern solle mit der "Trost-Zahlung" gezeigt werden: "Uns tut es Leid, was mit eurer Stadt passiert ist", sagte Hauptmann Paul Batty von der US-Marineinfanterie am 14. Dez. der Nachrichtenagentur AFP in Falludscha. Die Stadt wurde bei der am 8. November begonnenen US-Großoffensive gegen sunnitische Rebellen schwer beschädigt. Laut Batty flohen nahezu sämtliche 300.000 Einwohner aus Falludscha.
  • Die britische Regierung muss den Tod eines irakischen Zivilisten in britischer Militärhaft von unabhängiger Seite untersuchen lassen. Der High Court in London gab am 14. Dez. der Klage einer irakischen Familie statt, deren 26-jähriger Sohn in britischer Militärhaft vermutlich an den Folgen schwerer Misshandlung gestorben war. Dem Urteil zufolge gilt die Europäische Menschenrechtskonvention auch für "britische Außenstellen" im Ausland, wie Botschaften oder Konsulate sowie in diesem Fall das britische Militärgefängnis bei Basra. Die Regierung von Premierminister Tony Blair lässt bisher nur Ermittlungen durch die Militärpolizei zu.
  • Der irakische Menschenrechtsminister Bachtiar Amin hat das Geheimnis um den Aufenthaltsort von Saddam Hussein gelüftet. Der frühere irakische Machthaber werde im US-Militärcamp Cropper in der Nähe des Bagdader Flughafens festgehalten, sagte Amin am 14. Dez. bei einem Treffen mit Vertretern von UN-Organisationen, Geberländern und Menschenrechtsgruppen in Genf. Camp Cropper ist Teil des 16 Kilometer außerhalb vom Bagdader Stadtzentrum gelegenen Camp Victory. Saddam Hussein sei bei guter Gesundheit, fügte der Minister hinzu. "Er isst sehr gut und hat fünf Pfund zugenommen." Acht seiner elf Mithäftlinge waren am 10. Dez. aus Protest gegen die Haftbedingungen zeitweise in den Hungerstreik getreten. Nach US-Militärangaben nahmen sie aber am 13. Dez. wieder Nahrung zu sich.
  • Polen will im Februar rund ein Drittel seiner Soldaten aus dem Irak abziehen. Die derzeit 2.500 Soldaten zählende Truppe werde Mitte Februar auf 1.700 Soldaten verkleinert, sagte Verteidigungsminister Jerzy Szmajdzinski am 14. Dez. in Warschau. Gleichzeitig seien 700 in Polen stationierte Soldaten jederzeit bereit für einen Einsatz im Irak. Polen führt seit Herbst vergangenen Jahres eine 6.000 Mann starke multinationale Truppe im Irak.
  • Hohe Vertraute des entmachteten irakischen Staatschefs Saddam Hussein sollen sich ab der kommenden Woche vor Gericht verantworten. Ministerpräsident Ijad Allawi sagte vor dem Nationalrat in Bagdad am 14. Dez., den "Symbolen des früheren Regimes" werde nach und nach der Prozess gemacht. Laut Allawi sind die Vorbereitungen für die Gerichtsverfahren gegen die frühere irakische Führung abgeschlossen und die zuständigen Richter ernannt worden. Der Prozess gegen Saddam Hussein soll nach bisherigem Stand nach den Wahlen vom 30. Januar stattfinden. Allawi äußerte die Befürchtung, dass die Gewalt nach den für Januar geplanten Wahlen noch zunehmen werde.
    Die Anwälte des entmachteten Staatschefs bezeichneten die angekündigten Verfahren als "ungültig", weil ihnen bislang der Zugang zu den Angeklagten verwehrt worden sei. Auch die Anklagen des von der US-geführten Koalition eingerichteten Sondergerichts seien gemäß den gesetzlichen Regeln ungültig, sagte der jordanische Anwalt und Sprecher des aus 23 Juristen betehenden Verteidigerteams, Siad Chassauneh. Saddam Hussein droht vor einem irakischen Sondergericht die Todesstrafe wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
  • Neue Belege für Misshandlungen von irakischen Gefangenen durch US-Soldaten sind in den USA an die Öffentlichkeit gelangt. Die offiziellen Dokumente der US-Marines wurden am 14. Dez. auf Antrag der Bürgerrechtsbewegung American Civil Liberties Union (ACLU) per Gerichtsbeschluss freigegeben. Zu den Misshandlungen gehört laut ACLU eine Schein-Hinrichtung. In einige Fällen seien die verantwortlichen Soldaten zur Rechenschaft gezogen worden, während andere Vorkommnisse von der Armee unter Verschluss gehalten worden seien. Laut ACLU zeigen die Dokumente, dass Misshandlungen in US-Gewahrsam im Irak üblich waren.
  • Ein UN-Gremium hat den USA einem Presserbericht zufolge grobe Unregelmäßigkeiten im Umgang mit den irakischen Ölreserven vorgeworfen. Das mit der Kontrolle der Verwendung der Ölgelder befasste International Advisory and Monitoring Board (IAMD) moniere vor allem die Vergabe von Verträgen an US-Firmen durch die im Juni aufgelöste US-Zivilverwaltung im Irak, berichtete die "New York Times" am 15. Dez. auf ihrer Internetseite. Zahlreiche Verträge wiesen Unregelmäßigkeiten auf. So seien notwendige Kontrollen vernachlässigt worden, Kosten seien oft "ungerechtfertigt und überhöht" gewesen, hieß es weiter.
  • Zwei weitere US-Soldaten sind der anhaltenden Gewalt im Irak zum Opfer gefallen. Nach Armeeangaben erlag ein Soldat am 15. Dez. seinen Schusswunden, die ihm tags zuvor bei einem Angriff Aufständischer auf einen Militärkonvoi südlich von Bagdad zugefügt worden seien. Ein Marineinfanterist sei bereits am 14. Dez. bei Kämpfen in der Provinz Anbar getötet worden, hieß es weiter. In dieser westlich von Bagdad gelegenen Provinz liegen die Rebellenhochburgen Falludscha und Ramadi.
  • Bei einem Angriff auf ihren Konvoi sind am 15. Dez. im Süden von Bagdad vier irakische Polizisten getötet worden. Zwanzig weitere Beamte wurden nach Polizeiangaben verletzt, als Unbekannte das Feuer auf die Beamten eröffneten. 13 Polizisten werden demnach weiter vermisst. Der Konvoi mit insgesamt 85 Rekruten der irakischen Polizei war den Angaben zufolge auf dem Weg von der südirakischen Stadt Basra nach Bagdad. Der Angriff ereignete sich in Basmaja, rund 15 Kilometer südlich von Bagdad. Die Region gilt als äußerst gefährlich.
  • Wenige Stunden nach dem Wahlkampfauftakt im Irak sind bei einem Anschlag auf das Büro des Schiitenführers Ali al-Sistani am 15. Dez. mindestens acht Menschen getötet worden. 32 Menschen, darunter Scheich Abdul Mahdi al-Kerbalai, ein enger Vertrauter des Großajatollahs, wurden teils schwer verletzt. Die Bombe war etwa zehn Meter von Al-Sistanis Vertretung in Kerbela, in der Nähe des Imam-Hussein-Schreins, versteckt worden. Der Großajatollah, der die höchste religiöse Autorität der Schiiten im Irak ist, lebt selbst in der Nachbarstadt Nadschaf.
  • US-Präsident George W. Bush hat den Iran und Syrien gewarnt, sich in die "inneren Angelegenheiten" des Irak einzumischen. Beiden Ländern solle weiter deutlich gemacht werden, dass eine solche Einmischung "nicht in ihrem Interesse" sei, sagte Bush am 15. Dez. bei einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi in Washington. Der irakische Verteidigungsminister Hasem Schaalan hatte den Iran zuvor für Terroranschläge im Irak verantwortlich gemacht. Der Terrorismus im Irak werde vom iranischen und syrischen Geheimdienst gesteuert.
  • Im Irak ist laut einem Medienbericht ein Italiener entführt worden. Wie die Nachrichtenagentur Ansa am 15. Dez. unter Berufung auf italienische Geheimdienstquellen meldete, arbeitete der 52-jährige Süditaliener für eine regierungsunabhängige britische Hilfsorganisation. Angaben über die Umstände oder den Ort der Entführung wurden in dem Bericht nicht gemacht.


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