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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Dezember 2003

1. bis 7. Dezember
  • Nach den Gefechten in Samarra ist am 1. Dezember ein US-Soldat seinen Verletzungen erlegen. Damit steigt die Zahl der Todesopfer der bislang schwersten Kämpfe seit der Einnahme Bagdads auf 55. Am Vorabend hatten irakische Angreifer mit Panzerfäusten und automatischen Waffen zwei Militärkonvois in Samarra, nordwestlich von Bagdad, angegriffen. Dabei wurden nach US- und Krankenhausangaben 54 Iraker getötet, darunter auch mindestens acht Zivilisten. Ziel des Angriffes war nach Armeeangaben ein Geldtransport, der von Soldaten eskortiert wurde. Die Angreifer hätten Uniformen der Fedajin-Miliz des gestürzten Machthabers Saddam Hussein getragen.
    Nach den schweren Gefechten mit irakischen Aufständischen in Samarra hat die US-Armee keinen der nach ihren Angaben rund 54 getöteten Iraker vorgefunden. US-Soldaten hätten keine einzige Leiche gesehen, sagte der ranghohe US-General Mark Kimmitt am 1. Dezember in Bagdad. Er vermute, dass die Gegner die Leichen in ihren Stützpunkt weggebracht hätten. Schätzungen zufolge seien 54 Iraker getötet und weitere 22 verletzt worden; gewiss sei, dass einer gefangen genommen wurde, sagte Kimmitt. Erste Berichte über bis zu elf Gefangene seien überhöht gewesen. Nicht bestätigen konnte Kimmitt zudem irakische Krankenhaus- und Polizeiangaben, wonach acht Zivilisten bei den Gefechten getötet und Dutzende verletzt wurden.
  • Nach dem gewaltsamen Tod von zwei japanischen Diplomaten in Irak haben sich nur neun Prozent der Japaner für eine Entsendung von Truppen in das von Aufständen erschütterte Land ausgesprochen. 43 Prozent der Befragten sprachen sich in einer Umfrage unabhängig von der Sicherheitslage gegen den Einsatz japanischer Soldaten in Irak aus, wie die Tageszeitung "Mainichi Shimbun" am 1.Dezember berichtete. 40 Prozent befürworteten demnach eine Truppenentsendung, wenn die Lage vor Ort sicherer geworden sei. 79 Prozent waren der Meinung, japanische Soldaten würden nach ihrer Entsendung in Irak Ziele von Angriffen werden.
  • Eine Delegation aus US-Kriegsveteranen und Angehörigen von US-Soldaten ist am 1. Dezember zu einem einwöchigen Irak-Besuch eingetroffen. "Wir wollen, dass unsere Soldaten in ihre Heimat zurückkehren", sagte die Mutter zweier Soldaten, Annabelle Valencia, nach der Ankunft in Bagdad vor Journalisten. "Ich bin hergekommen, um eine Friedensbotschaft zu überbringen", sagte sie. Vor allem hoffe sie, in Irak ihren Sohn und ihre Tochter treffen zu können. Eine der Organisatorinnen der Reise, Medea Benjamin, kündigte an, die Gruppe werde mit irakischen Menschenrechts- und Frauenorganisationen zusammentreffen. Alle Teilnehmer trugen Westen mit der Aufschrift "Frieden und Freiheit für die Bevölkerung Iraks".
  • Aufständische haben am 1. Dezember 80 Kilometer westlich von Bagdad eine US-Patrouille angegriffen. Wie das US-Militärkommando in Bagdad mitteilte, schossen die Rebellen bei Habbanija aus dem Hinterhalt. Ein US-Soldat wurde schwer verwundet und erlag später seinen Verletzungen.
  • Der schiitische Politiker Abdel Asis el Hakim hat am 1. Dezember die rotierende Präsidentschaft im irakischen Regierungsrat übernommen. Er löste in dem von der US-Besatzungsmacht eingesetzten Gremium den Kurden Dschalal Talabani ab. El Hakim lehnt die US-Pläne für den Machttransfer an eine irakische Regierung ab. Vertreter der schiitischen Bevölkerungsmehrheit haben sich dagegen gewandt, ein neues Parlament über eine Serie regionaler Wahlen bestimmen zu lassen. Diese Versammlung soll eine provisorische Regierung wählen, die am 1. Juli kommenden Jahres antreten soll. Die Schiiten wollen das Parlament direkt wählen lassen.

Umfrage im Irak
Fast vier von fünf Irakern haben kein oder nur sehr wenig Vertrauen in die Besatzungsmächte. Dies geht aus einer am 1. Dezember vorgestellten Erhebung des britischen Institutes Oxford Research International (ORI) hervor. Drei Viertel der mehr als 3.000 befragten Iraker haben zudem kein Vertrauen in die amerikanische Übergangsverwaltung in Bagdad. Noch schlechter schnitten die politischen Parteien in Nachkriegs-Irak ab. Nur jeder Fünfte hält sie für kompetent und vertrauenswürdig. Die ORI-Studie wurde von Mitte Oktober bis Mitte November durchgeführt und ist nach Angaben der Forscher "die erste wirklich repräsentative Erhebung in der jüngeren Geschichte des Landes."
  • Unter dem Vorsitz von UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Irak-Kontaktgruppe mit Vertretern von 17 Staaten in New York ihre Arbeit aufgenommen. "Wir hatten eine gute Diskussion", sagte der amerikanische UN-Botschafter John Negroponte am 1. Dezember nach dem ersten Treffen. Die Teilnehmer seien sich einig über die Prioritäten gewesen: der wirtschaftliche Aufbau Iraks, die Machtübergabe an eine einheimische Regierung und die Verbesserung der Sicherheitslage. Annan habe zugesagt, "ziemlich bald" einen neuen UN-Sondergesandten für Irak zu ernennen. Er soll Sergio Vieira de Mello nachfolgen, der im August bei einem Anschlag getötet worden war.
  • Bei zwei Bombenanschlägen auf US-Militärkonvois nördlich von Bagdad ist am 2. Dezember mindestens ein US-Soldat getötet worden. Unbekannte hätten die Konvois auf der Hauptstraße in Richtung Samarra angegriffen, berichtete ein Offizier der US-Armee. Einem Augenzeugen zufolge wurde ein US-Transporter von der Explosion einer Mine oder einer Panzerabwehrrakete schwer beschädigt. Der Fahrer habe tödliche Kopfverletzungen erlitten.
  • Die US-Armee hat nach Angaben der irakischen Polizei den persönlichen Sekretär von General Essat Ibrahim el Duri festgenommen. Der Sekretär sei in einem Haus in der Ortschaft Hawidscha rund 45 Kilometer westlich von Kirkuk gefasst worden, sagte der örtliche Polizeichef am 2. Dezember. Duri war unter Saddam Hussein Vizepräsident des Revolutionären Kommandorats. Nach Auffassung Washingtons ist er einer der Drahtzieher der Anschläge gegen US-Truppen in Irak.
  • Nach der Ermordung von zwei japanischen Diplomaten in Irak hat Tokio offenbar die Entsendung von Helfern für den Wiederaufbau des Landes verschoben. Die Zeitung "Asahi" berichtete am 2. Dezember, die Ingenieure und Mediziner hätten eigentlich noch vor Ende des Jahres nach Bagdad, Basra und Mossul aufbrechen sollen. Dieser Termin werde jedoch nicht eingehalten. In einer am Tag zuvor veröffentlichten Umfrage hatten 80 Prozent der Bürger Zweifel an der Truppenentsendung geäußert.
  • Die USA planen nach einem Zeitungsbericht die Bildung einer paramilitärischen Truppe zur Bekämpfung von Aufständischen in Irak. Wie die "Washington Post" am 3. Dez. berichtet, sollen Milizen der fünf größten politischen Parteien im Land dafür rekrutiert werden. Das Anti-Terrorismus-Bataillon hätte demnach 750 bis 850 Kämpfer, die mit US-Streitkräften zusammen arbeiten würden. Zunächst würden die Truppen rund um Bagdad eingesetzt, berichtet die Zeitung unter Berufung auf irakische Politiker und US-Sprecher.
  • Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, hat im Zusammenhang mit dem weltweiten Anti-Terror-Kampf die Einhaltung von Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit angemahnt. Es sei notwendig, das richtige Gleichgewicht "zwischen nationaler Sicherheit und menschlicher Würde" zu finden, sagte Kellenberger am 3. Dez. vor mehreren hundert Delegierten auf der Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes in Genf. Auch in einem für die Konferenz vorbereiteten IKRK-Bericht wird davor gewarnt, im Zuge des Kampfs gegen den Terrorismus die Normen des Völkerrechts aufzuweichen.
  • Nach einer Razzia der US-Truppen in einem nordirakischen Dorf haben die Bewohner den Soldaten einen exzessiven Einsatz von Gewalt vorgeworfen. Die Streitkräfte erklärten am 3. Dez., sie hätten in Hawidscha, rund 250 Kilometer nördlich von Bagdad, 34 Verdächtige festgenommen und Dutzende Waffen beschlagnahmt. Entgegen erster Berichte wurde der frühere Stellvertreter des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein, Issat Ibrahim el Duri, nicht gefangen genommen. Einwohner beklagten, die US-Soldaten hätten willkürlich geschossen. Der 22-jährige Alaa Hosein erklärte im Krankenhaus von Kirkuk, er sei gemeinsam mit einem Cousin gerade von den Feldern gekommen, als die Soldaten das Feuer eröffnet hätten. Hosein erlitt einen Beinschuss, sein Cousin wurde in den Kopf getroffen und schwer verletzt. "Sie kamen, um Ärger zu machen, und nicht, um für Sicherheit zu sorgen", sagte Hosein.
  • Trotz des tödlichen Überfalls auf zwei südkoreanische Ingenieure in Irak will Präsident Roh Moo Hyun wie geplant Truppen in das Land schicken. Roh verwies am 3. Dez. auf die Bedeutung guter Beziehungen zu den USA in einer Zeit erhöhter Spannungen mit Nordkorea. "Wir müssen die engen Beziehungen zu den USA aufrechterhalten", sagte Roh nach Angaben seines Sprechers Yoon Tae Young. "Jetzt ist die Zeit, da Washington die Kooperation am meisten braucht."
    Nordkorea verurteilte am 3. Dez. die geplante Stationierung südkoreanischer Truppen in Irak. Die Soldaten würden dort «Kanonenfutter für die US-Truppen», erklärte Pjöngjang nach dem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA in einer Stellungnahme.
  • Das während des Irak-Kriegs geplünderte Naturgeschichtliche Museum in Bagdad ist am 3. Dez. wieder eröffnet worden. Plünderer und Diebe hatten im April zum Teil wertvolle Ausstellungsstücke, darunter ausgestopfte Tiere und Skelette, gestohlen und Schaukästen zerschlagen. US-Pioniere bauten das verwüstete Museum in den vergangenen Monaten wieder auf. Viele der neuen Schaukästen stehen allerdings leer, weil die Exponate noch verschwunden sind. Insgesamt wurden bislang nur 2.000 von 13.000 der aus irakischen Museen gestohlenen Exponate wiedergefunden. Museumskuratoren und Archäologen aus aller Welt hatten den US-Truppen vorgeworfen, nichts gegen die Plünderungen in den Museen unternommen zu haben.
  • Die US-Armee hat einen früheren irakischen General der Republikanischen Garden gefasst. Daham el Mahemdi sei bei einem Einsatz von Fallschirmjägern der 82. Luftlandedivision am 3. Dezember in Falludscha festgenommen worden, teilte das US-Zentrlakommando in Bagdad mit. Er werde "indirekter Kontakte" mit dem früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein verdächtigt und habe "Aktivitäten" gegen die Besatzungsmächte in Falludscha angeführt. Bei seiner Festnahme sei kein Schuss gefallen, niemand sei verletzt worden. In Mahemdis Haus seien zwei AK-47-Gewehre, ein weiteres Gewehr, eine Pistole und Munition gefunden worden.
  • Die NATO-Mitgliedsstaaten haben sich am 4. Dezember bereiterklärt, eine größere Rolle der Allianz in Irak zu prüfen. Keiner schließe ein größeres Engagement aus, wenn die Zeit dafür gekommen sei, sagte NATO-Generalsekretär George Robertson. Die Frage könne Thema des Gipfels Ende Juni in Istanbul sein. US-Außenminister Colin Powell sagte nach einem Treffen mit seinen Kollegen in Brüssel, fast alle Länder hätten sich für die Prüfung eines größeren Engagements ausgesprochen. Momentan unterstützt die NATO lediglich ihr Mitgliedsland Polen, das Soldaten nach Irak entsandt hat.
  • US-Einheiten haben westlich von Bagdad 13 Verdächtige gefangen genommen, unter ihnen sechs mutmaßliche islamische Extremisten. Wie ein Militärsprecher am 4. Dez. in Bagdad mitteilte, fanden die Soldaten bei den Männern, die am Mittwoch in der Ortschaft Nasir Wa el Salam, festgenommen wurden, Schusswaffen, Munition, Militäruniformen, Falschgeld und Material für den Bau von Sprengfallen.
  • Wie der arabische Fernsehsender El Dschasira berichtete, wurden am 4. Dez. vier irakische Polizisten verletzt, als Unbekannte die Polizeistation der westirakischen Stadt Ramadi mit Panzerfäusten und Handfeuerwaffen angriffen.
  • Aufständische nahmen in der Nähe von El Chalidija, 80 Kilometer westlich von Bagdad, einen US-Trupp unter Feuer. Das US-Militärkommando berichtete am 4. Dez., die Soldaten hätten das Feuer erwidert. Ein Aufständischer sei getötet, acht weitere gefangen genommen worden.
  • In Husaibah nahe der syrischen Grenze durchsuchten US-Einheiten am 4. Dez. sechs Häuser. Sie nahmen 19 Iraker fest, die sie der Mitgliedschaft in der Saddam-treuen Fedajin-Miliz verdächtigen.
  • Bei einem Anschlag auf einen US-Konvoi in Bagdad sind am 5. Dez. drei irakische Zivilisten und ein US-Soldat getötet worden. Das bestätigte das US-Militärkommando in Bagdad. Eine ferngezündete Bombe explodierte, als der US-Konvoi und ein voll besetzter Bus durch den Vorort Neu-Bagdad fuhren. Zahlreiche Menschen wurden verletzt.
    Bei einem weiteren Angriff auf einen US-Konvoi in Bagdad sei ein amerikanisches Militärfahrzeug zerstört worden. Das berichtet der Fernsehsender El Dschasira. Über mögliche Opfer ist nichts bekannt.
  • Der irakische Verwaltungsrat will schon in den nächsten Tagen ein Tribunal zur Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen unter dem alten Regime einsetzen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AP am 5. Dez. von irakischen und amerikanischen Gewährsleuten. Das Tribunal will hunderten Vertretern der Regierung des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein den Prozess machen. Auch Saddam Hussein selbst könnte vor das Gericht gestellt werden, sollte er festgenommen werden. Bei einigen Menschenrechtsgruppen stoßen die Pläne für das Tribunal auf Kritik. Sie beklagen, dass die amerikanischen Besatzer zu stark beteiligt seien und dass die irakischen Richter und Staatsanwälte für solche Verfahren über nicht genügend Erfahrung verfügten. Das Gesetz zur Einrichtung des Tribunals könnte bereits am Sonntag verabschiedet werden, wie ein Mitglied des von den USA eingesetzten Verwaltungsrats mitteilte. Einen ähnlichen Vorschlag für ein Tribunal hatten die USA schon im April gemacht.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist am 6. Dez. überraschend zu einem Besuch in der nordirakischen Erdölstadt Kirkuk eingetroffen. Wie ein AFP-Reporter berichtete, landete er früh am Morgen an Bord eines US-Militärflugzeugs auf dem Flughafen der Stadt. Der Minister wurde von Generalmajor Ray Odierno, dem Kommandeur der 4. US-Infanterie-Division, empfangen. Es handelte sich um Rumsfelds dritten Besuch seit dem Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein im April. Zuvor hatte er sich in Georgien aufgehalten.
    Bei einem Treffen in Bagdad mit dem amtierenden Vorsitzenden des von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrats, Abdel Asis Hakim, sagte Rumsfeld nach Angaben eines US-Regierungsbeamten, es gebe viel zu tun und nicht viel Zeit, es zu tun. In einer im arabischsprachichen Sender der USA und ihrer Verbündeten, El Irakija, übertragenene Rede sagte Rumsfeld, die von den USA angeführten Truppen hätten die Absicht, "bis zum Ende ihrer Mission" in Irak zu bleiben. "Wir haben keine Angst, und wir werden uns nicht davonstehlen", fügte er hinzu.
  • Irakische Rebellen haben am 6. Dez. einen ungarischen Konvoi beschossen, der Hilfsgüter transportierte. Wie das ungarische Verteidigungsministerium mitteilte, wurde bei dem Überfall 120 Kilometer nördlich der kuwaitischen Grenze niemand verletzt. Als die Truppen das Maschinengewehrfeuer erwidert hätten, sei möglicherweise einer der Angreifer angeschossen worden, hieß es. Es war der erste Angriff auf ungarische Einheiten, seit sie im September in Irak stationiert wurden. Die 300 Soldaten gehören der "Stabilisierungstruppe" unter polnischem Kommando an.
  • In Mossul wurde am 6. Dez. nach Militärangaben ein irakischer Polizist getötet, der kurz zuvor die Ausbildung an einer von den Besatzungstruppen geförderten Polizeiakademie beendet hatte.
  • Ein Polizist wurde am 6. Dez. bei einem Feuergefecht während einer Beerdigung in Samarra nördlich von Bagdad erschossen. Augenzeugenberichten zufolge forderten irakische Sicherheitskräfte die Trauergäste auf, das Abfeuern von Gewehrsalven einzustellen. Daraufhin hätten die Trauernden das Feuer eröffnet und einen der Männer in den Kopf getroffen. Anschließend habe die Menge den gestürzten Machthaber Saddam Hussein gepriesen und "Tod den Verrätern!" gerufen. Bestattet wurden zwei Iraker, die vergangene Woche bei einem Feuergefecht mit US-Truppen ums Leben kamen.
  • In Bagdad wurden am 6. Dez. zwei Menschen bei einer Explosion getötet. Ein Lastwagen wurde zerstört, die Polizei fand außerdem Granathülsen. Es war nicht klar, ob es sich bei den Getöteten um Aufständische oder Passanten handelte.
  • Ein irakischer Kommandeur war offenbar der Informant für einen umstrittenen Bericht der Regierung in London über irakische Massenvernichtungswaffen vor dem Krieg in Irak. Irakische Armeeeinheiten seien nach Angaben des ranghohen Militärs Monate vor dem US-geführten Angriff mit Massenvernichtungswaffen ausgerüstet worden, die in weniger als 45 Minuten einsatzbereit gewesen wären, berichtete die Zeitung "The Sunday Telegraph" am 7. Dezember. "Ich bin der Verantwortliche für diese Information", die im Vorfeld des Krieges in einem Bericht der britischen Regierung genannt wurde und heftige Folgen hatte, zitierte das Blatt den Oberstleutnant, dessen Namen verkürzt mit El Dabbagh angegeben wurde.
  • Der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld will die Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte ausweiten. Nach einem Truppenbesuch in Irak erklärte Rumsfeld am 7. Dez., es sei unklar, ob die bisher geplante Zahl von 220.000 Polizisten und anderen Kräften ausreiche. Bisher sind 140.000 Iraker für diese Aufgaben ausgebildet worden. Pessimistisch äußerten sich Rumsfeld und der Oberbefehlshaber der US-Truppen in Irak, Ricardo Sanchez, über eine Eindämmung der Anschläge von Aufständischen.
  • Die USA sitzen nach Ansicht des indonesischen Außenministers Hassan Wirayuda im Irak "in der Patsche". Und dies hätte die Regierung von US-Präsident George W. Bush verhindern können, wenn sie sich vor dem Einmarsch die Unterstützung der Vereinten Nationen gesichert hätte. Weiter sagte Wirayuda bei einer Sicherheitskonferenz in Jakarta am 7. Dez., der Krieg habe - anders als von Washington behauptet - die Natur der Probleme rund um den Globus nicht verändert.
  • Israelische Geheimdiensteinheiten und Einsatzkommandos haben den Vereinigten Staaten einem Bericht zufolge heimlich bei der Vorbereitung des Irak-Krieges geholfen. Spezialeinheiten der US-Armee hätten im Vorfeld des Krieges "eng" mit israelischen Geheimdienstlern zusammengearbeitet, hieß es in einem Artikel des Journalisten Seymour Hersh, der am 7. Dez. vorab veröffentlicht wurde und der am 15. Dezember in der US-Zeitschrift "The New Yorker" erscheinen soll, unter Berufung auf israelische und US-Geheimdienstkreise. Hersh zufolge wollten die Regierungen der USA und Israels ihre Zusammenarbeit geheim halten.
8. bis 14. Dezember
  • Der UN-Sicherheitsrat verurteilte die Übergriffe auf Ausländer, Iraker und die Koalitionsstreitkräfte in Irak scharf. In der Erklärung vom 8. Dez. wurden die jüngsten Angriffe auf Italiener, Spanier, Japaner, Südkoreaner und Kolumbianer besonders hervorgehoben. Der Sicherheitsrat forderte alle Staaten auf, bei der Verfolgung der Attentäter zusammenzuarbeiten.
  • Nördlich von Bagdad kamen am 8. Dez. bei einem Autounfall drei US-Soldaten ums Leben, einer wurde verletzt, wie US- Militärsprecher Bill MacDonald mitteilte. Zwei Truppentransporter seien nordöstlich von Ad Duluijah auf einer Landstraße Streife gefahren, als ein Uferdammm nachgegeben habe. Die Fahrzeuge seien in einen Kanal gestürzt.
  • Bei einem Autobombenanschlag nahe der nordirakischen Stadt Mossul sind mindestens 58 US-Soldaten verletzt worden. Selbstmordattentäter lenkten das Fahrzeug mit dem Sprengsatz auf einen US-Stützpunkt, wie US- Major Hugh Cate am 9. Dez. mitteilte. Die Selbstmordattentäter seien am Morgen auf einen Stützpunkt der US-Armee bei Tall Afar in der Nähe von Mossul zugefahren, teilte Cate mit. Die Wachsoldaten hätten darauf "reagiert", dann habe das Fahrzeug angehalten und sei explodiert. Keiner der verletzten US-Soldaten sei in Lebensgefahr, sagte Cate. Auch ein irakischer Übersetzer sei verwundet, sagte ein US-Offizier. Die betroffene Einheit gehörte zur 101. Luftlandedivision der US-Armee. Tall Afar liegt in einer von turkmenischen Schiiten bewohnten Gegend. Zur Zeit werden laut Cate täglich sechs bis zehn Angriffe auf Truppen der 101. Luftlandedivision verübt.
    Wenige Stunden später ereignete sich nach demselben Muster ein Selbstmordanschlag in Husseinija nordöstlich von Bagdad. Wachposten schossen auf einen Mann, der sich zu Fuß der dortigen Kaserne näherte. Daraufhin zündete dieser einen Sprengsatz. Zwei Soldaten wurden nach US-Angaben leicht verletzt.
  • Bei der Explosion in einer sunnitischen Moschee in Bagdad wurden am 9. Dez. drei Menschen getötet und zwei weitere verletzt, wie die Polizei mitteilte. Die Detonation riss demnach ein Loch in die Außenmauer des Moschee-Geländes.
  • Die japanische Regierung stimmte am 9. Dez. der Entsendung von Soldaten zu. Das Kabinett habe den Einsatz für eine humanitäre Mission der Soldaten gebilligt, sagte ein Sprecher des japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi. Das japanische Kabinett stimmte erstmals der Entsendung von Soldaten in ein Kampfgebiet zu. Bislang war Japan an militärischen Einsätzen unter anderem mit UN- Friedenstruppen in Osttimor und Kambodscha beteiligt. Die Mission ist in Japan äußerst umstritten und hat auch am 9. Dez. wieder zu Protesten geführt. Es handelt sich um den größten Auslandseinsatz japanischer Soldaten seit dem Zweiten Weltkrieg.
  • Ein US-Militärhubschrauber ist bei Falludscha im Westirak abgestürzt. Das berichtet der TV-Sender Al Arabija unter Berufung auf einen US-Armeesprecher. Unklar ist, ob es sich bei dem Hubschrauberabsturz um einen Abschuss handelte.
  • Als erstes arabisches Land gab Kuwait grünes Licht für eine irakische Vertretung im Land. Das sagte ein Mitglied des irakischen Regierungsrats der kuwaitischen Zeitung "El Anbaa".
  • Der von den USA eingesetzte irakische Regierungsrat hat am 9. Dez. die Schaffung eines Sondertribunals für Verbrechen während der Herrschaft von Saddam Hussein beschlossen. Das Strafgericht solle Fälle von Mitgliedern der politischen und militärischen Führung des gestürzten Machthabers verhandeln, die sich "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" schuldig gemacht hätten, sagte Ratsmitglied Mowaffak el Rubaie der Nachrichtenagentur AFP am 10. Dez.

Verwirrung über Zählung der zivilen Kriegstoten
Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur AP wurde die Zählung der zivilen Kriegstoten in der irakischen Bevölkerung auf Anordnung des Gesundheitsministers und der amerikanisch geführten Übergangsverwaltung gestoppt worden. Die Leiterin der Statistikabteilung des Gesundheitsministeriums, Dr. Nagham Mohsen, sagte am 10. Dez. der AP: "Wir haben die Erfassung der Informationen gestoppt, weil unser Minister ihr nicht zustimmt. Die Übergangsverwaltung will das auch nicht."
Gesundheitsminister Chodeir Abbas wies per E-Mail die Darstellung Mohsens zurück. Er habe mit dieser Anordnung nichts zu tun und habe noch nicht einmal gewusst, dass so eine Untersuchung laufe. Mohsen sagte, die Anordnung sei ihr vom Direktor der Planungsabteilung des Ministeriums, Nasar Schabandar, übermittelt worden.
Abbas, ebenso wie Schabandar derzeit auf Auslandsreise, schrieb: "Mir ist nichts von einer Erhebung ziviler Kriegsopfer bekannt, geschweige denn, dass sie vom Gesundheitsministerium begonnen wurde und noch weniger, dass sie gestoppt worden sein soll." Die US-Zivilverwaltung habe ihn auch nicht angewiesen, eine solche Erhebung zu stoppen.
Trotz Abbas Dementis ist schon des öfteren in Medien über eine Erhebung des Gesundheitsministeriums berichtet worden, mit der die Zahl der im Krieg getöteten Zivilpersonen erfasst werden solle. Im August wurde eine vorläufige Zahl von 1.764 genannt. AP war in einer eigenen Erhebung bei irakischen Krankenhäusern auf eine Zahl von 3.240 zwischen 20. März und 20. April im Krieg getöteten Zivilpersonen gekommen. Die Statistik des Gesundheitsministeriums sollte auf Angaben aller Krankenhäuser beruhen und damit umfassender sein.
Mohsen berichtete, dass viele Krankenhäuser Statistiken gesandt hätten. Im vergangenen Monat habe Schabandar sie zu sich bestellt und ihr geraten, sich nicht mehr mit dem Thema zu befassen. Sie hätte eine umfassende Statistik erstellen können, wenn US-Verwaltung und ihr Ministerium das gewollt hätten, sagte sie.
Die USA und Großbritannien haben keine Zahlen über die zivilen Opfer des Krieges erfasst. Sie haben betont, ihr Feldzug sei darauf ausgerichtet gewesen, Opfer in der Zivilbevölkerung zu vermeiden.
  • Nach der Veröffentlichung eines Pentagon-Memorandums, in dem US-Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz die Länder der Anti-Kriegskoalition von milliardenschweren Wiederaufbau-Aufträgen in Irak ausschließt (09.12.03), kündigten Deutschland und Frankreich ihren Widerstand an. Sollte dies der US-Position entsprechen, sei dies "nicht akzeptabel", sagte Regierungssprecher Bela Anda. Das Pentagon-Papier führt 63 Länder auf, die bei Ausschreibungen von insgesamt 26 Großaufträgen im Wert von 18,6 Milliarden Dollar (15,2 Milliarden Euro) berücksichtigt werden dürfen. In dieser Liste fehlen die Namen von Kriegsgegnern wie Deutschland, Russland, Frankreich und Kanada. Wolfowitz begründete den Ausschluss dieser Länder in dem Dokument mit "grundlegenden Sicherheitsinteressen" der USA. Als weiteren Grund nannte er, dass die Aussicht auf Verträge Länder dazu anregen solle, Truppen in Irak zu stationieren. Erstaufträge sollten daher nur an die "USA, Irak, Koalitionspartner" oder Länder gehen, die Truppen nach Irak entsandt hätten. Die in dem Text angesprochenen Projekte betreffen unter anderem die Austattung der irakischen Armee, den Wiederaufbau von Straßen und Ölleitungen sowie die Instandsetzung der Wasserversorgung. (AFP, 10.12.2003)
    UN-Generalsekretär Kofi Annan hat den Beschluss der USA kritisiert, Deutschland und andere Staaten wegen ihrer Gegnerschaft zum Irakkrieg von milliardenschweren Wiederaufbau-Aufträgen auszuschließen. Auf entsprechende Fragen von Journalisten sagte Annan am 10. Dez. in Genf, es sei die Aufgabe aller, für die Stabilität in Irak zu sorgen. An einer chaotischen Lage in dem Zweistromland könne niemandem gelegen sein. Uneinigkeit stiftende Maßnahmen und Entscheidungen sollten deshalb vermieden werden.
  • Bei einem Angriff in der irakischen Stadt Mossul ist ein US-Soldat getötet worden. Ein weiterer wurde verletzt. Das meldet der arabische TV-Sender El Dschasira am 10. Dez.
  • Ein US-Transportflugzeug ist am 10. Dez. beim Start in Bagdad von einer Rakete getroffen und zur Landung gezwungen worden. Wie ein Vertreter des Pentagon in Washington mitteilte, konnte die Maschine vom Typ C-17 sicher landen. Augenzeugenberichten zufolge sei das Flugzeug von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden. Es habe aber offenbar keine Opfer oder Schäden gegeben.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat am 10. Dez. einen neuen Sondergesandten für Irak ernannt. Der Neuseeländer Ross Mountain übernimmt vorübergehend das Amt des ermordeten Sergio Vieira de Mello, der am 19. August einem Bombenanschlag auf das UN-Hauptquartier in Bagdad zum Opfer gefallen war. Wegen der anhaltenden Gefahr von Anschlägen werden die UN-Missionen für Irak künftig von Zypern aus geleitet, wie Annan in einem Bericht an den Sicherheitsrat weiter mitteilte. In dem Büro in Nikosia sollen ab Anfang 2004 rund 40 internationale Mitarbeiter tätig sein. Ein kleineres Büro soll es laut Annan in der jordanischen Hauptstadt Amman geben. Mountain wird voraussichtlich nur wenige Wochen als UN-Sondergesandter für Irak tätig sein. Anfang 2004 will Annan den Posten dauerhaft mit einem anderen Diplomaten besetzen.
  • In einer Serie von Razzien haben US-Soldaten in Irak die mutmaßlichen Verantwortlichen für den tödlichen Überfall auf spanische Geheimdienstmitarbeiter Ende November gefasst. Unter den 41 Festgenommenen seien die "eigentlichen Angreifer" sowie der Drahtzieher des Anschlags, bei dem sieben spanische Soldaten getötet worden waren, teilte die US-Armee in Irak am 10. Dez. mit. Soldaten hätten am 9. Dez. in der Stadt Latifijah südlich von Bagdad 18 Razzien ausgeführt und dabei unter anderem "den Zellenführer, einen Geheimdienstoffizier, einen Finanzier, Ärzte, die Terroristen behandeln, so dass diese nicht ins Krankenhaus müssen, und die eigentlichen Angreifer" festgenommen.
  • US-Soldaten haben in Irak nach Angaben von Augenzeugen einen ehemaligen Offizier der Fedajin-Miliz des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein erschossen. Die Truppen hätten das Haus von Ghanem Abdul Ghani Sultan el Seidi in Mossul am 10. Dez. gestürmt und kurz darauf seien Schüsse zu hören gewesen, sagten zwei Nachbarn. In der Haustür waren mehrere Einschusslöcher zu sehen. Die US-Armee bestätigte lediglich, dass es eine Razzia in Mossul gegeben habe.
  • Der bekannte US-Kriegsfotograf James Nachtwey ist bei der Explosion einer Granate in Bagdad verletzt worden. Nachtwey und sein Reporter-Kollege Michael Weisskopf, die beide für das US-Nachrichtenmagazin "Time" arbeiten, hätten die Verletzungen erlitten, als sie in der Nacht zum 11. Dez. eine Patrouille von US-Soldaten begleiteten, teilte ein Arzt des US-Militärhospitals in Bagdad mit. Weisskopf erlitt demnach schwere Verletzungen an einer Hand. Nachtwey habe Splitter im Bauch und in den Beinen.
  • Die EU-Kommission hat den von den USA geplanten Ausschluss Deutschlands und anderer Staaten von Wiederaufbau-Aufträgen in Irak als "politischen Fehler" kritisiert. Die vom US-Verteidigungsministerium vorgeschlagene Vergabepraxis sei "schlecht durchdacht", "schwer zu akzeptieren" und "ungerechtfertigt", sagte der Sprecher der Kommission am 11. Dez. in Brüssel. Zugleich erklärte die Kommission, die von Washington angekündigten Vergaberegeln würden auf deren Vereinbarkeit mit den Vorschriften der Welthandelsorganisation (WTO) hin geprüft.
  • Hunderte Soldaten der neu gegründeten irakischen Streitkräfte haben ihren Dienst wieder quittiert. Wie ein Sprecher der US-geführten Streitkräfte am 11. Dez. in Bagdad mitteilte, schieden von insgesamt 700 Soldaten des ersten Bataillons 300 aus. Sie seien unzufrieden mit den Bedingungen beim Militär gewesen und den Befehlen ihrer Vorgesetzten nicht gefolgt.
  • Bei einem Selbstmordanschlag nahe eines US-Militärstützpunkts in Irak sind drei mutmaßliche Attentäter getötet worden. Die Autobombe sei nahe einer US-Militärbasis in der Nähe der Stadt Ramadi westlich von Bagdad explodiert, teilte eine Armeesprecherin am 11. Dez. mit. Auch unter den Angehörigen der 82. US-Luftlandedivision habe es ein Todesopfer und 14 Verletzte gegeben.
  • Die USA bauen in Irak einen neuen Geheimdienst auf. Dessen vorrangige Aufgabe solle es sein, Informationen im Kampf gegen den Terrorismus zu liefern, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, am 11. Dez. in Washington. Die Idee zum Aufbau des Geheimdienstes sei schon vor einigen Monaten von einigen Irakern an die USA herangetragen worden, sagte McClellan. "Wir helfen ihnen bei ihrem Anliegen." Dies sei Teil der längerfristigen Bemühungen der USA, den Irakern mehr Verantwortung für die Sicherheit ihres Landes zu geben. Einzelheiten wollte er aber nicht nennen.
  • Amerikanische und britische Truppen hätten nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im Irak-Krieg hunderte von Toten unter der irakischen Zivilbevölkerung vermeiden können. Mehr als 1.000 Iraker seien durch den Einsatz von Streubomben und ungenau geführte Luftangriffe getötet oder verwundet worden, kritisierte die Organisation in einem am Freitag veröffentlichten Bericht. Die amerikanischen und britischen Truppen hätten insgesamt fast 13.000 Streubomben mit zwei Millionen Sprengsätzen eingesetzt, heißt es in der 147-seitigen Studie.
  • In der Umgebung des US-Hauptquartiers in Bagdad sind in der Nacht zum 12. Dez. zwei Raketen eingeschlagen. Bei den Explosionen sei niemand verletzt worden, sagte ein Armeesprecher. Die beiden Raketen seien im Bereich der so genannten grünen Zone rund um das Hauptquartier eingeschlagen. Eines der beiden Geschosse habe geringen Sachschaden an einem Gebäude verursacht. Der Vorfall werde untersucht. Am Morgen des 12. Dez. war eine weitere Explosion zu hören. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP sah in der Nähe des Hauptquartiers Rauch aufsteigen.
  • Der bis vor drei Jahren von US-Vizepräsident Dick Cheney geleitete Ölkonzern Halliburton hat nach Angaben des Pentagon wiederholt überteuerten Treibstoff nach Irak verkauft. Eine entsprechende Untersuchung des US- Verteidigungsministeriums habe in mehreren Fällen überteuerte Ölverkäufe des Halliburton-Tocherunternehmens Kellogg, Brown and Root (KBR) an das US-Militär in Irak festgestellt, sagte ein Pentagon-Mitarbeiter am 11. Dez. der Nachrichtenagentur AFP in Washington. KBR ist am Wiederaufbau der irakischen Ölversorgung maßgeblich beteiligt. Den Angaben zufolge ist die Untersuchung der Pentagon-Agentur zur Prüfung von Verteidigungs-Aufträgen noch nicht abgeschlossen.
    US-Präsident George W. Bush erwartet, dass die frühere Firma von Vizepräsident Dick Cheney Geld aus möglicherweise überhöhte Rechnungen zurückbezahlt. Rechnungsprüfer des US-Verteidigungsministeriums werfen Halliburton vor, für Benzinlieferungen nach Irak überhöhte Rechnungen ausgestellt zu haben. Die US-Streitkräfte hätten rund 60 Millionen Dollar (50 Millionen Euro) zu viel bezahlt. "Wenn zu viel bezahlt wurde, und wir denken, dass das der Fall war, dann erwarten wir, dass das Geld zurückbezahlt wird", sagte Bush am 12. Dez. vor Reportern.
  • Die spanische Regierung hat am 12. Dez. eine Verlängerung ihres Militäreinsatzes in Irak um sechs Monate bis 30. Juni 2004 beschlossen. Dagegen solle die spanische Truppenpräsenz auf dem Balkan um 800 Soldaten verringert werden, sagte ein Regierungssprecher in Madrid. In Irak sind 1300 spanische Soldaten stationiert.
  • Zwei polnische Soldaten sind am 12. Dez. bei einer Bombenexplosion im Süden Iraks verletzt worden. Nach Angaben eines Sprechers der Koalitionsstreitkräfte ereignete sich der Vorfall in der Nähe von Mahawil, etwa 80 Kilometer südöstlich von Bagdad. Die Verletzungen der beiden Soldaten seien nicht lebensgefährlich.
  • Bei einem Bombenanschlag ist am Abend des 12. Dez. in der irakischen Stadt Ramadi ein US-Soldat getötet worden. Zwei weitere wurden verwundet, teilte das US- Zentralkommando mit. Der Sprengsatz sei gezündet worden, als eine US-Militärkolonne die Stelle mit dem Bombenversteck passierte.
  • US-Präsident George W. Bush hat Deutschland, Frankreich und Russland aufgefordert, Irak einen Teil seiner Auslandsschulden zu erlassen. "Ich bin hoffnungsvoll, dass sie Schulden erlassen", sagte Bush am 12. Dez. in Washington mit Blick auf die Europareise des früheren US- Außenministers James Baker. Er hoffe, dass diese Gläubigerländer nun "erstmals" einen Beitrag zu den Anstrengungen der irakischen Bürger leisten würden, sagte Bush weiter.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die internationale Gemeinschaft zu Anstrengungen zur Stabilisierung Iraks aufgerufen. "Niemand darf sich als bloßer Zuschauer gefallen", sagte er dem "Spiegel" am 13. Dez. Annan übte erneut Kritik an der Außenpolitik der USA und Großbritannien. "Ich möchte nicht noch einmal die lähmende Spaltung der Weltgemeinschaft erleben, weil einige Staaten glauben, ohne UN-Mandat im Alleingang Krieg führen zu können". Ein Chaos in Irak "würde nicht nur den Frieden der Region bedrohen, sondern womöglich die gesamte Welt in ein Desaster stürzen", sagte Annan weiter. Die UNO sei bereit, in Irak wieder eine Rolle zu spielen, sofern sich die Sicherheitslage dort bessere.
  • Ein wegen Misshandlung irakischer Kriegsgefangener beschuldigter US-Offizier hat sich zu den Vorwürfen bekannt. Oberstleutnant Allen West räumte ein, Häftlinge während Verhören geschlagen und mit dem Tode bedroht zu haben, wie die Streitkräfte am 13. Dez. mitteilten. Er soll jedoch nicht vor ein Militärgericht gestellt werden, sondern erhält das Angebot, eine Geldstrafe zu zahlen und freiwillig in den Ruhestand zu treten.
  • Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat den US-Streitkräften in Irak schwere Versäumnisse vorgeworfen. In der "Welt am Sonntag" (Ausgabe vom 14. Dez.) sagte Struck laut einer Vorabmeldung vom 13. Dez., die US- Soldaten seien "gute Kampftruppen, die aber nicht ausreichend vorbereitet sind auf Aufgaben, die wir mit Nation-Building bezeichnen, also dem Aufbau demokratischer und wirtschaftlicher Strukturen." Dagegen sei die Bundeswehr auf derartige Aufgaben "eindeutig vorbereitet", betonte der Struck mit Blick auf den Einsatz in Afghanistan. "Unsere Soldaten, die nach Kabul gehen, werden auf Mentalität und Geschichte des Landes vorbereitet, kennen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen", sagte Struck weiter.
  • Bei einem Bombenanschlag auf eine Polizeiwache in Irak sind am 14. Dez. mindestens 19 irakische Polizisten getötet worden. Etwa 30 weitere Menschen wurden verletzt, als vor dem Eingang der Polizeistation von Chaldija eine Autobombe explodierte, wie ein irakischer Polizeioffizier mitteilte. Der Sprengsatz habe die Außenwand des Gebäudes eingerissen und einen Krater in den Boden gesprengt. Die US-Armee riegelte den Anschlagsort mit mehr als hundert Soldaten ab. Panzerfahrzeuge kontrollierten die Hauptstraße, zwei Hubschrauber überflogen das Gelände. Chaldija liegt rund 90 Kilometer westlich von Bagdad.

Saddam Hussein gefasst

13./14. Dezember 2003
  • Acht Monate nach der Einnahme von Bagdad ist der gestürzte irakische Staatschef Saddam Hussein in den Händen der US-Besatzungsmacht. Der britische Premierminister Tony Blair bestätigte am 14. Dezember 2003 erste Meldungen aus Irak und sagte: "Das ist eine sehr gute Nachricht für das irakische Volk."
    Saddam Hussein wurde nach Informationen aus Bagdad und Washington offenbar am späten Abend des 13. Dezember im Keller eines Hauses seiner Heimatstadt Tikrit entdeckt. Daraufhin unterrichtete der oberste US-Zivilverwalter Paul Bremer telefonisch mehrere Mitglieder des irakischen Verwaltungsrates. Der Vorsitzende des irakischen Verwaltungsrates, Abdel Asis el Hakim sagte von Madrid aus, DNA-Tests hätten ergeben, dass es sich bei dem Verhafteten um Saddam Hussein handle. Der irakische Verwaltungsrat teilte in einer Erklärung mit, Saddam Hussein stehe unter schwerer Bewachung.
  • In Bagdad und anderen Städten ist es nach verschiedenen Agenturmedlungen zu Freudenkundgebungen (u.a. Schüsse in die Luft) der irakischen Bevölkerung gekommen.
  • NATO-Generalsekretär George Robertson hat die Festnahme des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein begrüßt. Diese Gefangennahme werde "helfen, die Demokratie in Irak aufzubauen" und den Wiederaufbau des Landes voranbringen, sagte Robertsons Sprecher, Jamie Shea, am Sonntag in Brüssel. Die NATO hoffe, dass nach der Festnahme auch die Zahl der Anschläge zurückgehen werde.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in einem Schreiben an US-Präsident George W. Bush seine Freude über die Festnahme von Saddam Hussein ausgedrückt. "Ich beglückwünsche Sie zu dieser erfolgreichen Aktion", hieß es in dem Schreiben vom Sonntag. Saddam habe unsägliches Leid über sein eigenes Volk und die ganze Region gebracht. "Ich hoffe, das seine Festnahme die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zum Wiederaufbau und zur Stabilisierung des Irak fördern wird."
  • Der französische Staatspräsident Jacques Chirac ist erfreut über die Festnahme Saddam Husseins. "Die Verhaftung ist ein größeres Ereignis, das erheblich zur Demokratisierung und Stabilisierung des Iraks beitragen dürfte", sagte Chiracs Sprecherin Catherine Colonna in Paris. Damit werde es den Irakern ermöglicht, ihr Schicksal in einem souveränen Irak wieder in die eigenen Hände zu nehmen. (Anmerkung des Chronisten: Wäre da nicht noch die Besatzungsmacht!)
  • Außenminster Joschka Fischer (Grüne) sieht nach der Festnahme des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein wachsende Chancen für eine Stabilisierung der Lage in Irak. Vor Journalisten in Berlin nannte Fischer die Festnahme am 14. Dez. einen "wichtigen Erfolg im Interesse von Frieden und Stabilität für das irakische Volk". "Ich denke, jetzt besteht auch die Chance, dass die Gewalt abnimmt, der Terror zum Stillstand kommt im Land, der Wiederaufbau energisch vorangebracht werden kann und gleichzeitig darüber hinaus auch eine schnellere Souveränitätsübertragung auf eine Übergangsregierung der Iraker möglich ist." Dies alles werde zur Stabilität in der Region beitragen. Fischer fügte hinzu, Saddam sei ein "brutaler Diktator" gewesen, der nun "seiner gerechten Strafe zugeführt" werde.
  • Der spanische Ministerpräsident Jose Maria Aznar begrüßte ebenfalls die Nachricht. Seine Außenministerin Ana Palacio sprach von einem "großen Tag für die Menschheit". Der schreckliche Schatten dieses blutigen Diktators werde verschwinden, sagte Palacio. Der australische Außenminister Alexander Downer erklärte, die Verhaftung des Exdiktators berge "das Potenzial, die Situation vor Ort zu ändern".
  • Auch die japanische Regierung begrüßte die Festnahme Husseins. Regierungssprecher Yasuo Fukuda sagte in einer Stellungnahme, die Festnahme Saddams sei ein "großer Schritt des Sieges für die internationale Gemeinschaft", die sich damit abmühe, den Irak zu befreien und wieder aufzubauen.
  • Der Chef des irakischen Nationalkongresses, Ahmad Chalabi, kündigte an, Saddam werde in naher Zukunft dem irakischen Volk übergeben, um ihn vor Gericht zu stellen. Auf Fragen, ob der in seiner Heimatstadt Tikrit festgenommene Saddam dem irakischen Volk übergebe werde, antwortete er im BBC-Radio: "Ja. Es wird nicht sehr lange dauern, bis eine Gerichtsverhandlung vorbereitet ist".
  • Die Friedensbewegung äußerte sich zurückhaltender und erinnert in einer Ersten Stellungnahme an die Urheber des völkerrechtswidrigen Krieges gegen Irak. (Siehe: "Verhaltener Jubel bei der Friedensbewegung".)
  • Saddam Hussein wird nach seiner Festnahme durch US-Truppen als Kriegsgefangener behandelt. Das sagte US- Verteidigungsminister Donald Rumsfeld dem US-Sender CBS am Abend des 14. Dez. "Ihm werden die Rechte eines Kriegsgefangenen eingeräumt, und seine Behandlung wird durch die Genfer Konvention geregelt", sagte er. Allerdings bedeute dies nicht, dass der Ex-Diktator auch notwendigerweise in rechtlicher Hinsicht ein Kriegsgefangener sei, betonte der Minister. Der juristische Status müsse noch geklärt werden.
  • Ein Sprengmeister der US-Armee ist am 14. Dezember bei einem Bombenentschärfungsversuch ums Leben gekommen. Das teilte das US-Militärkommando in Bagdad mit. Der Eigenbau-Sprengsatz war im Westen des Iraks von einer US-Patrouille entdeckt worden. - Im Zentrum Bagdads war zuvor ein mit Benzin beladenes Fahrzeug der irakischen Wasserpolizei explodiert. Augenzeugen schlossen einen Anschlag aus.
  • Bei zwei Feuerüberfällen sind in Kuwait vier US-Soldaten leicht verletzt worden. Unbekannte hätten am 14. Dez. zwei Konvois der US-Armee in dem Nachbarland Iraks mit leichten Waffen beschossen, sagte ein Armeesprecher. Die vier Soldaten hätten sich Schnittwunden durch Glassplitter zugezogen. Nach Angaben der amtlichen kuwaitischen Nachrichtenagentur KUNA handelte es sich um einen "terroristischen Anschlag".
15. - 21. Dezember
  • Iraks Außenminister Hoschiar Sibari verlangt einen Prozess gegen Saddam Hussein im eigenen Land. Der ehemalige Diktator sollte vor ein irakisches Gericht gestellt werden, sagte er am 15. Dez. BBC. Das für Kriegsverbrechen eingerichtete Tribunal sei dafür geeignet. Amnesty International bezweifelt dagegen dessen Zuständigkeit und fordert, dass er als Kriegsgefangener behandelt wird.
  • Bei zwei Selbstmordanschlägen auf Polizeistationen in Bagdad sind am 15. Dez. zehn Menschen getötet und 14 weitere verletzt worden. Das teilten die US-Streitkräfte und die irakische Polizei mit. Vor einer Polizeiwache im Norden der Stadt sprengte sich ein Selbstmordattentäter in einem Auto in die Luft und riss acht Polizisten mit in den Tod. Zehn weitere wurden verletzt. Der Angreifer durchbrach mit seinem Geländefahrzeug den Zaun um die Station im Bezirk Husainijah und zündete nahe des Eingangs einen Sprengsatz, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Die Explosion riss einen ein Meter tiefen Krater in den Boden. Die Fassade des Polizeigebäudes wurde zerstört. - Kurz zuvor hatte sich bereits vor einer Polizeiwache im westlichen Stadtteil Amerijah ein Selbstmordattentäter in einem Auto in die Luft gesprengt. Dabei wurden vier Polizisten verletzt. Anschließend drang ein zweites Fahrzeug auf das Gelände vor, wurde jedoch von US-Soldaten und Polizisten gestoppt. Der Fahrer wurde festgenommen. Die amerikanischen Streitkräfte riegelten das Gebiet ab.
  • Anhänger des festgenommenen irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein haben am 15. Dez. das Gebäude der Stadtverwaltung in Falludscha gestürmt. Sicherheitskräfte hätten die Flucht ergriffen, berichteten Journalisten.
  • Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat für Saddam Hussein einen gerechten Prozess vor einem internationalen Gerichtshof verlangt. Die Iraker hätten nicht als einzige unter dem Exdiktator gelitten, sagte die Iranerin am 15. Dez. nach einem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac in Paris. Die Angriffe gegen Iran und Kuweit dürften nicht vergessen werden. Auch bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit habe ein Angeklagter Recht auf einen gerechten Prozess vor einem unabhängigen Gericht, erklärte die Anwältin und Schriftstellerin weiter.
  • US-Präsident George W. Bush hat ein faires Gerichtsverfahren für den früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein zugesichert. Der Prozess solle den internationalen Normen entsprechen, sagte Bush am 15. Dez. auf einer Pressekonferenz in Washington. "Wir wollen, dass die Welt sagt, es sei ein faires Verfahren", betonte Bush.
  • Wie Brigadegeneral Mark Hertling mitteilte, nahmen die US-Truppen seit Saddam Husseins Verhaftung mehrere Personen gefangen, darunter einen ranghohen Funktionär der ehemaligen Regierung. Die Erkenntnisse aus dem ersten Verhör sowie aus Dokumenten, die der ehemalige Machthaber bei sich geführt habe, hätten den US-Truppen erheblich weitergeholfen, sagte Hertling. Unter anderem sei eine Zelle von Aufständischen aufgedeckt worden. Saddam Hussein habe bei den Angriffen gegen US-Truppen offensichtlich eine Rolle gespielt.
  • Die britische Regierung rechnet nicht damit, dass der Widerstand im Irak nach der Festnahme von Saddam Hussein zurückgehen wird. "Wir müssen damit rechnen, dass einige Elemente ihren Kampf gegen die Koalitionstruppen fortsetzen werden", sagte Verteidigungsminister Geoff Hoon am 15. Dez. im Unterhaus.
  • Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Festnahme des ehemaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein begrüßt. Im Übrigen freue sich der Rat auf den Bericht, den UN-Generalsekretär Kofi Annan am 16. Dez. im Beisein des amtierenden Außenministers im irakischen Regierungsrat, Hoschjar Sebari, vorstellen wollte, erklärte der bulgarische UN-Botschafter und amtierende Vorsitzende des Sicherheitsrates, Stefan Tafrow, am 15. Dez. am Sitz der UNO in New York. Sebari hatte zuvor angekündigt, er werde dem höchsten UN-Gremium ein Projekt vorlegen, wie Irak seine volle Souveränität zurückerlangen solle.
  • US-Soldaten erschossen in der Stadt Ramadi drei Teilnehmer einer Kundgebung von etwa 750 Menschen. In Ramadi westlich von Bagdad seien die Soldaten am Abend des 15. Dez. aus der Menge heraus angegriffen worden, erklärten die US-Streitkräfte. Bei der gewaltsamen Auflösung der Kundgebung wurden drei Iraker erschossen und zwei verletzt. In Falludscha, einer weiteren Stadt im "Sunnitischen Dreieck" nördlich und westlich von Bagdad, stürmten Anhänger von Saddam Hussein am 15. Dez. das Büro des Bürgermeisters. Die Menge rief in Sprechchören: "Wir verteidigen Saddam mit unseren Seelen." Am nächsten Tag zogen US-Truppen vor dem Verwaltungsgebäude auf.
  • Deutschland und Frankreich wollen den Wiederaufbau in Irak mit einem teilweisen Schuldenerlass unterstützen. "Deutschland und die USA sind - wie auch Frankreich - nicht nur zur Umschuldung, sondern auch zu einem substanziellen Schuldenerlass gegenüber dem Irak bereit", erklärte ein Sprecher der Bundesregierung am 16. Dez. nach einem Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit dem US-Sonderbeauftragten James Baker in Berlin.
    Die USA haben die Bereitschaft Deutschlands und Frankreichs zu einem teilweisen Schuldenerlass für Irak begrüßt. Die US-Regierung wisse das deutsche und französische Engagement bei der Umschichtung und Reduzierung der irakischen Auslandsschulden zu schätzen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, am 16. Dez. in Washington. Die USA hätten mit Deutschland und Frankreich das gemeinsame Ziel, dem irakischen Volk beim Aufbau eines "freien und wohlhabenden" Landes zu helfen. Deshalb dürften die Iraker nicht von den Schulden der vorherigen Regierung unter Saddam Hussein erdrückt werden.
  • Nach der Festnahme Saddam Husseins erhöht der irakische Regierungsrat den Druck auf die Vereinten Nationen. Er verlangt, dass die UN ihre Hilfsarbeit im Land wieder aufnehmen. Die UN dürften nicht erneut versagen, sagte der Außenminister des provisorischen Regierungsrates, Hoschiar Sibari am 16. Dez. in New York.
  • Drei Tage nach der Festnahme von Saddam Hussein hält die Gewalt im Irak an. US-Soldaten erschossen am 16. Dez. in Samarra elf Rebellen, nachdem sie in einen Hinterhalt geraten waren.
  • Mehr als tausend Anhänger von Saddam Hussein sind am 16. Dez. in dessen Heimatstadt Tikrit und in Mossul für den inhaftierten irakischen Ex-Präsidenten auf die Straße gegangen. An der friedlichen Demonstration im nordirakischen Mossul beteiligten sich nach Angaben eines AFP-Korrespondenten rund tausend Studentinnen und Studenten der örtlichen Universität. Sie führten Porträts von Saddam Hussein und Spruchbänder mit der Aufschrift "Irak wird frei bleiben" mit sich. In Sprechchören wandten sie sich gegen die US-Besatzung und den von USA eingesetzten irakischen Regierungsrat, dem sie "Verrat" vorwarfen. Nach einer späteren Meldung aus Mossul wurde bei Zusammenstößen mit Demonstranten ein Polizist getötet. Beim Marsch durch das Zentrum der nordirakischen Stadt hielten die Anhänger von Saddam Hussein Banknoten mit seinem Porträt in die Luft.

Umfrageergebnisse
Der Irak-Krieg hat Meinungsforschern zufolge dem Ansehen der USA weltweit geschadet. Zu diesem Ergebnis komme eine Umfrage von Gallup International, erklärte Dietmar Wittich von der PDS-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung am 16. Dez. in Berlin.
Die Meinungsforscher hätten Mitte des Jahres 31.806 Menschen in 41 Ländern befragt. In den meisten Ländern habe die Mehrheit der Befragten erklärt, der Krieg habe ihre Einstellung zu den USA negativ beeinflusst, sagte Wittich, der Auszüge der Studie präsentierte.
Lediglich in den USA, Albanien, den Philippinen, Nigeria und Portugal überwiege eine positive Bewertung. Auch für die Mehrheit der Bundesbürger habe sich die Einstellung zu Amerika mit dem Irak-Krieg verschlechtert. Rund 60 Prozent der Befragten hätten angegeben, ihre Meinung über Amerika habe sich verschlechtert, sagte Wittich.
Knapp 65 Prozent der Deutschen stimmten außerdem der Meinung zu, die USA seien zu sehr daran interessiert, militärische Gewalt in anderen Ländern anzuwenden, erklärte Wittich. Gut 60 Prozent der 2.500 befragten Menschen in Deutschland hätten angegeben, die amerikanische Außenpolitik wirke sich insgesamt negativ auf ihr eigenes Land aus. Der Soziologe Wittich erläuterte außerdem, dass der Gallup-Umfrage zufolge in fast allen Länder die Meinung vorherrsche, dass der Irak-Krieg die Welt gefährlicher gemacht habe. Lediglich in den USA selbst, in Albanien und im Kosovo werde dies anders gesehen. In Deutschland glaubten sogar 72 Prozent, dass die Welt weniger sicher geworden sei.
  • Hunderte Schiiten sind am 16. Dez. in Bagdad und Basra aus Freude über die Gefangennahme Saddam Husseins auf die Straße gegangen. Zugleich forderten sie die Bestrafung des ehemaligen Diktators als "Terrorist". Zu den Kundgebungen hatte die schiitische Organisation "Oberster Rat der Islamischen Revolution im Irak" aufgerufen.
  • Drei Tage nach der Festnahme von Saddam Hussein haben US-Truppen im Irak nach CNN-Informationen erneut einen ranghohen Vertreter des ehemaligen Regimes gefasst. In der Nähe der Stadt Samarra seien bei Razzien mehr als 70 Personen festgenommen worden, hieß es am 16. Dez.
  • Die Gespräche über eine Entschuldung Iraks werden nach einem Bericht des "Handelsblatts" (17.12.2003) von der deutschen Industrie mit Sorge verfolgt: Grund sei, dass Irak nicht nur Außenstände von 4,4 Milliarden Dollar bei der Bundesregierung, sondern auch weitere 1,4 Milliarden Dollar vor allem bei der deutschen Bauindustrie habe, berichtete das Blatt ohne Nennung einer genauen Quelle. Die Außenstände stammen aus nicht bezahlten Rechnungen für Projekte in den 70er und 80er Jahren, als die deutsche Wirtschaft in Irak sehr aktiv war. Damals hatten demnach Baukonzerne wie die Strabag ihre Aufträge nur teilweise durch staatliche Hermes-Bürgschaften abgedeckt.
  • Auf einer belebten Kreuzung in Bagdad haben am 17. Dez. Unbekannte einen mit Sprengstoff beladenen Tanklastwagen zur Explosion gebracht und zahlreiche Menschen getötet. Das Innenministerium gab die Zahl der Toten mit zehn an, die Polizei sprach von 16 Toten und 15 Verletzten. Sie ging von einem "terroristischen Akt" aus. Anders als das irakische Innenministerium erklärten die US-Streitkräfte am Abend, es gebe keine Anzeichen für einen Anschlag. Der Lastwagen war beim Zusammenstoß mit einem Bus explodiert. Die irakischen Behörden hatten erklärt, das Fahrzeug sei mit einer Bombe beladen gewesen, die für die Polizeiwache bestimmt gewesen sei. Nach US-Angaben hatte der LKW lediglich Benzin geladen.
    Die US-Armee begann in der sunnitischen Rebellenhochburg Samarra eine Großoffensive gegen Aufständische. Die US-Armee nahm bei ihrer Offensive mit etwa 1.900 Soldaten nahe der Stadt Samarra 120 Kilometer westlich von Bagdad nach eigenen Angaben acht von 29 Gesuchten fest. Ziel des Einsatzes, für den Panzerfahrzeuge und Kampfhubschrauber mobilisiert wurden, war nach Armeeangaben, "die koalitionsfeindlichen Elemente ihrer Bewegungsfreiheit zu berauben, ihre Kommunikation untereinander zu behindern sowie ihre Organisation zu stören".
  • Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) hat sich angesichts der verworrenen Lage in Irak für ein gemeinsames Vorgehen der internationalen Gemeinschaft ausgesprochen. Damit die Situation nicht langfristig aus den Fugen gerate, müssten nun alle zusammen für den Frieden in Irak arbeiten, sagte Fischer am 17. Dez. in einer Rede auf einer sicherheitspolitischen Konferenz bei Tel Aviv. Die von den USA geführten Streitkräfte dürften nicht scheitern, die Gewalttäter und Terroristen nicht die Oberhand gewinnen. Der Außenminister rief erneut dazu auf, die Übergabe der Macht an die Iraker zu beschleunigen. Bei der Demokratisierung des Landes müsse die UNO eine wichtige Rolle spielen.
  • Die slowakische Regierung hat am 17. Dez. die Entsendung weiterer 25 Soldaten nach Irak genehmigt. Dort sind bereits 82 slowakische Pioniere stationiert, die zur Minenräumung eingesetzt werden. Die 25 zusätzlichen Soldaten sollen für ihre Sicherheit sorgen. Wenn das Parlament in Bratislava dem Schritt zustimmt, beginnt ihre Entsendung Anfang kommenden Jahres.
  • Irakische Rebellen haben bei einem Überfall auf eine US-Militärpatrouille einen Soldaten getötet und einen weiteren verletzt. Der Angriff ereignete sich nach Armeeangaben am Abend des 17. Dez. in El Karmah nordwestlich von Bagdad. Ein irakischer Übersetzer wurde ebenfalls verletzt.
  • Der irakische Verwaltungsrat hat am 17. Dez. erstmals über die Ernennung von Richtern für das neu gegründete Sondertribunal beraten. Ein Komitee qualifizierter Anwälte könne möglicherweise Kandidaten empfehlen, sagte ein Ratsmitglied, Muwafak el Rabii. Die Diskussionen darüber hätten jedoch gerade erst begonnen.
  • Ein Mitglied einer schiitischen Partei fiel einem Attentat zum Opfer. Muhannad el Hakim sei am 17. Dez. erschossen worden, als er seine Wohnung in Bagdad verließ, sagte ein Sprecher seiner Partei Oberster Rat der Islamischen Revolution in Irak, Latif el Rubaie. Der Getötete ist ein Vetter des amtierenden Ratspräsidenten Abdel Asis el Hakim.
  • Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi hat am 18. Dez. die Pläne zur Entsendung von 1.000 Soldaten nach Irak gebilligt. Dies teilte Verteidigungsminister Shigeru Ishiba mit. Es ist die erste Entsendung von japanischen Truppen in ein Kriegsgebiet seit dem Zweiten Weltkrieg. Die japanischen Soldaten sollen allerdings nur in Hilfsmission in Südirak zum Einsatz kommen. Der Marschbefehl kommt vermutlich am 19. Dez. Der eigentliche Einsatz beginnt dann vermutlich im nächsten Jahr.
  • Einen Tag nach seiner Visite in London hat der Vorsitzende des von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrats, Abdel Asis el Hakim, am 18. Dez. auch Bundeskanzler Gerhard Schröder besucht. Schröder bekräftigte nach Angaben eines Sprechers die grundsätzliche Bereitschaft Deutschlands, im Rahmen des Pariser Clubs an einer substanziellen Schuldenreduzierung mitzuwirken. Außerdem habe der Kanzler zum wiederholten Male Unterstützung beim wirtschaftlichen Übergangsprozess angeboten. Schröder habe auch den Wunsch des Regierungsrates nach einer stärkeren Rolle der Vereinten Nationen begrüßt, die dem demokratischen Wandel größere Legitimität verschaffen könne. Hakim drückte den Angaben zufolge das Interesse an einer stärkeren Zusammenarbeit mit Deutschland aus. Ratsmitglieder hätten versichert, ihr Ziel sei der Aufbau eines freien, demokratischen und föderalen Iraks, in dem die Menschenrechte respektiert würden.
    Der irakische Regierungsrat wünscht sich ein Engagement der deutschen Wirtschaft beim Wiederaufbau Iraks. "Alle deutschen Firmen können sich beteiligen", sagte der Vorsitzende des Regierungsrats, Abdel Asis el Hakim, nach dem Treffen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer am 18. Dez. in Berlin. Deutschland habe die "erforderlichen Erfahrungen und Kapazitäten". Die Tür stehe in Irak "offen für alle Staaten und Firmen", es gebe "keine Ausnahmen".
    Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) hat sich für einen freien und gleichen Zugang zum Markt Iraks ausgesprochen. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft setzten sich politisch dafür ein, dass in Zukunft ein fairer Markt geschaffen werde, erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Ludolf von Wartenberg am 18. Dez. in Berlin anlässlich des Besuchs von Abdel Asis el Hakim im Gesprächskreis Irak der Nordafrika Mittelost Initiative der Deutschen Wirtschaft (NMI).
  • US-Truppen haben die nordirakische Stadt Samarra umstellt und in der Operation "Ivy Blizzard" Jagd auf die dort vermuteten 1.500 Untergrundkämpfer gemacht. "Samarra ist so etwas wie ein Stachel in unserer Flanke", sagte Oberstleutnant Nate Sassaman am 18. Dez. "Es hält beim Wiederaufbau nicht mit anderen Städten mit. Diese Operation soll es auf Vordermann bringen."
  • Bei der Explosion eines Tanklastwagens der US-Armee sind am 19. Dez. laut Augenzeugen zwei US-Soldaten getötet und ein weiterer verwundet worden. Der Tanker sei in der Nähe von Abu Ghraib auf der Straße nach Falludscha durch einen Sprengsatz zur Explosion gebracht worden, hieß es.
  • Bei einem Anschlag auf ein Büro der größten schiitischen Bewegung in Irak ist am Morgen des 19. Dez. in Bagdad eine Frau getötet und mehrere weitere Menschen verletzt worden. "Wir sind dabei, die Opfer zu zählen", sagte ein ranghohes Mitglied des schiitischen Obersten Rates der Islamischen Revolution im Irak (SCIRI). Das Attentat wurde demnach im Stadtviertel El Dschihad im Westen der irakischen Hauptstadt verübt. Für den Anschlag seien "Anhänger des alten Regimes und Terroristen" verantwortlich.
  • Der US-Zivilverwalter in Irak, Paul Bremer, ist Anfang Dezember nach eigenen Angaben einem Anschlag entkommen. Auf die Frage eines Journalisten, ob er Anfang des Monats Ziel eines Anschlags war, antwortete Bremer am 19. Dez. bei einer Pressekonferenz im südirakischen Basra: "Das stimmt."
  • Die Vereinigten Staaten wollen ihre Truppen in Irak vorübergehend um mehrere tausend Soldaten verstärken. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld habe der Entsendung einer zusätzlichen Brigade der 82. Luftlandedivision zugestimmt, sagten ranghohe Beamte des Pentagon am 19. Dez.
  • US-Soldaten haben in der Nacht zum 20. Dez. in Nordirak drei irakische Polizisten getötet und zwei weitere schwer verletzt. Nach Angaben eines irakischen Polizeioffiziers in Kirkuk eröffneten die Soldaten an einer Straßensperre der irakischen Sicherheitskräfte rund 90 Kilometer südlich von Kirkuk das Feuer auf die Polizisten, die sie irrtümlich für Widerstandskämpfer hielten.
  • Der spanische Ministerpräsident Jose Maria Aznar hat am 20. Dez. überraschend die spanischen Soldaten in Irak besucht, wie sein Büro mitteilte.
  • Seit der Festnahme von Saddam Hussein vor einer Woche sind die Anschläge auf US-Soldaten im Raum Bagdad nach Angaben der US-Armee zurückgegangen. "Seit vergangenem Sonntag hat es einige Angriffe gegeben, aber wir haben in Bagdad einen Rückgang registriert", sagte der US-General Mark Hertling am 20. Dez. vor Journalisten in der irakischen Hauptstadt. Es gebe weniger am Straßenrand deponierte Sprengsätze sowie weniger Angriffe mit Granaten oder Raketen.
  • Die US-Regierung hat erneut ihre Bereitschaft angedeutet, den früheren Machthaber Saddam Hussein von einem irakischen Gericht aburteilen zu lassen. "Das irakische Volk hat das Recht, Saddam Hussein für seine Verbrechen, vor allem seine Morde, Vergewaltigungen, Folter und den Einsatz chemischer Waffen zu richten", sagte US-Zivilverwalter Paul Bremer am 20. Dez.
  • Am 21. Dez. wurden einige Anschläge auf Pipelines und Benzindepots gemeldet. Dabei wurden mehrere Millionen Liter Kraftstoff verbrannt, teilte das irakische Öl-"Ministerium" mit.
  • In Rawah, 250 km nördlich von Bagdad, töteten US-Soldaten eine Frau, als sie das Stahltor eines Hauses aufsprengten. Zwei weitere Frauen wurden verletzt, teilte das US-Militärkommando am 21. Dez. mit.
22. bis 28. Dezember
  • Der russische Präsident hat dem Irak Investitionen in Höhe von 3,2 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Russische Unternehmen seien bereit "zu einer aktiven Arbeit im Irak", sagte Putin am 22. Dez. dem Vorsitzenden des irakischen regierenden Rats im Kreml.
  • Bei einem Bombenanschlag bei Bagdad sind am 22. Dez. zwei Amerikaner und ein irakischer Dolmetscher getötet worden. Zwei weitere Soldaten wurden verletzt. Der Sprengsatz detonierte auf einer Straße in Nähe eines Militärkonvois.
  • Bei den Razzien der US-Armee in Bagdad, Falludscha, Samarra und Rawah starb ein 70-jähriger Iraker. Die Soldaten haben ihm bei der Festnahme eine Tüte über den Kopf gezogen.
  • Die unerwarteten Truppenbesuche in der Vorweihnachtszeit gehen weiter. Am 22. Dez. besuchte der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski die Soldaten seines Landes in Camp Babylon".
  • Das US-Handelsministerium teilte am 22. Dez. mit, dass der australische Konzern Snowy Mountains Engineering damit betraut worden sei, bei der Sanierung vorhandener und dem Bau neuer Kraftwerke in drei nordirakischen Regionen mitzuarbeiten.
  • In Mosul wurde am 22. Dez. ein Richter aus dem Hinterhalt erschossen.
  • Am 23. Dez. gab das US-Militärkommando im Irak bekannt, dass sie drei "muslimische Extremisten" gefasst habe, die Verbindung zu einem der meist gesuchten Führundmitglieder des früheren Regimes haben sollen.
  • Als Reaktion auf die Massenaustritte aus der irakischen Armee hat die US-Zivilverwaltung im Irak die Gehälter der Sicherheitskräfte um eine Risikozulage aufgestockt.
  • Im Irak hat am 24. Dez. eine Serie von Anschlägen mehrere Menschenleben gefordert. Mindestens drei Menschen kamen bei der Explosion einer Autobombe vor dem kurdischen Innenministerium in der nördlichen Stadt Erbil ums Leben, berichtet der arabische Fernsehsender El Dschasira. In Hauptstadt Bagdad wurde der irakische Minister für Wissenschaft und Technologie, Raschad Omar, bei einer Bombenexplosion verletzt. Bei einer weiteren Bombenexplosion in Bagdad wurden ein Iraker getötet und vier weitere verletzt.
  • Bei einer Serie von Angriffen wurden am 25. Dez. Granaten und Raketen auf Gebäude der iranischen und türkischen Botschaft in Bagdad , auf den Sitz des Stadtrats, zwei Banken und einen US-Militärstützpunkt abgefeuert. In einem Nachbargebäude der deutschen Botschaft schlug ebenfalls eine Rakete ein.
  • Am 25. Dez. fielen zwei US-Soldaten einem Mörserangriff auf eine US-Stützpunkt in Bakuba zum Opfer.
  • In der Nähe Bakubas kamen am 26. Dez. erneut zwei US-Soldaten ums Leben. Der eine beim Versuch, eine Bombe zu entschärfen, der andere bei einem Angriff auf einen Militärkonvoi. Dabei wurden auch zwei Angreifer erschossen.
    Ein US-Soldat starb am 26. Dez. nördlich von Bagdad durch einen am Straßenrand versteckten Sprengsatz.
  • Führer verschiedener sunnitischer Gruppen im Irak gründeten einen eigenen politischen Rat. Damit soll nach Angaben des etwa 130 Personen umfassenden Gremiums der "Marginalisierung" der religiösen Minderheit bei der Bildung einer neuen irakischen Regierung entgegengewirkt werden.
  • Japan enstandte am 26. Dez. eine erste Vorhut, bestehend aus 23 Luftwaffensoldaten, nach Katar und Kuwait. Hier sollen sie den japanischen Beitrag zum Wideraufbau des Irak vorbereiten. Insgesamt sollen 600 "nichtkämpfende Truppen" in den Irak verlegt werden. In allen Meinungsumfragen der vergangenen Monate hat sich eine eindeutige Mehrheit der Japaner gegen eine Truppenentsendung ausgesprochen.
  • Am 27. töteten US-Soldaten in Mosul vier Angreifer, die eine Rakete auf sie abgefeuert hatten.
  • In Erbil schossen Unbekannte den Vize-Chef der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK) an und töteten drei seiner Leibwächter.
  • Bei einer Serie von Anschlägen in Kerbela im Zentralirak sind am 27. Dez. mindestens 19 Menschen ums Leben gekommen, weit mehr als 100 wurden verletzt (Al Dschasira sprach sogar von 160 verletzten Irakern). Mehrere Attentäter haben mit Autobomben, Mörsern und Maschinengewehren zwei Militärstützpunkte und das Rathaus angegriffen. Unter den Toten befanden sich fünf bulgarische und zwei thailändische Soldaten. Unter den Verletzten sind fünf US-Soldaten. Es war die schwerste Anschlagsserie seit der Festnahme von Saddam Hussein Mitte Dezember. Nach Ansicht des Regierenden Rats seien die Anschläge von einer internationalen Gruppe verübt worden, sagte ein Sprecher am 28. Dez.
  • Bei einem Sprengstoffanschlag in der Nähe von Falludscha wurde am 28. Dez. ein US-Soldate getötet, drei Soldaten wurden verletzt.
    In Bagdad tötete eine Bombe zwei US-Soldaten und zwei irakische Kinder. 13 Menschen wurden verletzt, darunter fünf US-Soldaten.
"Deutsche pazifistisch"
So heißt am 29. Dez. die Überschrift in der Süddeutschen Zeitung über folgende Meldung:
Die große Mehrheit der Deutschen hält den Krieg gegen den Irak auch nach der Festnahme von Ex-Diktator Saddam Hussein für einen Fehler. In einer Forsa-Umfrage für die Bild am Sonntag bezeichneten 62 Prozent der Befragten den Feldzug als "falsch"

29. bis 31. Dezember
  • Bei einer Schießerei im nordirakischen Mosul wurden nach US-Angaben zwei US-Soldaten verletzt und drei Iraker getötet. Die Iraker hätten die Soldaten bei einer Hausdurchsuchung angegriffen, hieß es.
    In Kirkuk wurden vier Ausländer verhaftet: zwei Ägypter, ein Iraner und ein Afghane. Sie hätten falsche Pässe gehabt.
  • Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi sagte am 29. Dez. nach einem Treffen mit US-Sonderbeauftragten James Baker, Japan werden dem Irak den "weit überwiegenden" Teil seiner Schulden erlassen, wenn auch andere Mitglieder des Pariser Clubs der Gäubigernationen ebenfalls hierzu bereit seien. Irak schuldet Japan 4,1 Mrd. Dollar. Auch Chin stellte einen teilweisen Schuldenerlass in Aussicht.
  • Die US-Truppen im Irak haben nach Militärangaben fünf Clans ausgemacht, die für die Angriffe auf die Streitkräfte verantwortlich seien. Diese Familien leiteten Geld, Waffen und Befehle weiter und hätten die Angriffe nahe Tikrit koordiniert.
  • Der Regierende Rat vermutet, dass Saddam Hussein rund 40 Mrd. Dollar auf Auslandskonten, u.a. auch in Deutschland und Japan, geparkt hat.
  • Bei einem Bombenanschlag auf ein Restaurant in Bagdad sind acht Menschen ums Leben gekommen. Nach Angaben des irakischen Innenministeriums explodierte die Autobombe am Silvesterabend (31. Dez.) vor dem voll besetzten Lokal in der Hauptstadt. Unter den Verletzten sind auch drei Reporter der "Los Angeles Times".
    Ebenfalls bei der Explosion einer Autobombe wurde am 31. Dez. ein achtjähriger Junge getötet. Der Sprengsatz wurde gezündet, als ein US-Militärkonvoi eine belebte Geschäftsstraße passierte. Mehr als 20 Menschen wurden verletzt.
    Trotz der verschärften Sicherheitsmaßnahmen zum Jahreswechsel detonierten noch vor zwei weiteren Restaurants in Bagdad Bomben, mehrere Menschen wurden verwundet.
    Bei Kämpfen zwischen rumänischen Soldaten und Aufständischen kam in Basra laut Berichten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap ein Südkoreaner ums Leben.
    In der nordirakischen Stadt Kirkuk fielen am 31. Dez. Schüsse bei einer antikurdischen Demonstration von arabischen und turkmenischen Einwohnern. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet und 16 verletzt, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Zu der Frage, wer die Schüsse abgegeben hat, gab es unterschiedliche Angaben. Die Polizei machte Mitglieder der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) verantwortlich. Augenzeugen berichteten, Polizisten hätten geschossen. US-Soldaten riegelten das Gebiet mit Panzern ab und errichten Kontrollposten an größeren Kreuzungen. Die Demonstration richtete sich gegen die geplante Einbeziehung von Kirkuk in ein autonomes kurdisches Gebiet. "Kirkuk ist eine irakische Stadt", riefen die Teilnehmer in Sprechchören. Araber, Turkmenen und Kurden stellen etwa je ein Drittel der Bevölkerung in der Stadt.


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