Indonesien: Deutsche Kriegsschiffe im Einsatz bei Militäroffensive gegen die Unabhängigkeitsbewegung in Aceh
Nun rächt sich die laxe Rüstungsexportpraxis der Bundesregierung
Die Deutsche Presse-Agentur verbreitete am 21. Mai 2003 folgende Meldung: "On Wednesday, the German-made Teluk Gilimanuk transport ship delivered
tanks to Lhokseumawe port in northern Aceh to assist a military offensive,
eyewitnesses at the port confirmed Wednesday. The ship, formerly named the Hoyerswerda, is one of 39 ships belonging
to the former East German Navy that were sold to Indonesia by the German
government in 1992." Alex Flor von "Watch Indonesia!" ging der Sache auf den Grund. Wir dokumentieren im Folgenden seinen Artikel, der im e-mail-Dienst "Information und Analyse" am 23. Mai 2003 verbreitet wurde.
Watch Indonesia! - Information und Analyse, 23. Mai 2003
Anfang der 90er Jahre genehmigte die Bundesregierung den Verkauf von 39
Kriegsschiffen der ehemaligen NVA-Flotte der DDR nach Indonesien. Der
Verkauf wurde seinerzeit mit heftiger Kritik von Politikern der heute
regierenden damaligen Oppositionsparteien sowie von
Menschenrechtsorganisationen in Deutschland überzogen. Im Hafen von
Peenemünde wurden 1993 vier der Schiffe aus Protest gegen den Verkauf
besetzt. Die Besetzer befürchteten einen Einsatz der Schiffe in
Krisengebieten wie Osttimor, Westpapua und Aceh, wo Präsident Suhartos
Militär mit rigoroser Härte gegen Unabhängigkeitsbestrebungen vorging und
sich zahlreicher Menschenrechtsverletzungen schuldig machte.
Die Bundesregierung rechtfertigte den Verkauf seinerzeit damit, dass sich
die indonesische Regierung vertraglich dazu verpflichtet habe, die Schiffe
nur zum Küstenschutz, zur Sicherung der Seewege gegen Piraterie und zum
Einsatz gegen den Drogenschmuggel zu verwenden. Obgleich die Regierung
Kohl/Kinkel sich keinerlei Sanktionsmaßnahmen für den Fall der Verletzung
dieser Verpflichtungen vorbehalten hatte, konnte ein vertragswidriger
Einsatz der Schiffe bis zum Ende der Ära von Kohl, Kinkel und Suharto nicht
nachgewiesen werden.
In Indonesien selbst wurden später vor allem die mit dem Kauf verbundenen
Kosten problematisiert. Der damalige Forschungs- und Technologieminister
Habibie, der den Kauf der Schiffe eingefädelt hatte, wurde der Korruption
und Vetternwirtschaft bezichtigt, was schließlich zum Verbot dreier
führender Nachrichtenmagazine durch das Suharto-Regime führte. Dennoch
blieb die Kritik an den Kosten nicht ohne Folgen. Die auf insgesamt 1,1
Mrd. Dollar geschätzten Ausgaben wurden durch verschiedene Einsparmaßnahmen
auf 760 Mio. Dollar reduziert. Watch Indonesia! kommentierte damals: "So
wurde auch die Überholung der Schiffsmotoren, die bei PT PAL vorgenommen
werden sollte, bis auf weiteres aufgeschoben - eine Einsparung, die sich
möglicherweise bald als fatal erweisen wird" (Indonesien-Information,
August 1994).
Sie hat sich als fatal erwiesen, denn die Motoren sind längst kaputt und
ein Großteil der Schiffe dümpelt somit seit Jahren nicht einsatzfähig in
Marinehäfen vor sich hin. Um die teure Investition nicht völlig nutzlos
erscheinen zu lassen, gewährte die rot-grüne Bundesregierung, die Anfang
der 90er Jahre als Opposition heftig gegen den Verkauf der Schiffe
protestiert hatte, wie erst kürzlich bekannt wurde, die Nachrüstung der
Schiffe mit neuen Motoren aus bundesdeutscher Produktion - abgesichert mit
Ausfuhrbürgschaften der Hermes AG.
Eine Woche nach der ersten Indonesienreise von Bundeskanzler Schröder
vermeldet nun die Nachrichtenagentur dpa einen offenkudig vertragswidrigen
Einsatz der ehemals deutschen Kriegsschiffe im Rahmen der von Präsidentin
Megawati Soekarnoputri abgesegneten Militäroffensive gegen die
Unabhängigkeitsbewegung in Aceh. Die Teluk Gilimanuk, die früher den Namen
Hoyerswerda trug, setzte nach Berichten von Augenzeugen in der Stadt
Lhokseumawe Panzer an Land.
Die rot-grüne Regierung in Berlin hat nun die unangenehme Aufgabe, die nach
dem Kanzlerbesuch gerade erst hergestellte Vertrauensbasis mit der
Regierung Megawati auf eine Belastungsprobe zu stellen. Die deutsche
Opposition von damals muss Megawati, die Gallionsfigur der Reformbewegung
Indonesiens, zur Einhaltung der von Diktator Suharto gegenüber Kanzler Kohl
eingegangenen vertaglichen Verpflichtungen anmahnen. Selbstverständlich
ohne dabei das jüngste Rüstungsgeschäft in Frage zu stellen...
Alex Flor, Watch Indonesia!
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