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Konzerne geben nach

Indonesien und Grasberg-Minenbetreiber Freeport einigen sich im Streit um Kupferexporte. Konkurrent Newmont nun ebenfalls gesprächsbereit

Von Thomas Berger *

Das Kräftemessen währte rund ein halbes Jahr. Nun haben sich Indonesien und der US-geführte Bergbaukonzern Freeport McMoRan auf ein Grundlagenabkommen (Memorandum of Understanding/MoU) geeinigt. Auf Basis dieser vergangenen Freitag getroffenen Vereinbarung könnten die Ausfuhren von Kupfererz vermutlich bald wieder aufgenommen werden. Auch wenn Mainstream-Medien den Deal in erster Linie als Sieg der indonesischen Politik feiern, können durchaus beide Parteien zufrieden sein.

Mit einer gesetzlichen Neuregelung hatte Indonesien im Januar für Aufregung gesorgt: Das Land verbot den Export von Kupfererz im Rohzustand. Der scheidende Präsident Susilo Bambang Yudhoyono wagte damit zum Ende seiner Amtszeit den Konflikt mit einigen der weltweit einflußreichsten Firmen. Zwar kam man Freeport und seinem Konkurrenten Newmont Mining Corp, die zusammen 97 Prozent des indonesischen Kupferbergbaus kontrollieren, entgegen und erlaubte Übergangsmechanismen. Grundsätzlich müssen künftig auch bei Kupfererz Weiterverarbeitungsanlagen im Land errichtet werden, um die nationale Wertschöpfung auszubauen. Den beiden Großkonzernen wollte man aber bis 2017 Zeit einräumen. Bis dahin sollten auf die fortgesetzten Erzausfuhren erhöhte Zölle erhoben werden. Die Minenbetreiber wollten sich damit jedoch nicht abfinden (jW berichtete). Über sechs Monate lang wurde seither kein Kupfererz mehr in indonesischen Häfen zum Abtransport auf Schiffe verladen. Doch während sich Newmont störrisch zeigte und Indonesien notfalls vor einem internationalen Gericht zur Rücknahme der neuen Regelung verklagen wollte, hatte sich die Freeport-Chefetage seit geraumer Zeit auf eine Lösung am Verhandlungstisch orientiert.

Am Freitag wurden in Jakarta die Unterschriften unter das Papier gesetzt. Es enthält vier zentrale Punkte. So verpflichtet sich Freeport, tatsächlich bis 2017 für seine Grasberg-Mine, eine der drei größten weltweit, eine Schmelzanlage zur Primärverarbeitung des dort geförderten Erzes zu bauen. Dafür wird eine Sicherheit in Höhe von 115 Millionen US-Dollar hinterlegt. Indonesien kam dem Bergbaukonzern dafür an anderer Stelle entgegen: Statt 20 bis 25 Prozent Exportsteuer, die ursprünglich vorgesehen waren, müssen jetzt nur noch 7,5 Prozent entrichtet werden. Wenn sich der indonesische Staat etwas mehr als Sieger fühlen kann, ist das nicht zuletzt einem weiteren Punkt geschuldet: Er wird in Zukunft hinsichtlich der Mine mehr Einfluß bekommen. Bislang nur zu knapp 9,36 Prozent an der direkten Betreiberfirma von Grasberg beteiligt, soll dieser Anteil auf 30 Prozent anwachsen. Zudem erhöhen sich die grundlegenden Abgaben des Konzerns auf die Schürfrechte bei Kupfer von 3,5 auf vier Prozent, bei Gold von einem auf 3,75 Prozent.

Weitere Verhandlungen deuten sich hinsichtlich der Zukunft der Grasberg-Mine ab, die in der östlichsten problembeladenen Provinz Papua liegt. Die Erzausbeutung im Tagebaubetrieb geht bereits 2016 dem Ende zu. Um einen Abbau künftig unter Tage weiterzuführen, ist ein kompletter Umbau mit geschätzten Investitionen von umgerechnet 1,5 Milliarden Dollar (gut 1,1 Milliarden Euro) notwendig. Dafür will das Unternehmen mit Hauptsitz in Phoenix (Arizona) die Garantie, daß seine Abbaurechte auch über das bisherige Vertragsende 2021 hinaus gesichert werden. Bislang hatte die Regierung in Jakarta immer wieder betont, daß ihr die Hände gebunden seien und vor dem Jahr 2019 aus juristischen Gründen kein solches Abkommen möglich wäre. Inzwischen gibt man sich konzilianter, eine Art »Absichtserklärung«, deren rechtliche Bindung noch unklar erscheint, ist vorstellbar.

Die erzielte Einigung läßt hoffen, daß für den Rest des Jahres die Ausfuhren wieder aufgenommen werden können. Der Generaldirektor der indonesischen Bergbaubehörde, Sukhyar (er hat wie viele Landsleute nur einen Namen), wird in den Medien mit der Erwartung zitiert, daß der Kupferexport 2014 noch auf 756000 Tonnen steigen könne, Wertvolumen etwa 1,56 Milliarden Dollar. Das wäre gut die Hälfte der im Vorjahr verschifften Menge von 1,45 Millionen Tonnen.

Daß Freeport entschieden auf eine diplomatische Lösung gesetzt hatte, liegt nicht zuletzt an dessen starker Verankerung in Indonesien. Seit den 60er Jahren hat der Konzern in Grasberg und andere Standorte immense Summen investiert und beschäftigt heute im Land etwa 30000 Mitarbeiter, Newmont kommt auf etwa 4000. Das Konkurrenzunternehmen Newmont mit Hauptsitz in Denver (Colorado) scheint von seiner harten Haltung angesichts der neuen Situation abzurücken. Konzernsprecher äußerten sich zuletzt zuversichtlich, mit Indonesien in Gesprächen ebenfalls zu einer Vereinbarung kommen zu können.

Die Vereinbarung mit Freeport hat zudem weit über die Landesgrenzen hinaus Symbolkraft. In Verbindung mit dem neuen Bergbaugesetz zeigt sich, daß es Möglichkeiten gibt, der ungebremsten Ausbeutung einheimischer Bodenschätze fast nur zum Nutzen ausländischer Firmen Paroli zu bieten. Etliche mineralienreiche afrikanische Staaten, darunter der notorisch bürgerkriegsgeplagte Kongo, könnten sich mittelfristig daran ein Beispiel nehmen. Bei den Bergbaugiganten geht die Sorge um, daß das indonesische Vorbild Schule machen könnte.

* Aus: junge Welt, Mittwoch 30. Juli 2014


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