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"Wir werden die Kommunisten töten!"

Angriffe auf den Kongress der neuen indonesischen Linkspartei Papernas

Von Carsten Hübner, Yogyakarta *

Beim Gründungsparteitag der indonesischen Linkspartei Papernas (Einheitspartei zur nationalen Befreiung) kam es am vergangenen Wochenende zu heftigen Protesten rechter Organisationen.

Nach dem traditionellen Freitagsgebet hatten sich mehrere Hundert Mitglieder islamistischer Gruppen und der Antikommunistischen Front Indonesiens (FAKI) vor dem Veranstaltungsort versammelt und gedroht, das Kongresszentrum am Stadtrand der Kultur- und Studentenmetropole Yogyakarta zu stürmen. Die schwarz gekleideten und mit Helmen ausgerüsteten Protestierer waren mit Macheten, Schlagstöcken und Steinen bewaffnet. Da sich die Polizei trotz Verhandlungen weigerte, die Sicherheit der rund 380 Delegierten zu garantieren, musste die Versammlung am Sonnabend abgebrochen werden. Bereits in den Monaten zuvor hatten Überfallkommandos mehrfach linke Veranstaltungen attackiert, ohne dass die Sicherheitskräfte eingriffen – zuletzt in den Industriestädten Bandung und Surabaya. Ihnen werden enge Verbindungen zu antikommunistischen Kreisen in Militär und Geheimdienst nachgesagt.

Infolge der akuten Bedrohung musste die Tagesordnung des Parteitages auf jene Programmpunkte beschränkt werden, die für die offizielle Registrierung der Papernas als Partei notwendig sind. Zum Vorsitzenden wurde Agus »Jabo« Priyono gewählt. Präsidentin der neuen Linkspartei ist die bekannte Intellektuelle und Vorsitzende der Demokratischen Volkspartei (PRD), Dita Indah Sari. Sie ist auch als Kandidatin für die indonesischen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Jahre 2009 im Gespräch.

Papernas wurde von der PRD im vergangenen Jahr aus der Taufe gehoben, um eine landesweite Plattform für die regional stark zersplitterten linken Gruppierungen, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und Studentenorganisationen zu schaffen. Auf dem Parteitag waren Delegierte aus 22 der 33 Provinzen Indonesiens vertreten. Das indonesische Wahlrecht schreibt detailliert vor, in wie vielen Provinzen und Distrikten Parteien mit jeweils einer bestimmten Anzahl eingeschriebener Mitglieder vertreten sein müssen. Papernas hat nun bis Frühjahr 2008 Zeit, diese Vorgaben zu erfüllen. Die bereits etablierten und finanzkräftigen bürgerlichen und rechten Parteien sind hier klar im Vorteil. »Wir stehen in den kommenden Monaten vor einer großen Herausforderung, nicht zuletzt angesichts der Drohungen, wie wir sie in den letzten Tagen erlebt haben«, sagte Parteichef Priyono. Dennoch sei man optimistisch, bis zum Stichtag über die notwendigen Strukturen zu verfügen.

Derzeit hat Papernas nur rund 1000 offizielle Mitglieder. PRD und Papernas stützen sich auf ein informelles Netzwerk linker Organisationen und Aktivisten, das noch während der Suharto-Diktatur entstanden ist. Nur ein Teil dieser Strukturen ist in den zurückliegenden Jahren legalisiert worden. Aus diesem Lager erwartet die Partei in den kommenden Monaten Zulauf.

Papernas ist neben der PRD derzeit die einzige linke Partei im Inselstaat. Ihre Kernforderungen sind die Nationalisierung der Bodenschätze, eine Reduzierung des internationalen Schuldendienstes und ein nationales Industrialisierungsprogramm.

* Aus: Neues Deutschland, 23. Januar 2007


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