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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

17. bis 31. Juli 2004

17. bis 18. Juli
  • Bei einem schweren Bombenanschlag auf den Fahrzeugkonvoi des irakischen Justizministers Malek Dohan el Hassan in Bagdad sind am Morgen des 17. Juli mindestens fünf Menschen, darunter zwei seiner Leibwächter, ums Leben gekommen. "Dem Minister geht es gut, aber zwei seiner Leibwächter wurden getötet", sagte ein Sprecher des irakischen Innenministeriums. Ein Polizist sprach von mehreren Verletzten. Der Sprengsatz explodierte nach Angaben von Polizei und Augenzeugen beim Vorbeifahren des Konvois im westlichen Stadtteil Adel. Laut Augenzeugen und Angehörigen des Wachschutzes wurde das Auto des Ministers nicht getroffen. Zu dem Anschlag bekannten sich Anhänger des jordanischen Islamisten Abu Mussab el Sarkawi in einer im Internet veröffentlichten Erklärung. Die Echtheit des Schreibens konnte zunächst nicht bestätigt werden.
  • Bei einem Anschlag vor dem Hauptquartier von Polizei und Nationalgarde in der Stadt Mamudija am 17. Juli riss ein Selbstmordattentäter einen Menschen mit in den Tod. Mindestens 25 weitere Menschen wurden verletzt. Ein Angehöriger der Nationalgarde in Mamudija berichtete, ein Autofahrer sei mit hoher Geschwindigkeit auf das Gebäude zugerast und habe sich nicht bremsen lassen. Ein Wachmann habe auf ihn geschossen und dadurch 25 Meter vor dem Eingang des Gebäudes die Explosion des mit Sprengstoff präparierten Autos verursacht. Die Detonation hinterließ einen zwei Meter tiefen Krater. Zum Zeitpunkt der Explosion warteten zahlreiche Iraker vor dem Gebäude, um sich rekrutieren zu lassen.
  • Vor dem Gebäude der Polizeiakademie in der irakischen Stadt Tikrit ist am Morgen des 18. Juli eine Autobombe explodiert. Es sei nur ein Polizeioffizier verletzt worden. Die Auszubildenden waren zum Zeitpunkt der Explosion bereits alle im Gebäude, berichten Augenzeugen. Der Täter habe das Sprengstoff-Auto am frühen Morgen auf dem Parkplatz abgestellt.
  • Bei Luftangriffen der US-Armee in der irakischen Stadt Falludscha sind am 18. Juli mindestens 11 (andere Quellen sprachen von 14) Iraker getötet worden. Sieben weitere Menschen seien verletzt worden, sagte ein Vertreter des örtlichen Krankenhauses. Ein Sprecher der US-Armee sagte, die Angriffe hätten sich gegen einen möglichen Unterschlupf des mutmaßlichen Terroristenführers Abu Mussab el Sarkawi gerichtet. Anwohner berichteten hingegen von einem zerstörten Haus und erklärten, bei den Opfern habe es sich um zivile Einwohner gehandelt. Der Angriff sei mit Zustimmung von Ministerpräsident Ijad Allawi erfolgt, erklärten die US-Truppen und das Büro des Regierungschefs.
  • Neue Umfrage
    Eine Mehrheit der US-Bürger hält den Irak-Krieg laut einer Umfrage für einen Fehler. Bei der Befragung für die "New York Times" und CBS News sagten 51 Prozent der Teilnehmer, die USA hätten nicht in den Irak einmarschieren sollen. Im Juni waren nur 46 Prozent dieser Ansicht. Die Zustimmung zu dem Militäreinsatz sank von 48 auf 45 Prozent. Mit 58 Prozent lehnte eine deutliche Mehrheit der Befragten die Art und Weise ab, wie Präsident George W. Bush den Irak-Krieg führte. 56 Prozent schätzten die Lage im Irak als schlecht ein. (Quelle: AFP, 18.07.2004)
  • Aus Tikrit, der Heimatstadt von Saddam Hussein, meldeten die US-Truppen am 18. Juli die Festnahme eines ranghohen Exkommandeurs der Republikanischen Garden des gestürzten Staatschefs. Sufjan Maher Hassan werde verdächtigt, Anschlägen gegen Iraker und die Koalitionstruppen mitfinanziert und geplant zu haben.
19. bis 25. Juli
  • In Bagdad ist ein ranghoher Mitarbeiter des irakischen Verteidigungsministeriums ermordet worden. Essam al Didschaili wurde am Abend des 18. Juli vor seinem Haus erschossen, wie das Ministerium erst am 19. Juli mitteilte. Vier Männer hätten aus einem vorbeifahrenden Wagen das Feuer auf Al Didschaili eröffnet. Auch sein Leibwächter sei getötet worden.
  • Bei einem schweren Anschlag in Bagdad starben am 19. Juli bis zu 15 Menschen, als ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug neben einer Polizeiwache in einem südlichen Stadtviertel explodierte. Zwischen 40 bis 50 Menschen wurden nach Augenzeugenberichten verletzt. Ein Polizist sagte, er habe gesehen, wie ein "Nutzfahrzeug mit einer Person am Steuer" auf den Parkplatz der Polizeiwache gerast und dann explodiert sei. Ein weiterer Polizist berichtete von einer "enormen Explosion". Der Wagen explodierte den Angaben zufolge hinter der Polizeiwache in einem Wohn- und Geschäftsviertel im Süden der Stadt. Ein AFP-Fotograf berichtete, vier Menschen hätten leblos auf dem Boden gelegen und seien dann in Krankenwagen abtransportiert worden. Die Explosion hinterließ einen großen Krater. Vor dem Krankenhaus, in das die Verletzten eingeliefert wurden, errichtete die Polizei Absperrungen und gab Luftschüsse ab, um Angehörige fernzuhalten.
    Trotzdem brach der irakische Ministerpräsident Ijad Allawi zu seiner ersten Auslandsreise seit der Machtübernahme Ende Juni nach Jordanien auf.
  • Auf einer islamistischen Website wurde ein Kopfgeld auf Iraks Regierungschef Allawi ausgesetzt: "Wir setzen uns vor Gott dafür ein, Dich zu töten, Dein Kopf wird von Abu Mussab el Sarkawi gefordert". Der Aufruf ist vom militärischen Arm von Sarkawis Gruppe Tauhid wal Dschihad unterzeichnet.
  • Beim Absturz eines britischen Hubschraubers im Süden Iraks ist am 19. Juli ein Soldat ums Leben gekommen. Zwei weitere Besatzungsmitglieder wurden beim Aufprall der Maschine auf einem Landeplatz in Basra verletzt, wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte. Nach ersten Erkenntnissen sei der Hubschrauber wahrscheinlich nicht abgeschossen worden, sagte Verteidigungsminister Geoff Hoon vor dem britischen Parlament. Mit dem getöteten Besatzungsmitglied stieg die Zahl der im Irak umgekommenen britischen Soldaten auf 60. Der Sprecher der britischen Streitkräfte im Irak, Husham Halawi, erklärte, der Hubschrauber sei vermutlich gerade von einer Mission zurückgekehrt und bei der Landung verunglückt. Eine Untersuchung solle die Absturzursache endgültig klären.
  • Eine Mehrheit von 55 Prozent der Briten glaubt laut einer am 19. Juli veröffentlichten Umfrage, dass Premierminister Tony Blair in Bezug auf den Irak gelogen hat. 37 Prozent sind der in der Zeitung "The Guardian" abgedruckten ICM-Umfrage zufolge dagegen der Ansicht, dass Blair die Wahrheit sagte. Ähnlich waren die Werte bei der Frage, ob der Krieg gerechtfertigt war: 56 Prozent antworteten mit Nein, 38 Prozent mit Ja.
  • Die philippinische Präsidentin Gloria Arroyo hat die Freilassung des philippinischen Lastwagenfahrers aus seiner Geiselhaft im Irak bestätigt. "Ich habe gerade mit ihm gesprochen und er ist bei guter Gesundheit, in einer guten geistigen Verfassung und er grüßt alle Philippiner", sagte Arroyo am 20. Juli in einer Fernsehansprache.
  • Ein Kommunalpolitiker in der südirakischen Stadt Basra ist am 20. Juli einem Attentat zum Opfer gefallen. Auch sein Fahrer und ein Leibwächter wurden getötet, wie der Vorsitzende des Stadtrats, Abdul Bari Faijek, mitteilte. Er machte für den Anschlag oppositionelle Kräfte verantwortlich, die die Wahl eines örtlichen Gouverneurs hätten verhindern wollen.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen Kleinbus im Irak sind am 20. Juli mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Zwei weitere Zivilpersonen wurden nach Angaben eines Krankenhausmitarbeiters verletzt, als der Sprengsatz bei Bakuba explodierte. Die US-Streitkräfte sprachen von sechs Toten. Zunächst war nicht klar, ob sich die Bombe in dem Fahrzeug befand oder am Straßenrand gelegt worden war.
  • Bei Gefechten zwischen US-Soldaten und irakischen Aufständischen bei Samarra sind vier Iraker ums Leben gekommen. Das teilte ein Krankenhaus in der 60 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt am 20. Juli mit. Ein Angehöriger der US-Streitkräfte erklärte, Soldaten seien von Aufständischen aus einem Haus und einer Moschee heraus mit Granaten angegriffen worden. Die Amerikaner hätten das Feuer erwidert und dabei das Haus der Angreifer zerstört. Ein US-Kampfflugzeug habe ein weiteres Haus zerbombt.
  • Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed El Baradei, hat die baldige Rückkehr der Waffeninspekteure angekündigt, die das Land vor Beginn des Irak-Kriegs im vergangenen Jahr verlassen mussten. Die Inspekteure müssten ihre Arbeit beenden, um klarzustellen, dass der Irak über keine Massenvernichtungswaffen verfüge, sagte der IAEA-Chef am 20. Juli. Erst dann könnten alle UN-Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden. Die Inspekteure würden bereits "in den nächsten Tagen" und auf Antrag des irakischen Außenministers Hoschjar Sebari zurückkehren, sagte El Baradei in Kairo. Am 22. Mai vergangenen Jahres hatte der UN-Sicherheitsrat die meisten Sanktionen gegen Bagdad aufgehoben; ausgenommen blieb das Waffenembargo.
  • Im Irak sind am 19. und 20. Juli bei zwei verschiedenen Gefechten vier US-Soldaten getötet worden. Das teilten die US-Streitkräfte am 20. Juli (abends) mit. Alle vier kamen in der Provinz Anbar westlich von Bagdad ums Leben, in der Widerstandshochburgen wie Falludscha, Tikrit und Ramadi liegen. Mit den jüngsten Todesfällen stieg die Zahl der seit Kriegsbeginn im Irak umgekommenen US-Soldaten auf 891, wie das US-Verteidigungsministerium mitteilte.
  • Bei einem Anschlag in Irak sind ein US-Soldat getötet und sechs weitere verletzt worden. Die Soldaten seien in der Nacht zum 21. Juli in Duluijah rund 70 Kilometer nördlich von Bagdad unterwegs gewesen, als ihr Fahrzeug von einer Bombe getroffen worden sei, teilte ein US-Militärsprecher mit.
  • Am Morgen des 21. Juli wurden in Samarra zwei Leichen gefunden. Bei einem der Toten handelte es sich um einen Mitarbeiter eines örtlichen Pharmaunternehmens, der offenbar gefoltert worden sei, sagte ein Polizeisprecher. Der zweite Tote habe bislang nicht identifiziert werden können.
  • Einen Tag nach der Freilassung eines philippinischen Lastwagenfahrers in Irak hat eine militante Gruppe damit gedroht, sechs ausländische Lkw-Fahrer in ihrer Gewalt zu enthaupten. Allerdings handelt es sich um Ausländer, deren Länder keine Soldaten in Irak stationiert haben: Zwei Kenianer, drei Inder und ein Ägypter. In einer Erklärung der Gruppe "Träger der schwarzen Banner" an die Nachrichtenagentur AP hieß es dennoch, die Geiseln würden getötet, sollten die Truppen aus ihrem Land nicht abgezogen werden.
  • Die Zahl der seit Kriegsbeginn in Irak getöteten US-Soldaten ist am 21. Juli auf mindestens 900 gestiegen. Das bislang letzte Opfer war ein Soldat der 1. Infanteriedivision, der bei einem Bombenanschlag auf eine US-Patrouille 70 Kilometer nördlich von Bagdad getötet wurde.
  • Bei einem Autobombenanschlag in Bagdad kamen am Abend des 21. Juli nach Angaben der Gesundheitsbehörden vier Menschen ums Leben.
  • Die angekündigte Hilfe der Vereinten Nationen für die geplanten Wahlen im Irak droht zu scheitern, weil die Weltgemeinschaft nicht genügend Sicherheitskräfte zur Verfügung stellen will. "Bisher haben erst drei bis vier Länder ein gewisses Interesse bekundet", sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan am 21. Juli in New York. Ohne ausreichende Schutztruppe aber seien die UN nicht bereit, eine größere Anzahl von Mitarbeitern zur Vorbereitung der Wahlen in den Irak zu entsenden, stellte Annan klar. Aber selbst diese Länder hätten die Zahl der Soldaten begrenzt und Bedingungen an ihre Bereitstellung geknüpft, bedauerte Annan.
  • Die Einsätze des US-Militärs im Irak und in Afghanistan sind teurer als geplant. Die Kosten für den "Krieg gegen den Terror" wüden im laufenden Haushaltsjahr die veranschlagten Ausgaben um 12,3 Milliarden Dollar (zehn Milliarden Euro) überschreiten, heißt es in einem am 21. Juli veröffentlichten Bericht des Kongresses in Washington. Das Verteidigungsministerium arbeite derzeit an Sparplänen; so könnten einige geplante Militäraktivitäten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
  • Die USA haben am 21. Juli ihr Verbot für den Rüstungsexport in den Irak aufgehoben. Nach einem Beschluss von Präsident George W. Bush gelten künftig für den Irak im Allgemeinen die gleichen Voraussetzungen beim Verkauf von Waffen wie für andere befreundete Staaten. Dies trage zur Demokratisierung, zum Wiederaufbau und zur Stärkung der irakischen Regierung bei, hieß es.
  • In der westirakischen Stadt Ramadi lieferten sich US-Soldaten und Aufständische erneut heftige Gefechte. Bei den Kämpfen wurden am 21. Juli 25 Iraker getötet und 25 weitere festgenommen, wie ein Militärsprecher am 22. Juli sagte.
  • US-Soldaten haben im Irak und in Afghanistan offenbar weit mehr Gefangene misshandelt als bislang angenommen. Ein am 22. Juli in Washington in Auszügen veröffentlichter Untersuchungsbericht der US-Streitkräfte zählt insgesamt 94 bestätigte oder angebliche Fälle von Misshandlung und Erniedrigung auf. Der Bericht durchleuchtet den Zeitraum vom 1. Oktober 2001 bis zum 9. Juni dieses Jahres, er ist die bislang umfassendste Untersuchung von Misshandlungen in Irak und Afghanistan. Das Verteidigungsministerium hatte sich bislang geweigert, die Gesamtzahl aller Missbrauchs-Vorwürfe bekannt zu geben. Die Zahl 94 übertrifft alle früheren Schätzungen des Pentagons. John Warner, der republikanische Chef des Streitkräfteausschusses des Senats, berief am 22. Juli kurzfristig eine Sitzung ein, bevor sich der Kongress in die Sommerferien aufmachen konnte. Die Streitkräfte haben den Bericht noch nicht komplett veröffentlicht, machten aber während der Anhörung Teile davon publik. Heeresminister Les Brownlee sagte vor dem Senat, er übernehme die Verantwortung für die Handlungen der Soldaten.
  • Irakische Polizisten haben nördlich von Bagdad eine enthauptete Leiche in einem orangen Overall gefunden. Die Identität des Opfers war zunächst nicht bekannt, wie ein Polizeisprecher am 22. Juli mitteilte.
  • Der frühere irakische Machthaber Saddam Hussein hat die USA wegen Verstößen gegen die Genfer Konvention und die Europäische Menschenrechtskonvention vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt. Wie einer der Anwälte aus Saddam Husseins internationalem Verteidigerkollektiv, Emmanuel Ludot, am 22. Juli in Paris sagte, wurde die Klage am 20. Juli dem Straßburger Gericht übergeben. Beanstandet wird in der Klage vor allem die Behinderung vom Saddam Husseins Verteidigung. Sollte das Gericht die beantragte Dringlichkeit feststellen, müsste der Fall innerhalb von vier Wochen geprüft werden.
    Ende Juni war ein Versuch Saddam Husseins gescheitert, beim Straßburger Menschenrechtsgericht in letzter Minute seine Überstellung an die irakischen Behörden zu verhindern. Die Europarichter wiesen den Antrag des Ex-Präsidenten auf eine einstweilige Verfügung zurück. Saddam Hussein hatte Großbritannien "dauerhaft verbieten" wollen, sich an seiner Auslieferung zu beteiligen oder ihr zuzustimmen. Das Anwaltskollektiv, zu dem inzwischen vier Franzosen zählen, hatte auf die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Grundrechte auf Leben und Unversehrtheit sowie das Folterverbot verwiesen.
    Washington habe sich "überhaupt nicht" an die Genfer Konvention gehalten und vor allem gegen deren Artikel 85 und 105 verstoßen, die einem Kriegsgefangenen das Recht auf Verteidigung zugestehen, führten die Anwälte des einstigen irakischen Machthabers nun in dem neuen Verfahren an. So verhinderten die USA Treffen zwischen Saddam Hussein und seinen Anwälten; damit würden die Rechte der Verteidigung lahmgelegt.
  • Der Irak war an den Terrorangriffen vom 11. September nicht beteiligt. Zu diesem Schluss kommt die Untersuchungskommission zu den Anschlägen in den USA in ihrem am 22. Juli in Washington vorgelegten Abschlussbericht. Zwar habe es einige "freundschaftliche Kontakte" zwischen der irakischen Regierung unter dem inzwischen gestürzten Präsidenten Saddam Hussein und dem Terrornetzwerk Al Kaida gegeben. Diese hätten jedoch nie den Charakter einer Kollaboration angenommen.
  • Rüstungsausgaben
    Der US-Kongress hat dem Verteidigungsministerium weitere 25 Milliarden Dollar für die Einsätze im Irak und in Afghanistan genehmigt. Insgesamt billigten Senat und Repräsentantenhaus einen Etatentwurf über 417,5 Milliarden Dollar (340,3 Milliarden Euro). Ohne Gegenstimmen stellten sich 96 Senatoren am 22. Juli hinter den Finanzierungsplan für das kommende Haushaltsjahr. Im Repräsentantenhaus stimmten 410 Abgeordnete dafür und 12 dagegen.
    Die von US-Präsident George W. Bush im Mai beantragte finanzielle Aufstockung für die US-Einsätze im Mittleren Osten ist nach Einschätzung des Kongresses aber bei weitem noch nicht ausreichend. Allein bis September werde das Pentagon vermutlich weitere 12,3 Milliarden Dollar benötigen, hieß es. 500 Millionen Dollar sind in dem Entwurf für die Ausbildung von Streitkräften im Irak und in Afghanistan vorgesehen.
    Aufgelistet sind weiter fast 78 Milliarden Dollar für den Kauf neuer Waffen. Zehn Milliarden Dollar sind für die Arbeit an einem landesweiten Raketenabwehrsystem vorgesehen, 100 Millionen Dollar für die Modernisierung der Luftwaffe. Außerdem ist Geld für Dutzende neue Kampfhubschrauber sowie für eine 3,5-prozentige Gehaltserhöhung der Truppen geplant. Der Etatentwurf muss noch von Bush unterzeichnet werden.
  • Beim Zusammenstoß eines Kleinbusses mit einem Panzer der US-Streitkräfte sind in Bagdad neun Iraker ums Leben gekommen. Zehn weitere wurden bei dem Unfall am Abend des 22. Juli im Norden der Hauptstadt verletzt, wie ein Militärsprecher am Freitag mitteilte. Nach Angaben von Justin McCue versuchte der Transporter mit irakischen Zivilpersonen an Bord ein anderes Fahrzeug zu überholen und kollidierte dabei mit dem Panzer.
  • Die US-Armee hat am 23. Juli ein mutmaßliches Versteck von Anhängern des gesuchten Terroristen Abu Mussab al Zarqawi in der irakischen Stadt Falludscha angegriffen. Bei dem Luftangriff wurden einem Krankenhausarzt zufolge fünf Menschen verletzt, unter ihnen eine Frau und zwei Kinder. Die US-Armee teilte mit, der Angriff habe auf zehn bis zwölf Verdächtige gezielt, die sich im Garten eines Hauses aufgehalten hätten. Das Haus sei intakt geblieben. Der Einsatz sei mit dem vollen Einverständnis der irakischen Regierung und der multinationalen Truppe im Irak erfolgt. Über mögliche Opfer machte die US-Armee keine Angaben. Einem Augenzeugen zufolge landete eine Rakete im Garten eines Hauses.
  • Bei der Explosion einer Bombe wurden am 23. Juli zwei US-Soldaten getötet und ein weiterer verletzt. Wie das US-Militär in Bagdad mitteilte, explodierte der Sprengsatz nahe der Stadt Samarra nördlich von Bagdad an einer Straße, als die Soldaten vorbeifuhren.
  • Die EU-Staaten haben gemäß der jüngsten Resolution des UN-Sicherheitsrats das gegen den Irak bestehende Waffenembargo gelockert. Ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel sagte am 23. Juli, einen entsprechenden Beschluss habe der Ministerrat bereits am vergangenen Montag getroffen. Sprecher Jean-Charles Ellermann-Kingombe betonte, dabei handele es sich nicht um die Aufhebung des Embargos, sondern nur um eine Lockerung. Entsprechend der am 8. Juni verabschiedeten UN-Resolution ist die Übergangsregierung berechtigt, Waffen zu importieren, wenn die Einfuhren der Stabilität des Landes dienen, wie die EU-Kommission erläuterte. Dasselbe gelte auch für Waffen, die für die Truppen der Koalition bestimmt seien.
  • Ein Exgeneral der irakischen Armee, der für die US-Verwaltung arbeitete, ist am 23. Juli erschossen worden. Wie Polizeihauptmann Ahmed Subhi in Mossul mitteilte, wurde mit Generalmajor Salim Madschid Blesh noch ein weiter Mann bei dem Angriff im Süden der Stadt getötet. Blesh war gerade auf dem Weg zum Freitagsgebet. Er war zuletzt Leiter des von der US-Verwaltung aufgebauten Arbeitsamtes in Mossul.
  • Irakische Extremisten haben einen ägyptischen Diplomaten im Irak entführt. Das bestätigte am 23. Juli das ägyptische Außenministerium. Zuvor hatte der arabische Fernsehsender Al Dschasira ein Video gesendet, auf dem eine Gruppe namens Löwen der Brigade Allahs sich zu der Entführung bekennt.
  • In Irak ist ein US-Soldat seinen Verletzungen erlegen, die er am 23. Juli bei Kämpfen westlich von Bagdad erlitten hatte. Wie die US-Streitkräfte am 24. Juli mitteilten, handelt es sich bei dem Toten um einen Marineinfanteristen. Wo er die Verwundungen in der Provinz Al Anbar erlitt, wurde nicht mitgeteilt.
  • Iraks Außenminister Hoschiar Sibari hat Russland um die Entsendung von Truppen zur Stabilisierung der Lage gebeten. "Wir brauchen russische Friedenstruppen", sagte Sibari bei der Ankunft in Moskau am 24. Juli. Die russische Führung lehnte bislang eine Stationierung von Soldaten am Golf kategorisch ab.
  • Russland lehnte die Bitte der irakischen Regierung um Entsendung von Truppen ab. "Derartige Pläne haben wir nicht", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am 24. Juli nach einem Treffen mit seinem irakischen Kollegen Hoschiar Sibari in Moskau. Russland werde aber bei der Ausbildung von Führungskräften oder beim Abbau der irakischen Schulden helfen.
  • Der irakische Übergangsministerpräsident Ijad Allawi ist am 24. Juli in Damaskus mit dem syrischen Staatspräsidenten Baschar Assad zusammengetroffen. Allawi erklärte, er sei sich sicher, dass nun eine neue Phase der ehrlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern beginnen werde. Bei ihren Beratungen sollte es vor allem um den Ausbau der bilateralen Beziehungen und Sicherheitsfragen gehen.
  • In der südkoreanischen Hauptstadt Seoul haben am 24. Juli rund 3.000 Menschen gegen die geplante Truppenentsendung in den Irak protestiert. Die teilweise mit Masken von US-Präsident George W. Bush und dem südkoreanischen Staatschef Roh Moo Hyun verkleideten Demonstranten lieferten sich ein Handgemenge mit der Polizei, als sie wenige Blocks vor dem Präsidentenpalast aufgehalten wurden. Berichte über Verletzte gab es jedoch nicht.
  • Australien will trotz Terrordrohungen seine Truppen nicht vorzeitig aus Irak abziehen, sagte Außenminister Alexander Downer am 25. Juli. Australien ließe sich nicht "einschüchtern", nehme aber die Drohungen ernst. Australien hat rund 900 Soldaten im Irak stationiert. Der Rückzug Spaniens und der Philippinen habe die Terroristen ermutig, sagte Downer weiter.
  • Am 25. Juli kamen bei Gefechten südlich von Bakuba 13 Rebellen ums Leben, teilt ein US-amerikanische Militärsprecher mit. Irakische Sicherheitskräfte schützten US-Truppen beim Ausheben eines Waffenlagers in Buhris, als sie angegriffen wurden, hieß es. Später hätten sich die Kämpfe ausgeweitet.
  • In Bagdad wurden am 25. Juli ein ehemaliger Mitarbeiter der Regierung Saddams und sein Sohn erschossen. Näheres wurde nicht mitgeteilt.
26. bis 31. Juli
  • Am 26. Juli wurde der entführte ägyptische Diplomat Mohammed Mamduh Hilmi Kotb aus der Geiselhaft entlassen. Al Dschasira zitierte einen der Kidnapper mit den Worten, Kotb sei wegen seiner "moralischen Qualitäten" freigelassen worden. Einen Tag später wird der Botschaftsrat Kotb sagen, er sei während seiner Gefangenschaft gut behandelt worden.
  • Die Entführer von sieben Lastwagenfahrern haben am 26. Juli ohne Angabe von Gründen die Frist für die Erfüllung ihrer Bedingungen - den Abuug des Unternehmens aus dem Irak - verlängert.
  • Ein ranghoher Beamter des Innenministeriums, Oberst Mussab al Awadi, ist am 26. Juli aus einem vorbeifahrenden Auto erschossen worden, als er mit seinen beiden Leibwächtern sein Haus verließ. Auch seine Leibwächter wurden getötet.
  • Am Morgen des 26. Juli sind bei zwei Anschlägen in Mosul und Basra mindestens sieben Menschen getötet worden.
  • Die US-Armee hat einem Fernsehbericht zufolge zugegeben, irakische Kinder und Jugendliche gefangen genommen zu haben. Immer noch seien 58 zwischen 14 und 17 Jahre alte Minderjährige inhaftierte, bestätigte ein Sprecher der US-Streitkräfte am 26. Juli.
  • Bei einem Besuch in Budapest am 27. Juli rief US-Außenminister Powell die im Irak verbliebenen Staaten der Kriegsallianz dazu auf, im Land zu bleiben. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Aufständischen mit ihren Bomben, Entführungen und Enthauptungen triumphieren", sagte Powell im ungarischen Fernsehen. (Nach Spanien, der Dominikanischen Republik, Nicaragua und Honduras haben zuletzt auch die Philippinen ihre Soldaten aus dem Irak abgezogen.
  • Am 27. Juli feuerten Aufständische mehrere Granaten in die sog. "grüne Zone" Bagdads, in der die US-Botschaft und die Gebäude der irakischen Übergangsregierung liegen. Ein irakischer Zivilist sei getötet worden, hieß es.
  • Am 27. Juli kam in Bagdad ein US-Soldat durch eine Bombe ums Leben.
  • Mindestens 70 Menschen starben am 28. Juli bei einem Autobombenattentat auf einem belebten Marktplatz in Bakuba. Etwa 30 Personen wurden verletzt. Es war der schwerste Anschlag seit der formellen Machtübergabe an eine irakische Übergangsregierung vor einem Monat. Die Bombe war in einem Bus versteckt gewesen. Beobachter sehen den Anschlag im Zusammenhang der für den 31. Juli vorgesehenen Zusammentritt der sog. "Nationalversammlung", deren rund 1.000 "Delegierte" über die Zukunft des Landes beraten sollen.
  • In Bagdad wurden am 28. Juli mehrere Menschen verletzt, als eine Rakete in einer belebten Straße einschlug.
  • In der Nähe von Kirkuk starben am 28. Juli zwei Iraker, die an einer Ölpipeline Sprengsätze anbringen wollten.
  • Am 28. Juli gab eine Gruppe "Islamische Armee" die Ermordung von zwei Pakistanern bekannt, meldete Al Dschasira. Deren irakischer Fahrer sei dagegen freigelassen worden. Trotz der Bluttat bekräftigte die pakistanische Regierung ihr Engagement im Irak.
  • Die irakische Nationalkonferenz, deren Beginn ursprünglich am 31. Juli geplant war, wurde um zwei Wochen verschoben. Bis zu dem neuen Termin am 15. August sollen die Parteien, die ihren Boykott angekündigt haben, zur Teilnahme bewegt werden, sagte ein Sprecher der Konferenz am 29. Juli.
  • Am 29. Juli wurde die Entführung eines somalischen Lastwagenfahrers bekannt gegeben. Die Geiselnehmer drohten mit der Ermordung des Mannes, falls dessen kuwaitischer Arbeitgeber seine Aktivitäten im Irak nicht einstelle.
  • Bei einem Anschlag auf einen polnischen Militärkonvoi in der Nähe der Stadt Hillakam am 29. Juli ein Soldat ums Leben, sechs weitere wurden verletzt.
  • Am 29. Juli wurde bei einem Bombenanschlag nordwestlich von Bagdad ein US-Soldaten getötet.
  • In der Nähe von Bakuba starb am 29. Juli ein irakischer Grenzschützer bei einem Anschlag.
  • US-Außenminister Powell hat sich nach Gesprächen mit dem irakischen Premier Ijad Allawi und Regierungsvertretern Saudi-Arabiens in der saudischen Stadt Dschiddah am 29. Juli für die Entsendung muslimischer Soldaten in den Irak ausgesprochen. Mit Allawi kam Powell überin, dass aber keine unmittelbaren Nachbarn von Irak eingesetzt werden sollten.
  • Die NATO-Botschafter trafen sich am 29. Juli in Brüssel, um erneut über die Bitte der irakischen Übergangsregierung zu beraten, Sicherheitskräfte auszubilden. Frankreich blockiert nach Angaben aus diplomatischen Kreisen eine Einigung ab, da es nur einer Ausbildung außerhalb des Irak zustimmen möchte.
  • Die Ukraine kündigte an, ihre Truppen im Irak langfristig abzuziehen. "Wir können dort nicht mehr lange bleiben", wird der Verteidigungsminister Jewgeni Martschuk in der Süddeutschen Zeitung vom 30. Juli zitiert. Derzeit sind 1.650 ukrainische Soldaten im Irak stationiert.
  • In der Nacht zum 30. Juli wurden bei Kämpfen zwischen US-Armee und Aufständischen in Falludscha 13 Iraker getötet. Die US-Armee bestätigte einen Angriff aus der Luft und am Boden.
  • Am 30. Juli stattete US-Außenminister Powell dem Irak einen überraschenden Besuch ab. Bei einem Treffen mit Übergangspräsident Ghasi al-Dschawar sagte er der irakischen Regierung die Unterstützung der USA zu. Auch kündigte er einen beschleunigten Fluss von Hilfszahlungen für den Wiederaufbau an. Dschawar sagte, Bagdad trete gegenüber den USA als souveräner Partner auf. Er bestritt, dass der neue US-Botschafter John Negroponte die Regierung in Bagdad manipuliere.
    Während des Besuchs erschütterten mindestens vier Explosionen die irakische Hauptstadt.
  • Der irakische Stammesführer Scheich Hischam al-Dulaimi zeigte sich am 30. Juli zuversichtlich, sieben entführte Lastwagenfahrer - drei Inder, drei Kenianer und einen Ägypter - zu retten. "Ich vertraue auf die Toleranz der Iraker und erwarte positive Ergebnisse", sagte der Vermittler. Einem der Inder sollte am Abend des 30. Juli die Kehle durchgeschnitten werden, falls der kuwaitische Arbeitgeber sich nicht aus dem Irak zurückziehe, hatte es in einer Mitteilung der "Geheimen Islamischen Armee" geheißen.
  • In der NATO zeichnete sich in der Frage der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte am 30. Juli ein Kompromiss ab: Ende der nächsten Woche (6. August) solle ein Expertenteam nach Bagdad entsandt werden, das bis Mitte September den Bedarf einschätzen solle. Keine Einigung gibt es bisher zwischen Frankreich und USA über die Führung der NATO-Ausbildungsmission.
    Am Abend des 30. Juli einigte sich die NATO auf die Rahmenbedingungen ihres Irak-Einsatzes. 40 NATO-Soldaten werden in den nächsten Tagen mit der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte in Bagdad beginnen, sagte Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. Die USA gehen von einem langfristigen Einsatz aus. Deutschland, Frankreich und weitere NATO-Staaten werden die Ausbildung außerhalb des Irak vornehmen. Ungeklärt blieb aber bisher, in welchem Maße die künftige Mission dem Kommando der US-geführten fremden Truppen im Irak unterstellt sein wird.
  • Am 31. Juli wurden zwei Polizisten in Haswa, südlich von Bagdad, getötet. Drei weitere wurden verletzt, als ihr Fahrzeug von Aufständischen angegriffen wurde.
  • Bei einem Anschlag auf eine US-Patrouille in Samara nordwestlich von Bagdad wurden am 31. Juli vier Amerikaner verwundet, ein Iraker starb unter dem Feuer der Truppen. Zwei Kinder wurden von Splittern getötet.
  • Gefechte zwischen US-Soldaten und Aufständischen am 31. Juli und 1. August kosteten in Falludscha mindestens zehn Menschen das Leben, 27 weitere wurden verletzt. Nach US-Angaben hätten Aufständische einen Stützpunkt der amerikanischen Marineinfanterie angegriffen. US-Truppen hätten mit Panzern und Luftangriffen zurückgeschlagen.
  • Ein entführter türkischer Lastwagenfahrer wurde inzwischen wieder freigelassen, wurde am 31. Juli bekannt.


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