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Saubermann gegen Exgeneral

Bei Indonesiens Präsidentenwahlen wird es ein spannendes Duell geben

Von Thomas Berger *

Indonesien steht vor Präsidentenwahlen. Einer der Kandidaten am 9. Juli ist Joko Widodo, meist nur kurz bei seinem Spitznamen Jokowi genannt. Er hat sein Amt als Gouverneur der Hauptstadt mit der offiziellen Anmeldung seiner Präsidentschaftsambitionen an seinen Vize übergeben. Nicht nur an seiner bisherigen Wirkungsstätte schätzen ihn viele. Landesweit hat sich sein Ruf als volksnah, zupackend, unnachgiebig im Umgang mit der oft unfähigen und korrupten Bürokratie, selbst aber bescheiden bleibend verbreitet. Die persönliche Popularität verhalf seiner Demokratischen Partei des Kampfes (PDI-P) bei den Parlamentswahlen im April bereits zum Sieg. Das Ergebnis blieb zwar hinter den noch größeren Erwartungen zurück, ist aber eine solide Grundlage, um nun auch im Juli als Favorit ins Rennen zu gehen.

Ein Spaziergang wird das dennoch nicht. Denn Prabowo Subianto hat mit seiner erst 2008 gegründeten Großindonesien-Partei (Gerindra) vor gut einem Monat ebenfalls deutlich zulegen können und immerhin den dritten Platz hinter der konservativen Golkar belegt. Diese war nicht nur die einstige politische Heimat des Exgenerals, sondern ehemals auch Hausmacht des diktatorischen Langzeitpräsidenten Suharto, der 1998 mit einer breiten Volksbewegung gestürzt wurde. Nicht nur als hochrangiger Militär, sondern auch als dessen Schwiegersohn gehörte Prabowo einst zum inneren Machtzirkel.

Hinter Prabowo gruppieren sich als Allianz neben seiner eigenen Gerindra mit PAN, PPP und PKS drei der religiösen Parteien des Landes. Jede für sich hat zwar nur begrenzten Einfluß, der Dreierbund stellt dennoch eine nicht zu unterschätzende Macht dar. Hatta Rajasa, Vorsitzender der Nationalen Mandatspartei (PAN) und in der bisherigen Regierung Minister für Fragen der wirtschaftlichen Koordination, tritt zudem an Prabowos Seite als dessen künftiger Vizepräsident an.

Die vierte gemäßigt islamische Partei, die PKB, hat sich wiederum dem gegnerischen Bündnis um die PDI-P angeschlossen. Sie findet sich dort in Gesellschaft mit den noch jungen Nationalen Demokraten (NasDem), einer wie der dominierende Partner liberal ausgerichteten Partei, und Hanura. Deren Chef Wiranto war einst Militärchef und sieht sich wie Prabowo Anschuldigungen schwerer Menschenrechtsverletzungen beim Vorgehen der Armee vor allem im damals noch besetzten Osttimor ausgesetzt. Ideologisch mögen sich Prabowo und Wiranto zwar näher stehen als letzterer und Jokowi, die alte Rivalität war für ein Bündnis aber doch zu groß. Der Hanura-Vorsitzende baut nun auf das gute Verhältnis, das sich in Jahren gemeinsamer Opposition mit der PDI-P herausgebildet habe.

Was Joko Widodo allerdings die Trumpfkarte für einen möglichen Wahlsieg in die Hand gegeben hat, ist die Allianz, die sozusagen in letzter Minute mit Golkar geschmiedet wurde. Die offiziell geläuterte Partei schickt Jusuf Kalla, in der ersten Amtszeit des scheidenden Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono von 2004 bis 2009 dessen Vize, nun mit Blick auf den gleichen Posten an Jokowis Seite ins Rennen.

* Aus: junge Welt, Freitag, 23. Mai 2014


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