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Profitgier ungebrochen

Skrupellose Geschäftemacher vernichten Regenwälder in Indonesien

Von Thomas Berger *

Die Abholzung des tropischen Regenwaldes in Indonesien setzt sich ungeachtet aller Bemühungen von Umweltschützern in rasantem Tempo fort. Nach hoffnungsvollen Ansätzen steigt seit einiger Zeit wieder der Druck, Waldgebiete in profitträchtige Plantagen umzuwandeln.

Während einige der großen Inseln wie Java und Bali schon quasi waldfrei sind und auf Sumatra nur noch Restgebiete bestehen, sind nun vor allem die letzten großen zusammenhängenden Flächen auf Papua und Kalimantan, also dem indonesischen Teil Borneos, akut bedroht. Die staatliche Forstverwaltung sieht sich von den lokalen Behörden unter Druck gesetzt, die wiederum fast eins zu eins die Interessen profitgieriger Investoren vertreten. Nahezu täglich flattern den Mitarbeitern im zuständigen Ministerium der Zentralregierung Anträge ins Haus, die die Umwandlung von Waldflächen betreffen. Sofern die Beamten ihre Zustimmung verweigern, drohen die Fürsprecher der Antragsteller damit, zur Not am Ministerium vorbei über höchste Stellen in der Regierung sowie über Abgeordnete im Parlament ihre Vorhaben durchzusetzen.

Ein effektives Gesetz zum Schutz des rapide schwindenden Regenwaldes gibt es in Indonesien bis heute nicht. Während einige der skrupellosesten Geschäftemacher nicht einmal auf eine offizielle Genehmigung warten, haben andere zumindest keine Schwierigkeiten, in den Behörden eine Zustimmung für ihre Projekte, vor allem lukrative Palmölplantagen, zu erhalten.

Wie stark der Rückgang an tropischem Primär-Regenwald allein in einem halben Jahrhundert seit der Endphase der niederländischen Kolonialära war, belegt eine umfangreiche Studie, die die unabhängigen Nichtregierungsorganisationen World Resources Institute, Global Forest Watch und Forest Watch Indonesia gemeinsam erarbeitet haben. Danach bestanden 1950 noch vier Fünftel der Landfläche aus Wald. Doch schon bis 1997, also unmittelbar vor der jüngsten großen Einschlagswelle, waren von 162 Millionen Hektar nur noch 98 Millionen übrig.

Zwar hat sich der jährliche Verlust von 2,8 Millionen Hektar zu Höchstzeiten in den späten Neunziger Jahren wieder ein wenig verlangsamt. Doch auch 1,8 Millionen Hektar pro Jahr, wie die »Jakarta Post« für 2000 bis 2006 angab, sind noch immer alarmierend. In den zentralen Gebieten Kaliman-tans ist sogar die höchste Einschlagsrate der vergangenen anderthalb Jahrzehnte feststellbar. Längst hat die Tropenholz- und Palmöl-Mafia ihre Fangarme auch nach West-Papua (Irian Jaya) ausgestreckt.

Der Waldverlust ist nicht nur für den globalen Klimawandel mitverantwortlich. Er bedeutet auch eine akute Gefährdung für die reichhaltige Fauna und Flora sowie diverse Menschengruppen, die traditionell in enger Symbiose mit dem Wald leben. Indonesien ist darüber hinaus Heimat für etwa sechs Prozent aller tierischen Spezies auf dem Planeten, darunter 16 Prozent der Vogelarten und ein Zehntel der Säugetiere. Der Orang-Utan beispielsweise steht durch das Verschwinden seines Lebensraumes faktisch vor dem Aussterben. Dafür hat sich die Fläche der Palmölplantagen auf Kalimantan zwischen 1990 und 2006 versechsfacht.

In der Nähe von Puruk Cahu (Indonesien) liegt Tropenholz zur Abholung bereit. Ob im indonesischen oder im malaysischen Teil der Insel Borneo - der Urwald schrumpft rasant. Die Abnehmer des oftmals aus illegalem Kahlschlag stammenden Holzes sind in China und Japan ebenso zu finden wie in der EU.

* Aus: Neues Deutschland, 23. Februar 2009


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