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Jakarta stoppt Erzexport

Indonesische Regierung will erzwingen, daß Rohstoffe im Inland weiterverarbeitet werden. Ausnahmeregelung für Großkonzerne

Von Thomas Berger *

Mit der Unterschrift von Präsident Susilo Bambang Yudhoyono wurde es offiziell: Seit dem 13. Januar dieses Jahres dürfen Roherze nicht mehr aus Indonesien ausgeführt werden. Sie sollen statt dessen im Inland veredelt werden, was neue Jobs und eine breiter angelegte Industriestruktur schaffen soll. Damit hat sich die Politik des ressourcenreichen südostasiatischen Inselstaates zumindest teilweise gegen die mächtige Bergbaulobby behauptet. Bis zuletzt hatten die Konzerne aus dem In- und Ausland Druck gemacht und zumindest eine partielle Aufweichung der neuen Vorschrift durchgesetzt. Im Kern allerdings blieb die Regierung in Jakarta hart.

Indonesien will kein einfacher Rohstofflieferant mehr sein. Die Grundlage für die nun geltenden Vorschriften waren bereits mit dem im Jahr 2009 verabschiedeten Bergbaugesetz geschaffen worden. Zunächst hatten Lobbyisten der Branche alles nicht ernst genommen. Vor allem unterschätzten sie offenbar, wie standhaft maßgebliche Politiker dafür streiten würden, mit dem Exportverbot tatsächlich den Bau von Schmelzöfen und anderen Verarbeitungsanlagen im Inland anzustoßen. Relativ wenig hat sich in den vergangenen fünf Jahren seitens der Firmen an entsprechenden Investitionen getan. Nun gilt das prinzipielle Exportverbot, das allerdings bis 2017 durch einige Ausnahmeregelungen noch Einschränkungen erfährt. Insbesondere bei Kupfer, einem der wichtigsten der geförderten Mineralien, bleibt die Ausfuhr von Konzentraten auch die nächsten drei Jahre noch erlaubt. Das kommt vor allem Marktführer Freeport McMoRan entgegen, der mit rund 73 Prozent Anteil eine beherrschende Stellung in der Branche einnimmt. Die ebenfalls US-amerikanische Newmont Mining Corp. kann sich auch über die Spezialvereinbarung freuen – beide Konzerne zusammen kontrollieren 97 Prozent des indonesischen Kupferbergbaus. Insgesamt sind es 66 Firmen, die von den Ausnahmeregelungen profitieren.

Als Gegenleistung steht nun die Verpflichtung, bis 2017 Schmelzanlagen zu errichten. Damit sind selbst die beiden Riesenkonzerne in Zugzwang, läßt doch beispielsweise Freeport bisher erst rund ein Drittel seiner geförderten Erzmengen im Inland weiterverarbeiten. Das Unternehmen hat seine Exporte momentan völlig gestoppt und will erst das schriftliche Vorliegen der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz abwarten, wie eine Konzernsprecherin gegenüber der Presse erklärte. Außerdem steht weiterhin die Gefahr im Raum, daß bei restriktivem Exportstopp bis zu 60 Prozent der Produktion zurückgefahren werden müßten. Das hieße, rund die Hälfte der 15000 einheimischen Beschäftigten würden auf der Straße landen.

Mit solchen Horrorszenarien hatten die Unternehmen bis zuletzt die Regierung unter Druck zu setzen versucht. Die Branchengrößen mit Hauptsitz vorwiegend im westlichen Ausland, können Einschnitte aber eher kompensieren als etliche kleinere Konkurrenten. Rund 100 einheimische Firmen, die es an Größe längst nicht mit Freeport, Newmont und Co. aufnehmen können, haben bereits im Vorfeld der jetzigen Entscheidung entweder ganz aufgegeben oder zumindest deutlich Kapazitäten reduziert und Personal entlassen. Vielen kleineren Unternehmen fehlen auch finanzielle Reserven, um in eigene Schmelzanlagen zu investieren. So sehr sich die Vertreter der Großkonzerne momentan trotz der Zugeständnisse an sie aufregen – letztlich könnte ihnen die ganze Entwicklung mit einer Art »Marktbereinigung« in die Hände spielen: In ein paar Jahren dürfte ein Großteil der Klein- und Kleinstkonkurrenz verschwunden sein.

Jobabbau ist keine leere Drohung. Deshalb hatte auch die Minenarbeiter-Gewerkschaft zu Protestaktionen vor Regierungsstellen aufgerufen. Tausende haben inzwischen schon ihren Arbeitsplatz verloren, weitere Kollegen könnten folgen. Vor allem auch, weil es beim Export von Nickel (wo Indonesien bisher Weltmarktführer ist), oder auch Bauxit (Aluminiumerz) keine Ausnahmeregeln wie beim Kupfer gibt. Die Nickelpreise an den internationalen Börsen hat das seit Inkrafttreten der Regelungen ebenso in die Höhe getrieben wie die Aktienkurse ausländischer Konkurrenten, namentlich der großen australischen Förderer.

Jero Wacik, Minister für Bergbau und Energie im indonesischen Kabinett, betonte indes erneut die strategische Ausrichtung der Maßnahme: Es gehe um Wertsteigerung der Mineralien im Inland durch Erstverarbeitung in den Schmelzanlagen. Das werde mittelfristig sowohl neue Jobs schaffen als auch Mehreinnahmen für den Staat generieren. Mit den Ausnahmen habe man einen Zusammenbruch des Arbeitsmarktes im Bergbausektor verhindern wollen. Die Steuerbelastung der Unternehmen, die dank der Sonderregelungen weiter exportieren dürfen, werde aber in den nächsten drei Jahren kontinuierlich steigen. Das solle verhindern, daß es bis 2017 im Schmelzofenbau zu weiteren Verzögerungen und Ausflüchten komme. Kurzfristig allerdings könnte das Exportverbot den Staat finanziell schmerzlich treffen. Allein bei Nickel und Bauxit könne es dieses Jahr zu Einnahmeverlusten von umgerechnet zwei Milliarden US-Dollar (1,48 Milliarden Euro) kommen.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 21. Januar 2014


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