Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. bis 15. September 2004

Mittwoch, 1. September, bis Sonntag, 5. September
  • Das irakische Übergangsparlament hat sich in Bagdad konstituiert. Vor der ersten Sitzung des neuen Nationalrates am 1. September erschütterten mehrere Explosionen das militärisch abgeriegelte Zentrum der irakischen Hauptstadt. Die irakische Polizei und US- Truppen hatten die Sicherheitsmaßnahmen vor der Sitzung verschärft, berichteten Augenzeugen. Auf der Tagesordnung der Parlamentarier stehen die Wahl eines Parlamentsvorsitzenden und die Bildung von Ausschüssen.
  • Sieben im Irak entführte Lastwagenfahrer sind einem Fernsehbericht zufolge wieder auf freiem Fuß. Die für die kuwaitische Firma Kuwait Gulf and Link (KGL) arbeitenden drei Inder, drei Kenianer und ein Ägypter seien von ihren Entführern freigelassen worden, berichtete der Fernsehsender El Arabija am 1. September. Die kuwaitische Firma hat nach eigenen Angaben ein Lösegeld von mehr als 500.000 Dollar (gut 410.000 Euro) bezahlt. Nach der Ankunft der sieben Männer auf dem Flughafen von Kuwait-Stadt sagte der Chef der Firma Kuwait Gulf and Link (KGL), Said Ismail el Daschti, bereits zuvor seien Lösegelder geflossen. Über deren Höhe machte er keine Angaben.
  • Bei den Protesten in Nepals Hauptstadt Kathmandu gegen die Tötung von zwölf nepalesischen Geiseln im Irak hat es am 1. September einen Toten und drei Verletzte gegeben. Nach Angaben des Innenministeriums feuerten nepalesische Sicherheitsleute vor der ägyptischen Botschaft, Iraks Interessenvertretung in Nepal, in eine Menge aufgebrachter Demonstranten.
  • Bei einem US-Luftangriff in Falludscha westlich von Bagdad sind am Abend des 1. September und in der Nach zum 2. September mindestens 17 Menschen getötet worden. Unter den Opfern waren auch drei Kinder, wie Augenzeugen und ein Krankenhaussprecher weiter berichteten. Die US-Streitkräfte erklärten, der Angriff habe einem Versteck von Anhängern des gesuchten Extremistenführers Abu Musab al Sarkawi gegolten, die erst kurz zuvor bei der Ermordung eines Menschen beobachtet worden seien. Augenzeugen zufolge wurde jedoch ein bewohntes Haus im Viertel al Dschubail getroffen.
  • In Warschau hat am 2. September eine zweitägige Konferenz von Militärexperten aus mehr als einem Dutzend Ländern mit Truppen im Irak begonnen. Bei dem Treffen werde über die Zusammensetzung der von Polen kommandierten multinationalen Division im Irak ab Januar 2005 beraten, sagte ein Sprecher des polnischen Generalstabs der Nachrichtenagentur AFP. Die Experten der 15 vertretenen Länder würden dazu ihre Vorschläge abgeben. Die Vorschläge sollten anschließend von den "nationalen Regierungen bestätigt" werden, fügte der Sprecher hinzu.
  • Die US-Regierung hat nach Informationen des NDR-Politmagazins "Panorama" die Misshandlungen im Abu Ghraib-Gefängnis bei Bagdad durch die Entsendung vorbelasteter Mitarbeiter befördert. Mindestens fünf Männer, die das US-Justizministerium mit dem Aufbau des Gefängnissystems im Irak beauftragte, seien zuvor in den USA in Fälle von Gefangenenmisshandlungen verwickelt gewesen, heißt es in dem am 2. September ausgestrahlten "Panorama"-Bericht. In mindestens zwei Fällen habe es auch entsprechende Urteile von Zivilgerichten gegeben.
  • Im Irak sind nach Berichten des Fernsehsenders El Dschasira vom 2. September drei türkische Geiseln hingerichtet worden. Nach irakischen Polizei- und Krankenhausangaben wurden in der Nähe von Samarra, nördlich der Hauptstadt Bagdad, am Straßenrand die Leichen der drei verschleppten Lastwagenfahrer entdeckt.
  • Saboteure haben am 2. September nach irakischen Angaben einen Anschlag auf eine Erdölleitung bei Kirkuk im Norden des Landes verübt. Wie Generalmajor Anwar Mohammed Amin von der Nationalgarde in Bagdad mitteilte, brach nach einer Sprengstoffexplosion ein Feuer aus. Die Pipeline verbindet die Ölfelder von Kirkuk mit der Raffinerie in Beidschi.
  • Unbekannte haben in Bagdad einen Iraker erschossen, der als Fahrer für die Nachrichtenagentur AP arbeitete. Ismail Taher Mohsin wurde am 2. September in der Nähe seiner Wohnung im Stadtviertel Ghasalija getötet. Der 50-Jährige war auf dem Weg zur Arbeit, als sein Auto von Kugeln durchsiebt wurde. Angehörige sagten, er habe keine Drohungen erhalten.
  • Nach dem Tod eines irakischen Gefangenen in amerikanischer Haft hat ein US-Militärgericht einen Soldaten der Misshandlung und der Pflichtversäumnis schuldig gesprochen. Der Marineinfanterist der Reserve wurde am 2. September aber vom Vorwurf freigesprochen, er habe den 52 Jahre alten Iraker angegriffen. Das Strafmaß wurde zunächst nicht verkündet. Der irakische Gefangene war im Juni 2003 in Camp Whitehorse nahe Nassirija ums Leben gekommen. Der Fall wurde von den US-Streitkräften später als Tötungsdelikt eingestuft. Anklage wegen Totschlags wurde jedoch nicht erhoben. (Der Soldat wurde schließlich zu 60 Tagen Zwangsarbeit verurteilt worden. Zugleich wurde er am 3. September in seinem Rang zurückgestuft. Die Verkündung des Strafmaßes folgte dem Schuldspruch wegen Pflichtversäumnis und Misshandlung vom Donnerstag. Vom Vorwurf, er habe den irakischen Gefangenen angegriffen, wurde der Marineinfanteristen der Reserve aber freigesprochen.)
  • Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) ist wegen angeblich antiamerikanischer Äußerungen bei der Union in die Kritik geraten. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Friedbert Pflüger (CDU), forderte Wieczorek-Zeul auf, ihre Vorwürfe gegen die USA zurückzunehmen. Mit ihrer "unerträglichen Äußerung" sei sie den US-Soldaten in den Rücken gefallen, die auf der Grundlage eines Mandats der Vereinten Nationen für die Stabilisierung des Irak kämpften, sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Ausgabe vom 3. September). Presseberichten zufolge hatte Wieczorek-Zeul die USA beschuldigt, Soldaten im Irakkrieg "zu opfern". Dies stelle ein "wirkliches Verbrechen" dar, wurde sie bei einer Ausstellungseröffnung in Mainz am 2. September zitiert.
    Die Bundesregierung hat die umstrittenen Äußerungen von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zum Tod von US-Soldaten im Irak verteidigt. Regierungssprecher Béla Anda sagte am 3. September in Berlin, die Ministerin habe deutlich machen wollen, dass Krieg immer menschliches Leid mit sich bringe. Eine Sprecherin der Ministerin betonte, Wieczorek-Zeul habe bei einer Ausstellungseröffnung in Mainz hervorgehoben, dass der Krieg in Irak großes menschliches Leid für die Zivilbevölkerung und auch für junge US-Soldaten mit sich gebracht habe. In diesem Zusammenhang habe die Ministerin gesagt: "Das ist ein wirkliches Verbrechen." Sie habe damit aber keine "Schuldzuweisung" verbunden, sondern habe ihr Mitgefühl auch gegenüber den Angehörigen zum Ausdruck bringen wollen.
  • In Frankreich hat sich die Hoffnung auf eine baldige Freilassung der beiden vor zwei Wochen im Irak entführten Journalisten verstärkt. Eine ranghohe Delegation französischer Moslems verlängerte ihren Aufenthalt in Amman, um die Freilassung der Geiseln abzuwarten. Der Rat der Ulema, die wichtigste Gruppe sunnitischer Religionsgelehrter, erklärte am Freitag, den 3. September, die beiden Geiseln seien "außer Gefahr" und ihre Freilassung nur noch "eine Frage der Zeit". "Der Freitag ist für die Moslems ein sehr wichtiger Tag", sagte Mohamed Bechari, Präsident der Nationalen Föderation der Moslems in Frankreich, dem Rundfunksender RTL unter Hinweis auf die Freitagsgebete der Moslems. Seine Organisation erwarte, "dass die Freilassung heute erfolgt".
  • Zwei Tage nach dem Anschlag auf die wichtigste irakische Ölpipeline in die Türkei ist im Süden des Landes eine weitere Leitung zerstört worden. Eine Bombenexplosion riss am Morgen des 4. September in der Nähe von Haritha rund zehn Kilometer nördlich von Basra die Pipeline zwischen Nahr Omar und den Ölfeldern von Subeir entzwei, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Wie stark die Exporte dadurch beeinträchtigt würden, war zunächst nicht klar.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der nordirakischen Stadt Kirkuk sind am 4. September mindestens 15 Menschen getötet worden. 20 weitere seien verletzt worden, teilte ein Krankenhaus in der Stadt mit. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich nach Angaben der Polizei vor der Polizeiakademie in einem Auto in die Luft. Laut einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP eilten Krankenwagen zum Tatort.
  • Bei Gefechten zwischen Aufständischen und US- Soldaten in Tel Afar in der Nähe der nordirakischen Stadt Mossul sind mindestens zwölf Menschen getötet worden. 50 Menschen seien verletzt worden, berichtet der arabische Fernsehsender El Dschasira am 4. September.
  • Aus Latifija erreichten uns am 4. September zwei unterschiedliche Meldungen: AFP: Bei einem Großeinsatz gegen Aufständische südlich von Bagdad sind am 4. September zwölf irakische Polizisten getötet worden. Nach Angaben eines Beamten des irakischen Armeegeheimdienstes fand der Einsatz in der 30 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt gelegenen Rebellenhochburg Latifija statt.
    AP: Aufständische haben am Samstag mit Mörsergranaten auf eine irakische Polizeipatrouille geschossen und dabei drei Polizisten getötet, wie das Innenministerium mitteilte. Der Angriff wurde gegen 16.50 Uhr (Ortszeit) zwischen den Städten Mahmudija und Latifija rund 40 Kilometer südlich von Bagdad verübt. Eine zunächst unbekannte Zahl weiterer Polizisten sei verletzt worden, sagte der Ministeriumssprecher weiter.
  • dpa fasste am Abend des 4. September den Tag folgendermaßen zusammen:
    Bei einer Welle der Gewalt sind im Irak etwa 50 Menschen getötet worden. In Kirkuk riss ein Selbstmordattentäter mit einer Autobombe vor einer Polizeiakademie mindestens 21 Menschen mit in der Tod. Zugleich starben 13 Iraker bei Angriffen des US-Militärs auf Rebellen im Norden. Südlich von Bagdad kamen zwölf irakische Polizisten bei einem Großeinsatz gegen bewaffnete Gruppen um.
  • Die irakische Regierung hat die einmonatige Schließung des Bagdader Büros des katarischen Fernsehsenders El Dschasira verlängert. Nach der Schließung des Büros wegen "Anstiftung zur Gewalt" vor einem Monat habe es der Sender versäumt, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, teilte das Büro des irakischen Ministerpräsidenten Ijad Allawi am 4. September mit. Das Management des Senders habe bei der irakischen Regierung auch keine offizielle Beschreibung der Gefahr angefordert, die der Sender darstelle. Zudem habe El Dschasira trotz der Büroschließung weiter aus dem Irak berichtet und Interviews mit Irakern geführt.
  • Nördlich von Bagdad sind vier irakische Zivilisten durch einen von Aufständischen gezündeten Sprengsatz verletzt worden. Der Sprengsatz explodierte neben ihrem Fahrzeug auf einer Schnellstraße 50 Kilometer westlich der Stadt Bakuba. Wie Krankenhausärzte am 5. September in Bakuba berichten, galt der Anschlag offensichtlich einem US-Militärkonvoi, verfehlte jedoch sein Ziel.
  • Vor einem US-Stützpunkt im Irak ist am 5. September eine Autobombe explodiert. Der Sprengsatz detonierte auf dem Flugplatz bei Didschiel, 40 Kilometer nördlich von Bagdad. Ein Militärfahrzeug geriet nach Berichten von Augenzeugen in Brand. Später hieß es, ein amerikanischer Soldat und zwei Iraker seien verletzt worden.
  • In der nordirakischen Kleinstadt Tel Afar sind am 5. September bei neuen Kämpfen zwischen Aufständischen und US-Soldaten drei Iraker getötet worden. Neun weitere Menschen seien verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Die US-Armee habe Hubschrauber und Panzer eingesetzt. Sie seien von irakischen Sicherheitskräften unterstützt worden.
  • Im nordirakischen Bedschi wurde am 5. September die Leiche eines im vergangenen Monat entführten Ägypters entdeckt.
  • Der frühere Stellvertreter des gestürzten irakischen Machthabers Saddam Hussein, Essat Ibrahim el Duri, ist gefasst worden. Wie ein Verantwortlicher des irakischen Verteidigungsministerium in Bagdad mitteilte, wurde Essat Ibrahim in der Region Tikrit festgenommen, der Heimat Saddam Husseins. Nach Angaben des Innenministeriums vom 5. September wurden 70 Anhänger von Essat Ibrahim bei der Festnahme getötet oder verletzt. Irakische Nationalgardisten hätten Essat Ibrahim in einem Krankenhaus gefasst, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Dort habe der an Leukämie leidende frühere Politiker eine Bluttransfusion erhalten sollen. "Er hatte sehr viele Anhänger an seiner Seite, die ihn zu verteidigen suchten", sagte der Sprecher weiter.
    Ein Sprecher der in Tikrit stationierten 1. US-Infantierdivision konnte die Festnahme zunächst nicht bestätigen. Er sagte: "Wir können das nicht bestätigen. Wir sind nicht an dieser Operation beteiligt gewesen."
  • Der Prozess gegen die frühere irakische Führungsriege soll nach Regierungsangaben noch vor den für Anfang kommenden Jahres geplanten Wahlen beginnen. "Der Prozess gegen Saddam Hussein und seine Bande, darunter (der früheren Vize-Präsident) Essat Ibrahim el Duri, wird vor den für Ende Januar 2005 geplanten Wahlen beginnen", sagte der irakische Minister ohne Geschäftsbereich, Kassem Daud, am 5. September in Kuwait.
  • Wenig später diese AFP-Meldung:
    Die irakische Nationalgarde hat ihre eigenen Angaben zurückgenommen, sie habe den einstigen Stellvertreter Saddam Husseins festgenommen. Die Nationalgarde sei an einer solchen Aktion zur Festnahme von Essat Ibrahim el Duri nicht beteiligt gewesen, sagte der verantwortliche Befehlshaber für den Zentralirak, Ahmed Chalaf Salman. "Unsere Kräfte haben an keinem Einsatz teilgenommen, und sie haben Essat Ibrahim nicht gefasst, wir haben keinerlei Informationen zu diesem Thema", sagte er weiter.
    Noch später dann diese AP-Meldung:
    Der irakische Verteidigungsminister widersprach am Abend des 5. September Angaben aus dem Informationsministerium, wonach der prominenteste unter den noch flüchtigen Vertretern des ehemaligen irakischen Regimes in einem Krankenhaus im Raum Tikrit festgenommen worden sei, als er sich einer Behandlung unterzogen habe. Die Berichte über die Festnahme al Duris entbehrten jeder Grundlage, sagte Verteidigungsminister Hasem Schaalan.
  • Im Irak haben Extremisten nach einem Bericht des arabischen Fernsehsenders El Dschasira erneut vier Ausländer entführt. Der in Katar ansässige Sender strahlte am 5. September ein Videoband aus, wonach eine Gruppe namens "Versammlung der Kämpfer von Falludscha" vier Jordanier in ihre Gewalt brachte. Die vier Geiseln hätten die US-Streitkräfte mit Produkten versorgt, erklärten die Kidnapper. Die Entführung sei die "letzte Warnung" an diejenigen, die mit der US-Armee im Irak kooperierten.
  • Bei einem Mörserangriff auf einen Nachschubstützpunkt der US-Streitkräfte im Irak sind am 5. September mindestens zwei Soldaten getötet und 16 verletzt worden. Der Angriff erfolgte gegen 18.00 Uhr (Ortszeit) am Westrand von Bagdad. Einer der Verletzten schwebte noch in Lebensgefahr, wie ein Sprecher mitteilte. Die beschossene Einheit koordiniert die Verteilung des Nachschubs für die US-Streitkräfte im Irak.
  • Schon über ein Jahr vor Beginn des Irak-Kriegs hat die US-Regierung nach Aussagen eines Oppositionspolitikers mit der Verlegung von Soldaten aus Afghanistan an den Golf begonnen. Dabei habe US-Präsident George W. Bush gegen den Willen seines Truppenkommandeurs in Afghanistan gehandelt, sagte der demokratische Senator Bob Graham am 5. September dem Fernsehsender NBC. Graham berief sich auf ein Gespräch mit General Tommy Franks, der die US-Invasion in Afghanistan befehligt hatte. Franks habe vor einem Angriff auf den Irak ausdrücklich gewarnt, sagte Graham. Franks habe gesagt, "wir sollten mit Irak sehr vorsichtig sein, weil unsere Geheimdienstinformationen so schlecht seien, dass wir nicht wüssten, in was wir dort hineingeraten", sagte Graham in der NBC-Sendung "Meet the Press". Zudem habe der General es für wichtiger gehalten, zunächst den Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan zu gewinnen und dann gegen Al-Kaida-Zellen in Somalia und im Jemen vorzugehen. Franks war für eine Stellungnahme am 5. September zunächst nicht zu erreichen.
  • Der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski hat die Außenpolitik der USA indirekt als einen "Irrtum" bezeichnet. Er wolle nicht, dass die USA "die Ideen der Neokonservativen zum Isolationismus und zum Willen, die Welt zu dominieren" übernähmen, sagte Kwasniewski am 5. September der Zeitung "New York Times". "Das ist ein Irrtum." Die USA müssten in ihrer Außenpolitik "beweglicher, offener und taktvoller" sein, sagte der polnische Staatschef, der ein enger Verbündeter der USA ist. Kwasniewski kritisierte in dem Zusammenhang vor allem die strengen Visabestimmungen der USA, die auch polnische Reisende betreffen.
Montag, 6. September, bis Sonntag, 12. September
  • Die US-Truppen im Irak haben nach dem Selbstmordanschlag auf eine Polizeiakademie im Nordirak einen früheren Polizeioberst festgenommen. Der ehemalige Chef der Sicherheitspolizei in Kirkuk, Serhan el Samarei, und 24 weitere Personen seien bei einer nächtlichen Razzia gefasst worden, teilten Polizeikreise am 6. September in Kirkuk mit. In Kirkuk hatte ein Attentäter am Wochenende mit einer Autobombe mindestens 22 Menschen getötet.
  • Im Irak sind fünf ausländische Geiseln freigelassen worden. Wie der jordanische Außenminister am 6. September berichtete, ließen Extremisten drei Jordanier und einen Sudanesen frei, die als Lkw- Fahrer gearbeitet hatten. Eine weitere Gruppe, die sich selbst Islamische Widerstandsbrigade nennt, ließ nach Angaben des Senders El Arabija einen türkischen Lastwagenfahrer frei. Ein ranghoher türkischer Diplomat in Ankara bestätigte die Information.
  • Bei einem Angriff auf einen Konvoi der US-Armee in der Nähe von Falludscha sind am 6. September mindestens sieben US-Soldaten und drei irakische Nationalgardisten getötet worden. Nach Angaben der US-Armee und von Augenzeugen wurde die Fahrzeugkolonne in dem Dorf Saklawija nördlich von Falludscha aus dem Hinterhalt angegriffen. Acht weitere Menschen seien verletzt worden. Es wurde berichtet, dass sich ein Selbstmordattentäter in einem Auto in die Luft gesprengt habe.
  • "Wir machen alle mal Fehler"
    Der Stellvertreter von Saddam Hussein ist nicht in der Gewalt der irakischen Sicherheitskräfte. Am 5. September von irakischen Behördenvertretern verbreitete Meldungen über die angebliche Festnahme Essat Ibrahim el Duris seien "ein Fehler" gewesen, sagte ein Sprecher des irakischen Innenministeriums am 6. September in Bagdad. Bei dem am Wochenende festgenommenen Mann handele es sich laut "entsprechenden Untersuchungen" um einen Verwandten Essat Ibrahims, sagte Ministeriumssprecher Sabah Kahdim. Nach ihm sei ebenfalls gesucht worden, er stehe jedoch auf keiner der öffentlich bekannten Listen. "Wir machen alle mal Fehler" rechtfertigte Kahdim die Falschmeldung vom 5. September.
  • Die Entführer der beiden französischen Journalisten haben nach Medienberichten fünf Millionen Dollar für die Freilassung ihrer Geiseln gefordert. Die Kidnapper hätten auf einer Website von der Regierung in Paris die Erfüllung von drei Bedingungen innerhalb von 48 Stunden gefordert. Das berichtet der Sender France Info am 6. September.
  • Durch die Explosion einer Bombe beim Vorbeifahren ihres Konvois in der Nähe von Bagdad sind ein US-Soldat getötet und ein weiterer verletzt worden. Wie die US-Armme mitteilte, ereignete sich der Vorfall am späten Abend des 6. September. Damit erhöhte sich die amtlicherseits genannte Zahl der US-Soldaten, die seit dem US-geführten Angriff gegen Irak im März 2003 getötet wurden, auf 989.
  • Der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry hat die Irakpolitik von US-Präsident George W. Bush scharf angegriffen und im Falle seines Wahlsieges einen Truppenrückzug binnen vier Jahren angekündigt. "Es ist der falsche Krieg am falschen Ort zur falschen Zeit", sagte Kerry am 6. September in Canonsburg (US-Bundesstaat Pennsylvania). Bush führe das Land in eine falsche Richtung. «Mein Ziel ist es, sie (die US-Truppen) möglichst in meiner ersten Amtszeit nach Hause zu holen», so Kerry. Bush mache den Wählern etwas vor, wenn er von einem breiten Bündnis von Alliierten im Irak spreche, betonte Kerry. 90 Prozent der ausländischen Truppen im Irak stammten aus den USA, der amerikanische Steuerzahler komme für 90 Prozent der Besatzungs-Kosten auf.
    Präsident Bush machte sich über Kerrys Äußerungen lustig und nannte sie einen neuen Beleg für die Wankelmütigkeit seines Herausforderers. "Mein Gegner ist heute mit neuen Beratern aufgewacht und schon hat er eine neue Position", sagte Bush auf einer Wahlkampfveranstaltung in Poplar Bluff (Missouri). Kerry hat in den vergangenen Wochen Mitarbeiter von Ex-Präsident Bill Clinton in sein Wahlkampfteam aufgenommen. Bush kritisiert, dass Kerry den Irak-Krieg zunächst unterstützt hatte, ihn dann mehrfach kritisierte, vor wenigen Wochen schließlich betonte, er hätte auch nach dem heutigen Wissensstand im Senat für den Krieg gestimmt.
  • Der Gouverneur der irakischen Hauptstadt Bagdad, Ali el Haideri, ist einem Sprengstoffanschlag auf seinen Autokonvoi entgangen. Mehrere seiner Begleiter und zwei Passanten seien verletzt, sagte ein Regierungsvertreter dem arabischen Nachrichtensender El Arabija. Der Anschlag wurde am 7. September im Westen Bagdads verübt.
  • Bei Kämpfen im Bagdader Stadtteil Sadr City sind 40 Menschen getötet worden. 172 weitere seien bei den Gefechten zwischen schiitischen Aufständischen und US-Soldaten verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium am 7. September mit. Die Opferzahl beziehe sich auf die vergangenen 26 Stunden. In dem schiitischen Armenviertel lieferten sich Aufständische und Soldaten in der Vergangenheit immer wieder heftige Kämpfe.
  • Zwei Italienerinnen und zwei Iraker sind am 7. September in Bagdad entführt worden. Die vier Mitarbeiter zweier Nichtregierungsorganisationen seien von bewaffneten Männern aus ihrem Büro in der irakischen Hauptstadt verschleppt worden, berichteten Augenzeugen. Die Entführer seien in insgesamt drei Fahrzeugen unterwegs gewesen.
    Die entführten Italienerinnen Simona Pari und Simona Torretta arbeiteten im Irak für die Organisation Un ponte per ... (Eine Brücke für...) an Trinkwasser- und Bildungsprojekten. Beide Frauen gelten als Pazifistinnen. Ihre Organisation stand der Beteiligung italienischer Soldaten am Irak-Krieg kritisch gegenüber. Un ponte per wurde 1991 gegründet, um trotz des UN-Embargos Hilfe für die irakische Bevölkerung in das Land zu bringen. Sie war auch auf dem Balkan tätig.
  • Bei schweren Kämpfen in der irakischen Stadt Falludscha hat die US-Armee am 7. September nach eigenen Angaben bis zu einhundert Aufständische getötet. Stellungen der Rebellen seien seit dem Nachmittag angegriffen worden, teilte die US-Armee mit. Die US-Luftwaffe und US-Artillerie hätten Angriffe der Aufständischen erwidert. Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete, bombardierte die US-Armee das Schuhada-Viertel und ein Industriegebiet von Falludscha. Über der Stadt hingen Rauchschwaden, Panik brach aus. In Krankenhäusern wurde eine unbekannte Zahl von Opfern eingeliefert.
  • Das Weiße Haus in Washington hat am 7. September der nunmehr tausend US-Militärangehörigen gedacht, die seit dem Einmarsch der US-Streitkräfte im März 2003 im Irak getötet wurden. "Wir gedenken ihrer, ehren sie und betrauern den Verlust all jener, die das höchste Opfer zur Verteidigung der Freiheit erbracht haben", sagte der Sprecher von US-Präsident George W. Bush, Scott McClellan.
    Als einer der ersten amerikanischen Politiker kommentierte der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry die Zahl. Kerry sprach am 7. September von einem "tragischen Meilenstein". "Mehr als tausend von Amerikas Söhnen und Töchtern haben das letzte Opfer erbracht", hieß es in einer Erklärung des Senators von Massachusetts. "Unsere Nation ehrt ihren Dienst und trauert zusammen mit den Angehörigen." Der Preis, den sie gezahlt hätten, dürfe nie vergessen werden. Es sei die "heilige Pflicht", alles für die Truppen im Irak zu tun und dafür zu sorgen, dass sie so schnell wie möglich nach Hause kehren könnten.
  • Nach der Entführung zweier Italienerinnen bereiten die meisten regierungsunabhängigen Organisationen (NGO) ihren Abzug aus dem Irak vor. Einige Mitarbeiter seien bereits am Morgen abgereist, sagte der NGO-Koordinator Jean-Dominique Bunel am 8. September der Nachrichtenagentur AFP. - Zu der Entführung der Italienerinnen hat sich inzwischen eine islamische Terrorgruppe "Ansar el Sawahiri" bekannt.
  • Die US-Luftwaffe hat am 8. September ihre Angriffe auf die sunnitische Stadt Falludscha fortgesetzt. Ziel der Angriffe war ein Industriegebiet in der rund 50 Kilometer westlich von Bagdad gelegenen Stadt, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Rauchschwaden stünden über dem Viertel.
  • Bei einem Anschlag auf einen Konvoi der multinationalen Truppen in der Nähe des Gefängnisses von Abu Ghraib wurden nach Angaben eines Armeesprechers am 8. September drei Iraker getötet und zwei Mitarbeiter der US-Armee verletzt.
  • Gespräche über die Beteiligung der deutschen Wirtschaft am Wiederaufbau Iraks haben den ersten Tag des Besuchs des irakischen Übergangspräsidenten Ghasi El Jawar in Berlin geprägt. Zum Auftakt der zweitägigen Visite am 8. September wurde Jawar von Oppositionsführerin Angela Merkel (CDU) empfangen. Am Abend sprach er bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) vor Vertretern von 340 deutschen Unternehmen über Investitionsmöglichkeiten. Jawar wird von zehn Ministern begleitet, darunter vom Handels- und vom Finanzminister. Der offizielle Teil beginnt am 9. September, wenn Bundespräsident Horst Köhler Jawar mit militärischen Ehren in Schloss Charlottenburg empfängt. Danach trifft das irakische Staatsoberhaupt mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, Außenminister Joschka Fischer und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zusammen.
  • Ein Hubschrauber der US-Armee ist am 8. September westlich von Bagdad abgestürzt. Nach Militärangaben überlebten alle vier Insassen den Absturz und wurden verletzt in Sicherheit gebracht. Der genaue Ort und der Zeitpunkt des Zwischenfalls wurden nicht mitgeteilt. Die Absturzursache werde untersucht, hieß es. Anwohnern zufolge ging der Hubschrauber 30 Kilometer südlich von Falludscha nieder. Seit Mai 2003 stürzten im Irak rund 25 US-Hubschrauber ab, etwa 15 davon wurden abgeschossen.
  • Amerikanische Kampfflugzeuge haben am 9. September Ziele in zwei irakischen Städten bombardiert und dabei nach eigenen Angaben mehr als 50 Aufständische getötet. Die Stadt Tal Afar an der Grenze zu Syrien wurde bombardiert, weil diese als Route für ausländische Kämpfer gilt. Mit der Aktion solle die Stadt 50 Kilometer westlich von Mossul wieder unter Kontrolle der irakischen Interimsregierung gebracht werden, teilten die US-Streitkräfte mit. Nach ersten Informationen seien 57 Aufständische getötet worden, hieß es. Das Bagdader Inneministerium erklärte, mindestens ein Dutzend Zivilpersonen seien ebenfalls unter den Opfern.
  • In der Falludscha wurden in den Nacht zum 9. September zwölf Zivilisten getötet und neun weitere verletzt. Unter den Opfern des Luftangriffs auf Falludscha waren nach Angaben eines örtlichen Krankenhausmitarbeiters mehrere Frauen und Kinder. Die US-Truppen teilten mit, der Einsatz sei gegen einen mutmaßlichen Unterschlupf von Anhängern des weltweit gesuchten jordanischen Islamistenführers Abu Mussab el Sarkawi gerichtet gewesen.
  • Die nach Samarra vorgestoßenen US-Truppen ergriffen nach einer Erklärung der US-Streitkräfte vom 9. September zusammen mit der bisherigen Stadtverwaltung die nötigen Schritte zur Wiederherstellung der Ordnung. Soldaten begannen mit der Errichtung von Straßenkontrollen. Ähnlich wie in Falludscha und Ramadi hatte die irakische Übergangsregierung in Bagdad nach dem Abzug der US-Truppen am 28. Juni auch in Samarra die Kontrolle an sunnitische Oppositionsgruppen verloren.
  • Irakische Soldaten sind am 9. September in Nadschaf in den Amtssitz des radikalen Geistlichen Muktada al Sadr eingedrungen. Die rund 60 Soldaten hatten den Auftrag, nach Waffen zu suchen, wie ein irakischer Offizier mitteilte. Der schiitische Prediger befand sich zum Zeitpunkt der Razzia nicht in dem Gebäude. In dem Gebäude seien keine Waffen gefunden worden, sagte Major Jasser. In Nachbarhäusern habe man aber Mörser und Munition sichergestellt.
  • Deutschland will den Wiederaufbauprozess im Irak politisch weiter unterstützen. Das versicherten Bundespräsident Horst Köhler und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) am 9. September in Berlin dem irakischen Staatspräsidenten Ghasi al-Yawar, der erstmals zum Staatsbesuch in Deutschland war.
    Ein Thema bei den Gesprächen in Berlin war der Schuldenerlass. Der Irak schuldet Deutschland rund fünfeinhalb Milliarden Euro. Köhler kündigte an, Deutschland werde in der internationalen Gemeinschaft "sein Wort und Gewicht" einbringen, um dem Irak eine Erleichterung seiner Schulden zu gewähren. al-Yawar dankte Köhler für die offenen Gespräche und fügte hinzu, die Stabilität im Irak sei für den Nahen und Mittleren Osten sowie für die Sicherheit in der Welt unverzichtbar. Er sei fest überzeugt, dass Deutschlands Rolle für die Schaffung von Frieden und Stabilität "besonders wichtig" sei. Der Präsident zeigte sich zuversichtlich, die für Februar 2005 angesetzten Wahlen im Irak trotz der angespannten Situation wie geplant abhalten zu können.
    Deutschland will Irak bei einer raschen Regelung für die riesigen Auslandsschulden des Landes helfen. Dies hat Bundeskanzler Gerhard Schröder Präsident Ghasi el Jawar bei einem Treffen in Berlin am Abend des 9. September zugesichert. Die Bundesregierung sei zu einem "substanziellen Beitrag" im Rahmen des Pariser Clubs der Gläubigerstaaten bereit, sagte Schröder. Eine konkrete Größenordnung dafür nannte er nicht. Die Gelder aus den irakischen Öleinahmen müssten vor allem in den Wiederaufbau fließen, betonte der Kanzler.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat sich für eine politische Lösung zur Beilegung des Konflikts im Irak ausgesprochen. Zu diesem Zweck müsse darauf verzichtet werden, "sich ausschließlich oder hauptsächlich auf Drohungen oder tatsächliche Waffengewalt zu verlassen", hieß es in einem am 9. September veröffentlichten Bericht des UN-Generalsekretärs an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Stattdessen müssten "entschiedene und wirkliche Anstrengungen" unternommen werden, um auf "politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedenken und Missstände" mit "friedlichen Mitteln" zu reagieren, forderte Annan.
  • Die Regierung von Costa Rica will die Irak-Politik von US-Präsident George W. Bush nicht länger offiziell unterstützen. In einer diplomatischen Note bat das Außenministerium des kleinen mittelamerikanischen Landes am 9. September US-Außenminister Colin Powell, von der Liste der so genannten Koalition der Willigen gestrichen zu werden. Damit folgte die Regierung von Costa Rica einem Urteil des höchsten Gerichtes des Landes vom Vortag. Die Unterstützung der US-Intervention im Irak im März 2003 durch Präsident Abel Pachecho hatte in Costa Rica einen Sturm der Entrüstung entfacht.
  • Die Islamistengruppe Jemaah Islamiyah (JI) hat die Verantwortung für den Anschlag vor der australischen Botschaft in Jakarta mit neun Toten und 182 Verletzten übernommen. In einer Erklärung vom 10. September forderte die Gruppe von der australischen Regierung den Abzug ihrer Truppen aus dem Irak. Anderenfalls würden weitere Anschläge folgen. Der australische Regierungschef John Howard wies die Forderung zurück.
  • Spanien appellierte an die internationale Staatengemeinschaft, den Irak zu verlassen. "Dies würde bessere Perspektiven für den Irak eröffnen", sagte Zapatero spanischen Presseberichten vom 10. September zufolge bei einem offiziellen Besuch in Tunesien. Eine friedliche Lösung des Konflikts sei nur auf dem Wege des Dialogs möglich, nicht mit einem Krieg, kritisierte Zapatero die Politik der USA.
  • Bei Kämpfen zwischen US-Soldaten und Aufständischen in der nordirakischen Kleinstadt Tel Afar sind in der Nacht zum 10. September 45 Menschen getötet und 80 verletzt worden. Das berichteten Krankenhausärzte. US-Truppen hatten in Tel Afar am 9. September eine Offensive gestartet, damit die irakischen Regierungsorgane wieder die Kontrolle in der von Aufständischen beherrschten Stadt übernehmen können. Bei ersten Kämpfen in Tel Afar waren am 9. September 27 Menschen getötet worden, darunter zahlreiche Zivilisten. Die irakische Nationalgarde, die im Schlepptau der US-Verbände ins Geschehen eingriff, tötete nach eigenen Angaben am Donnerstag 47 Rebellen.
  • In Bagdad töteten Unbekannte am 10. September ein libanesisches Ehepaar sowie einen Geschäftspartner des Ehemannes, der sich in ihrem Haus aufhielt. Die beiden Männer betrieben nach Angaben des Außenministeriums in Beirut gemeinsam mit einem irakischen Partner eine Lebensmittelimport-Firma.
  • Bei Kämpfen zwischen Anhängern der "Mehdi-Armee" des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr und US-Soldaten in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am 10. September zwei Menschen getötet worden. Drei weitere Iraker seien verletzt worden, als sich die Aufständischen und die US-Truppen im Stadtteil Sadr City gelegentliche Gefechte geliefert hätten, teilte das Gesundheitsministerium mit.
  • Zehntausende Menschen haben am 10. September in einem Protestmarsch in Rom für die Freilassung der beiden im Irak entführten Italienerinnen demonstriert. Die Demonstranten, unter ihnen zahlreiche Familien, marschierten schweigend unter regenbogenfarbenen Friedensflaggen und Protestbannern durch die italienische Hauptstadt. Die Organisatoren der Veranstaltung sprachen von rund 80.000 Teilnehmern.
  • Vor einer christlichen Kirche in Bagdad hat sich am späten Abend des 10. September eine Explosion ereignet. Nach einem Bericht des Fernsehsenders Al Arabija wurde niemand verletzt. Die Detonation im Stadtviertel Karrada war im weitem Umkreis zu hören. Reporter sahen ein Feuer an der Kirchenmauer, wurden aber von der Polizei daran gehindert, sich zu nähern. Al Arabija zufolge löste ein Auto die Explosion aus.
  • Wegen der Misshandlung irakischer Gefangener im US-Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad ist ein US-Militärgeheimdienstbeamter zu acht Monaten Haft verurteilt worden. Der 24-jährige Armin Cruz wurde nach Angaben eines Armeesprechers von einem Militärgericht in Bagdad am 11. September zudem auf den Rang eines einfachen Rekruten zurückgestuft und aus der Armee entlassen. Cruz hatte gestanden, Soldaten angewiesen zu haben, irakische Gefangene in Handschellen nackt über den Boden kriechen zu lassen. Außerdem erklärte der 24-Jährige, er habe in Zusammenarbeit mit der Militärpolizei versucht, die Vorgänge in Abu Ghraib zu vertuschen und zu diesem Zweck Untergebene misshandelt.
  • Bei Anschlägen auf Angehörige der irakischen Nationalgarde sind im Irak nach Polizeiangaben vier Menschen getötet worden. Bei Bakuba, 60 Kilometer nördlich von Bagdad, starben am 11. September drei Iraker, als das Feuer auf das Fahrzeug eines Nationalgarde-Offiziers eröffnet wurde.
    In Mossul kam am Vorabend ein Nationalgardist bei einem Anschlag ums Leben, vier weitere wurden verletzt.
  • Vor dem US-Konsulat in der südirakischen Hafenstadt Basra ist am 11. September ein Sprengsatz explodiert. Dabei kam nach Augenzeugenberichten mindestens ein Mensch ums Leben, dessen verkohlter Leichnam vor dem Gebäude aufgefunden wurde. Die Explosion ereignete sich vor einer Barriere zur Abwehr von Sprengsätzen. Dadurch wurde das Konsulatsgebäude kaum beschädigt.
  • Eine im Irak verschleppte türkische Journalistin ist offenbar wieder frei. Zeynep Tugrul, die für die türkische Tageszeitung "Sabah" arbeitet, sei von ihren Entführern freigelassen worden und bereits auf dem Weg in die Türkei, meldete die Nachrichtenagentur Anadolu am 11. September. Die Reporterin sei einem Politiker der turkmenischen Minderheit in der nordirakischen Stadt Mossul übergeben worden.
  • Bei schweren Kämpfen zwischen US-Soldaten und Aufständischen in Bagdad sind am Morgen des 12. September mindestens 12 Menschen getötet worden. Ein US-Panzer stand im Zentrum der irakischen Hauptstadt in Flammen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Zwei US-Kampfhubschrauber feuerten Raketen auf eine jubelnde Menschenmenge, die in der Nähe des Panzers stand. Unter den Toten seien zwei Kinder und ein für arabische Fernsehsender arbeitender Journalist, teilten Krankenhausärzte in der irakischen Hauptstadt mit. Mindestens 41 Menschen wurden verletzt, unter ihnen zwei weitere Journalisten. Aufständische hielten eine schwarze Flagge mit der Aufschrift "Tauhid wal Dschihad" hoch, dem Namen der Organisation des als Terrorist gesuchten Jordaniers Abu Mussab el Sarkawi.
    Wenig später wurde noch folgender Bericht gegeben: Mit Entsetzen haben Einwohner der Palästinensergebiete vor ihren Fernsehgeräten live mitverfolgt, wie ein palästinensischer Journalist während eines Live-Berichts aus Bagdad getötet wurde. Der 28-jährige Masen el Tomaisi kommentierte gerade vor laufender Kamera, wie eine aufgewühlte Menge im Zentrum der irakischen Hauptstadt über einem brennenden US-Panzer triumphierte, als er von einer von einem US-Hubschrauber abgefeuerten Rakete tödlich getroffen wurde. Plötzlich waren Explosionen und Schreie zu hören, während Blut auf das Kamera-Objektiv spritzte.
  • Ein ranghoher Beamter des irakischen Innenministeriums ist bei einem Autobombenanschlag getötet worden. Wie ein Sprecher des Ministeriums in Bagdad mitteilte, wurde Oberst Alla Baschir am 12. September bei der Explosion einer Autobombe in Amarija westlich der irakischen Hauptstadt getötet. Er sei gerade auf dem Weg zur Arbeit gewesen.
  • Vor dem Eingangstor des Gefängnisses Abu Ghraib bei Bagdad ist am 12. September eine Autobombe explodiert. Dies teilte ein US-Militärsprecher mit.
  • Bei einem Angriff in der Nähe der irakischen Stadt Hilla sind am 12. September drei polnische Soldaten getötet worden. Drei weitere seien verletzt worden, sagte der Sprecher des polnischen Generalstabs, Oberst Zbigniew Gnatowski, der Nachrichtenagentur AFP. Die Männer seien am Nachmittag bei einer Patrouille in der etwa 100 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen Stadt mit Raketen und Maschinenpistolen attackiert worden. Die drei Verletzten wurden in ein Krankenhaus gebracht.
  • Heftige Gefechte wurden auch aus der sunnitischen Stadt Ramadi gemeldet. Dabei wurden nach Krankenhausangaben mindestens zehn Menschen getötet und 40 weitere verletzt. Mitglieder der irakischen Nationalgarde riegelten am Nachmittag des 12. September Ramadi völlig ab und übernahmen die Kontrolle.
  • Bei einem Angriff der US-Armee auf eine Ortschaft in der Nähe der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am 12. September sechs Iraker getötet und weitere sieben verletzt worden. Eine Frau sei bei dem Bombardement in Snaididsche schwer verletzt worden und müsse deshalb in rund fünfzig Kilometer nördlich gelegenen Bagdad behandelt werden, teilten irakische Ärzte vor Ort am nächsten Tag mit. Demnach feuerten die US-Soldaten mit mehreren Granaten auf das Dorf und zerstörten vier Häuser. Nach Angaben der örtlichen Behörden war es in Snaididsche bisher zu keinen Zusammenstößen mit den US-Truppen gekommen. Die US-Armee machte zunächst keine Angaben zu dem Vorfall.
Montag, 13. September, bis Mittwoch, 15. September
  • Die Kämpfe im Irak dauern an: Bei einem Einsatz der US-Armee in der irakischen Rebellenhochburg Falludscha sind am Morgen des 13. September mindestens 15 Menschen getötet worden. Mindestens 20 weitere Menschen wurden nach Angaben eines Krankenhausarztes verletzt, die meisten von ihnen schwer.
    Die US-Armee hatte die sunnitische Stadt im Westen von Bagdad am frühen Morgen mit Panzern, Artillerie und Kampfjets angegriffen. Bodentruppen nahmen zwei nördliche Stadtteile unter Beschuss, bevor ein Kampfflugzeug Häuser angriff. Auch danach überflogen Armeeflugzeuge die Stadt; auch Explosionen und Schüsse von Heckenschützen waren zu hören. Laut einem AFP-Reporter begann der US-Einsatz um vier Uhr Ortszeit. Ein Haus wurde von einer Rakete vollständig zerstört; zwei weitere wurden beschädigt.
  • Bei einem nächtlichen Bombardement in Bagdad sind zwei Fahrzeuge der französischen Botschaft zerstört worden. Wie Botschafter Bernard Bajolet der Nachrichtenagentur AFP am 13. September sagte, erfolgte der Angriff bereits am Morgen des Vortags. Ein Geschoss durchschlug laut Bajolet einen Allradwagen und explodierte anschließend. Durch die Detonation wurde ein Diplomatenfahrzeug zerstört. "Es gab zu dem Zeitpunkt ein ziemlich intensives Bombardement, daher haben wir keinen Anlass anzunehmen, dass der Angriff uns galt", sagte Bajolet. Verletzt wurde niemand.
  • Der Essayist und Vordenker der US-Konservativen, Francis Fukuyama, will bei den Präsidentschaftswahlen in den USA nicht für George W. Bush stimmen. Dem österreichischen Nachrichtenmagazin "Profil" (Ausgabe vom 13. September) sagte er, die amtierende US-Regierung habe den Irak in einen "Hafen für Terroristen" verwandelt und mit ihrer Anti-Terror-Strategie "die Terrorgefahr nur größer" gemacht. Fukuyama, der Bush im Wahlkampf vor vier Jahren unterstützt hatte, sagte, er habe nie verstanden, "warum sich die Bush-Regierung geradezu bemüht hat, alte Freunde gegen sich aufzubringen".
  • Spanien, Deutschland und Frankreich wollen gemeinsam für ein starkes und einiges Europa arbeiten und die Ratifizierung der EU-Verfassung vorantreiben. Dies erklärten am 13. September der spanische Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero, Bundeskanzler Gerhard Schröder und der französische Staatspräsidenten Jacques Chirac, die in Madrid zu einem informellen Treffen mit einem abendlichen Arbeitsessen zusammengekommen waren. Zapatero stellte nach dem Treffen sich und seine Gäste den wartenden Journalisten als "glühende Pro-Europäer" vor. Und mit Bezug auf eine Äußerung von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der Deutschland, Frankreich und die anderen europäischen Gegner des Irak-Kriegs als "das alte Europa" bezeichnet hatte, erklärte der spanische Regierungschef: "Wenn ich die Atmosphäre dieses Treffens mit ein paar Worten beschreiben sollte, dann würde ich sagen, 'das alte Europa' ist so gut wie neu." Was Chirac wiederum zu einem verhaltenen Lachen verleitete.
  • Die Türkei hat den USA am 13. Septembe mit dem Ende der Zusammenarbeit im Irak gedroht, wenn die Angriffe auf türkischstämmige Bewohner im Norden Iraks weiter anhielten. Die US-Streitkräfte haben in der Stadt Tal Afar im Nordirak eine Offensive gestartet, weil sie dort zahlreiche Aufständische vermuten. Die irakische Regierung hat keine Kontrolle über die Stadt. Medienberichten aus dem Gebiet zufolge wurden etliche Einwohner bei den Angriffen getötet, tausende mussten fliehen. Der türkische Außenminister Abdullah Gül sagte, er habe US-Außenminister Colin Powell erklärt, dass das, was im Nordirak geschehe, die Zivilbevölkerung treffe, dass es falsch sei und dass, wenn es fortgesetzt werde, die Türkei nicht länger mit den USA in der Irak-Frage zusammenarbeiten werde. Und es werde auch nicht bei den Worten bleiben, sagte Gül. "Wir haben nie davor zurückgeschreckt, das zu tun, was notwendig ist." Hunderte türkische Lastwagen bringen jeden Tag Nachschub für die US-Truppen in den Irak.
  • Beim Angriff auf eine amerikanische Militärpatrouille in Bagdad sind am 13. September zwei US-Soldaten getötet und drei weitere verletzt worden. Wie die US-Streitkräfte am Tag darauf mitteilten, setzten die Attentäter einen Sprengsatz und Schusswaffen ein. Nähere Einzelheiten wurden nicht bekannt gegeben.
  • Im Irak haben Saboteure erneut einen Sprengstoffanschlag auf eine Ölpipeline verübt. Die beschädigte Leitung in der Nähe von Beidschi im Norden des Landes musste am 14. September vorübergehend stillgelegt werden. Durch die Pipeline fließt Rohöl von den Ölfeldern bei Kirkuk zu einer Raffinerie in Beidschi. Ein Sprecher der Ölgesellschaft Northern Oil sagte, der Anschlag werde keine Auswirkungen auf den Export haben.
  • Bei einem schweren Autobombenanschlag im Zentrum von Bagdad sind am 14. September mindestens 47 Menschen getötet worden. Mehr als 110 weitere wurden verletzt, als eine Autobombe am Morgen vor dem Polizei-Hauptquartier im Zentrum der irakischen Hauptstadt explodierte, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte. Augenzeugen berichteten, dutzende Menschen hätten zum Zeitpunkt des Anschlags vor dem Gebäude Schlange gestanden, das auch als Rekrutierungsbüro dient. Rauchwolken standen über der Gegend, zahlreiche benachbarte Geschäfte in der belebten Haifa-Straße wurden beschädigt. US-Truppen riegelten das Gebiet ab, das von Armeehubschraubern überflogen wurde.
  • Bei einem Angriff von Aufständischen in der irakischen Stadt Baakuba sind am 14. September zwölf Polizisten und ein Zivilist getötet worden. Wie die Polizei mitteilte, brachten die Angreifer den Kleinbus der irakischen Polizisten im Zentrum der Stadt nördlich von Bagdad mit zwei Autos zum Stehen. Mehrere bewaffnete Männer entstiegen demnach den beiden Fahrzeugen und nahmen den Bus unter Beschuss. Die Polizisten und ihr ebenfalls getöteter Fahrer waren den Angaben zufolge aus der kurdischen Stadt Chanakin gekommen. Sie sollten eine Weiterbildung in Jordanien absolvieren.
  • Im Streit um die Altschulden des Irak hat sich der Pariser Club der Gläubigerstaaten nicht auf ein einheitliches Vorgehen einigen können. Die Gläubigerländer seien sich aber einig, dass der irakische Schuldenstand "unhaltbar" sei und Bagdad jetzt auf bilateralem Wege "individuelle Lösungen" vorgeschlagen werden sollten, sagte der französische Außenamtssprecher Hervé Ladsous am 14. Sept. in Paris. Frankreich und Deutschland wollen dem Irak die Schulden zu höchstens 50 Prozent erlassen, die USA bestehen dagegen auf einer Streichung von mindestens 80 Prozent.
  • Im Irak ist erneut ein jordanischer LKW-Fahrer entführt worden. Der Fernsehsender El Dschasira strahlte am 14. Sept. ein Video aus, in dem sich eine bisher unbekannte Gruppe zu der Tat bekannte. Die Organisation namens "Brigaden der Löwen der Einheit" drohte in dem Video damit, die Geisel zu töten, wenn deren Arbeitgeber nicht binnen 48 Stunden seine Aktivitäten im Irak einstelle. Der Jordanier habe "gestanden", Treibstoff für die US-Armee transportiert zu haben.
  • Bei schweren Kämpfen zwischen Aufständischen und US-Soldaten sind am 14. Sept. in der irakischen Stadt Ramadi mindestens zehn Menschen getötet worden. Mindestens 22 weitere seien bei den Gefechten nördlich der irakischen Hauptstadt verletzt worden, teilte ein Sprecher des irakischen Gesundheitsministeriums in Bagdad mit.
  • Der irakische Übergangspräsident Ghasi el Jawar hat die NATO um schnelle Unterstützung bei der Absicherung der für Januar geplanten Wahlen gebeten. Die Regierung in Bagdad arbeite Tag und Nacht dafür, den Wahltermin einhalten zu können, sagte Jawar am 14. Sept. in Brüssel nach einem Treffen mit dem NATO-Rat. Zwar würden Erfolge auf dem Weg zur Schaffung eines freien demokraktischen Irak verbucht, doch sehe sich die Regierung terroristischen Aktivitäten "gesichtsloser Gruppen ohne bekannte Anführerschaft oder Ideologie" gegenüber. Deren wichtistes Ziel sei es, die Stabilität des Landes zu beeinträchtigen.
  • Im Norden des Irak sind erneut zwei türkische Lastwagenfahrer verschleppt worden. Die beiden Männer seien am 14. Sept. auf dem Weg in die Stadt Kirkuk entführt worden, sagte ein irakischer Polizeibeamter der Nachrichtenagentur AFP.
  • Eine Serie heftiger Explosionen hat am Abend des 14. Sept. das Regierungsviertel und die US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad erschüttert. Die Explosionen seien möglicherweise von Raketen ausgelöst worden, sagte ein US-Offizier. Soldaten suchten die stark gesicherte "Grüne Zone" nach Geschossen Aufständischer ab.
  • Mit Blick auf die für Januar geplante Wahl hat der Irak die internationale Gemeinschaft am 14. Sept. erneut um Soldaten gebeten. Benötigt werde vor allem eine Schutztruppe für die UN-Mission im Irak, sagte der stellvertretende Botschafter des Landes bei den Vereinten Nationen, Feisal Amin al Istrabadi, dem Weltsicherheitsrat in New York. Für die Vorbereitung der Wahl würden weit mehr als die bislang im Irak eingesetzten 35 UN-Experten benötigt.
  • Die Arabische Liga hat die Gewalt im Irak verurteilt. Die arabischen Außenminister verabschiedeten am 14. Sept. in Kairo eine Entschließung, in der sie den "Terrorismus in verschiedenen Weltregionen" missbilligen. Besonders erwähnt wird in der Resolution die Entführung und Ermordung von Geiseln im Irak sowie die Gewalt gegen Zivilisten. Ebenso verurteilten die Minister die Geiselnahme im nordossetischen Beslan. Israel wirft die Erklärung "Staatsterrorismus" in den besetzten Palästinensergebieten vor.
  • Die USA wollen 3,4 Milliarden DollarMilliarden Euro) für die Sicherheit im Irak ausgeben. Dazu solle die vorgesehene Wiederaufbauhilfe in Höhe von 18,4 Milliarden Dollar umverteilt werden, sagte der Staatssekretär Marc Grossmann am 14. Sept. in Washington. Bei Projekten zur Strom- und Wasserversorgung solle zugunsten von Investitionen in die Sicherheit des Landes gekürzt werden. Die 3,4 Milliarden Dollar sollen demnach in erster Linie in die Ausbildung von Sicherheitskräften fließen.
  • Aufständische Iraker haben im Zentrum der Stadt Ramadi eine US-Patrouille angegriffen. Bei dem Gefecht kamen drei Passanten ums Leben, fünf weitere wurden verletzt. Das teilten Krankenhausärzte am 15. Sept. mit. Von US-Verlusten ist nichts bekannt.
  • In Mossul kam am 15. Sept. ein Polizeibeamter ums Leben, als unter seinem Fahrzeug ein Sprengsatz explodierte.
  • Das US-Militär hob am 15. Sept. die Blockade der nordirakischen Stadt Tall Afar auf. Zivilisten, die vor den Kämpfen in der Stadt mit 50 Toten geflohen waren, kehrten zurück.
  • Der Arbeitgeber eines entführten jordanischen Lastwagenfahrers hat seine Aktivitäten im Irak eingestellt, um das Leben des Mannes zu retten. Der Chef der Firma Abu el Schih, Ibrahim el Sohbi, teilte am 15. Sept. mit, er habe alle Fahrzeuge gestoppt und alle Tanker aus dem Irak zurückgeholt. Damit habe er die Bedingung der Gruppe "Brigaden der Löwen der Einheit", die sich zu der Entführung von Turki el Breisat bekannt hatte, erfüllt.
  • US-Soldaten haben nördlich von Bagdad drei enthauptete Leichen sowie deren Köpfe gefunden. Bei den Toten handele es sich offenbar um Iraker, sagte ein Sprecher der US-Armee am 15. Sept. in Tikrit. Die Soldaten machten ihren grausigen Fund am Morgen am Rande einer Straße in Balad.
  • Ein im Juli im Irak entführter türkischer Dolmetscher ist wieder frei. Der Mann in die türkischer Botschaft in Bagdad gebracht worden und werde bald in seine Heimat zurückkehren, sagte ein ranghoher türkischer Diplomat am 15. Sept. in Ankara. Der Befreite sei bei guter Gesundheit. In einem im vergangenen Monat im türkischen Fernsehen veröffentlichten Video hatte Aytullah Gezmen gesagt, seine Entführer hätten mit seiner Ermordung gedroht, sollte sein Arbeitgeber sich nicht binnen 72 Stunden aus dem Irak zurückziehen. Die Catering-Firma stellte daraufhin ihre Lieferungen für die US-Armee im Irak ein. Ein gemeinsam mit Gezmen entführter Türke wurde später von der Gruppe des Extremistenführers Abu Mussab el Sarkawi erschossen.
  • Der EU-Außenkommissar Chris Patten hat sich besorgt über die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen geäußert. Das Abweichen Washingtons vom Multilaterismus in der Irak-Frage habe die Sicherheit in der Welt nicht verbessert, sagte Patten am 15. Sept. vor dem Europaparlament in Straßburg. Diese Erkenntnis setze sich inzwischen auch in den USA durch. Dennoch zeigten sich im Wahlkampf in den USA "besorgniserregende Signale". Offenbar reiche es dort, die UNO oder Frankreich zu kritisieren und über "knoblauchessende Feiglinge" zu spotten, um von "bestimmten Leuten" Stimmen zu bekommen.
  • Die US-Armee hat sich für den Tod eines palästinensischen Journalisten entschuldigt, der am 12. Sept. während eines Live-Berichts aus Bagdad ums Leben gekommen war. US-Kommandeur Peter Chiarelli sagte am 15. Sept. vor wütenden Kollegen des Getöteten vom Fernsehsender El Arabija: "Es tut mir Leid, dass er starb." Sein Kollege, US-Kommandeur Jim McConville, fügte hinzu: "Wir bedauern den Tod unschuldiger Zivilisten und tun alles in unserer Macht stehende, um solche Verluste bei Kampfhandlungen zu vermeiden." Zugleich warnten die US-Militärs die irakische Bevölkerung, sich von Kampfzonen fern zu halten.
  • Bei den Kämpfen zwischen Rebellen und US-Soldaten in der irakischen Widerstandshochburg Ramadi sind nach neuesten amtlichen Angaben zwölf Menschen ums Leben gekommen. Ein weiterer Mensch sei bei einer Explosion in der Sunnitenstadt getötet worden, teilte das irakische Gesundheitsministerium am 15. Sept. mit. 17 weitere Menschen seien bei den Gefechten in der 100 Kilometer westlich von Bagdad gelegenen Rebellenhochburg verletzt worden.
  • Die NATO will innerhalb der nächsten sieben Tage über die Einrichtung eines vom Bündnis geförderten Trainingszentrums für Soldaten im Irak entscheiden. Bei den Mitgliedstaaten bewege sich der Konsens in diese Richtung, hieß es am 15. Sept. aus NATO-Kreisen in Brüssel. Möglich werde der Konsens auch durch eine sich abzeichnende Verständigung über die heikle Frage der Kommandostruktur. Demnach dürfte der Kommandeur des Ausbildungszentrums einerseits Mitglied der US-geführten Koalitionstruppen sein und andererseits direkt an den NATO-Oberfehlshaber berichten, um so eine volle Kooperation der Aktivitäten von NATO und Koalitionstruppen im Irak zu erreichen.
  • Die Sicherheitslage im Irak wird sich nach Einschätzung Washingtons bis zu den für Januar 2005 vorgesehenen Wahlen weiter verschlechtern. "Wir erwarten eine Verstärkung der Gewalt, und die Strategie wird sein, die Aufständischen von einer Stadt zur nächsten zu verfolgen und auszuschalten", sagte der stellvertretende US-Außenminister Richard Armitage am 15. Sept. in Prag.
  • Nach der Entführung zweier Italienerinnen im Irak fühlen sich auch deutsche Helfer bedroht und erwägen, die Krisenregion zu verlassen. Wie die Wochenzeitung "Die Zeit" am 15. Sept. berichtet, sind derzeit fünf Deutsche im Irak im Einsatz. Vor allem in Bagdad sei die Stimmung seit der Entführung der beiden italienischen Helferinnen am 7. September angespannt: "Fünf Tage haben wir das Haus nicht verlassen", sagte Frank McAreavey von der Hilfsorganisation Help der "Zeit". Die Helfer wagten sich nun wieder in die Vororte der Stadt. "Wir können uns ja nicht ewig verkriechen", sagte McAreavey zur Begründung. Neben den zwei Helfern in Bagdad sind drei weitere Deutsche im Norden Iraks tätig. Annette Müller von der Organisation Arche Nova berichtete der "Zeit", sie würden von Bewohnern immer wieder darauf hingewiesen, welche Straßen und Orte sie meiden sollten. Um unnötige Risiken zu vermeiden, "kündigen wir unsere Besuche nun nicht mehr an".
  • Bei Kampfhandlungen in der irakischen Provinz El Anbar westlich von Bagdad ist am 15. Sept. ein US-Soldat ums Leben gekommen. Der Marineinfanterist sei den Verletzungen erlegen, die er während einer "Sicherungs- und Stabilisierungsaktion" in der Provinz erlitten habe, teilte die US-Armee in Bagdad ohne Nennung weiterer Einzelheiten mit. In El Anbar konzentriert sich der sunnitische Widerstand gegen die US-geführten Truppen.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat in einem BBC-Interview seine Auffassung bekräftigt, dass der Krieg gegen den Irak ohne die Billigung des Weltsicherheitsrats einer rechtlichen Grundlage entbehrt habe. Auf dreimalige Nachfrage, ob dies bedeute, dass der Irak-Krieg illegal gewesen sei, antwortete Annan: "Nach unserer Auffassung sowie gemäß der UN-Charta war dieser Krieg illegal." Auf der BBC-Webseite wurde Annan am 15. Sept. ferner mit den Worten zitiert, die Charta der Vereinten Nationen sei eindeutig in ihrer Vorgabe, unter welchen Umständen die Anwendung von Gewalt gerechtfertigt sei. Wenn die USA und ihre Verbündeten aber ohne Zustimmung des Sicherheitsrat eine Militäroperation starten wollten, dann würde dies den Vorgaben der UN-Charta widersprechen.
  • Präsidentschaftsbewerber John Kerry hat den europäischen Staaten vorgeworfen, ihren "Verpflichtungen" im Irak nicht ausreichend nachzukommen. Durch die ausufernde Gewalt seien die Aussichten für den Irak "sehr viel komplizierter" geworden, sagte Kerry am 15. Sept. bei einer Gesprächsrunde im US-Rundfunk. Als Präsident würde er "sofort ein Gipfeltreffen der europäischen Gemeinschaft einberufen", sagte der Demokrat. Europa sei den Verpflichtungen nicht nachgekommen, denen es selbst im UN-Sicherheitsrat zugestimmt habe.


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