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Hoffnungsschimmer für "Friedenspipeline"

Indien deutet Bereitschaft zu Erdgasimporten aus Iran über pakistanisches Gebiet an

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Gegenüber einer pakistanischen Mediendelegation deutete der indische Außenminister Salman Khurshid Mitte der Woche an, Neu-Delhi könnte sich wieder an der Erdgasleitung von Iran nach Pakistan beteiligen. Im Jahre 2009 hatte sich Indien aus dem Gemeinschaftsprojekt vermutlich auf enormen Druck der USA und wegen angeblich zu hoher Preisforderungen Teherans zurückgezogen. Eine Wiederbeteiligung wäre ein Hoffnungsschimmer für die »Friedenspipeline«. Deren Finanzierung seitens Islamabads steht auf der Kippe.

»Wenn auf allen Seiten Ernsthaftigkeit besteht, sind wir bereit, Erdgas aus Iran und Mittelasien durch Pakistan zu importieren«, erklärte der Minister. Solche regionalen Projekte, fügte er hinzu, würden gegenseitige Abhängigkeiten schaffen und Indien und Pakistan in eine langfristige Kooperationsbeziehung einbinden. Das gegenwärtige Verhältnis zwischen beiden Ländern ist belastet durch Schußwechsel an der Grenzlinie in Kaschmir und durch eine anhaltende Blockade des grenzüberschreitenden Verkehrs undTransports.

Khurshids »Signal«wurde in Pakistan als Hoffnungsschimmer für die mehr als sieben Milliarden Dollar teure »Friedenspipeline« bewertet. Die Bemerkungen könnten sich aber auch auf die Trasse »TAPI« beziehen, durch die das begehrte Erdgas von Turkmenistan via Afghanistan und Pakistan nach Indien gelangen würde. Dieses Projekt wird von den USA unterstützt, während die »Friedenspipeline« von Anfang an wegen Teherans Atompolitik auf Washingtons energischen Widerstand stieß. Dieser soll, abgesehen von zu hohen Preisforderungen Irans, 2009 Indien dazu bewogen haben, aus dem gemeinsamen Vorhaben auszusteigen.

Angesichts der schweren Energiekrise in Pakistan hatten sich Islamabad und Teheran 1995 auf den Bau der Gasleitung geeinigt. Indien schloß sich 2005 an. Seitdem war von der »Friedenspipeline IPI« die Rede. Auf iranischer Seite wurden inzwischen 1100 Kilometer Rohre verlegt. Damit hat Teheran seinen Anteil geleistet. Pakistan soll bis Dezember dieses Jahres 785 Kilometer fertigstellen und damit das Großprojekt vollenden. Doch zahlreiche Schwierigkeiten behindern den Bau und lassen daran zweifeln, daß dieser Termin gehalten und die Leitung überhaupt in Betrieb genommen wird. Die USA stemmen sich nach wie vor dagegen. Ihre und Sanktionen seitens der EU sind trotz der verheißungsvollen Verhandlungen mit Iran über dessen Nuklearpolitik noch immer in Kraft. Deshalb ist die Finanzierung des Projekts nicht abgesichert. Obendrein hat Iran laut einem Bericht der indischen Zeitung The Tribune kürzlich einen Kredit über 500 Millionen Dollar für Pakistans Pipelinebau gekündigt. Damit gerät Islamabad noch mehr in die Klemme, denn gemäß dem Vertrag hat es bei nicht pünktlicher Fertigstellung an Iran täglich eine Million Dollar Entschädigung zu zahlen. Hilfe könnte von China, mit dem Pakistan seit den 1950er Jahren eng befreundet ist, oder aus Rußland kommen.

Indiens Außenminister gilt als kühler Kopf, dem Bemerkungen wie die über Erdgaslieferungen via Pakistan nicht unbedacht über die Lippen kommen. Der Nachbar dürfte das zumindest als Strohhalm, wenn nicht als Rettungsanker für die »Friedenspipeline« verstehen. Ob das wirklich so gemeint war, wird sich wohl erst bei der nächsten Begegnung zwischen Spitzenpolitikern Indiens und Pakistans erweisen. Premier Manmohan Singh, so sein Außenminister, sei nach wie vor daran interessiert, die Einladung zu einem Besuch Pakistans anzunehmen. Doch im April beginnen Parlamentswahlen. Und der 81 Jahre alte Singh hat kategorisch ausgeschlossen, im Falle eines – recht unwahrscheinlichen – Wahlsieges noch einmal Premier zu werden.

* Aus: junge Welt, Samstag, 1. Februar 2014


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