Kaffee für den Weltmarkt
Indonesien ist drittgrößter Produzent und steht derzeit gut im globalen Konkurrenzkampf. Doch auch die heimische Nachfrage wächst, der Flächenertrag bisher nicht
Von Thomas Berger *
Die Erntesaison ist in vollem Gange. Indonesien, drittgrößter Kaffeeproduzent der Welt nach Brasilien und Vietnam, bewegt sich in der aktuellen Saison wieder auf hohem Niveau. Um 22,1 Prozent lagen die Ausfuhren nach Europa im Juni über den Zahlen des vorjährigen Vergleichsmonats. Und auch für die kommenden Wochen zeichnet sich ab, dass dieser Trend anhalten wird. Aktuelle Hochrechnungen gehen davon aus, dass in diesem Produktionsjahr 10,9 Millionen Sack (die internationale Handelseinheit, jeweils 60 Kilogramm) geerntet werden. Gegenüber 8,5 Millionen Sack im Vorjahr (2014/15) wäre das eine Steigerung um rund ein Viertel. Schon im März war mit Blick auf die Pflanzen deutlich geworden, dass die Erträge diesmal wieder gut ausfallen würden. Mit Beginn der Ernte im Mai, die bis Oktober andauert, hat sich die Hoffnung bestätigt, an früheres Niveau anknüpfen zu können. Die Prognose für die aktuelle Saison deckt sich mit dem Ergebnis von 2013/14, während die Rekorde aus den beiden Jahren zuvor mit 12,3 bzw. fast 12,5 Millionen Sack noch nicht wieder in Reichweite sind. »Die Bedingungen sind gut, aber durchaus nicht ideal«, hatten Kaffeebauern und Exportfirmen schon vor einem Vierteljahr die Erwartungen gedämpft.
Zwischen 70 und 80 Prozent der jeweiligen Ernte gehen in den Export. Zwar wächst in Indonesien seit Jahren auch die Nachfrage auf dem einheimischen Markt, es wird mehr Kaffee getrunken – zuletzt wurden vier Millionen Sack aus der jeweiligen Ernte im Land selbst verbraucht. Den Produzenten kommt es aber hauptsächlich auf die Ausfuhren an, die in Dollar abgewickelt werden. Angesichts der überaus schwachen einheimischen Rupie verspricht der Verkauf an die Abnehmer im Ausland – Europa, Nordamerika, Japan – deutlich mehr Profit, als er auf dem eigenen Markt in der Landeswährung zu erzielen ist.
Zudem können die Anbieter momentan davon profitieren, dass der wichtigste Konkurrent Vietnam seine Ausfuhren stark gedrosselt hat. Dort beginnt die Ernte erst im November, wenn sie in Indonesien schon beendet ist. Die vietnamesischen Bauern und Händler hoffen auf höhere Preise und halten derzeit ihre Lager gefüllt. Ob das bis Erntestart noch so bleibt oder sie in den kommenden Monaten die Exporte in Größenordnungen wieder aufnehmen, die der aktuellen Verknappung des Angebotes auf dem Weltmarkt ein Ende setzen, so dass die Preise an den Kaffeebörsen wieder fallen, ist noch ungewiss.
Indonesien und Vietnam sind direkte Rivalen, was an der Sorte des hier angebauten Kaffees liegt. Es handelt sich um »Robusta«-Bohnen, die maßgeblich für Instantkaffee oder als Beimischung genutzt werden. Weltmarktführer Brasilien sowie die anderen lateinamerikanischen Länder kultivieren in erster Linie den höherwertigen und meist in Hochlagen angebauten »Arabica«. Diese Sorte macht in den Pflanzungen Südostasiens nur einen kleinen Teil der Produktion aus. Sie wächst in Indonesien vor allem im Norden der größten Insel Sumatra, die das wichtigste Anbaugebiet landesweit ist. Ansonsten kommt ein nennenswerter Teil der Ernte noch aus Sulawesi.
In drei Jahrhunderten hat sich der Inselstaat zu einem der Hauptlieferanten von Kaffee entwickelt. In Europa werden je nach Land pro Einwohner bis zu 11,7 Kilogramm Rohkaffee (im Falle von Rekordhalter Finnland) pro Jahr verbraucht. Es waren die damaligen niederländischen Kolonialherren, die 1699 auf der Insel Java die ersten Plantagen einrichteten. 1711 waren die strauchartigen Bäume dann soweit, eine exportfähige Ernte zu liefern – die erste Schiffsladung erreichte im Folgejahr Amsterdam. Handelte es sich zuerst um Arabica-Bohnen, erfolgte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts der Wandel zum vorrangigen Robusta-Anbau. Inzwischen hatte sich diese Sparte der Landwirtschaft längst auf weitere Provinzen ausgedehnt. Heute wird von den 1,5 bis drei Millionen Kaffeebauern eine Fläche von etwas mehr als einer Million Hektar bewirtschaftet. Die Zahlenangaben dazu variieren stark. Sie verkaufen ihre Ernte an die Exportfirmen, die im Dachverband AICE organisiert sind.
Trotz der derzeit guten Konjunktur lassen sich grundsätzliche Probleme der Branche nicht übersehen. Der Flächenertrag liegt nur etwa bei einem Drittel dessen, was inzwischen anderswo durch deutliche Produktionssteigerung erzielt wird. Viele Kaffeefarmer sind Kleinbauern, ein Genossenschaftswesen ist nur gering entwickelt. Den Hauptanteil der erzielten Enderlöse eignen sich Zwischenhändler und Exportfirmen an, die Bauern erhalten nur einen kleineren Teil davon. Da Kaffee insgesamt nur etwa ein Prozent der Gesamtexporte Indonesiens ausmacht, steht der Sektor zudem nicht sonderlich im Fokus regierungsamtlichen Handels, Bemühungen, die Situation der davon lebenden Menschen zu verbessern, sind nicht erwähnenswert. Massive Wandlungsprozesse zeichnen sich lediglich auf einer Ebene ab: Schon in fünf bis acht Jahren wird die einheimische Nachfrage rechnerisch so groß sein wie die komplette Jahresproduktion. Zwar gibt es Bemühungen, die Hektarerträge zu erhöhen. Doch nur etwa sieben Prozent der Gesamtproduktion kommen derzeit laut Fachleuten aus »nachhaltigem« Anbau.
* Aus: junge Welt, Freitag, 17. Juli 2015
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