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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

17. bis 31. Mai 2004

17. bis 20. Mai
  • Bei Luftangriffen der Besatzungsarmee in der südirakischen Stadt Nasirija sind am Morgen des 17. Mai nach Informationen des arabischen Nachrichtensenders El Dschasira 16 Iraker getötet und 29 weitere Menschen verletzt worden.
  • Die USA wollen nach Angaben der südkoreanischen Regierung einen Teil ihrer 37.000 dort stationierten Soldaten nach Irak verlegen. Die US-Regierung habe diesen Plan mit der Verschlechterung der Lage in Irak begründet, erklärte ein Vertreter des Außenministeriums in Seoul am 17. Mai. Wie viele Soldaten abgezogen werden sollen, sei noch nicht beschlossen.
  • Bei dem Autobombenanschlag am Montagmorgen in Bagdad sind mindestens zehn Iraker ums Leben gekommen. Sechs Menschen seien verletzt worden, davon zwei schwer, teilte ein Vertreter der US-geführten Koalition mit. Unter den Toten war der Präsident des irakischen Regierungsrates, Essedin Salim. Auch dessen Stellvertreter Taleb Kassim el Hadschi wurde getötet. In einer Erklärung sprach der Regierungsrat von einem "großen Verlust für das irakische Volk". Das Attentat sei ein "feiger terroristischer Akt", der jedoch die Mitglieder des Regierungsrates nicht davon abbringen werde, ihre Arbeit für den Aufbau eines vereinten, föderalen Irak fortzuführen. "Die kriminellen Kräfte werden besiegt werden, und die Geschichte wird sich an deren Verbrechen erinnern", hieß es in der Erklärung weiter. Nach Angaben von irakischen Politikern explodierte die Autobombe, als ein Konvoi die Zufahrt zur "Grünen Zone" mit dem Hauptquartier der US-Zivilverwaltung im Westen der irakischen Hauptstadt passieren wollte.
    Der irakische Regierungsrat hat wenig später Ghasi Maschal Adschil el Jawer, einen Ingenieur und sunnitischen Muslim aus der nordirakischen Stadt Mossul, zum Nachfolger des ermordeten Vorsitzenden Abdel Sahraa Othman gewählt. Dies teilte das Ratsmitglied Mahmud Othman mit.
    Eine bislang unbekannte irakische Gruppe soll sich zum Attentat auf den Präsidenten des Regierungsrats bekannt haben. Auf einer Internetseite kündigte die Gruppe zudem weitere Anschläge an.
  • Aus Protest gegen die Misshandlungen irakischer Gefangener hat der ungarische Ministerpräsident Peter Medgyessy am 17. Mai die Geschäftsträgerin der US-Botschaft einbestellt. Dabei forderte er die Vereinigten Staaten auf, sich an die Genfer Konventionen zu halten, wie es in einer Erklärung der Regierung vom Montag hieß. Demnach sagte Medgyessy zu Janet Garvey, die US-Regierung müsse alles tun, um inhumane Handlungen gegen Häftlinge zu verhindern. "Die Anwesenheit internationaler Truppen in Irak muss der Sicherheit der Bevölkerung sowie einer friedlichen Machtübergabe dienen", wurde Medgyessy zitiert. Zugleich versicherte er aber, dass die 300 ungarischen Soldaten in Irak ihren Auftrag zur Versorgung der Einwohner mit Lebensmitteln und Medikamenten fortsetzen würden.
  • Die Explosion einer mit Giftgas gefüllten Granate in Bagdad hat die Debatte über die Existenz von Massenvernichtungswaffen in Irak neu entfacht. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte am Abend des 17. Mai, das Urteil darüber, ob es in Irak große Vorräte an ABC-Waffen gebe, stehe noch aus. Zuvor hatte ein US-Militärsprecher in Irak mitgeteilt, dass vor einigen Tagen bei der Explosion eines am Straßenrand versteckten Sprengsatzes eine kleine Menge des Nervengifts Sarin freigesetzt worden sei. Nach Ansicht des ehemaligen US-Waffeninspekteurs David Kay und des früheren UN-Chefinspekteurs Hans Blix ist der Zwischenfall noch kein Beweis für die Existenz großer Vorräte an chemischen Waffen in Irak. Bei der Granate könne es sich um ein Überbleibsel alter Bestände handeln, die jedoch weitgehend vernichtet worden seien, erklärten beide der Nachrichtenagentur AP.
  • Der Selbstmordanschlag auf den Vorsitzende des irakischen Übergangsrats, Essedin Salim, trägt nach Angaben der US-Armee die Handschrift des unter Terrorverdacht gesuchten Jordaniers Abu Mussab al-Zarqawi. Der Anschlag weise die "klassischen Kennzeichen" einer Tat Zarqawis auf, sagte US-Armeesprecher Mark Kimmit am 17. Mai in Bagdad. Experten prüften zudem die Echtheit eines im Internet aufgetauchten Bekennerschreibens einer bislang unbekannten Gruppe mit dem Namen "Arabische Widerstandbewegung/Brigaden el Raschid". Erste Erkenntnisse wiesen jedoch auf die Täterschaft Zarqawis hin, der mit dem Terrornetzwerk El Kaida in Verbindung gebracht wird, sagte Kimmit.
  • Die USA wollen nach einem Pressebericht ihre angeblichen geheimen Zahlungen an die Partei des Schiitenpolitikers Ahmed Tschalabi einstellen. Tschalabis Irakischer Nationalkongress (INC) werde ab der Machtübertragung an die Iraker am 30. Juni nicht mehr wie bislang monatlich 335.000 Dollar (knapp 280.000 Euro) erhalten, berichtete die "New York Times" am 18. Mai. Die von der Partei gelieferten Geheiminformationen hätten sich als nutzlos erwiesen. Dem Bericht zufolge erfolgten die im Sommer 2002 begonnenen Zahlungen über den Militärgeheimdienst DIA.
  • Die umstrittenen Folteräußerungen des Historikers Michael Wolffsohn haben keine rechtlichen Folgen für den an Münchner Bundeswehruniversität lehrenden Professor. Nach intensiver Prüfung sei Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine rechtlichen Möglichkeiten gegen Wolffsohn gebe, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums nach einem Gespräch zwischen Struck und Wolffsohn am 18. Mai in Berlin. Der Minister erwarte aber von dem Hochschullehrer, dass dieser seine Lehre an den Grundlagen des Völkerrechts ausrichte und seiner Verantwortung als Professor, der an der Bundeswehruniversität zukünftige Offiziere ausbildet, gerecht werde. Wolffsohn hätte mit seiner Aussage, Folter oder die Androhung von Folter sei im Kampf gegen den Terrorismus legitim, den Soldaten der Bundeswehr und auch dem Personal der Universität "Schaden zugefügt", hatte Struck vorher betont. Der Professor habe das in ihn gesetzte Vertrauen enttäuscht. Der Minister hatte allerdings eingeräumt, dass ein Wissenschaftler sich auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen könne. Er erwarte aber von einer Person wie Wolffsohn, dass diese über die Wirkung ihrer Worte genau Bescheid wisse.
    Wolffsohn hatte am 5. Mai in einem Interview mit dem Nachrichtensender n-tv (Maischberger) gesagt: "Als eines der Mittel im Kampf gegen den Terrorismus halte ich Folter oder die Androhung von Folter für legitim."
  • US-Präsident George W. Bush ist in den Augen junger Niederländer gefährlicher als islamische Fundamentalisten. In einer Umfrage unter Zwölf- bis 30-Jährigen nannten 38 Prozent den US-Präsidenten als größte Gefahr für den Weltfrieden, 30 Prozent nannten den islamischen Fundamentalismus, wie die Zeitung "De Volkskrant" am 18. Mai berichtete. An dritter Stelle rangierte der Nahostkonflikt, der von elf Prozent der jungen Niederländer genannt wurde, gefolgt von der Armut in der Dritten Welt, in der zehn Prozent die größte Gefahr sahen.
  • Im Zusammenhang mit der Enthauptung der US-Geisel Nicholas Berg in Irak sind vier Verdächtige festgenommen worden. Das sagte ein ranghoher irakischer Beamter am 18. Mai der Nachrichtenagentur AFP. Der 26-jährige Berg war in Irak von Unbekannten verschleppt und am 11. Mai vor laufender Kamera enthauptet worden.
  • Die US-Armee und die Miliz des radikalen Schiitenführers Moktada el Sadr haben im Bagdader Schiitenviertel Sadr City einen Waffenstillstand vereinbart. Beide Seiten hätten sich bereits am Morgen des 17. Mai auf die 48-stündige Waffenruhe verständigt, sagte der irakische Polizeioberst Maaruf Allami am 18. Mai in Bagdad. Für den 19. Mai sei ein weiteres Treffen angesetzt worden, auf dem über eine Verlängerung gesprochen werden solle.
  • Das dänische Rote Kreuz hat der Regierung und dem Parlament in Kopenhagen vorgeworfen, Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan, Irak und im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay toleriert und sich damit zu "Komplizen" gemacht zu haben. Obwohl die dänischen Behörden informiert gewesen seien, hätten sie monatelang geschwiegen und damit gegen "grundlegendste menschliche Prinzipien" verstoßen, schrieb Jřrgen Poulsen, der Generalsekretär der Organisation, in einem am 18. Mai auf der Titelseite der Zeitung "Information" veröffentlichten offenen Brief. Als Unterzeichner-Staat der Genfer Konventionen müsse Dänemark dafür sorgen, dass auch seine Verbündeten diese Konventionen einhielten.
  • Die US-Streitkräfte wollen am 21. Mai 472 weitere irakische Häftlinge aus dem Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad entlassen. Das teilte ein Militärsprecher am 18. Mai mit. Am 14. Mai waren bereits 293 Gefangene aus der Haftanstalt freigelassen worden, aus der die in den vergangenen Wochen veröffentlichten Bilder folternder US-Soldaten stammen.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder sieht einen möglichen militärischen Einsatz der NATO in Irak kritisch. "Ich habe Zweifel, ob die NATO das richtige Instrument ist, um zur Stabilisierung beizutragen", sagte Schröder am 18. Mai nach einem Treffen mit dem belgischen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt in Brüssel. Die NATO würde wahrscheinlich nicht mehr Vertrauen in der irakischen Bevölkerung genießen als die heutigen Besatzungstruppen. Angemessener wäre es, Truppen aus anderen islamischen Ländern zu stellen, sagte der Kanzler und fügte hinzu: "Die sind eher in der Lage, für das notwendige Vertrauen zu sorgen." Schröder betonte aber, dass Deutschland einen Beschluss für einen NATO-Einsatz in Irak beim Gipfel Ende Juni in Istanbul nicht verhindern werde. "Wir werden eine Entscheidung nicht blockieren", sagte Schröder. "Aber es ist auch ganz klar, dass wir uns militärisch nicht beteiligen werden in Irak."
  • Im ersten Prozess um Gefangenenmissshandlungen in Irak ist der US-Soldat Jeremy Sivits am 19. Mai zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Damit verhängte ein Militärgericht in Bagdad am Mittwoch die Höchststrafe gegen den 24-jährigen Militärpolizisten. Sivits hatte sich der Verschwörung zur Misshandlung von Häftlingen, der Gefangenenmisshandlung und der Pflichtverletzung für schuldig bekannt. Sivits hatte unter anderem zugegeben, im Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad das weltweit bekannte Foto aufgenommen zu haben, auf dem nackte irakische Gefangene zu einer Pyramide aufgebaut sind.
  • Bei Kämpfen zwischen Soldaten der US-geführten Koalition und Besatzungsgegnern sind in der irakischen Stadt Kerbela sieben irakische Zivilisten getötet worden. 14 weitere Menschen seien bei den Auseinandersetzungen seit dem Abend des 18. Mai verletzt worden, sagte ein leitender Krankenhausarzt in der schiitischen Stadt am 19. Mai.
  • Bei einem Luftangriff der US-Armee auf eine irakische Hochzeitsgesellschaft sind offenbar 41 Iraker getötet worden, unter ihnen mehrere Frauen und Kinder. Kampfflugzeuge hätten zwei Häuser in der Ortschaft Makreddin im Westen des Landes an der Grenze zu Syrien beschossen, in denen die Iraker gefeiert hätten, berichtete der in Dubai ansässige Fernsehsender El Arabija am 19. Mai unter Berufung auf Augenzeugen. Die US-Armee bestätigte lediglich einen Militäreinsatz, der sich gegen ausländische Kämpfer gerichtet habe. Ein Kampfhubschrauber habe um drei Uhr morgens Ortszeit auf ein Haus gefeuert, in dem "ausländische Kämpfer" vermutet wurden, sagte ein Sprecher der US-geführten Koalition am 21. Mai in Bagdad. Das Gebäude sei angegriffen worden, nachdem von dort Schüsse abgegeben worden seien. Nach Angaben des katarischen Nachrichtensenders El Dschasira waren mindestens 18 Frauen und Kinder unter den Toten. Nach Angaben von El Dschasira griffen US-Kampfhubschrauber ein Festzelt an, das in dem Dorf aus Anlass der Hochzeit errichtet worden war. Fernsehbilder zeigten Iraker, die Gräber aushoben. Auch die Leichname von zwei Kindern waren zu sehen.
  • Ein Fernsehteam des französischen TV-Senders Canal+ wird im Irak von den US-Besatzungstruppen gefangen gehalten. Man habe noch keinen Kontakt zu den Mitarbeitern aufnehmen können, teilte der Sender am 19. Mai in Paris mit. Die drei Journalisten arbeiten für eine Magazinsendung.
  • Im Nordirak ist ein britischer Zivilist erschossen worden. Das teilte das Londoner Außenministerium am 19. Mai mit. Der frühere Soldat arbeitete für eine Sicherheitsfirma, die für den Schutz des britischen diplomatischen Dienstes im Irak eingesetzt war.
  • US-Soldaten und irakische Polizisten haben die Büroräume des irakischen Politikers Achmed Tschalabi durchsucht. Bei der Aktion am Hauptsitz von Tschalabis Partei Irakischer Nationalkongres (INC) in Bagdad seien Computer und Dokumente sichergestellt worden, sagte der Sicherheitschef der Anlage am 20. Mai. Beschlagnahmt worden seien persönliche Unterlagen und Gegenstände aus Tschalabis Besitz. Festgenommen wurde niemand. Zum Zeitpunkt der Razzia habe sich Tschalabi nicht in dem Gebäude gefunden, sagte der Sicherheitschef.
  • System-Mängel beim US-Militär haben einem Bericht zufolge zum Tod eines Reuters-Kameramanns im August im Irak beigetragen. Der preisgekrönte palästinensische Kameramann Mazen Dana war am 17. August 2003 von einem US-Soldaten von einem Panzer aus erschossen worden, als er in der Nähe des Gefängnisses Abu Ghraib Filmaufnahmen machte. Reuters teilte am 20. Mai in London mit, ein umfangreicher Bericht seiner Rechtsabteilung ergebe, dass der Tod des Kameramanns vermeidbar gewesen sei. Damit verwirft das Unternehmen das Ergebnis einer Untersuchung der US-Armee, wonach die Schüsse unter den gegebenen Umständen "gerechtfertigt" gewesen seien. In dem Reuters-Bericht heißt es, die Beweise stützten diese Schlussfolgerung nicht. In dem im März veröffentlichten Ergebnis der US-Untersuchung hatte es geheißen, der bewaffnete US-Kommandeur, der den Schuss abgefeuert hatte, habe die "angemessene" Gewissheit gehabt, dass Dana dabei war, eine Panzerabwehrrakete abzufeuern, weil der Soldat seine Kamera fälschlicherweise für einen Raketenwerfer gehalten habe. Im Reuters-Bericht heißt es dagegen, der Schuss "war das Nebenprodukt eines gesamten Systems - ein System, das in diesem Fall deutliche Mängel gezeigt hat". Zu diesen Mängeln zählten die Art und Weise, in der das Militär kommuniziere, die Art, wie es seine Mitarbeiter trainiere sowie Regeln und Vorgehensweisen, die deren Verhalten auf dem Feld bestimmten. "Diese Mängel müssen angesprochen werden". Der Bericht fordert außerdem eine Überarbeitung der Weise, wie das US-Militär ohne unabhängige Prüfung seine eigenen Handlungen in Fällen wie Danas Tod untersuche.
  • Fast drei Viertel der Bevölkerung in El Salvador haben sich für einen sofortigen Abzug der Truppen aus Irak ausgesprochen. In einer am 20. Mai in der Zeitung "El Diario de Hoy" veröffentlichten Umfrage des Gallup-Instituts erklärten 72 Prozent der Befragten, die 380 Soldaten sollten bereits jetzt und nicht erst wie geplant im August abziehen. Nur rund jeder fünfte (21 Prozent) stimmte dem auf ein Jahr angelegten Einsatz noch zu. Bislang wurde ein salvadorianischer Soldat in Irak getötet, mehrere wurden verwundet. Drei südamerikanische Staaten - die Dominikanische Republik, Nicaragua und Honduras - haben ihr militärisches Engagement in Irak bereits vorzeitig abgebrochen.
  • Das US-Repräsentantenhaus hat einer weiteren Anhebung des Verteidigungshaushalts zugestimmt. Mit 391 zu 34 Stimmen billigten die Abgeordneten am 20. Mai den Budgetentwurf für das Haushaltsjahr 2005, der Verteidigungsausgaben in Höhe von 422 Milliarden Dollar (355 Milliarden Euro) vorsieht. Dies sind 5,2 Prozent mehr als im laufenden Haushaltsjahr. In dem gebilligten Budgetentwurf sind auch die 25 Milliarden Dollar enthalten, die US-Präsident George W. Bush im vergangenen Monat für den Militäreinsatz in Irak beantragt hatte. Der Senat muss dem Etat noch zustimmen.
21. bis 23. Mai
  • Der Sonderkorrespondent des spanischen Radiosenders RNE in Irak, Fran Sevilla, ist in den Händen von Anhängern des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr. Sevilla werde seit dem Morgen des 21. Mai in einer Moschee in Nadschaf festgehalten, sei aber wohlauf, berichtete der Sender. Er habe seine Redaktion selbst noch informieren können, bevor er den Sadr-Getreuen in die Hände gefallen und ihm sein Mobiltelefon weggenommen worden sei.
  • Mehr als zweitausend Einwohner der südirakischen Stadt Kerbela haben am 21. Mai gegen die Miliz des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr demonstriert. Nach dem Freitagsgebet im Mausoleum des Imam Hussein zogen die Gläubigen durch die Straßen und schwenkten Spruchbänder, auf denen stand: "Kerbela ist eine Stadt des Friedens, nieder mit den Waffen." Geschützt wurde die Demonstration von Milizionären des Obersten Rats der Islamischen Revolution (SCIRI).
  • Bei Gefechten nahe zwei Heiligtümern in der irakischen Stadt Kerbela haben US-Truppen am 21. Mai 18 Milizionäre des radikalen Schiitenführers Muktada El Sadr getötet. Nach US-Angaben begannen die mehr als zweistündigen Kämpfe in der Nacht, als patrouillierende US-Panzer mit Raketen angegriffen wurden. 13 Menschen seien verletzt worden, teilten irakische Ärzte mit. Die US-Truppen setzten Panzer und Kampfflugzeuge vom Typ AC-130 ein. Nach Krankenhausangaben waren zwei iranische Pilger unter den Toten. Auch ein Kameramann des arabischen Fernsehsenders El Dschasira wurde getötet. Der 38-Jährige sei während Filmaufnahmen in den Kopf geschossen worden, teilte der Sender mit. El Dschasira forderte die US-Streitkräfte zu einer Untersuchung des Vorfalls auf.
    Schwere Feuergefechte wurden auch aus Nadschaf und Kufa gemeldet. In Nadschaf wurden wegen heftiger Kämpfe die Freitagsgebete abgesagt. Ein Zivilist wurde nach Krankenhausangaben getötet und ein weiterer verletzt, als ihr Wagen zwischen die Fronten geriet. Mindestens 14 weitere Menschen seien verletzt worden.
    Im benachbarten Kufa wurden nach Augenzeugenberichten zwei Menschen getötet. El Sadr rief dort rund 15.000 Gläubige auf, im Widerstand gegen die Besatzungstruppen nicht nachzulassen, selbst wenn er getötet oder festgenommen werden sollte.
    In Kirkuk nahmen US-Truppen nach irakischen Angaben in einer Moschee einen Stellvertreter El Sadrs und zehn seiner Anhänger fest.
    Die Hauptstadt Bagdad wurde am 21. Mai von zwei Explosionen erschüttert.
    In Bakuba wurden vier irakische Sicherheitskräfte bei einem Angriff auf eine Polizeistation getötet.
    Wie die US-Streitkräfte am 21. Mai mitteilten, waren am 20. Mai bei der Detonation einer Bombe ein US-Soldat und zwei Iraker ums Leben gekommen.
  • Die USA haben im Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung des US-Geschäftsmannes Nicholas Berg in Irak die Festnahme von vier Verdächtigen bestätigt. Zwei von ihnen seien nach einer Befragung wieder freigelassen worden, die übrigen beiden blieben weiter in Gewahrsam, sagte US-General Mark Kimmitt am 21. Mai in Bagdad. Er machte keine Angaben zur Identität der Festgenommenen.
  • Ein Militärgericht im US-Staat Georgia hat am 21. Mai einen amerikanischen Soldaten wegen Fahnenflucht verurteilt, der seine Kampfeinheit in Irak aus Protest gegen den "vom Öl verursachten" Krieg verlassen hatte. Stabsunteroffizier Camilo Mejia aus der Nationalgarde Floridas drohen nun ein Jahr Haft sowie die unehrenhafte Entlassung aus den Streitkräften. Der 28-Jährige war nach einem zweiwöchigen Fronturlaub im Oktober 2003 nicht zum Dienst zurückgekehrt und hatte sich erst fünf Monate später zurückgemeldet. Am 20. Mai hatte Mejia beteuert, Erlebnisse in Irak hätten ihn zum Kriegsdienstverweigerer gemacht. Er berichtete von Zivilpersonen, die von Gewehrfeuer getroffen wurden, und von einem Jungen, der sterben musste, weil sich kein Militärarzt für zuständig hielt. In seiner Kriegsdienstverweigerung schrieb er auch von Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt el Assad.
  • Die US-Streitkräfte haben insgesamt 37 Todesfälle unter ihren Gefangenen in Afghanistan und Irak untersucht, die sich seit August 2002 ereigneten. Dies teilte ein ranghoher Mitarbeiter des Pentagons am 21. Mai mit. Von den Todesfällen würden noch neun geprüft, weil es sich möglicherweise um Tötungsdelikte handele, hieß es. Acht Fälle lägen im Zuständigkeitsbereich der Streitkräfte, einer werde vom Justizministerium untersucht, weil nur CIA-Mitarbeiter betroffen sind. Bei den acht Todesfällen handele es sich nach Meinung von Ärzten wahrscheinlich um Totschlag durch Gewaltanwendung vor oder während Verhören. In einem zehnten Fall sei ein Mann wegen übermäßigen Gewalteinsatzes bestraft und aus der Armee entlassen worden, weil er einen Iraker erschoss, der ihn mit Steinen beworfen hatte. Die restliche Fälle würden als natürliche Todesfälle oder gerechtfertigte Tötungen betrachtet, hieß es. In solchen Fällen hätten Soldaten tödliche Gewalt gegen besonders gewalttätige Gefangene eingesetzt.
  • Bei der Explosion einer Autobombe in Bagdad sind am 22. Mai nach einem Bericht des arabischen Fernsehsenders El Dschasira sechs Iraker getötet und 20 verletzt worden. Ein Mitarbeiter des Innenministeriums sagte, die Detonation habe sich in der Nähe der Wohnung des stellvertretenden Innenministers Abdul Dschabbar Jussef im Osten der irakischen Hauptstadt ereignet. Jussef wurde verletzt.
  • Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick fordert eine weltweite Ächtung der Misshandlungen von irakischen Gefangenen durch US-Soldaten. Jeder Häftling sei ein Mensch, dem Menschenrechte und Menschenwürde zukomme, sagte Schick laut einer Mitteilung des Ordinariats vom 22. Mai. Wer auf Lehrstühlen, in den Parlamenten oder in öffentlichen Reden Verbrechen an Gefangenen rechtfertige, müsse zur Rechenschaft gezogen werden. Als "abscheulich" bezeichnete es Schick ferner, wenn heimtückisch Bomben gelegt oder Selbstmordattentate begangen werden, bei denen viele unschuldige Menschen zu Tode kommen oder verletzt werden. Der Erzbischof sprach sich auch gegen "Häuserplattmachen" im Gazastreifen aus, "das aus Rache, Wiedervergeltung oder als vermeintliches Mittel der Terroristenbekämpfung" geschehe. Dies sei ein Verbrechen. Das Recht auf Heimat sei ein Grundrecht, betonte der Bischof.
  • Nach wochenlangen Gefechten haben US-Soldaten und Anhänger des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr am 22. Mai mit dem Rückzug aus der schiitischen Pilgerstadt Kerbela im Süden Iraks begonnen. Ein hochrangiger Vertreter von Sadrs Miliz sagte der Nachrichtenagentur AFP in Kerbela, er rechne noch für denselben Tag mit einer endgültigen Vereinbarung zur Einstellung der Kämpfe.
    AFP meldete wenig später: Die US-Armee in Irak hat Angaben über einen Rückzug ihrer Soldaten aus der Schiitenhochburg Kerbela dementiert. "Wir wissen nichts über irgendeinen Rückzug aus Kerbela", sagte US-General Mark Kimmit am 22. Mai in Bagdad. "Gewisse Truppen" in Kerbela seien umgruppiert worden. Dies könne aber nicht als Rückzug interpretiert werden.
  • Die US-Armee ist am 22. Mai mit Fotoaufnahmen den Vorwürfen entgegen getreten, ihre Luftwaffe habe am 19. Mai einen tödlichen Angriff auf eine Hochzeitsgesellschaft an der Grenze zu Syrien geführt. US-General Mark Kimmitt zeigte bei einer Pressekonferenz in Bagdad Fotos vom Ort des Angriffs, auf denen militärische Ausrüstung, Medikamente und ein großer Schlafsaal zu sehen waren. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass dort zum Zeitpunkt des Angriffs eine Hochzeit gefeiert worden sei, sagte Kimmitt. Die US-Soldaten hätten Trainingshandbücher, Ferngläser, ausländische Pässe und den Schlafsaal entdeckt, der bis zu 300 Menschen aufnehmen könne.
  • Mit einer Schweigeminute für die Opfer israelischer Angriffe in palästinensischen Gebieten hat der tunesische Staatspräsident Zine el Abidine Ben Ali am 22. Mai das jährliche Gipfeltreffen der Arabischen Liga eröffnet. In einem Resolutionsentwurf äußerten die Delegierten der 21 Länder ihre Entrüstung über die Misshandlung irakischer Gefangener in US-Gefängnissen. Betont wurden in dem Entwurf außerdem die Notwendigkeit eines arabisch-israelischen Friedens und Reformen in den arabischen Staaten.
  • Rund 1.000 Kriegsgegner haben am 22. Mai in London für einen sofortigen Abzug der Koalitionstruppen aus Irak demonstriert. An der Spitze des Zuges hatten sich mehrere Demonstranten als Soldaten verkleidet und stellten Folterszenen nach, wie sie auf Fotos aus dem Bagdader Gefängnis Abu Ghraib zu sehen waren. Die Demonstration entlang der Themse in der Londoner Innenstadt wurde von einem großen Polizeiaufgebot begleitet. Unterstütz wurde der Protest vom Londoner Bürgermeister Ken Livingstone, wie Premierminister Tony Blair ein Mitglied der Labour-Party. "Der einzige Weg, um den Horror zu stoppen, ist der sofortige Abzug unserer Soldaten", sagte Livingstone auf der Abschlusskundgebung am Trafalgar Square. In Hinblick auf die Präsidentschaftswahl in den USA im Herbst fügte er hinzu: "Ich hoffe, Präsident George W. Bush wird im November in den Mülleimer der Geschichte gesteckt."
  • Die US-Armee ist am Abend des 22. Mai nach Angaben von Augenzeugen mit einer Panzerkolonne in das Zentrum der seit Wochen umkämpften zentralirakischen Stadt Kerbela eingerückt. Ein Anwohner, Ghaswan Turki Dschuburi, sagte, etwa 40 Panzer und Militärfahrzeuge seien aus drei verschiedenden Richtungen in das Zentrum der Stadt vorgedrungen.
  • US-Truppen sind in der Nacht zum 23. Mai in die südirakische Stadt Kufa eingerückt. Wie der US-Nachrichtensender CNN berichtete, töteten US- Soldaten mindestens 17 Aufständische. In einer Moschee sei ein großes Waffenlager entdeckt worden. Eine Einheit liefere sich Gefechte mit Aufständischen. Später hieß es ergänzend (AFP): Bei schweren Kämpfen zwischen US-Soldaten und Anhängern des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr sind in der Nacht zum 23. Mai in der irakischen Stadt Kufa mindestens 32 Menschen getötet worden. Dies teilten die US-geführte Besatzungsmacht und Krankenhausvertreter übereinstimmend mit. Mindestens 54 Menschen wurden nach Krankenhausangaben bei den Gefechten auf dem Gelände der Sahla-Moschee verletzt. Die Moschee liegt in der Nähe der Gebetsstätte, in der Schiitenführer Sadr seine Freitagspredigten hält.
  • Bei der Explosion einer Mörsergranate sind in einem Vorort der südirakischen Stadt Basra eine 60-jährige Frau getötet und vier weitere irakische Zivilisten verletzt worden. Unter den Verletzten befanden sich zwei Kinder. Die Granate sei in der Nacht zum 23. Mai auf ein Haus der Ortschaft Iskan niedergegangen, sagte ein Arzt im Hafenkrankenhaus von Basra.
  • Iran hat wegen der angespannten Lage im Nachbarland Irak eine "förmliche Warnung" an die USA gerichtet. Die Note sei Washington über die Schweizer Botschaft in Teheran übermittelt worden, teilte der Sprecher des iranischen Außenministeriums am 23. Mai mit. Da die USA und Iran keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, vertritt die Schweiz in Teheran die Interessen der US-Regierung.
  • Die Armeeführung der Vereinigten Staaten in Irak hat einen Bruch der Genfer Konvention bei der Behandlung irakischer Gefangener einem Pressebericht zufolge bewusst in Kauf genommen. Es bestehe die "militärische Notwendigkeit", mehrere Häftlinge im berüchtigten Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad zur Befragung zu isolieren, erklärte das US-Militär im Dezember in einem Brief an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), wie die US-Tageszeitung "New York Times" am 23. Mai berichtete. Zudem sei es gesetzesgemäß, verschiedene Gefangene, die als Sicherheitsrisiko gälten, anders zu behandeln als Kriegsgefangene oder gewöhnliche Verbrecher.
    Der Oberbefehlshaber der Truppen in Irak, US-General Ricardo Sanchez, war möglicherweise bei einigen Verhören im Gefängnis Abu Ghraib dabei, bei denen Gefangene misshandelt wurden, wie die die Online-Ausgabe der "Washington Post" am 23. Mai berichtete. Die "Washington Post" beruft sich in ihrem Bericht auf die Mitschrift einer Anhörung, in welcher der Militäranwalt eines angeklagten Soldaten einen US-Hauptmann aus dem berüchtigten Abu-Ghraib-Gefängnis zitiert. General Sanchez sei bei einigen "Verhören und/oder mutmaßlichen Misshandlungen" in Abu Ghraib dabeigewesen, habe dieser Hauptmann dem Militäranwalt Robert Shuck gesagt. Sanchez und weitere ranghohe Armeeangehörige hätten gewusst, was in dem berüchtigten Zellenblock 1 vorging. Er sei bereit, dies im Gegenzug für Straffreiheit zu bezeugen.
24. bis 28. Mai
  • Nahe der irakischen Widerstandshochburg Falludscha sind zwei US-Soldaten bei der Explosion eines Sprengsatzes getötet worden. Mehrere weitere Soldaten sowie ein ziviler Mitarbeiter der Besatzungsstreitkräfte seien am 23. Mai verletzt worden, als der Sprengsatz am Straßenrand nordwestlich von Falludscha detonierte, teilte die US-Armee am 24. Mai in Bagdad mit. Die Bombe sei offenbar in einem geparkten Fahrzeug deponiert gewesen und zur Explosion gebracht worden, als zwei US-Konvois vorbeifuhren. Insgesamt starben seit Beginn des Irak-Krieges im März vergangenen Jahres 796 US-Soldaten.
Gewaltopfer
Seit Beginn der US-Besatzung in Irak vor einem Jahr sind allein in Bagdad und in drei Provinzen 5.558 Zivilisten eines gewaltsamen Todes gestorben. Dies ergab eine Erhebung der Nachrichtenagentur AP in den Leichenschauhäusern der irakischen Hauptstadt sowie der Provinzen Kerbela, Kirkuk und Tikrit. Gewaltverbrechen und politisch motivierte Anschläge haben demnach nach dem Sturz von Expräsident Saddam Hussein erheblich zugenommen, schreibt AP am 24. Mai.
Allein in Bagdad wurden in den zwölf Monaten vom offiziellen Ende der Hauptkampfhandlungen am 1. Mai 2003 bis zum 30. April dieses Jahres 4.279 Menschen getötet, Unfallopfer ausgenommen. Pro Monat starben demnach durchschnittlich 357 Bagdader eines gewaltsamen Todes. Im Jahr 2002 waren es dagegen 14 pro Monat. Die Opfer großer Terroranschläge seien in diesen Zahlen nicht enthalten, sagt der Direktor des gerichtsmedizinischen Instituts in Bagdad, Kais Hassan: In solchen Fällen sei die Todesursache so eindeutig, dass auf eine Obduktion in der Regel verzichtet werde.
Auch Rebellengruppen wie die El-Mahdi-Miliz des schiitischen Geistlichen Muktada el Sadr bringen ihre Toten in der Regel nicht ins Leichenschauhaus. In der Provinz Kerbela, wo sich die Miliz seit Wochen schwere Gefechte mit den Besatzungstruppen liefert, dürfte die Zahl der Toten deshalb noch höher sein als die 663, die in den vergangenen zwölf Monaten in Leichenschauhäuser gebracht wurden. Aus Nadschaf und Falludscha, wo seit Anfang April ebenfalls heftige Gefechte wüten, waren keine verlässlichen Statistiken erhältlich.
  • Ein irakischer Wissenschaftler, der von den USA zum Führungszirkel um Ex-Staatschef Saddam Hussein gezählt wurde, ist in einem US-Gefängnis in Bagdad unter ungeklärten Umständen gestorben. Die britische Tageszeitung "The Guardian" zitierte in ihrer Ausgabe vom 24. Mai Angaben der US-Militärärzte, wonach der Professor und Chemiker Mohammed el Ismerli durch ein "Zusammendrücken des Hirnstamms" zu Tode kam. Der Leiter der Autopsie am Krankenhaus in Bagdad, Faik Amin Baker, sagte der Zeitung, Ismerli sei infolge eines "plötzlichen Schlages auf den Hinterkopf" gestorben. Die Angaben des US-Militärs erklärten nicht, wie er sich die Schädelfraktur zugezogen habe.
  • Rund 500 Meter vor dem Hauptquartier der US-geführten Koalitionstruppen in der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 24. Mai eine Autobombe explodiert. Das berichteten Augenzeugen. Das Gelände sei unmittelbar nach der Explosion von US-Soldaten abgeriegelt worden. Krankenwagen fuhren zum Tatort, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Später war die Rede davon, dass bei dem Anschlag vier Menschen getötet und zwei verletzt worden seien. Arabischen Quellen zufolge handelte es sich um ausländische Sicherheitsleute. Das britische Außenministerium in London teilte mit, unter den Getöteten seien zwei britische Zivilisten.
  • Arabische Fernsehsender haben am 24. Mai Bilder ausgestrahlt, die den US-Angriff auf eine Hochzeitsgesellschaft in Irak belegen sollen. Auf den von El Dschasira und El Arabija gezeigten Aufnahmen ist eine Hochzeitszeremonie mitten in der Wüste zu sehen. Die Menschen feiern in Zelten, Kinder tanzen zur Musik einer Elektroorgel. Auf die Feierszenen folgen Bilder der Zerstörung, die am darauffolgenden Tag aufgenommen wurden: kaputte Zelte, ein beschädigtes Haus und die in ein Tuch gehüllte Leiche des Musikers. Die US-Armee hatte am 22. Mai dementiert, dass es sich bei den Angegriffenen um Teilnehmer einer Hochzeitsgesellschaft gehandelt habe.
  • Washington und London wollen die für den 30. Juni geplante Übergabe der Souveränität an eine Übergangsregierung durch eine neue UN-Resolution stützen. Zudem suchen sie die Unterstützung der UNO für einen Verbleib ausländischer Soldaten. Die USA verlangen von den UN die Bestätigung ihres uneingeschränkten militärischen Kommandos im Irak. Dies soll nach dem US-Entwurf einer Resolution auch nach der formalen Übertragung der politischen Souveränität an eine Übergangsregierung in Bagdad gelten. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte am 24. Mai mit, der Resolutionsentwurf sei in Umlauf gebracht worden, es gebe informelle Gespräche darüber. US-Außenminister Colin Powell habe am 23. Mai mit Joschka Fischer (Grüne) sowie anderen europäischen Kollegen telefoniert. Derzeit führt Deutschland den Vorsitz im Sicherheitsrat.
    Der derzeitige Präsident des irakischen Regierungsrates, Ghasi Adschil el Jawar, forderte die "volle Souveränität" für die Übergangsregierung nach dem 30. Juni. Die Übergangsregierung müsse dann auch über Verbleib oder Abzug der internationalen Truppen entscheiden können, sagte Jawar der arabischen Zeitung "Aschark El Awsat". Angesichts der derzeitigen Sicherheitslage müssten die Soldaten aber noch im Land bleiben. Zudem hoffe er, dass europäische und einige arabische Staaten zusätzliche Truppen entsenden würden.
    Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, die Übergangsregierung müsse Zugang zu den Ölvorkommen und Entscheidungen zur Sicherheit treffen können. Ansonsten handele es sich nicht um eine souveräne Regierung.
  • Bei Kämpfen zwischen US-Soldaten und Anhängern des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr sind in der Nacht zum 24. Mai in Bagdad nach Angaben der Armee 26 Milizionäre getötet worden. Die Aufständischen seien bei mehreren Angriffen im Schiitenviertel Sadr-City ums Leben gekommen, sagte Militärsprecher Brian O'Malley. Zwölf US-Patrouillen, die im Laufe der Nacht in Sadr-City unterwegs gewesen seien, seien angegriffen worden. Vom 22. bis 24. Mai wurden damit laut Militär in dem Elendsviertel Sadr-City mindestens 47 Menschen getötet.
  • Auf vier Kinos der nordirakischen Stadt Mossul sind am 24. Mai gleichzeitig Sprengstoffanschläge verübt worden. Wie die Polizei mitteilte, ereigneten sich die Explosionen in Mossul nahezu zeitgleich gegen 13.15 Uhr Ortszeit in den vier Kinos im Zentrum der Stadt. Berichte über Tote oder Verletzte lagen zunächst nicht vor.
  • Im Norden Iraks ist am 24. Mai eine Öl-Pipeline nach einem Sprengstoffanschlag teilweise in Flammen aufgegangen. Unbekannte brachten zwischen der nordirakischen Stadt Kirkuk und der rund vierzig Kilometer nordwestlich davon gelegenen Förderstation Dibis einen Sprengsatz unter der Ölleitung an, der am frühen Abend explodierte, wie ein leitender Mitarbeiter der Ölgesellschaft Nord (NOC) mitteilte. Die Werksfeuerwehr versuche den Brand zu löschen, sagte NOC-Produktionsleiter Luai Ahmed. US-Soldaten und die irakische Polizei sperrten die Straßen zwischen Kirkuk und Dibis.
  • Irak will 300 Millionen Dollar (rund 250 Millionen Euro) für den Kauf neuer Zivilflugzeuge ausgeben und dabei mit dem europäischen Airbus-Konzern ins Geschäft kommen. "Wir wollen mit Airbus zusammenarbeiten, und ich hoffe, dass sie mir in den nächsten zwei Wochen ein Angebot machen", sagte der irakische Verkehrsminister Behnam Polis am 24. Mai der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad. Die Fluggesellschaft Iraqi Airways solle wieder aufleben, nachdem sie vor mehr als 13 Jahren infolge des internationalen Embargos gegen Irak ihre Tätigkeit eingestellt hatte.
  • Vor dem Hintergrund nachlassender Unterstützung im eigenen Land erläuterte Bush am Abend des 24. Mai (Ortszeit) in einer Rede in der Kriegsschule des Heeres in Carlisle (Pennsylvania) einen Fünf-Punkte-Plan für den Weg zu freien Wahlen und zu Frieden und Sicherheit im Irak. Der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen, Lakhdar Brahimi, beabsichtige, noch in dieser Woche die Namen der Mitglieder der Übergangsregierung vorzulegen, sagte Bush. Der Präsident äußerte die Befürchtung, dass schwierige Tage bevorstünden, versicherte aber zugleich immer wieder, dass Freiheit und Demokratie siegen würden. (Lesen Sie die Rede im Wortlaut.)
  • Nach Einleitung der ersten Militärprozesse gegen untere Chargen müssen auch Spitzenoffiziere der US-Streitkräfte mit persönlichen Konsequenzen aus dem Folterskandal rechnen. So soll der Kommandeur der US-Truppen in Irak, Generalleutnant Ricardo Sanchez, abgelöst werden, wie der Fernsehsender NBC sowie die Zeitungen "New York Times" und "Washington Post" am 24. Mai berichteten. Gegen Sanchez waren am Wochenende schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit der Misshandlung irakischer Gefangener laut geworden.
  • Bei einem Raketenangriff auf einen US-Stützpunkt in Irak ist ein Soldat getötet worden. Vier weitere wurden verletzt, wie die US-Streitkräfte am 25. Mai mitteilten. Der Angriff habe sich bereits am Abend des 24. Mai nordwestlich von Bagdad ereignet.
  • Bei neuen Kämpfen zwischen US-Soldaten und Anhängern des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr sind in Kufa fünf Zivilisten getötet worden. Mindestens 18 weitere seien bei den Zusammenstößen in der Nacht zum 25. Mai verletzt worden, teilten Ärzte aus zwei örtlichen Krankenhäusern mit. Die Kämpfe zwischen Angehörigen von Sadrs Mehdi-Miliz und US-Soldaten hätten gegen Mitternacht begonnen, berichtete ein AFP-Korrespondent aus Kufa. Am Dienstagmorgen war die Lage demnach wieder ruhig.
  • In Nadschaf wurde am 25. Mai eine Moschee, die eines der wichtigsten Heiligtümer der schiitischen Glaubensrichtung beherbergt, durch Granatenbeschuss beschädigt.
  • Der US-britische Entwurf einer Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrats ist von Deutschland, Frankreich und Russland am 24. und 25. Mai kritisch aufgenommen worden. Während Berlin und Paris Nachbesserungen forderten, will Moskau den Text erst nach der Vorstellung einer von der irakischen Bevölkerung anerkannten Übergangsregierung näher untersuchen. Frankreichs Präsident Chirac nannte den Entschließungs-Text eine "gute Diskussionsgrundlage", plädierte aber dafür, Bagdad klarere Zuständigkeiten für die Ölvorräte und die nationale Sicherheit zu geben. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) bezeichnete den Entwurf als "gute Grundlage, um daran die Arbeit verbessernd zu beginnen". Auf dieser "sehr guten Grundlage" sei ein Konsens möglich, sagte Fischer in Berlin. Von zentraler Bedeutung sei der Bericht des UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi, der Ende der Woche seine Vorschläge für den Machttransfer vorlegen will und dabei auch mögliche Mitglieder der Übergangsregierung empfehlen dürfte.
    Der irakische Regierungsrat bezeichnete den Text als nicht ausreichend. Der Vorsitzende des irakischen Regierungsrats, Ghasi Maschal Adschil el Jawer, sagte am 25. Mai, er hoffe, dass die Vorschläge der Iraker in die endgültige Fassung der Resolution übernommen würden. Dabei geht es um die Forderung nach vollständiger Kontrolle über die Sicherheitskräfte und über die Ölindustrie. Ratsmitglied Mahmud Othman sagte, die Iraker seien auch gegen die geplante Immunität für ausländische Soldaten gegenüber der irakischen Justiz. Außenminister Hoschjar Sebari werde nach New York reisen, um die Bedenken dort vorzutragen. Nach Ansicht des derzeitigen irakischen Verteidigungsministers Ali Alawi können die irakischen Streitkräfte schon in einem Jahr die Aufgaben der Besatzungstruppen übernehmen.
  • Der Irak-Krieg hat nach Einschätzung des der NATO nahe stehenden Londoner Instituts IISS die Terrororganisation El Kaida gestärkt. Die Bombenanschläge in Madrid hätten gezeigt, dass das Terrornetzwerk von Osama bin Laden wieder voll handlungsfähig sei, hieß es in einem in London veröffentlichten Bericht des Internationalen Instituts für Strategische Studien. Weiter kritisierte der Bericht die in Irak angewendete US-Doktrin von Präventivangriffen zur Eindämmung der Weiterverbreitung von Waffen sowie den "Missbrauch von Geheimdienstinformationen als Grundlage für Militäreinsätze". Die Regierung in Washington habe nicht verstanden, dass die Anschläge vom 11. September 2001 die "gewalttätige Reaktion auf die amerikanische Überlegenheit" gewesen seien, hieß es in dem IISS-Bericht. Die Experten rieten den USA, sich in ihrer Politik der Alleingänge zu mäßigen. Als Beispiele für positive Entwicklungen führt der Bericht Libyen und Syrien an: Tripolis habe sein Programm für Massenvernichtungswaffen aufgegeben und Damaskus "provoziert weniger".
  • Irakische Aufständische haben am 25. Mai aus dem Fenster eines Wohnhauses in Bagdad Raketen auf eine Polizeiwache abgefeuert. Dabei wurde ein US-Soldat auf dem Dach des Gebäudes verletzt, wie die Polizei mitteilte. Mehrere schwere Explosionen erschütterten das Zentrum der irakischen Hauptstadt. Nach Angaben der Polizei handelte es sich bei den eingesetzten Geschossen um Katjuscha-Raketen.
  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sich gegen den von US-Präsident George W. Bush angekündigten Abriss des Abu-Ghraib-Gefängnisses in Irak ausgesprochen. Das Gefängnis könne dazu beitragen, die Symbolfiguren des alten Systems in Irak und deren Gehilfen vor Gericht zu bringen, sagte ai-Sprecher Abdul Salam Sayid Ahmed am 25. Mai dem DW-Radio. In dem berüchtigten Gefängnis sei es zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen gekommen. Bei einem Abriss bestehe die Gefahr, "das Beweise von Folterungen durch das Regime von Saddam Hussein vernichtet werden und so eine detaillierte Aufarbeitung von Verstößen durch das Regime verhindert wird", sagte der Amnesty-Sprecher. Das Gebäude solle erhalten bleiben, unabhängig davon, was US-Soldaten in dem Gefängnis mit Häftlingen getan hätten.
  • Amerikanische Soldaten haben am 25. Mai in der irakischen Stadt Tikrit sechs Aufständische getötet. Eine US-Patrouille sei mit Mörsern, Panzerfäusten und Schusswaffen angegriffen worden und habe zurückgeschossen, teilten die Besatzungstruppen in Bagdad mit. Die Feuergefechte hätten bereits am Abend begonnen. Tikrit, die Heimatstadt des gestürzten irakischen Machthabers Saddam Hussein, war lange Zeit eine Hochburg der irakischen Aufständischen, zuletzt aber ruhiger geworden.
  • Nach dem Folterskandal im irakischen Gefängnis Abu Ghraib haben die US-Streitkräfte zwei Generäle abberufen, die mit den Vorkommnissen dort in Verbindung gebracht wurden. Der Kommandeur der US-Truppen in Irak, Generalleutnant Ricardo Sanchez, wurde wenige Tage nach dem Vorwurf einer persönlichen Verwicklung in den Skandal abgelöst. Das Weiße Haus sprach am 25. Mai allerdings von einem routinemäßigen Wechsel. Präsident George W. Bush sagte, Sanchez habe hervorragende Arbeit geleistet und sei eine lange Zeit in Irak gewesen. "Sein Dienst war beispielhaft", sagte Bush. Sanchez übernahm das Kommando im Mai 2003.
    Suspendiert wurde die zuständige Kommandeurin der Militärpolizei, Janis Karpinski, die den Rang eines Brigadegenerals hat. In ihrer Funktion war sie auch für das Gefängnis Abu Ghraib westlich von Bagdad verantwortlich, in dem es zu zahlreichen physischen und psychischen Misshandlungen kam. Karpinski wurde bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals Ende April abgemahnt und in die USA geschickt. Nun wurde ihr auch das Kommando über die 800. Brigade der Militärpolizei entzogen, wenn auch zunächst nur vorläufig. Karpinski wird vorgeworfen, den Gefängnisalltag nicht ausreichend überwacht und die ihr unterstellten Soldaten nicht diszipliniert zu haben.
  • Das US-Verteidigungsministerium hat bestätigt, dass eine vor knapp zehn Tagen in Irak entdeckte Granate tatsächlich das tödliche Nervengas Sarin enthielt. Dies hätten "umfassende Tests" ergeben, sagte ein Pentagon-Sprecher am 25. Mai in Washington. "Wir untersuchen, welche neuen Risiken sich daraus für unsere Einsätze und unsere Leute in Irak ergeben." Ein US-Konvoi hatte das Geschoss am 17. Mai auf einer Straße entdeckt. Der Sprengsatz explodierte beim Entschärfen und setzte "eine sehr geringe Menge" des Nervengases frei, wie ein US-Militärsprecher seinerzeit sagte (siehe unsere Chronik vom 17. Mai).
  • Bei einem Unfall südlich von Tikrit ist ein US-Soldat ums Leben gekommen, zwei weitere wurden verletzt. Der Unfall ereignete sich zehn Kilometer südlich von Tikrit, wie die Streitkräfte am 25. Mai mitteilten. Die Verletzten seien in ein Krankenhaus gebracht worden und in einem stabilen Zustand.
  • Der schiitische Atomforscher Hussain Schahristani soll nach einem US-Zeitungsbericht Chef der irakischen Übergangsregierung werden. Der 62-Jährige sei der Favorit der Vereinten Nationen für den Posten des Übergangsministerpräsidenten, berichtete die "Washington Post" am 26. Mai unter Berufung auf irakische und US-Vertreter. Der UN-Irak-Gesandte Lakhdar Brahimi sei nach irakischen Angaben auf Schahristani durch einen Artikel im "Wall Street Journal" aufmerksam geworden, in dem der Schiit den Besatzungsmächten vorwarf, Irak nicht ausreichend auf die Machtübergabe vorbereitet zu haben.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist eine Gruppe von russischen Arbeitern am 26. Mai in einen Hinterhalt geraten. Zwei Männer wurden dabei getötet und fünf verletzt, wie ein Arzt des Jarmuk-Krankenhauses mitteilte. Unbekannte überfielen den Konvoi der sieben Russen in der Nähe eines Elektrizitätswerks.
  • Bei neuen Kämpfen zwischen US-Soldaten und Anhängern des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr sind in der südirakischen Stadt Nadschaf mindestens neun Iraker getötet und 33 weitere verletzt worden. In seinem Krankenhaus seien die Leichen von neun Irakern sowie 33 Verletzte eingeliefert worden, sagte ein Vertreter der Notaufnahme in der Hakim-Klinik von Nadschaf am 26. Mai. Die Kämpfe begannen nach Angaben von Augenzeugen in der Nacht zum 26. Mai auf dem Friedhof der Stadt und dauerten bis zum Morgen an.
    Später meldete AFP: Dutzende Anhänger des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr sind in der Nacht zum 26. Mai bei Kämpfen mit US-Soldaten in der irakischen Hauptstadt Bagdad und in Nadschaf getötet worden. Im Bagdader Elendsviertel Sadr-City seien "weniger als 30" und an beiden Orten zusammen "weniger als hundert" ums Leben gekommen, sagte US-General Mark Kimmitt in Bagdad.
  • US-Soldaten sind in der Schiiten-Stadt Kerbela am 26. Mai erstmals gemeinsame Patrouille mit irakischen Polizisten gelaufen. Dabei nahmen sie drei Milizionäre der Privatarmee des Predigers Muktada el Sadr fest.
  • US-Soldaten haben am 26. Mai in Nadschaf den Schwager des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr festgenommen. Riad el Nuri sei nicht nur der Schwager Sadrs, sondern auch einer seiner engsten Mitarbeiter, sagte ein Sprecher des Predigers.
  • Im Kampf gegen den Terrorismus werden nach Erkenntnissen von Amnesty International systematisch Menschenrechte verletzt. Die Organisation wirft in ihrem am 26. Mai vorgelegten Jahresbericht 2004 besonders amerikanischen und britischen Truppen vor, während des Irak-Krieges und danach massiv gegen Menschenrechte verstoßen zu haben. Zum Irak heißt es in dem Bericht, auch nach Ende der Kampfhandlungen "starben zahlreiche Menschen vermutlich wegen exzessiver Gewaltanwendung durch die US-Truppen oder wurden unter ungeklärten Umständen erschossen". Über die Zustände in den irakischen Gefängnissen heißt es: "Routinemäßig sahen sich die Häftlinge in den ersten 24 Stunden ihres Gewahrsams grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt."
    Die US-Regierung hat die Kritik von Amnesty International an mutmaßlich weitreichenden Menschenrechtsverstößen der Vereinigten Staaten in Irak, Afghanistan und im Gefangenenlager Guantánamo Bay kategorisch zurückgewiesen. Der "Krieg gegen den Terror" habe vielmehr die Menschenrechte von 25 Millionen Menschen in Afghanistan und 25 Millionen Menschen in Irak geschützt, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, am 26. Mai in Washington. Die Vereinigten Staaten übten beim Schutz der Menschenrechte eine Führungsrolle aus und würden dies auch weiter tun.
  • Die "New York Times" sieht ihre Berichterstattung vor dem Irak-Krieg und zu Beginn der Besatzungszeit inzwischen kritisch. Man habe sich bei einigen Berichten auf Informanten gestützt, deren Verlässlichkeit inzwischen in Zweifel stehe. So seien Meldungen über Massenvernichtungswaffen in Irak oder Beziehungen der Regierung zu internationalen Terroristen nicht genügend hinterfragt und überprüft worden, hieß es am 26. Mai in einem Leitartikel der Zeitung. Kritisch wird weiter angemerkt, es sei weit ausführlicher über angebliche Gefahren durch Saddam Hussein berichtet worden als über Hinweise, dass diese Behauptungen falsch sein könnten. Viele Meldungen basierten demnach auf Angaben von Exilirakern, die die USA zum Sturz Saddam Husseins bewegen wollten, wobei deren Motivation nicht genügend hinterfragt worden sei. Die Redakteure auf den verschiedenen Ebenen hätten kritischer sein sollen, hieß es weiter. Fast alle der kritisierten Artikel erschienen unter der Ägide des im Juni vergangenen Jahres zurückgetretenen Chefredakteurs Howell Raines. Dieser hatte nach dem Skandal um einen Reporter, der Dutzende seiner Geschichten erfunden oder abgeschrieben hatte, seinen Posten geräumt. (http://www.nytimes.com/)
  • Deutschland hat zusammen mit China, Russland und Frankreich größere Änderungen des von den USA und Großbritannien am 24. Mai vorgelegen Entwurfs für eine Resolution zur Machtübergabe in Irak vorgeschlagen. Ein dreiseitiges Protokoll, das am 26. Mai von China den Mitgliedern des Weltsicherheitsrates während einer Sitzung hinter verschlossenen Türen präsentiert wurde, sieht größere Befugnisse für die irakische Übergangsregierung vor, als in dem Entwurf der USA und Großbritanniens. Nach Angaben von UN-Diplomaten wird der Vorschlag Chinas von Deutschland, Russland und Frankreich unterstützt.
  • Der ehemalige Vize-Präsident der Vereinigten Staaten, Al Gore, hat den sofortigen Rücktritt von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und weiteren ranghohen Regierungsmitarbeitern gefordert. Bei einer Rede an der Universität New York rief Gore am 26. Mai dazu auf, mit einer Massenkampagne auch US-Geheimdienstchef George Tenet zum Rücktritt zu bewegen. "Wir brauchen dringend eine Sicherheitsmannschaft, die zumindest eine minimale Kompetenz hat." Das derzeitige Team sei verantwortlich für die "Katastrophe" in Irak und "macht die Dinge mit jedem Tag schlimmer".
  • Nach sieben Wochen erbitterter Kämpfe haben sich der radikale Schiitenführer Moktada Sadr und die US-geführten Koalitionstruppen auf eine Waffenruhe in der zentralirakischen Stadt Nadschaf geeinigt. Die Koalition habe "versprochen", das Abkommen einzuhalten, sagte der Sicherheitsberater des irakischen Regierungsrates, Muaffak el Rubai, am 27. Mai. Es gebe keine Kämpfe mehr. Sadr hatte unter anderem gefordert, dass im Gegenzug für eine Waffenruhe seine strafrechtliche Verfolgung ausgesetzt werde. Ein Sprecher der Koalition erklärte, er sei "sehr optimistisch", dass die Gefechte in Nadschaf und Kufa endgültig vorbei seien. Der Haftbefehl gegen Sadr habe aber Bestand. Sadr erklärte in einem Brief, den Rubai der Nachrichtenagentur AFP vorlas, die Waffenruhe solle die "tragische Situation in der heiligen Stadt Nadschaf beenden". Hierzu sollten die öffentlichen Gebäude wieder den Regierungsbehörden übergeben und die "nicht aus Nadschaf stammenden Kämpfer" seiner Miliz abgezogen werden. Alle Verfahren gegen die Milizionäre der so genannten Mehdi-Armee sollten ausgesetzt werden. Sadr forderte weiter Verhandlungen über die Zukunft seiner Miliz. Bis auf weiteres dürfe nichts gegen ihn selbst unternommen werden. Der 25-Jährige verlangte ferner den Rückzug der US-geführten Truppen in ihre Stützpunkte. Nur kleine Einheiten sollten in der Stadt bleiben, um das Armee-Hauptquartier und den Gouverneurssitz zu schützen.
  • Der irakische Atomexperte Hussain Schahristani wird nicht Chef der künftigen Übergangsregierung. Er habe sich dafür entschieden, "keinerlei Verantwortung in der Regierung zu übernehmen", sagte der 62-jährige Schiit am 27. Mai in Bagdad. Er habe diese Entscheidung nach Gesprächen mit dem UN-Sondergesandten für Irak, Lakhdar Brahimi, und anderen Vertretern gefällt. Zuvor hatte Brahimi erklärt, Schahristani werde definitiv nicht Regierungschef.
  • Der EU-Lateinamerika-Gipfel in Mexiko wird nach den Worten von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in seiner Abschlusserklärung auf die Folterungen in Irak eingehen. Der Gipfel werde deutlich machen, "dass die Vorkommnisse in Irak mit einer zivilisierten Gesellschaft nichts zu tun haben", sagte Schröder am 27. Mai in Mexiko-Stadt in einem ARD-Interview. Dies solle aber nicht "im Sinne einer Verurteilung" geschehen. Er gehe nicht davon aus, dass die USA in diesem Zusammenhang namentlich genannt würden. Schröder verwies darauf, dass es "beachtlich" sei, mit welchem Nachdruck die USA die Vorkommnisse aufklärten. Dies spreche "für die Reife und Tiefe" der amerikanischen Demokratie.
    Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der mexikanische Präsident Vicente Fox haben ihr Engagement innerhalb der Vereinten Nationen für die Zukunft Iraks bekräftigt. Beide wandten sich in Mexiko-Stadt gegen den Vorschlag Chinas, in einer UN-Resolution ein konkretes Datum für den Truppenabzug festzulegen. Deutschland und Mexiko sind derzeit nichtständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats. Schröder sagte mit Blick auf einen Truppenabzug aus Irak, er glaube nicht, dass bereits jetzt ein endgültiges Datum genannt werden sollte. Fox schloss sich dem an. Es sei "nicht besonders zweckmäßig, von vorneherein Bedingungen zu stellen", wenn die internationale Gemeinschaft einen konstruktiven Dialog führen wolle. Schröder sagte, es komme jetzt darauf an, dass die Staatengemeinschaft es schaffe, das Land und die Region zu demokratisieren und zu stabilisieren. Dies müsse unabhängig davon geschehen, wie die einzelnen Länder zu dem Irak-Krieg gestanden hätten.
    Die USA haben sich gegen einen festen Termin für einen Truppenabzug aus Irak ausgesprochen. Für den Abzug der internationalen Streitkräfte könne nicht "willkürlich" ein Datum festgelegt werden, sagte Außenamtssprecher Richard Boucher am 27. Mai in Washington mit Blick auf einen entsprechenden Vorschlag Chinas.
    Der französische Staatschef sprach sich für eine zeitliche Begrenzung des Mandats der multinationalen Truppe aus. Das Mandat müsse von der im Januar 2005 gewählten irakischen Regierung jederzeit beendet oder überprüft werden können.
  • Am 27. Mai sind zwei japanische Journalisten in ihrem Fahrzeug beschossen worden. Nach Berichten örtlicher Medien wurde bei dem Vorfall südlich von Bagdad bei El Mhamudijah einer der Reporter getötet und sein Begleiter verletzt. Eine offizielle Bestätigung für diese Angaben lag zunächst nicht vor. In dem Auto befanden sich laut Außenministerium in Tokio auch der irakische Dolmetscher und der Fahrer der beiden freien Journalisten. Die Insassen waren auf dem Rückweg vom japanischen Stützpunkt Samawa.
  • Auf ein weibliches Mitglied des irakischen Regierungsrates ist am 27. Mai ein Attentat verübt worden. Salama el Chafadschi entkam dem Angriff auf ihren Konvoi am Abend südlich von Bagdad unverletzt, wie der Sprecher von Ratsmitglied Ahmed Tschalabi mitteilte. Unbekannte hätten bei Jussufijeh das Feuer auf den Konvoi eröffnet. Nach Angaben des arabischen Nachrichtensenders El Dschasira starb Chafadschis Sohn Ahmed, nachdem sein Auto nach dem Angriff in einen Fluss stürzte. Auch ein Leibwächter sei bei dem Angriff ums Leben gekommen.
    Wenige Stunden nach dem Angriff auf einen Konvoi des irakischen Regierungsratsmitglieds Salama el Chafadschi ist am 28. Mai ein Attentatsversuch auf einen weiteren schiitischen Politiker misslungen. Wie der arabische Nachrichtensender El Dschasira berichtete, geriet das Auto von Scheich Sadreddin el Kabandschi nach dem Freitagsgebet in der Pilgerstadt Nadschaf unter Beschuss. Der Scheich, der ein führendes Mitglied der Partei von Abdelasis el Hakim, Hoher Rat für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI), ist, blieb unverletzt. Ein Verdächtiger wurde festgenommen. Dieser sagte vor laufender Kamera, er habe für den Angriff Geld erhalten. Den Namen eines Auftraggebers nannte er nicht.
    El Chafadschi gab unterdessen der Besatzungsmacht indirekt die Schuld an der Attacke auf ihren Konvoi, bei der am 27. Mai ihr 18-jähriger Sohn Ahmed und ein Leibwächter getötet worden waren. Die Besatzung sei für die Gewalt im Irak verantwortlich, vor allem da sie die Unantastbarkeit der heiligen Stätten des Islam nicht respektiere, sagte sie am 28. Mai der dpa in Nadschaf.
  • Die US-Armee hat am 28. Mai weitere Gefangene aus dem umstrittenen Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad freigelassen. Dutzende Inhaftierte verließen am Morgen in insgesamt 13 Bussen das Gelände, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Nach Angaben der US-Armee sollten am Freitag bis zu 600 Gefangene entlassen werden. Tausende Iraker erwarteten vor dem Gefängnis ihre Angehörigen. Viele riefen "Allahu Akbar" ("Gott ist groß").
    Bei der Freilassung von Häftlingen aus dem Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad sind amerikanische Soldaten aus angrenzenden Häusern beschossen worden. Der Konvoi von 13 Bussen kam zum Stillstand, die Soldaten suchten Deckung. Verletzt wurde niemand.
    Später hieß es allerdings: Dabei kam es zu einem Zwischenfall: Nach US-Angaben hielten die Soldaten, die den Konvoi von 13 Bussen begleiteten, Freudenschüsse feiernder Iraker in einem nahe gelegenen Gebäude für einen Angriff und feuerten zurück. Berichte über Verletzte lagen nicht vor. Zuvor war der Konvoi aus unbekannten Gründen zum Stillstand geraten. Hunderte Angehörige missachteten die Drohungen der Soldaten, umringten die Busse und führten ihre Verwandten heraus und nach Hause.
  • Bei Gefechten zwischen der US-Armee und Milizionären des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr im irakischen Kufa sind am 28. Mai vier Zivilisten getötet und weitere 13 verwundet worden. Das teilten Krankenhäuser in der heiligen Stadt mit. Die Gefechte hatten am Morgen begonnen, obwohl sich Sadr und die US-geführten Besatzungstruppen am Vortag auf eine Waffenruhe für die heiligen Städte Nadschaf, Kufa und Kerbela geeinigt hatten.
  • Die Folterpraktiken von US-Soldaten im Irak stoßen im Bundestag auf Abscheu und einhellige Verurteilung. Sowohl Vertreter der rot-grünen Koalition als auch der Opposition erinnerten am 28. Mai im Parlament an die Unantastbarkeit der Menschenwürde und forderten eine umfassende Aufklärung der Vorgänge. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) erteilte in der Debatte einem etwaigen Einsatz deutscher Soldaten im Irak eine strikte Absage. Westliche Truppen würden in dem Land als Besatzer angesehen, warnte er. Dabei sei es "egal, unter welchen Bedingungen" ein solcher Einsatz stattfinden würde, fügte er mit Blick auf eine mögliche UN-Mission hinzu. Deshalb sei er auch dagegen, "die NATO dort reinzuziehen".
    Der Grünen-Parlamentarier Ludger Volmer sprach von einem "politischen und moralischen Bankrott" der amerikanischen Irak-Politik. Angesichts der "Folterorgien der letzten Monate" sei zu konstatieren, dass man statt Demokratie "Folterknechte exportiert" habe und im Irak vor dem "Desaster" der US-Politik stehe.
  • Der irakische Regierungsrat hat den Arzt Ijad Allaui für das Amt des Ministerpräsidenten nominiert. Allaui solle nach der Machtübergabe am 30. Juni die Übergangsregierung führen, teilte Ratsmitglied Mahmud Othman am 28. Mai mit. Die Entscheidung für den schiitischen Politiker sei einstimmig gefallen. An der Sondersitzung, in deren Verlauf des weiteren ein Präsident und zwei Vizepräsidenten nominiert werden sollten, nahm auch US-Zivilverwalter Paul Bremer teil. Das Auswahlverfahren folge den Empfehlungen des UN-Sonderbeauftragten Lakhdar Brahimi, sagte Mustafa el Marajati, ein Mitarbeiter von Ratsmitglied Radscha Habib el Chusaai. Brahimi ist damit beauftragt, die Übergangsregierung zusammenzustellen.
    Allaui war während der Herrschaft von Saddam Hussein Generalsekretär der Oppositionsgruppe INA. Im Exil in London überlebte er 1978 einen Mordanschlag, den Saddam Hussein in Auftrag gegeben haben soll. Als führender Kopf der Exilopposition wurde Allaui vom US-Außenministerium, dem US-Geheimdienst CIA und dem britischen Geheimdienst MI-6 unterstützt.
    Die US-Regierung hat zunächst mit Zurückhaltung auf die Nominierung des Schiiten Ijad Allawi als Übergangsregierungschef Iraks reagiert. Die Benennung Allawis durch den irakischen Regierungsrat sei "einer von vielen" Personalvorschlägen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, in Washington.
  • Bei einem Angriff auf eine niederländische Militärpatrouille im Süden Iraks sind nach Angaben des niederländischen Verteidigungsministeriums drei Soldaten verletzt worden. Unbekannte hätten den Wagen zwischen Samawa und el Chidir beschossen, woraufhin das Fahrzeug von der Straße abgekommen sei, teilte das Ministerium am 28. Mai in Den Haag mit. Obwohl kein Schuss den Wagen getroffen habe, seien die drei Soldaten bei dem Unfall leicht verletzt worden.
  • Der Schiitenprediger Moktada Sadr hat die Auflösung seiner Miliz vor einem Rückzug der US-geführten Besatzungstruppen aus Irak abgelehnt. "Lasst sie aus Irak abziehen und es wird eine friedliche Lösung geben", sagte Sadr in einem am 28. Mai ausgestrahlten Interview des katarischen Fernsehsenders El Dschasira. Sadr erklärte sich bereit, die Forderungen der schiitischen Würdenträger zu befolgen; er habe dies bereits getan. Der Prediger lobte die "positive" Haltung von Großayatollah Ali Sistani, der den Rückzug der Besatzungstruppen aus Nadschaf und anderen heiligen Orten gefordert habe.
  • Die Staaten der EU und Lateinamerikas haben in einer gemeinsamen Erklärung die Folterung irakischer Gefangener scharf kritisiert. In einem am Abend des 28. Mai verabschiedeten Schlussdokument des dritten EU-Lateinamerika-Gipfels im mexikanischen Guadalajara äußern die anwesenden 58 Staaten ihre "Abscheu" über die menschenverachtende Behandlung in irakischen Gefängnissen. Die bekannt gewordenen Misshandlungen stünden im Widerspruch zum Völkerrecht und zur Genfer Konvention. Gemeinsam verurteilen die Staaten alle Formen von Missbrauch, Folter sowie anderer inhumaner und erniedrigender Behandlungen von Personen, einschließlich Kriegsgefangener. Namentlich werden die USA allerdings nicht genannt. Zudem werden die Bemühungen der betroffenen Regierungen begrüßt, die für die Folterungen verantwortlichen Personen vor Gericht zu stellen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte zuvor betont, er halte eine explizite Verurteilung der Folterung irakischer Gefangener durch US-Soldaten in der Schlusserklärung nicht für notwendig. Die Ablehnung dieser nicht akzeptablen Vorfälle sei bereits "hinreichend deutlich" gemacht worden, auch von den Amerikanern selbst. Der Kanzler verwies auf die Bemühungen des US-Senats, die Fälle aufzuklären.
  • Am 28. Mai befasste sich der Bundestag mit der Lage im Nahen und Mittleren Osten. In der zweistündigen Debatte kamen auch die Entwicklung im Irak und die bekannt gewordenen Foltermethoden zur Sprache. (Die Debatte und die vorliegenden Entschließungsanträge sind hier dokumentiert: Nahost- und Irak-Debatte im Deutschen Bundestag.)
29. bis 31. Mai
  • In der nordirakischen Stadt Kirkuk sind der Feuerwehrchef und drei seiner Angehörigen bei einem Anschlag ums Leben gekommen. Bewaffnete griffen am 29. Mai das Auto der Familie an, wie ein Sprecher der irakischen Sicherheitskräfte mitteilte. Mohammed Saber, seine Frau, seine Schwester sowie eines seiner Kinder seien tödlich getroffen, der Fahrer des Wagens sei verletzt worden.
  • Trotz ihrer Waffenstillstandsvereinbarung haben sich US-Soldaten und schiitische Aufständische in der irakischen Stadt Kufa am 29. Mai den zweiten Tag in Folge Gefechte geliefert. Anhänger des Schiitenführers Moktada Sadr feuerten von einer Moschee aus Granaten auf Stellungen der US-Armee, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ein Sprecher von Sadrs Mahdi-Armee beschuldigte die US-Soldaten, nach einer ruhigen Nacht die Kämpfe am Morgen wieder aufgenommen zu haben. US-Panzer hätten eine Brücke in der Stadt beschossen; die Milizionäre hätten daraufhin zurückgefeuert.
  • Die US-Armee hat einem Zeitungsbericht zufolge im vergangenen Herbst Verhörspezialisten aus ihrem Gefangenenlager Guantánamo Bay nach Irak entsandt. Die Teams hätten im irakischen Gefängnis Abu Ghraib die Mitarbeiter des US-Militärgeheimdienstes ausgebildet und zur Zeit der schlimmsten Misshandlungen eine Schlüsselrolle in der Haftanstalt gespielt, berichtete die "New York Times" am 29. Mai unter Berufung auf ranghohe Militärs. Die Spezialisten seien auf Drängen des damaligen Befehlshabers von Guantánamo Bay, Geoffrey Miller, für 90 Tage nach Irak entsandt worden.
  • Noch mehr Folterberichte
    Am 29. Mai meldete AP: Nach der Veröffentlichung der Folterbilder aus dem Bagdader Gefängnis Abu Ghraib haben US-Soldaten über Misshandlungen irakischer Gefangener auch in anderen Haftanstalten berichtet. Der Nachrichtenagentur AP vorliegende Gerichtsdokumente und Mitschriften von Verhören erhärten den Verdacht, dass Abu Ghraib nur die Spitze des Eisbergs war: Sie belegen zum Teil tödliche Misshandlungen in vier weiteren Gefängnissen der US-Streitkräfte in Irak. So soll im Lager at Kaim nahe der syrischen Grenze ein Gefangener erstickt sein, weil er während eines Verhörs in einen Schlafsack gesteckt wurde, sich ein Soldat auf seine Brust setzte und ihm den Mund zuhielt. Den Militärakten zufolge starb der ehemalige irakische Generalmajor Abed Hamed Mowhush an "Ersticken durch Zusammenpressen der Brust und Bedecken". Der Vorfall wird nach Angaben der Streitkräfte noch untersucht, ermittelt wird gegen zwei Verhörspezialisten des Heeres.
    Auch im Gefangenenlager Camp Whitehorse nahe Nassirijah kam ein Häftling infolge von Misshandlungen ums Leben. In diesem Fall wurde bereits Anklage gegen zwei Marineinfanteristen erhoben. Der eine soll Nagem Sadun Hatab am Hals gerissen und ihm dabei einen Wirbel so gebrochen haben, dass Hatab die Luft abgeschnitten wurde. Der zweite soll Hatab wenige Stunden vor seinem Tod in den Brustkorb getreten haben.
    In Camp Whitehorse wurden die Häftlinge nach Aussage eines Wachmanns gezwungen, bei Temperaturen um 50 Grad zehn Stunden lang fast ununterbrochen aufrecht zu stehen. Pro Stunde durften sie nur zehn Minuten lang ausruhen, zum Teil mussten sie während der ganzen Prozedur einen Sack über dem Kopf tragen und waren mit Handschellen gefesselt. Dies sollte es den Verhörspezialisten leichter machen, Informationen aus den Gefangenen herauszuholen, berichtete der Marineinfanterist Otis Antoine im Februar in einer Anhörung vor einem Militärtribunal. Der zuständige Militärrichter vermerkte, die Methode verstoße gegen die Genfer Konventionen.
    Aussagen verschiedener Militärangehöriger bestätigen zudem Berichte über Misshandlungen in einem Lager bei Samarra und einer Haftanstalt am Flughafen von Bagdad.
  • Der Fahrer und der Leibwächter des ehemaligen Chefredakteurs der von den Besatzungsmächten finanzierten irakischen Zeitung "El Sabah" sind am 29. Mai entführt und umgebracht worden. Wie Ismail Sajer mitteilte, war er selbst wenige Stunden zuvor von der Polizei vor einer möglichen Entführung gewarnt worden. Sajer hatte El Sabah am 3. Mai verlassen, um eine eigene Zeitung zu gründen. Der größte Teil der Redaktion schloss sich ihm an. Sie beklagten einen zu großen Einfluss der USA bei ihrer Arbeit.
  • In der irakischen Stadt Nadschaf haben am 29. Mai mehrere hundert Schiiten gegen Gewalt und Extremismus demonstriert. Sie verurteilten den Attentatsversuch gegen den gemäßigten Kleriker Scheich Sadreddin Kubbandschi vom Vortag, für den die Schiitenpartei Oberster Rat für die Islamische Revolution in Irak (SCIRI) den radikalen Prediger Moktada Sadr und dessen Mehdi-Miliz verantwortlich gemacht hatte.
  • Drei US-Marineinfanteristen sind am 29. Mai in der irakischen Provinz Anbar westlich von Bagdad bei einem Einsatz getötet worden. Das teilten die amerikanischen Streitkräfte am Abend ohne Nennung von Einzelheiten mit. Zuvor hatten irakische Augenzeugen von Angriffen auf Militärkonvois nahe Falludscha und Ramadi in der Provinz Anbar sowie von einer gewaltigen Explosion bei Falludscha berichtet. Es war jedoch nicht klar, ob die US-Soldaten bei diesen Zwischenfällen getötet wurden.
  • Der designierte irakische Ministerpräsident Ijad Allaui hat am 29. Mai in Bagdad mit dem UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi über die Zusammensetzung der Übergangsregierung beraten, die am 30. Juni die Besatzungsmacht ablösen soll. Ein Vertreter aus dem Umfeld der Beratungen sagte, die Kabinettsliste stehe zu 99 Prozent. Dagegen sagte ein Vertreter der von den USA angeführten Koalition, fünf bis zehn Posten des 26-köpfigen Kabinetts seien noch offen.
  • Nach drei Tagen Waffenstillstand haben die Kämpfe in der irakischen Stadt Nadschaf offenbar wieder begonnen. Aus dem nördlichen Gebiet um den Stadtfriedhof und den Platz der Revolution von 1920 herum waren am Morgen des 30. Mai Explosionen und Gewehrfeuer zu hören, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete.
  • Die irakische Polizei hat das Büro des Schiitenpolitikers und früheren US-Günstlings Ahmed Tschalabi in der sunnitischen Stadt Ramadi, hundert Kilometer westlich von Bagdad, umstellt. Wie ein führendes Mitglied von Tschalabis Partei Irakischer Nationalkongress (INC) am 30. Mai mitteilte, wird das Gebäude bereits seit 29. Mai unter Führung eines früheren Mitglieds einer Miliz des einstigen Staatschefs Saddam Hussein belagert. Am 21. Mai hatte die Polizei mit Unterstützung von US-Truppen Tschalabis Büros und sein Haus in Bagdad durchsucht und dabei Computer und Unterlagen beschlagnahmt.
  • Der irakische Verwaltungsrat hat sich am 30. Mai auf einer Sitzung weiter um die Aufstellung einer neuen Regierung bemüht, die am 30. Juni die Macht von der amerikanischen Zivilverwaltung übernehmen soll. Als größtes Hindernis stellte sich die Besetzung des Präsidentenpostens heraus. Während sich Zivilverwalter Paul Bremer und der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi massiv für den früheren Außenminister Adnan Patschatschi stark machten, favorisierte der Verwaltungsrat den derzeitigen Ratsvorsitzenden Gahsi Maschal Adschil el Jawer. Nach Angaben eines Mitgliedes des Verwaltungsrates forderten Bremer und Brahimi das Gremium auf, von einem eigenen Kandidaten abzusehen. "Sie mischen sich in die Arbeit des Rates ein, aber dem werden wir uns nicht beugen", sagte das Ratsmitglied am 30. Mai. Der Ingenieur El Jawer, wie Patschatschi ein Sunnite, gehört einem der einflussreichsten Stämme in der Region an und genießt den Rückhalt von Kurden und Schiiten im Verwaltungsrat. Kürzlich warf er laut AP den USA vor, für die desolate Sicherheitslage in Irak verantwortlich zu sein. Patschatschi floh nach der Machtergreifung Saddam Husseins in die Vereinigten Arabischen Emirate und hat Enge Verbindungen zu den USA und den UN.
  • Bei einem Angriff auf einen ausländischen Fahrzeugkonvoi in Bagdad sind am 30. Mai mindestens zwei Menschen getötet worden, darunter ein irakischer Passant. Bei dem zweiten Opfer handelte es sich offenbar ebenfalls um einen Iraker: Die US-Streitkräfte teilten mit, bei dem Vorfall eine irakische Sicherheitskraft sei getötet worden. Nach Berichten eines Polizisten und mehrerer Augenzeugen wurden nach dem Angriff fünf bis sechs "westlich aussehende" Männer aus ihren Autos gezerrt und davongeschleppt.
    AFP meldete wenig später folgende Version: Bei einem Angriff auf einen Fahrzeugkonvoi in Bagdad ist nach britischen Angaben ein Iraker getötet und ein weiterer verletzt worden, während vier Briten unverletzt entkommen konnten. Wie das britische Außenministerium am 30. Mai in London mitteilte, wurde der irakische Passant offenbar von einem Irrläufer getötet. Der zweite Iraker reiste demnach zusammen mit den Briten in dem Konvoi aus drei Geländewagen. Er habe leichte Schusswunden erlitten. Ob es sich bei den Briten um Zivilisten handelte oder um Angehörige des Militärs, war zunächst nicht zu erfahren.
  • In der irakischen Stadt Kufa ist es am Abend des 30. Mai erneut zu Gefechten zwischen schiitischen Aufständischen und US-Soldaten gekommen. Die Aufständischen warfen den US-Truppen vor, durch Schüsse eine Wand der größten Moschee in der den Schiiten heiligen Stadt beschädigt zu haben. Ein bei den US-Einheiten vor Ort stationierter Reporter des US-Fernsehsenders CNN berichtete, es handele sich um die schwersten Gefechte in der Gegend seit sechs Wochen. Später gab die US-Armee bekannt, dass zwei US-Soldaten bei den Gefechten getötet worden seien.
  • Im Süden Bagdads ist erneut ein US-Soldat bei einem Bombenanschlag getötet worden, zwei weitere Soldaten wurden verletzt. Nach Angaben des US-Militärs vom 31. Mai explodierte ein selbstgebauter Sprengsatz am Tag zuvor unter dem Fahrzeug der Soldaten der 1. US-Panzerdivision. Alle drei seien in ein Militärkrankenhaus der irakischen Stadt gebracht worden, wo kurze Zeit später einer von ihnen seinen schweren Verletzungen erlegen sei.
  • Der irakische Regierungsrat hat die Entscheidung über die Nominierung des künftigen Staatspräsidenten abermals vertagt. Das Treffen sei auf Bitten der US-geführten Koalition um einen Tag auf den 1. Juni verschoben worden, sagte Ratsmitglied Mahmud Othman am 31. Mai. Den genauen Grund kenne er nicht: "Wir haben uns alle hier versammelt, aber die Amerikaner wollten die Sitzung auf morgen früh verschieben", sagte Othman. "Da wird irgendetwas ausgebrütet, wir hätten es heute gerne zu Ende gebracht."
    Die US-geführte Koalition lehnt offenbar beide Kandidaten für das Amt des irakischen Übergangspräsidenten ab. Weder der Vorsitzende des Regierungsrats, Ghasi el Jawar, noch der Sunnit Adnan Patschatschi würden für den Posten nominiert, sagte ein ranghoher Vertreter der US-Besatzung am 31. Mai der Nachrichtenagentur AFP. Bisher hatte es geheißen, die USA seien zwar gegen Jawar, hätten jedoch Patschatschis Kandidatur befürwortet.
  • Bei der Explosion einer Autobombe in Bagdad sind am 31. Mai mindestens drei Menschen getötet worden. 21 weitere seien bei der schweren Explosion im Viertel Harthijah im Westen der irakischen Hauptstadt verletzt worden, teilte das Jarmuk-Krankenhaus mit. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP sah zwei Leichen auf der Straße liegen; in das Krankenhaus wurde eine tote Frau eingeliefert. Die Bombe explodierte in der Nähe des Hauses eines ehemaligen Führeres der Baath-Partei von Saddam Hussein, Naim Haddad. Er, seine Frau und drei seiner Kinder wurden verletzt und das Haus zerstört. Haddad bestritt, der Anschlag habe ihm gegolten.
  • Der Sprecher der irakischen Islamischen Partei ist in Bagdad einem Attentat zum Opfer gefallen. Das berichtete der arabische Nachrichtensender El Arabija nach einer dpa-Meldung vom 31. Mai. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Für die sunnitische Partei sitzt der Politiker Mohsen Abdelhamid im provisorischen Regierungsrat. Seine Partei hatte eine wichtige Rolle bei der Vermittlung zwischen der US-Armee und den Einwohnern von Falludscha, die zum Ende der Kämpfe in der westirakischen Stadt geführt hatte.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident George W. Bush haben über den amerikanischen Vorschlag für eine Irak- Resolution im UN-Sicherheitsrat telefoniert. Das bestätigte am Abend des 31. Mai das Bundespresseamt in Berlin. Einzelheiten des Telefonats wurden nicht mitgeteilt. Schröder wie auch Außenminister Joschka Fischer hatten Ende voriger Woche betont, dass der US-Vorschlag eine gute Grundlage darstelle. Allerdings müsse der Entwurf der Irak-Resolution noch verbessert werden.


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