Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

15. bis 29. Februar 2004

16. bis 22. Februar
  • Ein US-Soldat ist in Bagdad durch einen Sprengsatz getötet worden. Das berichtet der arabische TV-Sender El Dschasira unter Berufung auf einen amerikanischen Militärsprecher am 16. Feb. Demnach detonierte der Sprengsatz neben einem US-Konvoi, als dieser durch die Innenstadt fuhr. Dabei sei ein zweiter Soldat verletzt worden.
    Bei einem zweiten Anschlag töteten Unbekannte in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Bakuba einen US-Soldaten.
  • US-Zivilverwalter Paul Bremer hat am 16. Feb. seinen Widerstand gegen den Entwurf für eine irakische Übergangsverfassung angedroht. In der aktuellen Version werde der Islam zur Staatsreligion und Inspirationsquelle für die Gesetze erhoben. Sollte das von der US-Zivilverwaltung eingesetzte Verfassungsgremium die Scharia als Rechtsgrundlage festschreiben, könne er die Verfassung blockieren, sagte Bremer: "Unsere Position ist eindeutig. Sie (die Verfassung) kann nur in Kraft treten, wenn ich sie unterzeichne."
  • Bei der Explosion eines Sprengsatzes vor einer Grundschule am 16. Feb. in Bagdad starben nach Angaben von US-Militärsprecher Mark Kimmit drei irakische Zivilisten, drei weitere Passanten wurden verletzt. Unter den Opfern der Explosion in dem vorwiegend von Schiiten bewohnten Bagdader Stadtteil Kadhimija war nach Angaben von TV-Reportern auch ein Kind. Zu Tätern und Motiv gab es zunächst keine Informationen. US-Sprecher Kimmit erklärte, in der Nähe des Tatorts sei noch ein zweiter Sprengsatz entdeckt und entschärft worden.
  • US-Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair sollen nach Ansicht des südafrikanischen Friedensnobelpreisträgers Desmond Tutu zugeben, dass die Invasion in Irak ein Fehler gewesen sei. Der "unmoralische" Konflikt habe nur dazu beigetragen, die Welt "noch ein ganzes Stück unsicherer" zu machen, erklärte der frühere Erzbischof von Kapstadt am Montag in einer Rede in London. "Wie wundervoll wäre es, wenn Politiker sich dazu durchringen könnten zuzugeben, dass sie nur fehlbare Menschen sind und nicht Gott und so laut Definition Fehler machen können", sagte der 72-Jährige. Wenn Bush und Blair diesen Fehler zugeben würden, könnten sie Glaubwürdigkeit und Respekt zurückgewinnen.
  • Ein US-Soldat ist im Norden Iraks bei der Explosion einer Bombe getötet worden. Ein weiterer wurde verletzt, wie die US-Truppen am 17. Feb. mitteilten. Die Bombe, die am 16. Feb. nahe der Stadt Tall Afar detonierte, war am Rand einer Straße verborgen. Damit ist die Zahl der US-Soldaten, die seit Beginn des Irak-Kriegs im vergangenen März getötet wurden, laut AP auf 541 gestiegen.
  • Bei einer Razzia im Westirak ist am späten Abend des 16. Feb. ein US-Soldat ums Leben gekommen. Wie ein irakischer Augenzeuge berichtete, stürmten die Soldaten das Haus eines mutmaßlichen Aufständischen in der Ortschaft El Amirija bei Falludscha. Der Gesuchte habe Widerstand geleistet und einen Soldaten getötet sowie einen zweiten verletzt, bevor er selbst erschossen wurde.
  • Im irakischen Regierungsrat wächst nach US-Zeitungsberichten die Ablehnung des amerikanischen Fahrplans zur Machtübergabe in Irak. Die ursprüngliche Idee, vor dem Wahltermin am 30. Juni eine Übergangsregierung durch Wahlversammlungen bestimmen zu lassen, sei "ziemlich tot", sagte Ratsmitglied Ghasi Jawar der Zeitung "Washington Post" vom 17. Feb. Das System der Wahlversammlungen sei zu umstritten. Ratskollege Schaker Suamidi sagte der "New York Times", die Übertragung der Souveränität auf den Rat bis zu direkten Wahlen sei "am sinnvollsten". Auch Kurdenführer und Ratsmitglied Dschalal Talabani forderte eine rasche Übertragung der Souveränität. Noch im November hatten die meisten Ratsmitglieder dem US-Plan zugestimmt.
  • Der ehemalige Chefwaffeninspektor der Vereinten Nationen, Hans Blix, hat die USA und Großbritannien wegen ihres Vorgehens im Irak als "gutgläubig und skandalös leichtsinnig" kritisiert. "Wir haben vor dem Krieg gesagt, dass es keine Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak gibt, aber sie haben das ignoriert", sagt Blix in einem Interview mit dem "Mannheimer Morgen" (Ausgabe vom 17. Feb.). Hauptverantwortlich dafür seien US-Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair. Allerdings glaube er nicht, dass sie die Öffentlichkeit vorsätzlich angelogen hätten, sagte Blix weiter. "Wenn man an Hexen glaubt, ist jede Kaffeetasse ein Beweis für etwas. Und sie waren Hexenjäger und tragen nun die Verantwortung." Einzelne Beamte im US-Verteidigungsministerium hätten ihn und sein UN-Team mit Verachtung behandelt. "Das ist schockierend und ärgerlich", meinte Blix. An einen Krieg der USA gegen Nordkorea glaubt Blix nicht. "Keiner will in dieses Land einmarschieren, weil es keiner haben will."
  • Eine von den US-Truppen in Tikrit abgefeuerte Mörsergranate hat am 17. Feb. drei irakische Zivilisten getötet, unter ihnen ein zehnjähriges Mädchen. Die Granate sei im Hof eines Hauses in der Nähe des Militärstützpunktes von Tikrit eingeschlagen, sagte ein US-Soldat der Nachrichtenagentur AFP. Warum sie ihre Flugbahn verlassen habe, sei noch nicht geklärt. Die US-Truppen in Tikrit sind im Palast des ehemaligen Staatschefs Saddam Hussein stationiert. Sie feuern mehrmals am Tag Mörsergranaten ab, nach den Worten des örtlichen Kommandos zur Abschreckung, damit sie nicht aus den Sümpfen jenseits des Flusses Tigris beschossen werden.
  • Ein versuchter Selbstmordanschlag auf einen polnischen Militärstützpunkt in Irak hat am 18. Feb. mindestens 13 Menschen das Leben gekostet. Weitere 64 Menschen wurden verletzt, darunter 33 Soldaten der Koalitionstruppen. Wachleute eröffneten am Morgen das Feuer auf zwei mit Sprengstoff beladene Lastwagen, die sich dem Stützpunkt in Hillah näherten. Beide Fahrzeuge explodierten. Der polnische General Mieczyslaw Bieniek sprach von einem "gut koordinierten Terroranschlag". Die beiden Lastwagen fuhren gegen 07.15 Uhr Ortszeit auf das Camp Charlie zu. Einer detonierte direkt nach den Schüssen der Wachleute, der andere fuhr auf eine Betonmauer und explodierte. Vier Gebäude in der Nähe stürzten ein. Außer den beiden Fahrern kamen elf irakische Zivilpersonen ums Leben, darunter auch Frauen und Kinder. Bei den Verletzten handelt es sich um 31 Iraker, zwölf Philippiner, zehn Polen, zehn Ungarn und einen Amerikaner.
  • Kritische Äußerungen eines Geheimdienstchefs zu den US-Beweisen für das Waffenarsenal Iraks haben in Australien Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung verstärkt. Der Chef der australischen Verteidigungssicherheitsdienste, Frank Lewincamp, gab am 18. Feb. vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu, Quelle eines Zeitungsberichtes zu sein, laut dem die australische Regierung vor Lücken in den US-Geheimdienstinformationen gewarnt worden war.
  • Italiens Senat hat am 18. Feb. einer Verlängerung des Einsatzes im Irak um sechs Monate zugestimmt. Damit bleiben italienische Soldaten nun bis Juni im Land.
  • Ein US-Stützpunkt auf dem Gelände eines Gefängnisses am westlichen Stadtrand von Bagdad ist mit Mörsern und Granaten angegriffen worden. Dabei wurde ein Soldat leicht verletzt, wie die amerikanischen Streitkräfte am 19. Feb. mitteilten. Ein Iraker sei getötet, 55 seiner Landsleute seien zum Verhör in Gewahrsam genommen worden. Der Zwischenfall am Abu-Ghraib-Gefängnis ereignete sich den Angaben zufolge am Abend des 18. Feb. Insgesamt seien 33 Mörsergranaten und fünf Raketen abgefeuert worden. Die USA benutzen die einst berüchtigte Haftanstalt des Regimes von Saddam Hussein, um frühere Mitstreiter des gestürzten Staatschefs sowie Gegner der Koalitionstruppen festzuhalten.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hält Wahlen in Irak bis Ende Juni für "unmöglich". Obwohl Wahlen in Irak notwendig seien, scheine es eine "allgemeine Anerkennung der Tatsache zu geben, dass es nicht möglich sein wird, eine Wahl bis Ende Juni zu organisieren", sagte Annan der japanischen Zeitung "Yomiuri Shimbun" (Ausgabe vom 19. Feb.). Annan will den Sonderberater für Irak, Lakhdar Brahimi, nach dessen einwöchiger Erkundungsmission in Irak empfangen und anschließend mit Vertretern irakischer Nachbarstaaten und den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats beraten. Danach will der UN-Generalsekretär nach Angaben von UN- Diplomaten Alternativen für eine Machtübergabe in Irak vorschlagen. Brahimi hatte kürzlich eine Wahl bis zum 30. Junin ebenfalls für nicht machbar erklärt. Nach bisheriger Planung wollen die USA am 30. Juni ihre Besatzung in Irak formal beenden und die Verantwortung an eine nicht gewählte Übergangsregierung übergeben. Diese soll freie Wahlen organisieren.
  • Eine britische Armee-Einheit habe in der südirakischen Stadt Basra einen Kriegsgefangenen zu Tode gequält und um Gnade flehende Häftlinge wiederholt misshandelt und gefoltert, zitierte "The Sun" am 19. Feb. einen britischen Soldaten. Ihm sei beim Anblick der Misshandlungen "schlecht geworden", sagte der Soldat. Der zu Tode geprügelte Iraker habe ein "geschwollenes, schwarzes Auge" gehabt, "seine Nase war gebrochen und sein Unterkiefer offensichtlich ausgerenkt". Der zu Tode geprügelte Iraker gehörte zu einer Gruppe neun mutmaßlicher Banditen, die im September von einer britischen Armee-Einheit festgenommen worden war. Nach Angaben des Londoner Verteidigungsministeriums untersucht die britische Militärpolizei derzeit den Vorfall. Dem Soldat zufolge sind Misshandlungen von Gefangenen in Irak keine Seltenheit gewesen. Einige seiner Kameraden hätten die am Boden liegenden oder knienden Gefangenen mit Kapuzen über dem Kopf die Stiefel in den Bauch gerammt und sie geschlagen. "Das Ächzen und Stöhnen dauerte eine Ewigkeit. Die Gefangenen flehten: Bitte hört auf, bitte hört auf." Die Misshandlungen hätten mehr als zwei Tage lang angedauert, die Häftlinge seien daran gehindert worden, zu schlafen oder sich hinzulegen. Einige der Soldaten hätten rassistische Parolen gebrüllt.
  • Bei der Explosion eines Sprengsatzes sind am 19. Feb. zwei US-Soldaten und ein Einheimischer getötet worden. Ein dritter US-Soldat sei verletzt worden, als die Bombe am Donnerstagmorgen in der Nähe der Stadt Chaldija explodierte, teilte ein Armeesprecher mit. Weitere Informationen wurden zunächst nicht bekannt. Chaldija liegt 80 Kilometer westlich von Bagdad.
  • In der strittigen Frage des Wahltermins für Irak hat sich UN-Generalsekretär Kofi Annan der Position der USA angeschlossen und eine Abstimmung vor Ende Juni ausgeschlossen. "Wir müssen einen Mechanismus finden, wie eine geschäftsführende Regierung eingesetzt werden kann und dann dabei helfen, Wahlen für einen späteren Zeitraum vorzubereiten", sagte Annan nach einem Treffen mit seinem Irak-Sondergesandten Lakhdar Brahimi am 19. Feb. in New York. Nach bisheriger Planung wollen die USA am 30. Juni die Macht an eine irakische Übergangsversammlung übergeben. Dieses Datum solle eingehalten werden, sagte Annan.
    Der irakische Schiiten-Führer Großayatollah Ali Sistani forderte die UNO indessen zur Verabschiedung einer Irak-Resolution auf, falls bis zum 30. Juni keine allgemeinen Wahlen zur Machtübergabe organisiert werden können. Die Vereinten Nationen seien verpflichtet, den "Übergang vom Besatzungsregime zur irakischen Souveränität genauestens zu überwachen", sagte Sistani dem "Spiegel". Sollte es nicht mehr rechtzeitig vor der geplanten Souveränitätsrückgabe Wahlen geben, müssten die Wahlvorbereitungen "in einem kurzen Zeitraum zu Ende geführt werden - und zwar auf Beschluss des UN-Sicherheitsrates". Die Entschließung solle auch "Garantien enthalten, dass es keine weitere Verzögerung der Wahlen gibt".
  • Rund 2.000 Schiiten haben in der heiligen Stadt Nadschaf in Irak für allgemeine Wahlen demonstriert. In einer Erklärung wurde das irakische Volk aufgerufen, sein "Recht auf Wahlen" zu verteidigen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP am 20. Feb. berichtete. Die Vereinten Nationen und andere Institutionen sollten sich dem Willen der Iraker nicht entgegenstellen, hieß es weiter.
  • US-Zivilverwalter Paul Bremer hält Wahlen in Irak noch in diesem Jahr für nicht machbar. Aus organisatorischen Gründen sei eine Abstimmung frühestens in zwölf bis 15 Monaten möglich, sagte Bremer in einem am 21. Feb. ausgestrahlten Interview mit dem in Dubai ansässigen Fernsehsender El Arabija.
  • Bei einem bewaffneten Überfall auf einen US-Konvoi in Irak sind am 21. Feb. ein einheimischer Übersetzer getötet sowie vier Koalitionssoldaten verletzt worden. Die Angreifer eröffneten in Haswa 30 Kilometer südwestlich von Bagdad aus einem Auto heraus das Feuer auf die drei Fahrzeuge, wie das US-Militär bekannt gab. Zur Nationalität der Verletzten machte der Sprecher keine Angaben. Eines der drei Autos sei unter Beschuss in Flammen aufgegangen. Ein weiteres überschlug sich, wie Augenzeugen berichteten. Der Tatort wurde danach von US-Truppen abgeriegelt.
  • In der westirakischen Aufständischen-Hochburg Falludscha griffen nach Augenzeugenberichten vom 21. Feb. Unbekannte zwei jordanische Lkw an, die Ausrüstung für die amerikanische Besatzungsarmee transportierten. Dabei sei ein Fahrer ums Leben gekommen.
  • Zwei Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) haben am 21. Feb. den inhaftierten irakischen Expräsidenten Saddam Hussein besucht, wie eine IKRK-Sprecherin in Genf mitteilte. Saddam Hussein habe seiner Familie über das Rote Kreuz eine Nachricht zukommen lassen.
  • Japan hat am 21. Feb. sein Truppenkontingent in Irak um weitere 140 Soldaten aufgestockt und zugleich im eigenen Land die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Aus Furcht vor Anschlägen als Reaktion auf den Irak-Einsatz wurden an den Flughäfen von Tokio und Osaka sowie in rund 650 weiteren Einrichtungen die Schutzvorkehrungen verstärkt, wie die Nationale Polizeibehörde mitteilte. Die 140 entsendeten Infanteristen sollen das bereits in Samawa im Süden Iraks stationierte Hundert-Mann-Kontingent verstärken.
  • In Bagdad ist am 21. Feb. ein sunnitischer Geistlicher ermordet worden. Unbekannte hätten am Abend an der Tür von Scheich Thamer Suleiman el Sari im Westen der irakischen Hauptstadt geklingelt und ihn mit sechs Schüssen niedergestreckt, sagte ein Sprecher des Komitees der Ulema-Moslems. Der Geistliche sei drei Stunden später seinen Verletzungen erlegen. Scheich Thamer ist der Bruder von Hareth Suleiman el Sari, dem Generalsekretär der Ulema-Moslems, einer der drei wichtigsten Sunniten-Organisationen.
  • Die irakische Polizei teilte am 22. Feb. mit, in Nordirak hätten bewaffnete Männer am 21. Feb. das Feuer auf das Haus des Polizeichefs von Mossul eröffnet. Die Beamten hätten das Feuer erwidert und einen Angreifer getötet und einen weiteren verletzt.
    Ebenfalls in Mossul detonierte am 21. Feb. entlang einer Straße eine Bombe und tötete einen Iraker. Es war nicht klar, ob er den Sprengsatz gelegt hatte.
    Südlich von Falludschah detonierte in der Nähe eines US-Konvois eine Bombe. Mehrere Menschen wurden verletzt, wie ein Augenzeuge am 21. Feb. berichtete.
    In Kirkuk wurde am 21. Feb. der Sitz des Irakischen Zivilverteidigungskorps beschossen. Die Sicherheitsbeamten schossen zurück und töteten einen der Angreifer.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist überzeugt, dass das Terrornetzwerk El Kaida an Anschlägen in Irak beteiligt ist. "Sie sind sicher beteiligt und aktiv in Irak", sagte der Pentagonchef am 22. Feb. vor US-Soldaten, die auf dem Weg nach Irak einen Zwischenstopp im irischen Shannon einlegten. Dies sei für viele Iraker Anlass, sich freiwillig für Polizei- und Militäreinheiten zu melden. Rumsfeld warnte, in Irak bestehe die Gefahr, dass radikale Gruppen religiöse und ethnische Gruppierungen gegeneinander aufbrächten. "Terroristische Netzwerke", ehemalige Regierungsmitglieder sowie einige Kriminelle würden aus unterschiedlichem Interesse gemeinsame Sache machen. Ihr Ziel sei es, Unfrieden zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppierungen zu stiften, "in der Hoffnung, daraus Vorteile ziehen zu können und gleichzeitig die Koalitionstruppen zu schwächen". Der US-Verteidigungsminister war auf dem Weg nach Kuwait.
  • Bei einem Bombenanschlag in Bagdad sind am 22. Feb. vier irakische Polizisten verletzt worden. Der Sprengsatz explodierte im Stadtteil El Waschasch, wie die Polizei mitteilte. Die Polizisten seien dorthin gegangen, weil es Berichte über einen Leichenfund gegeben habe.
23. bis 29. Februar
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist am 23. Feb. zu einem Besuch in der irakischen Hauptstadt Bagdad eingetroffen. Er wurde am Flughafen von US-Zivilverwalter Paul Bremer in Empfang genommen, wie ein mitreisender Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der US-Verteidigungsminister wollte sich mit US-Militärs treffen. Er war zuvor zu Gesprächen in Kuwait gewesen.
  • Vor einer Polizeiwache in der nordirakischen Stadt Kirkuk hat sich am 23. Feb. ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und mindestens zehn Polizisten mit in den Tod gerissen. Weitere 45 Menschen seien zum Teil schwer verletzt worden, sagten Krankenhausmitarbeiter. Vor der Polizeiwache hatten sich zum Zeitpunkt der Explosion rund 20 Polizisten versammelt, um ihre Tagesbefehle zu erhalten, wie der Chef der Wache, Oberst Adel Ibrahim, erklärte. Unter den Verletzten waren auch fünf Kinder einer nahe gelegenen Schule. Krankenhausmitarbeiter erklärten, bei den zehn Todesopfern handele es sich um Polizisten. Die US-Streitkräfte in Bagdad teilten dagegen mit, unter den Toten seien auch vier Zivilpersonen. Sie entsandten eine Schnelle Eingreiftruppe an den Tatort. Gebäude in der Umgebung wurden den Angaben zufolge schwer beschädigt, außerdem seien Autos zerstört worden. Die Polizei sperrte die Gegend ab.
  • Direkte Wahlen im Irak sind nach Einschätzung der Vereinten Nationen frühestens zum "Ende 2004 oder bald danach möglich". Das geht aus dem Bericht eines UN-Expertenteams hervor, den UN-Generalsekretär Kofi Annan am 23. Feb. in New York veröffentlichen ließ. Voraussetzung für diesen Termin sei, dass noch bis Mai dieses Jahres politische Vereinbarungen über den gesetzlichen Rahmen der Wahlen getroffen werden, heißt es in dem Bericht.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat Iran und Syrien der Unterstützung "terroristischer Anschläge gegen das irakische Volk" beschuldigt. Die Regierungen in Damaskus und Teheran hätten zugelassen, dass von ihrem Territorium aus Kämpfer gegen die von den USA geführten Besatzungstruppen nach Irak eingeschleust worden seien, sagte Rumsfeld am 23. Feb. vor Journalisten in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Es sei außerdem bekannt, dass Mitglieder des El-Kaida-Netzwerks in Iran Unterschlupf gefunden hätten. Syrien habe seinerseits Leute aufgenommen, die nach dem Einmarsch von US- und britischen Truppen im März 2003 aus Irak geflohen seien.
  • Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat wie zuvor Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) eine mit den USA abgestimmte Strategie für den Nahen und Mittleren Osten vorgeschlagen. Wie aus einem von Solana am 23. Feb. im EU-Außenrat in Brüssel präsentierten Positionspapier hervorgeht, soll die EU ihre Vorschläge bei Ministertreffen mit den USA am 1. März präsentieren. Die Gruppe der acht führenden Staaten (G-8) soll demnach mit einer Erklärung zur gemeinsamen Zukunft der Region den Rahmen für spezifische Beiträge der EU und der USA sowie der NATO setzen. Fischer begrüßte Solanas Überlegungen als "sehr klug und weiterführend". Sie sollten Grundlage für eine Diskussion beim nächsten Außenminister-Treffen sein, sagte Fischer.
  • Der US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, hat den Bericht der Vereinten Nationen über die Möglichkeit von Wahlen begrüßt. Das Dokument sei ein konstruktiver Beitrag, sagte Bremer am 24. Feb. Der UN-Bericht hatte festgehalten, dass die ersten direkten Wahlen im Irak Anfang 2005 organisiert werden könnten, falls bis Mai die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Bremer betonte, dass er sich "ein weiteres Engagement der UN" bei der Bildung einer Übergangsregierung wünsche.
  • Der ehemalige Leiter der UN-Waffeninspekteure, Hans Blix, hat US-Präsident George W. Bush und den britischen Premierminister Tony Blair wegen des Irak-Krieges erneut scharf kritisiert. In einem Interview des Online-Dienstes "Stern.de" sagte der Schwede am 24. Feb., der Angriff auf Irak sei "auf keinen Fall gerechtfertigt" gewesen, weil Saddam Hussein seine Massenvernichtungswaffen tatsächlich nach Ende des ersten Golfkrieges von 1991 habe zerstören lassen. Nach den Worten von Blix haben sich Amerikaner und Briten Fakten geschaffen, wo es gar keine Fakten gegeben habe. "Die USA brauchten Massenvernichtungswaffen, um Krieg führen zu können. Also zimmerten sie sich eine virtuelle Realität. Meine Warnungen wurden ignoriert", sagte der Ex-Chefinspekteur. Heute wisse man, dass Saddam eine Gefahr für sein eigenes Volk gewesen sei, "aber nicht für die Welt".
  • Die USA erwarten nicht, dass Deutschland Truppen in den Irak entsendet. Das sagte der US-Botschafter in Deutschland, Daniel Coats, in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk am 24. Feb. Washington akzeptiere, dass Deutschland keine Soldaten in den Irak schicken wolle, sagte Coats. Die US-Regierung sei aber froh darüber, dass die Bundesregierung einen möglichen NATO-Einsatz im Irak nicht blockieren wolle.
  • Ein winziges Zeitfenster bleibe den Irakerinnen zur Durchsetzung ihrer Rechte, sagt Samira Hussein von der Frauenliga. Sie meint die wenigen Monate bis zum 30. Juni, dem Termin, an dem die US-Zivilverwaltung die Macht an eine irakische Übergangsregierung abgeben will. Denn die Chancen für mehr Gleichberechtigung dürften unter einer von irakischen Männern dominierten Regierung eher schwinden. In diesem Punkt waren sich die Frauen einig, die am 24. Feb. in Bagdad zu einer Konferenz zusammentrafen. Eine gemeinsame Strategie kam bei dem siebenstündigen Treffen aber nicht zu Stande. Ein hochgestecktes Ziel wurde zum Abschluss der Konferenz zwar verkündet: Die Mitglieder der Übergangsregierung sollten zu 40 Prozent Frauen sein, ebenso hoch der Anteil der weiblichen Abgeordneten im Parlament, forderte Radscha el Chusaei. Chusaei ist eines von zwei weiblichen Mitgliedern des irakischen Verwaltungsrats, an den sie diese Forderungen nun weitertragen will. Was aber geschehen soll, falls sich ihre männlichen Kollegen davon unbeeindruckt zeigen, blieb offen.
  • Der irakische Verwaltungsrat will gemäß den Vorschlägen der Vereinten Nationen sofort mit der Vorbereitung allgemeiner Wahlen beginnen. Bei einer Sitzung des Rats am 24. Feb. zeichnete sich Zustimmung zu der Empfehlung der UN ab, die Wahl erst mehrere Monate nach der Machtübergabe am 30. Juni abzuhalten. Der schiitische Rat für die Islamische Revolution (Sciri) forderte allerdings, die UN müssten einen neuen Vorschlag vorlegen, wie eine Übergangsregierung gebildet werden könne.
  • Die Bundesregierung will den USA nach einem Bericht der "Welt" bei der Entschuldung Iraks entgegenkommen. Bundeskanzler Gerhard Schröder wolle sich "erheblich bewegen" und einen Teilerlass der bilateralen Schulden anbieten, hieß es in der am 24. Feb. vorab veröffentlichten Meldung. Schröder fliegt am 27. Feb. zu einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush nach Washington. Es ist der erste Besuch im Weißen Haus seit dem Irak-Krieg.
  • Ein Gericht in London verhandelt am 24. Feb. gegen eine 29-jährige frühere Übersetzerin beim britischen Geheimdienst wegen Geheimnisverrats. Katharine Gun wird beschuldigt, im vergangenen Jahr kurz vor dem Irakkrieg eine "Top Secret"-Mitteilung des hochrangigen US-Geheimdienstbeamten Frank Kozas der britischen Zeitung "Observer" zugespielt zu haben. Aus der E-Mail ging hervor, dass US-Geheimdienste die Delegationen der sechs Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrates - Angola, Chile, Guinea, Kamerun, Mexiko und Pakistan - bespitzelten, um diese zu einer Entscheidung für den Krieg veranlassen zu können. Gun wurde nach ihrer Entdeckung festgenommen und entlassen. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu zwei Jahre Haft. (Siehe unseren Beitrag: "Angeklagt: Zivilcourage".)
  • Die britische Staatsanwaltschaft hat die Klage gegen Katharine Gun fallen gelassen, die ein Memo des US-Geheimdienstes NSA an eine Zeitung weitergab. Während einer Anhörung am 25. Feb. erklärten sich die 29-Jährige für unschuldig. Staatsanwalt Mark Ellison sagte daraufhin, er habe nicht ausreichend Beweise für eine Verurteilung.
  • Beim Absturz eines US-Militärhubschraubers sind am 25. Feb. in Irak beide Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen. Das bestätigten die US-Streitkräfte und die Polizei. Der Helikopter vom Typ OH-58 Kiowa stürzte am frühen Nachmittag nahe der westirakischen Stadt Haditha ab, 200 Kilometer außerhalb von Bagdad, wie Militärsprecher Mark Kimmitt mitteilte. Die Ursache war zunächst nicht bekannt. Ein Augenzeuge erklärte, eine Rakete habe den Hubschrauber getroffen. Der Absturz war mindestens der 15. eines US-Helikopters seit Beginn der amerikanischen Besatzung im Mai, die meisten der Maschinen wurden abgeschossen. Mindestens 60 Amerikaner kamen dabei ums Leben.
  • Unmittelbar vor seiner USA-Reise hat Bundeskanzler Gerhard Schröder erneut einen Einsatz deutscher Soldaten in Irak ausgeschlossen. "Wir werden keine Kampftruppen in den Irak schicken", sagte Schröder am 25. Feb. in einem Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk. Auch der Einsatz von NATO-Soldaten sei nicht in Sicht, da es noch keine legitimierte irakische Regierung gebe.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad haben am 25. Feb. mehrere tausend Turkmenen für die Stärkung ihrer Rechte und für mehr Mitsprache in staatlichen Institutionen demonstriert. Mit Spruchbändern sagten sie "Nein zu einer Verfassung, die die Rechte der Turkmenen ignoriert" und forderten die eigene Bestimmung ihrer Vertreter im irakischen Regierungsrat. Die Demonstranten, von denen die meisten aus der nordirakischen Ölstadt Kirkuk angereist waren, zogen vor den früheren Präsidentenpalast von Saddam Hussein, in dem jetzt die Besatzungstruppen ihr Hauptquartier haben.
  • US-Soldaten haben laut einem Bericht des ARD-Magazins "Panorama" in Irak auf Verwundete geschossen. Wie die "Panorama"-Redaktion des Norddeutschen Rundfunks (NDR) am 25. Feb. mitteilte, liegen ihr Videos vor, die dies belegen. Der für die US-Stiftung der Vietnam-Veteranen tätige US-General Robert G. Gard nannte die Vorfälle "unentschuldbare Morde". Der Hamburger Völkerrechtler Stefan Oeter sagte, das Schießen auf Verwundete wäre ein "Kriegsverbrechen".
    Einer der beiden dokumentierten Fälle ereignete sich laut "Panorama" am 1. Dezember 2003 nördlich von Bagdad. Luftaufnahmen aus der Zielkamera eines Apache-Hubschraubers der 4. US-Infanteriedivision zeigten demnach, wie drei Menschen am Boden "sich nachts neben zwei Fahrzeugen treffen und einen Gegenstand neben die Straße legen, den die Soldaten für eine Waffe halten". Die Hubschrauberbesatzung habe daraufhin über Sprechfunk den Befehl erhalten, die Menschen zu erschießen. Dabei seien zwei Menschen getötet worden, der dritte habe sich verletzt auf dem Boden gewunden. Ein Soldat habe über Funk gefragt, ob er den Verwundeten auch erschießen solle, woraufhin er den Befehl "Hit him!" ("Erschieß ihn!") erhalten habe. Direkt im Anschluss sei auf den Verwundeten geschossen worden; insgesamt seien fast hundert Schüsse gefallen.
    Der zweite Vorfall wurde laut "Panorama" am 8. April 2003 von einer Kamera des Fernsehsenders CNN aufgenommen. Das Filmmaterial zeige eine Einheit der US-Marines, die während der Durchsuchung eines Industriegebiets einen vorher bereits schwer verwundeten Iraker erschießt. Danach sei auf dem Video Jubel der US-Soldaten zu hören. Das US-Verteidigungsministerium habe sich zu einer Anfrage von "Panorama" nicht äußern wollen, hieß es in der Mitteilung der Redaktion.
  • Bei einem Sprengstoffanschlag in der irakischen Stadt Baakuba ist am 26. Feb. ein irakischer Polizist getötet worden. Fünf weitere Polizisten und zwei Zivilisten wurden laut Polizei verletzt. Die Sicherheitskräfte hätten gerade in einem Restaurant gesessen, als sie gewarnt worden seien, dass ein Unbekannter eine Tasche unter einem ihrer beiden Fahrzeuge deponiert habe. Als die Polizisten sich in die Wagen gesetzt hätten, habe es eine Explosion gegeben. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete von zwei brennenden Polizeiwagen. Polizei, Rettungswagen und Feuerwehr waren vor Ort. Baakuba liegt 60 Kilometer nördlich von Bagdad.
  • In der nordirakischen Stadt Kirkuk wurde am Abend des 26. Feb. ein Büro der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) mit Granaten angegriffen, eine Person wurde nach Angaben von Sicherheitschef Scherko Schaker getötet. Auf einem Markt der Stadt nahmen Sicherheitskräfte nach eigenen Angaben einen Ausländer mit einem Sprengsatz am Körper fest. Offenbar habe der Mann einen Anschlag geplant.
    In Tikrit wurden bei der Explosion eines Sprengsatzes zwei US-Soldaten, ein irakischer Polizist und eine Frau verletzt, wie ein amerikanischer Militärsprecher berichtete.
  • Britische Geheimdienstagenten haben nach Angaben der früheren Entwicklungshilfeministerin Clare Short vor dem Irakkrieg UN-Generalsekretär Kofi Annan bespitzelt. Sie selbst habe Protokolle von Gesprächen Annans gelesen, sagte Short am 26. Feb. in einem Interview mit der britischen BBC. Short war im Mai 2003 aus Protest gegen den Irakkrieg zurückgetreten.
    Neben UN-Generalsekretär Kofi Annan sind offenbar weitere Spitzenfunktionäre der Vereinten Nationen von westlichen Geheimdiensten systematisch ausspioniert worden. Der australische Rundfunksender ABC berichtete am 27. Feb., die Telefongespräche der früheren Waffeninspekteure in Irak, Richard Butler und Hans Blix, seien abgehört worden. Unter Berufung auf Geheimdienstquellen hieß es, die Abhörprotokolle seien den Regierungen der USA, Australiens, Kanadas, Großbritanniens und Neuseelands zugänglich gemacht worden. (Vgl. hierzu: Kofi Annan vom britischen Geheimdienst bespitzelt?.)
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und US-Präsident George W. Bush wollen einem Medienbericht zufolge mit einem gemeinsamen Papier zur deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit die Differenzen über den Irak-Krieg beenden. Schröder und Bush wollten das Dokument nach ihrem Treffen am 27. Feb. in Washington vorstellen, berichtet das Internetmagazin "Focus Online". In dem Papier würden die traditionell engen Beziehungen "in fast pathetischem Ton beschworen und auf dieser Grundlage gemeinsame Interessen definiert". Ausgehandelt worden sei das Dokument von der US- Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und ihrem deutschen Kollegen Bernd Mützelburg. Die Initiative sei von US-Seite ausgegangen, die sich "in den letzten Wochen massiv um den deutschen Partner bemüht" habe. (Siehe die "Gemeinsame Erklärung" im Wortlaut.)
  • Die Interimsverfassung für Irak verzögert sich offenbar. Im zuständigen Ausschuss, der dem irakischen Verwaltungsrat bis zum 28. Feb. den Verfassungsentwurf zur Zustimmung vorlegen sollte, gebe es noch Uneinigkeit über den künftigen Status des islamischen Rechts, erklärte Ratsmitglied Mahmud Othman am 27. Feb. Weitere Streitpunkte seien das kurdische Autonomiegebiet im Norden des Landes sowie die Modalitäten zur Bildung einer Übergangsregierung, die zum Juli die Macht in Irak übernehmen soll.
  • In Chalis, rund 80 Kilometer nördlich von Bagdad, detonierte am 27. Feb. ein Sprengsatz am Straßenrand, als ein US-Konvoi die Stelle passierte. Bei der Explosion wurde nach Angaben von Augenzeugen ein Sportwagen getroffen, drei Personen seien möglicherweise verletzt worden. US-Truppen nahmen fünf Verdächtige fest.
    In Ramadi wurden US-Militärfahrzeuge mit Granaten angegriffen.
    In Falludscha nahmen Angreifer einen Stützpunkt der Amerikaner mit einem Mörsergeschoss ins Visier. Nach Angaben der Streitkräfte gab es keine Verletzte oder Schäden.
    Augenzeugen berichteten von mehreren nächtlichen Explosionen.
    Bei einem Feuerüberfall auf eine Fabrik im nordirakischen Mossul sind am 27. Feb. ein Arbeiter getötet und ein weiterer verletzt worden. Unbekannte hätten mit Automatikgewehren das Feuer auf das Gebäude eröffnet, sagte ein Polizeioffizier der Nachrichtenagentur AFP. Die Betonfirma macht unter anderem Geschäfte mit der US-Armee und der irakischen Polizei.
  • Die Verhandlungen über eine Übergangsverfassung für Irak sind im Streit um den Status des islamischen Rechts in eine Sackgasse geraten. Schiitische Mitglieder des Verwaltungsrats verließen am Abend des 27. Feb. aus Protest die Gespräche, weil eine umstrittene Resolution vom Dezember aufgehoben wurde, wonach das muslimische Recht als Grundlage für Scheidungs- und Erbangelegenheiten dienen sollte.
    Die für den 28. Feb. geplante Verabschiedung einer Übergangsverfassung für Irak ist verschoben worden. Der von den USA eingesetzte Verwaltungsrat versprach am späten Abend des 28. Feb. jedoch, man werde sich in Marathonsitzungen um eine baldige Einigung bemühen. "Es gibt ernsthafte Probleme", erklärte das schiitische Ratsmitglied Muwafak el Rubaie. "Wir sind aber dabei, eine neues Handwerk zu erlernen - nämlich Kompromisse zu schließen." Der sunnitische Ratsvertreter Samir Schaker Mahmud gab sich ebenfalls optimistisch, das eine Lösung gefunden werden könne.
  • Zum Auftakt einer Geberkonferenz in Abu Dhabi hat die irakische Regierung die internationale Gemeinschaft um eine Nothilfe von vier Milliarden Dollar (3,2 Milliarden Euro) gebeten. Mit dem Geld sollten noch in diesem Jahr 700 dringliche Vorhaben finanziert werden, sagte der irakische Übergangsminister für Entwicklung, Mehdi el Hafidh, am 28. Feb. in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Es sei "höchste Zeit", dass die internationale Gemeinschaft ihre Finanzzusagen von der Madrider Geberkonferenz im vergangenen Oktober umsetze. "Unser Bedarf ist enorm und dringend", sagte Hafidh. In Madrid waren Irak insgesamt 33 Milliarden Dollar zugesagt worden.
    Dem Irak werden nach Angaben eines Mitglieds der irakischen Übergangsregierung rund 60 Prozent seiner Auslandsschulden von insgesamt 120 Milliarden Dollar erlassen. Darauf hätten sich die Gläubigerstaaten geeinigt, sagte der irakische Übergangsminister für Entwicklung, Mahdi el Hafis, zum Auftakt der Geberkonferenz in Abu Dhabi. An dem Treffen nehmen etwa 40 Länder teil.
  • In Irak ist erneut ein einheimischer Polizist einem Anschlag zum Opfer gefallen. Unbekannte hätten am 28. Feb. eine Straßensperre der Polizei an einer Einfallstraße in der nordirakischen Stadt Kirkuk mit automatischen Waffen beschossen und den Polizisten getötet, teilte der irakische General Turhan Jussef mit. Über die Täter lagen den Angaben zufolge zunächst keine Informationen vor. In Kirkuk werden die mit den USA zusammenarbeitenden einheimischen Polizisten beinahe täglich Ziel gewaltsamer Angriffe.
  • Bei einem schweren Angriff von Aufständischen im nordirakischen Kirkuk sind am Abend des 28. Feb. nach Polizeiangaben zahlreiche Menschen getötet worden. Augenzeugenberichten zufolge feuerten Unbekannte fast zeitgleich Raketen auf einen US-Stützpunkt im Flughafengelände und auf die Polizeiakademie im Stadtzentrum ab. Nach den Attacken durchkämmten irakische Polizisten und US-Soldaten Wohnviertel, in denen sie die Angreifer vermuteten. Anwohner hörten Schüsse auf den Straßen.
  • Ein estnischer Soldat der internationalen Koalitionsstreitkräfte in Irak ist bei dem Versuch erschossen worden, eine am Straßenrand versteckte Bombe zu entschärfen. Der Überfall ereignete sich nach US-Militärangaben am Abend des 28. Feb. im Nordwesten von Bagdad. Seit Kriegsbeginn im März vergangenen Jahres kamen damit neben 547 US-Soldaten auch 58 Briten, 17 Italiener, acht Spanier, fünf Bulgaren, zwei Thailänder und jeweils ein Soldat aus Estland, Dänemark, der Ukraine und Polen ums Leben.
  • China will der künftigen irakischen Regierung einen Großteil ihrer knapp sechs Milliarden Dollar (4,8 Milliarden Euro) Schulden erlassen, wenn chinesische Firmen bei der Auftragsvergabe für den Wiederaufbau stärker berücksichtigt werden. Sollten Unternehmen aus der Volksrepublik "eine größere Rolle in diesem Prozess spielen können, wären sie mehr als bereit, auf einen Teil oder die Gesamtheit der irakischen Außenstände zu verzichten", sagte der chinesische Vizeaußenminister Shen Gofang am Rande der internationalen Geberkonferenz in Abu Dhabi am 29. Feb. in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Die Unternehmen seines Landes seien vor allem an Aufträgen im Öl-, Energie- und Infrastruktursektor interessiert.
  • Die britische Militärführung soll die Regierung Blair kurz vor Beginn des Irak-Kriegs vor einer mangelhaften völkerrechtlichen Grundlage für den Konflikt gewarnt haben. Wie die britische Zeitung "Observer" am 29. Feb. berichtete, habe Generalstabschef Sir Michael Boyce wenige Tage vor Kriegsbeginn eine "unzweideutige Erklärung" über die Rechtmäßigkeit einer Invasion verlangt. Besonders besorgt sei Boyce über die fehlende zweite UN-Resolution zum Krieg gewesen. Er habe in der Angelegenheit sogar persönlich bei Premierminister Tony Blair vorgesprochen. Das Verteidigungsministerium in London bestritt in einer Stellungnahme, dass die Militärs sich "geweigert" hätten, in den Krieg zu ziehen. Allerdings sei es es selbstverständlich, dass Boyce sich über die rechtlichen Grundlagen informiere. Er sei damit aber "völlig zufrieden" gewesen. Der Observer stützte sich mit seinen Angaben auf Unterlagen aus dem Prozess gegen die Geheimdienstangestellte Katharine Gun, der in der vergangenen Woche sofort nach seinem Auftakt eingestellt worden war. Die 29 Jahre alte Übersetzerin war wegen Geheimnisverrats angeklagt worden, weil sie einer Zeitung Informationen über das Abhören von UN-Diplomaten zugespielt hatte.
  • Der provisorische irakische Regierungsrat hat seine Verhandlungen über den Text einer Übergangsverfassung fortgesetzt. Zuvor war eine ursprünglich gesetzte Frist zur Verabschiedung der Verfassung ohne Einigung verstrichen. Ein rasches Ende der Verhandlungen zeichnet sich immer noch nicht ab. Ein Sprecher der US- Verwaltung meinte am 29. Feb., dass die feierliche Unterzeichnung der irakischen Übergangsverfassung nicht vor dem 3. März zu erwarten sei. Umstritten ist vor allem die künftige Rolle der islamischen Rechtsprechung.
  • Ein Ereignis - zwei Versionen:
    (1) AP: Polnische Soldaten haben am 29. Feb. in Irak das Feuer auf einen mit schiitischen Pilgern besetzten Bus eröffnet. Augenzeugenberichten zufolge hatte der Bus an einem Kontrollpunkt nicht angehalten. Es habe Opfer gegeben, hieß es. Der mit rund 44 Fahrgästen besetzte Bus war auf dem Weg zum Aschura-Fest in die den Schiiten heilige Stadt Kerbela. An dem Kontrollpunkt etwa 20 Kilometer nördlich der Stadt habe das Fahrzeug offenbar wegen Problemen mit der Bremse nicht stoppen können und eine Barriere gerammt. Die polnischen Soldaten hätten daraufhin geschossen und den Bus sowie einen hinter ihm fahrenden Wagen getroffen, in dem sich mehr als zwölf Personen befanden. Die Zahl der Opfer war zunächst nicht bekannt, Augenzeugen sprachen aber von einigen Toten.
    (2) dpa: In der Nähe der irakischen Stadt Kerbela ist ein Bus in einen polnischen Armeeposten gerast. Ein Sprecher des polnischen Generalstabs sagte der Nachrichtenagentur PAP, es handele sich um einen Unfall. Mindestens 14 Iraker seien verletzt worden. Der Oberkommandierende vor Ort ging dagegen von einem Selbstmordanschlag aus. Der Bus sei mit hoher Geschwindigkeit auf den Armeeposten zugefahren, habe die Barriere durchbrochen und sich überschlagen.
  • Mehr als ein Dutzend Angehörige irakischer Zivilisten, die seit Mai 2003 von britischen Soldaten in Irak getötet wurden, wollen die britische Regierung auf Entschädigungszahlungen verklagen. Das sagte am 29. Feb. der Anwalt Phil Shiner, der nach eigenen Angaben die Familien von 13 Opfern vertritt. Er habe das Verteidigungsministerium schriftlich über die Forderungen informiert und zugleich eine Untersuchung der Vorfälle gefordert. Die Regierung müsse eine gerechte Entschädigungslösung für jene finden, die von britischen Soldaten getötet oder verletzt worden seien, sagte Shiner. Er sei entsetzt, wie viele unbeteiligte Zivilisten seit der Besetzung Iraks von britischen Soldaten getötet worden seien. Viele der Opfer wurden bei Militäraktionen von Querschlägern getroffen oder gerieten als Passanten bei Schießereien zwischen die Fronten. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums leistete die Regierung bereits Entschädigungszahlungen von insgesamt 15.000 Pfund (22.400 Euro) für 23 Iraker, die seit Mai 2003 getötet oder verletzt wurden.
  • Die internationale Geberkonferenz hat eine Soforthilfe für Irak in Höhe von einer Milliarde Dollar beschlossen. Das Geld solle in zwei Wiederaufbaufonds fließen und noch in diesem Jahr für Projekte zur Verfügung stehen, teilte der japanische Botschafter in Irak, Masamitsu Oki, am 29. Feb. auf der Konferenz in Abu Dhabi mit.


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